26.04.2025, 00:46
Zitat:Du haust hier auch einen Brüller nach dem nächsten raus! (Nicht deine Schuld, sondern die deines Arbeitgebers.)Nein, tut sie nicht.
Wenn du 180 Tage Vorlauf hast, hat sich damit der einzige echte Grund für mKr erledigt, nämlich die kurzfristige Eigenverlegbarkeit im Vergleich zu sKr. Diese Annahme führt das Konzept komplett ad absurdum.
Mal ganz abgesehen davon, dass die Einsatzbereitschaftssystematik für unterschiedliche Verbände auch unterschiedlich ausgelegt ist, und keineswegs für die ganze Bundeswehr einheitlich gleich, ändert auch eine Vorwarnzeit von 180 Tagen nichts daran, dass Du Kräfte brauchst, die kurzfristig selbstständig verlegen können.
Du kannst nicht jedes Mal, wenn Russland Truppen nach Belarus verlegt, damit anfangen, die ganze Bundeswehr nach Litauen in Marsch zu setzen, weil vielleicht ein Angriff bevorsteht. Ganz abgesehen davon, dass das kaum praktikabel ist, wäre es auch eskalatorisch. Etliche Konflikte der Vergangenheit (nicht zuletzt der Erste Weltkrieg) haben gezeigt, dass man eben nicht beim Aufziehen der ersten Sturmwolken all-in gehen kann und darf. Du brauchst also Kräfte, die Du sofort verlegen kannst, wenn Du sicher bist, dass Du hier und jetzt reagieren musst.
Das derzeitige LoA der Bundeswehr ist eine Einsatzbereitschaft der leichten Kräfte in unter 7 Tagen und der 10. Panzerdivision in 7 bis 30 Tagen, beginnend mit ihren mittleren Kräften. Realiter wird das nicht annähernd erreicht, so aber lautet der Anspruch.
Übrigens überschätzt Du die Reaktionsfähigkeit schwerer Kräfte. Im Kalten Krieg standen die mechanisierten Verbände unmittelbar an der Grenze–die Ausbildung wurde mitunter direkt im erwarteten Bereitstellungsraum vorgenommen–, und trotzdem rechnete man seinerzeit mit bis zu 48 Stunden, bis eine Panzerbrigade mit Masse ins Gefecht eingreifen könnte. Die 1200 km von Munster nach Rukla legst du nicht mal ebenso auf Kette zurück, und schon gar nicht ohne eine erkleckliche Anzahl Liegenbleiber. In diesem Zusammenhang sollte man auch bedenken, dass die bisherigen Verlegeübungen ab 2018 alle Monate planerischen Vorlaufs hatten. Und dass die Situation zu Beginn einer Krise eine ganz andere ist, als mitten im Krieg, wenn das zivile Leben zum Erliegen gekommen ist und alle militärischen Ressourcen zur Verfügung stehen. In der Entstehungsphase werden es eher Wochen als Tage sein, bis eine "schwere" Brigade überhaupt die Verlegung beginnen kann.