Gestern, 14:35
(Gestern, 13:09)Quintus Fabius schrieb: Beispielsweise: Stealth hat bereits jetzt eine immense Bedeutung und diese wird noch ansteigen. Schließt der Gegner hier nun technologisch auf, hebt das die Bedeutung von Stealth nicht auf, sondern verstärkt dessen Bedeutung sogar noch. Oder nehmen wir die wachsende Bedeutung des BVR Bereich, während der WVR Bereich an Bedeutung verliert. Schließt der Gegner hier technologisch auf, verstärkt dies noch die Bedeutung des BVR Kampf.
Wenn dies deine grundlegenden Prinzipien sind, dann habe ich ein Problem damit, zum Teil mit den Aussagen selbst, zum Teil mit den Schlussfolgerungen und insbesondere in der Verbindung der Punkte untereinander. Als Beispiel nehme ich die beiden Aspekte in diesem Zitat:
Ich stimme dir zu, dass die Signaturreduzierung eine immense Bedeutung hat und diese auch zukünftig immer wichtiger wird, und dass sie vor allem dann weiter ansteigt, wenn der Gegner hier technologisch aufschließt. Nur warum interpretierst du meine Aussage dahingehend, dass ich der Meinung sei, dieses "grundlegende Prinzip" wird ausgehebelt? Bei ansonsten gleichen Auslegungsmerkmalen wird ein kleineres und leichteres Kampfflugzeug immer eine geringere Signatur aufweisen. In der singulären Betrachtung hebelt also eher deine Annahme von größeren Maschinen dieses "Grundprinzip" aus. Ich vermute, darauf wirst du letztlich auch deine Befürwortung von größeren Maschinen abstellen, dass es eben nicht um die einzelne Betrachtung der Punkte geht, sondern um das Gesamtbild. Nur führt eben das zu nicht nur vermeintlich, sondern tatsächlich gegensätzlichen Aussagen.
Ein weiterer Aspekt, die BVR-Bedeutung wächst deiner Ansicht nach an während der WVR-Bereich an Bedeutung verliert. Hier stimme ich dir schon bei der Grundaussage nicht zu, denn in meinen Augen hat die wesentliche Entwicklung hier bereits stattgefunden, der WVR-Bereich hat also seine wesentliche Bedeutung beim Kampf Flugzeug gegen Flugzeug bereits verloren und der BVR-Bereich an Bedeutung gewonnen. Zudem, und das ist ein in meinen Augen häufig unterschätzter Aspekt, wird mit dem Begriff WVR immer auf den Nahkampfbereich als ganzes abgestellt, obwohl es dabei im wesentlich um den Wahrnehmungsbereich eben zwischen den waffentragenden Flugzeugen selbst geht. Viel zu wenig Aufmerksamkeit genießt der Aspekt des Kampfes gegen die feindlichen Effektoren selbst, der durchaus immer noch auch (und nicht unerheblich) über flugdynamische Aspekte erfolgt. Es hat sich also der Abstand der Flugzeuge zueinander erhöht, reduziert wurden daher die notwendigen Fähigkeiten für das direkte Duell auf kurzen Distanzen, nicht verringert hat sich die Bedeutung der Manövrierfähigkeit als defensive Maßnahme, im Gegenteil.
Und jetzt kommt der eigentliche Punkt, was konkret hat denn zur Erhöhung der Relevanz des Kampfes BVR geführt, und wie wird sich dieser Aspekt in Zukunft darstellen? Zuerst kam die Erhöhung der effektiven Bekämpfungsreichweiten der FK, eine Folge davon war die Notwendigkeit zu einer stärkeren Signaturreduzierung. Mit der technologischen Angleichung des Gegners in diesem Gebiet wird in der singulären Betrachtung die effektive Kampfentfernung sinken, einfach weil die Erfassungsreichweiten entsprechend reduziert werden. Daraus ergibt sich natürlich wieder die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung, mit den typischen Argumenten bezüglich der Netzwerkfähigkeiten und der elektronischen Kriegsführung, beides sehr relevant und von dir ebenfalls angesprochen - aber was hat das nun mit der Auslegung eines Jagdflugzeugs zu tun?
Alles führt zu der eigentlichen Erkenntnis, dass ein solches immer so klein und leicht wie möglich ausgelegt werden sollte. Was dabei möglich ist wird durchaus durch die Einsatzumstände beeinflusst, als Beispiel dienen hier die Diskussion in den USA hinsichtlich der Reichweitenanforderungen für einen Luftüberlegenheitsjäger in einem zukünftigen Pazifikkrieg. Ich sehe aber kein realistisches Szenario, in dem die Einsatzumstände tatsächlich einen Luftüberlegenheitsbomber erfordern, und ebenso ist es für mich wenig plausibel, wie dieser Durchsetzungsfähig sein soll. Letzteres insbesondere dann, wenn die genannten Netzwerkstrukturen durch Feindeinwirkung reduziert werden.
