Gestern, 01:02
(12.05.2025, 08:34)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach gibt es keine wirklich sinnvollen konkreten Pläne."Sinnvoll" und "konkret", das sind zwei verschiedene Aspekte. Über das eine kann man zweifellos streiten, über das andere eher nicht, "konkret" sind die Pläne eigentlich schon, zumindest die des Heeres und der Marine.
Meiner Ansicht nach liegt der Hund ausnahmsweise nicht so sehr bei der Bundeswehr begraben. Was ungeachtet aller Lippenbekenntnisse fehlt, ist die Erkenntnis, dass Verteidigung nicht nur die Armee betrifft. Es gibt da im Koalitionsvertrag schon ein paar gute Ansätze, z.B. die Bundeswehr von vielen Auflagen des Umweltschutzes, Arbeitsschutzes und des Baurechts zu befreien, die in der Vergangenheit Bremsklötze waren. Als ebenso positiv dürfte sich die geplante Anerkennung der Zertifizierungen verbündeter Armeen erweisen.
Aber das ist nur der Anfang, und man müsste sich sofort an die Arbeit machen.
Es wäre extrem wichtig, dass die neue Regierung jetzt Ernst macht mit ihrem Projekt eines nationalen Sicherheitsrates, idealerweise mit dem Posten eines Nationalen Sicherheitsberaters, um hier mehr Koordination zwischen den Ressorts sicherzustellen. Man muss zur Denke von vor 1990 zurückkehren, bspw. muss das Verkehrsnetz wieder mehr an militärischen Erfordernissen ausgerichtet werden.
(12.05.2025, 08:34)Quintus Fabius schrieb: Stattdessen denkt man, dass sich das alles schon finden wird, wenn man nur genug Geld darüber schüttet. Mehr Geld = mehr Lösung.In gewisser Weise stimmt das aber leider auch. Dass die Hardthöhe, polemisch gesprochen, nicht mit Geld umgehen kann, ändert nichts an der Tatsache, dass sie mehr Geld braucht.
Wir haben hier einen alkoholkranken Patienten, der dringend eine neue Leber braucht. Wir können mit der Transplantation nicht warten, bis der Patient einen erfolgreichen Entzug gemacht hat, denn bis dahin ist er tot.
Das oft vorgebrachte Argument, dass sich die Bundeswehr schon beim Sondervermögen mit dem Ausgeben schwergetan hätte, halte ich für unbeachtlich. Mit etwas weniger Bürokratie und mehr Flexibilität hätte man zumindest den Heeres-Anteil schon 2022 verballern können.
Angesichts der grassierenden Verschwendung ist es z.B. geradezu grotesk, dass man es nicht für fiskalisch durchsetzbar gehalten hat, eine Materialreserve mit eingeführtem Material zu bilden. Vor geraumer Zeit wurde es im whq-forum.de mal ausgerechnet; man hätte gleich im ersten Kriegsjahr 100 Leopard 2 und ~40 PzH 2000 bestellen können, ohne dafür Infrastrukturmaßnahmen oder zusätzliches Personal zu brauchen. Man hätte nichts testen, nichts zertifizieren müssen. Das wäre binnen weniger Wochen zu machen gewesen.
Außerdem gibt es viele bekannte Lücken mit quasi spruchreifen Lösungen in der Schublade, die sich nur deshalb verzögern, weil die Bundeswehr jetzt, da endlich Geld da ist, gesetzlich gezwungen ist sicherzustellen, dass nicht irgendwo zwischenzeitlich eine Alternative aufgetaucht ist, die ein paar Cent billiger oder ein paar Prozentpunkte besser ist.
(12.05.2025, 08:34)Quintus Fabius schrieb: Es fehlt ja schon im Ansatz jede Idee, wie man die Bundeswehr abseits ihrer Übungskünstlichkeiten wirklich einsetzen will.Der Plural "Übungskünstlichkeiten" soll wohl falsche Annahmen und Vorstellungen von der Realität implizieren, denn natürlich wohnt jeder Übung, auch der besten und vorausschauend geplantesten, Künstlichkeit inne?
Da vermischst Du jetzt aber verschiedene Ebenen der Entscheidungsfindung. Die, die über den Einsatz entscheiden müssen, nämlich Bundestag und Bundesregierung, haben mit "Übungskünstlichkeiten" nichts zu tun. Und auch die militärische Führung weiß, dass auf strategischer bzw. operativer Ebene klar ist: Wir sind nicht mehr Frontstaat.
Deutschland hat nach dem Willen der NATO Raumverantwortung in Litauen übernommen. Die Landstreitkräfte werden sich großteils auf diese Aufgabe konzentrieren; es verbleibt ein Rest Evakuierungseinsätze, IKM und der Kampf gegen irreguläre Kräfte im Inland (im Rahmen hybrider Kriegsführung). Luftwaffe und Marine sollen hierbei unterstützen und außerdem, nach dem New Force Model, Task Forces für Einsätze anderswo bereitstellen. Außerdem haben sie die (sich im Aufbau befindliche) Verantwortlichkeit für den Schutz des Bundesgebiets gegen ballistische Raketen zu übernehmen.
Was die taktische Ebene anlangt, ist man zumindest im Heer eigentlich auf einem guten Weg, soweit ich weiß. Ich habe Bekannte an der Infanterieschule und im Sanitätslehrregiment. Da hat das Feedback der Ukrainer viel angestoßen.
Das größte bislang liegengebliebene Projekt ist der Kampf mit Drohnen, aber da können wir uns bei der SPD bedanken.