22.03.2025, 00:11
@Falli75
Schneemann
Zitat:Tja und genau da kann ich mich an ein Ereignis erinnern.Da ich nicht alles immer wieder und wieder schreiben will, zitiere ich mich nun mal selbst (bitte nicht als Eitelkeit deuten); so führte ich am 1. Januar 2024 auf S. 224 dieses Stranges aus:
Während der Maidan Revolution. Ich bekomme den genauen Zusammenhang dort nicht mehr hin, aber an einem Punkt dort kann ich mich erinnern damals gesagt zu haben, gut gemacht Merkel, damit hast du es Putin gezeigt.
In der Nacharbeitung des ganzen Ablaufes danach, ist es doch eindeutig, dass der gesamte Westen Russland selbst bei den Minsk Gesprächen, einfach nicht als gleichwertigen Verhandlungsgegner wahrgenommen hat.
Wer hat Zelensky nochmal geraten das Abkommen damals nicht zu ratifizieren und auf mehr zu Pokern.
War das nicht Johnson?
War es nicht Zelensky der damals von den russischen Medien verspottet wurde, als er zu seinen Truppen im Donbass ging und sie fragte ob sie die Abtretung dieses Gebietes in Erwägung ziehen würden und dafür von ihnen angegangen wurde, ob der reinen Frage?
Ich glaube weniger ich als ihr obliegt hier kräftiger Propaganda. Zelensky ist ein hochgepuschter Held derer die ihn an die Macht gebracht haben, kein Kriegsheld. Das heißt nicht das ich die Maskerade die er trotz aller Widerstände aufrechterhält nicht würdigen würde, oder das was er trotz aller Widrigkeiten für sein Volk erreicht hat bisher, sondern nur das dort ganz andere Mächte am Werk sind als die tapferen Ukrainer, was sie sind und man ehrlich würdigen muss.
Die westliche Elite hat sich verzockt.PUNKT.
Zitat:Umsturz ist immer relativ. Aber sind wir fair: Womit hat Russland durchaus recht? Janukowytsch war zwar ein Gangster und Wahlbetrüger (2006), allerdings hatte er 2010 die Wahlen (das ist auch durch die OSZE akzeptiert) in einem korrekten Ablauf gewonnen - er war also demokratisch legitimiert. Er war also ein von Moskau geschätzter Politiker, der sich demokratisch hatte durchsetzen können. Soweit so richtig.Diesen meinen damaligen Ausführungen habe ich nichts hinzuzufügen.
Aber Moskau dankte es ihm schlecht. Denn Janukowytsch wollte zweigleisig fahren (einerseits sicher zum Wohle der Ukraine, aber vermutlich auch um andererseits noch etwas mehr Geld abzweigen zu können), d. h. einmal angelehnt an Russland und einmal angelehnt an die EU (Assoziierungsabkommen mit der EU). Und das wiederum wollte Hr. Putin aus machtpolitischen Erwägungen keinesfalls hinnehmen - also setzte er seinen Kompagnon Janukowytsch massiv unter Druck, es war eine offene Erpressung seinerzeit, als sie sich 2013 bei Moskau auf dem Flughafen Domodedowo trafen. Putins Ansage war klar: Schließt du Verträge mit der EU ab, sitzt ihr im Dunkeln und es wird kalt.
Janukowytsch, derart unter Druck gesetzt, zuckte zurück und gab der EU einen Korb. Im Ergebnis flog ihm daheim der Laden um die Ohren. In Moskau rechnete man fest damit, dass Janukowytsch den Laden im Griff hat, notfalls im Sinne einer weißrussischen Vorgehensweise. Aber dazu war Janukowytsch entweder nicht willens oder nicht fähig - zumal nicht alle in seiner Regierung einen blutigen crack down auf die Demonstranten hingenommen hätten. Als wochenlang die Proteste tobten und als die eigenen Reihen immer mehr wackelten (er wurde intern auch angehalten, das Drama zu beenden), ging er auf das Angebot einer Verhandlungslösung ein (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Vereinbaru...er_Ukraine).
Am nächsten Tag flüchtete er aber überraschend nach Russland. In Moskau war man ob dieser Flucht sehr unglücklich und warf Janukowytsch hinter den Kulissen Schwäche und Feigheit vor - offiziell sprach man natürlich von einem Staatsstreich. Dass es aber Putins Politik selbst war, die Janukowytsch derart in die Bredouille brachte, wird natürlich nicht erwähnt. Darüber hinaus versuchte man in Moskau, Janukowytsch wieder einzufangen - was ihn dann, nachdem er abgesetzt wurde, vermutlich dazu "motivierte" eine Ansprache aus dem goldenen Exil-Käfig (und mutmaßlich mit FSB-Schalldämpfer im Rücken) zu halten, wonach er ja immer noch Präsident sei. Allerdings war er da bereits als Handlanger des Kreml desavouiert.
In gewisser Weise war es also ein Umsturz, aber doch wiederum nur ein halber, da es einer war, der von allen Protagonisten zwischen Moskau, Brüssel und Washington ziemlich schamlos herbeigeführt oder riskiert oder beeinflusst wurde. Ich will Janukowytsch sicher nicht in Schutz nehmen, er war ein skrupelloser, mafiöser Patron, man denke auch an die ominöse Vergiftung von Juschtschenko einige Jahre zuvor, aber bei diesem Machtspielchen um Kiew war er vermutlich nur eine Bauernfigur.
Zumindest ist es an Schamlosigkeit kaum zu überbieten, wenn man nun im Kreml versucht, diese damals durch Moskauer Handlungen mitverschuldete Misere in Kiew als Begründung für einen Angriffskrieg acht Jahre später und mit hunderttausenden Opfern zu (v)erklären.
Schneemann