Zitat:1. höhere Reichweite und höhere Standzeit im Einsatzgebiet - weniger Notwendigkeit in der Luft zu tanken
Höher ist ein Komparativ, ohne einen Bezugspunkt ist die Aussage relativ beliebig und die möglichen Bezugspunkte unterscheiden sich stark voneinander. Zudem ist dieser Aspekt sehr stark von den Einsatzräumen abhängig. Da die höhere Reichweite/Standzeit über mehr Treibstoff und damit einem höheren Gewicht erkauft wird, ist grundsätzlich höher nicht zwingend besser.
Zitat:2. höhere Waffenlast - also dass man sehr viel mehr Raketen mitführen kann, und dies intern und nicht als Außenlast
Auch hier wieder ein Komparativ und große Unterschiede zu den möglichen Bezugspunkten, von daher ebenfalls eine beliebige Aussage. Zudem ist die Unterbringung intern nicht zwingend vorteilhaft, im Gegenteil, und wie bereits erwähnt sollte die Nutzung von semiautonomen Waffenträgern nicht unterschätzt werden.
Zitat:3. Fähigkeit größere Waffensysteme vom Flugzeug aus einsetzen zu können (sehr große Raketen, große Gleitbomben, sehr große Marschflugkörper etc, und davon mehrere)
Du kannst nicht davon sprechen, dass der Begriff "Bomber" vielleicht in die irre führt, wenn du hier explizit die Fähigkeiten eines Bombers dann zur Beschreibung ansetzt. Insofern gibt es kein Missverständnis darüber, was du forderst, sondern unterschiedliche Ansichten dazu, ob das sinnvoll ist. Und genau dieser Punkt ist etwas, dass die Luftkampffähigkeiten in meinen Augen massiv korrumpiert und daher bei einer technologischen Parität einen massiven Nachteil darstellt.
Zitat:4. größere Besatzung (gerade eben um andere Systeme im Verbund von diesem Flugzeug aus einsetzen zu können)
5. Befähigung als Knotenpunkt für die vernetzte Kriegsführung zu agieren
usw.
Für der Ebene der Kampfflugzeuge sehe ich die Notwendigkeit dafür nicht. Eine ein oder zwei Mann starke Besatzung sind auf der taktischen Ebene dafür bereits jetzt völlig ausreichend.
Zitat:Für den Luft-Luft Kampf benötige einen ganzen Verbund von Systemen, in welchem diese bomberähnlichne größeren Maschinen nur ein Teil des ganzen sind. Sobald die feindliche Luftraumverteidigung aber niedergekämpft wird, können die exakt gleichen größeren Maschinen als leichte Bomber wesentlich mehr gegen den Boden zur Wirkung bringen als dies die leichteren Mehrzweckkampfflugzeuge können.
Man sollte das Fell des Bären erst verteilen, wenn er erlegt ist. Wenn der Zustand erreicht ist, dass die feindliche Luftraumverteidigung niedergekämpft ist, ist das Schicksal des Gegners so oder so weitgehend besiegelt und die generellen Einsatzmöglichkeiten (bspw. aus Transportern abgeworfene Bomben/Marschflugkörper) nehmen massiv zu. Für mich ergibt es keinen Sinn, diesen Fall als Argument zu verwenden.
Zitat:Und selbst im Bereich IKM, COIN usw. sind Bomber besser (...)
Oder ganz andere Lösungen, das spielt doch für die Frage, ob Bomber als Jagdflugzeuge in Zukunft einsatzfähig sind, keine Rolle.
Das halte für etwas zu begrenzt, weil es weitere Möglichkeiten der bemannten Komponente verschenkt. Und das mehr an Größe stellt meiner Ansicht nach keinen Nachteil dar, weil die Manövrierbarkeit weniger relevant ist, und der Größenunterschied für die Frage des Stealth nicht relevant ist, man dafür aber durch das Mehr an Größe deutliche Vorteile für den Gesamtverbund generieren kann.
Zitat:Was aber doch genau das ist was ich mit den "leichten" Bombern anstrebe
Ich glaube dir, dass das dein Ziel ist, aber ich teile deine Schlussfolgerungen nicht und komme deshalb zu einer anderen Ansicht. Dass das aktuelle, aus ökonomischen Motiven heraus entwickelte Mehrzweckkampfflugzeug, der falsche Weg ist, ändert nichts daran, dass deine Vorstellung in meinen Augen keinen besseren Pfad darstellt.
Für mich stellt die sinnvolle Kombination die eines dezidierten Jagdflugzeugs, dessen Erweiterung mit über das Netzwerk bereitgestellten Angriffsmöglichkeiten auch gegen Bodenziele, sowie einem mittleren Bomber dar, zumindest für die meisten Nationen (mit durchaus unterschiedlichen konkreten Einsatzanforderungen), insbesondere aber für uns hier in Europa.