31.08.2004, 23:05
Zitat:Bundeswehr-Millionen verschleudert
Privatisierer belastet Verteidigungsetat
Sie sollte das Herzstück der Bundeswehrreform werden und kräftige Erlöse bringen: Aufgabe der Bundeswehr-eigenen "Gesellschaft für Beschaffung, Entwicklung und Betrieb" (g.e.b.b.) ist die Privatisierung von vielen Militärbereichen. Doch auf Geld durch die g.e.b.b. wartet die deutsche Armee bisher vergeblich.
von Christian Esser und Ulrich Stoll, 31.08.2004
Vergangene Woche in Berlin beim Tag der offenen Tür im Verteidigungsministerium: Die Bundeswehr zeigt ihre neuesten Waffen, präsentiert sich als Armee der Zukunft. Eine schlanke Eingreiftruppe: modern, effektiv und sparsam. So der Anspruch.
Um ihn einzulösen, dafür gibt es die g.e.b.b.: die Bundeswehr-eigene Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb.
g.e.b.b. sollte Milliarden bringen
Sie soll einsparen und Milliarden in die leeren Kassen des Verteidigungsministers spülen. Die g.e.b.b. soll den Bundeswehr-Fuhrpark privatisieren, mit Leasing-Autos wirtschaftlicher machen und sich gar um die Dienstanzüge kümmern. Das Image der Bundeswehr sollen g.e.b.b.-Teddys in Uniform aufpolieren.
Olga Maikranz, Pressesprecherin der Bekleidungsgesellschaft g.e.b.b. zu den Werbeträgern: "Das ist also Flecki, das ist Major Tom. Völlig losgelöst - die meisten erinnern sich heute noch an das entsprechende Lied. Und das ist natürlich Lord Nelson, unser Seemann. Und das ist der Wüstentarnlook für Afghanistan, und das Lawrence."
Vernichtendes Urteil
Mit Lawrence und Lord Nelson für eine moderne Bundeswehr. Die g.e.b.b. soll's richten und zudem viel Steuergeld sparen. Seit 2001 jährlich 500 Millionen Euro, so der Plan.
Doch der Bundesrechnungshof in Bonn fällt jetzt ein vernichtendes Urteil über die Privatisierungstruppe der Bundeswehr. Der Rechnungshofbericht, der Frontal21 vorliegt, stellt der g.e.b.b. ein schlechtes Zeugnis aus: "Ein wirtschaftlicher Erfolg der g.e.b.b. lässt sich bis heute nicht ermitteln (...). Die von uns festgestellten Geschäftsabläufe sind nicht geeignet, (...) Vertrauen zu wecken."
"Es sträuben sich einem die Haare"
Karl-Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler, zum Urteil des Rechnungshofs: "Ich habe noch nie einen Bericht des Bundesrechnungshofs gelesen, der in einer derartigen Eindeutigkeit und Schärfe mit den Vorgängen umgeht, die sich bei der g.e.b.b. abgespielt haben. Das ist so eindeutig, dass sich einem die Haare sträuben."
Vor vier Jahren stellte der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping seinen ehrgeizigen Plan vor und machte die SPD-Politikerin Annette Fugmann-Heesing zur Geschäftsführerin der g.e.b.b.. Sie versprach Milliardenersparnisse und Transparenz. Fugmann-Heesing am 1.September 2000: "Ich bin für faire Kooperation und größtmögliche Transparenz. Es sind schließlich Steuergelder, mit denen wir wirtschaften."
Überhöhtes Gehalt
Wegen Erfolglosigkeit entlässt Scharping die g.e.b.b.-Chefin nur ein Jahr später. Heute stellt der Rechnungshof fest: Die gescheiterte Managerin kassierte ein überhöhtes Gehalt und eine Spitzenabfindung. Die Abfindungssumme im Rechnungshofbericht ist geschwärzt, doch nach Frontal21-Recherchen soll sie 600.000 Mark betragen - rund 300.000 Euro. Das sind Einkünfte, vergleichbar mit Geschäftsführer-Gehältern in Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten.
Wir fragen Fugmann-Heesing, ob die Angaben stimmen. Die ehemalige g.e.b.b-Geschäftsführerin antwortet: "Sie können sich doch bei der g.e.b.b. erkundigen. Die g.e.b.b. ist befugt, Auskünfte zu geben. Ich bin dazu nicht befugt."
Wir haken nach: "Die g.e.b.b. hat uns Auskünfte zu diesen Geldern verweigert, darum frage ich sie noch einmal: Ihnen wird vorgeworfen, ein Gehalt erhalten zu haben, das weit über den Einkünften von Geschäftsführern von Unternehmen mit über 5000 Beschäftigten ist. Und eine entsprechende Abfindung." Fugmann-Heesing dazu: "Die g.e.b.b. kann Stellung nehmen, ich kann keine Stellung nehmen."
Zitat:Bundeswehr-Millionen verschleudertWobei die Teddys total nett sind, ich mag die :bonk::bonk:
Privatisierer belastet Verteidigungsetat (Teil 2)
Doch auch ihr Nachfolger Ulrich Horsmann gerät ins Visier der Rechnungsprüfer.
Unkontrollierte Milliarden-Aufträge
"Keine Garantie für irgendeinen Standort"
Auch er kassiert wie ein Top-Manager, so der Vorwurf des Bundesrechnungshofes: "Die mit dem Geschäftsführer der g.e.b.b. vereinbarte jährliche Gesamtvergütung (...) übersteigt die (...) Durchschnittswerte für Geschäftsführer von Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten (290.400 Euro)." Die g.e.b.b. hat gerade einmal 80 Beschäftigte.
Horsmann sagt dazu: "Ich sehe die g.e.b.b. nicht als ein Unternehmen mit 5000 Leuten. Ich glaube, das Gehalt orientiert sich an der Aufgabe. Das Gehalt ist so verhandelt worden. Ich glaube, mehr muss ich dazu nicht kommentieren."
Beraterin holt Berater
Über eine Million Euro kassierte er von der g.e.b.b.: Unternehmensberater Roland Berger. Er und weitere Berater verschlangen anfangs 70 Prozent des g.e.b.b.-Etats. Dabei sollte doch die g.e.b.b. selbst Beraterin der Bundeswehr sein.
Jürgen Koppelin
Jürgen Koppelin, FDP-Bundestagsabgeordneter und im Haushaltsausschuss, zu diesen Vorgängen: "Der damalige Verteidigungsminister Scharping hatte versprochen, eine Milliarde kurzfristig einsparen zu können. Von Beratung war nie die Rede, die g.e.b.b. sollte ja beraten. Deswegen ist es völlig unverständlich, dass für teures Geld Berater eingekauft worden sind. Auch das ist ein Fall, der dringend überprüft werden muss."
Ministerium von Sparerfolg nicht überzeugt
Die Sparpläne der g.e.b.b. sind geplatzt. Doch weiter behauptet die Bundeswehrfirma, mehrstellige Millionenbeträge eingespart zu haben. Horsmann erklärt: "Wir haben in den Bereichen, in denen die g.e.b.b. Konzepte entwickelt hat, in den Jahren bis Ende 2003 im Saldo über 300 Millionen für das Ministerium an Aufwandssenkungen erreicht." Wir fragen nach, ob das wirklich stimmt. Horsmann antwortet: "Diese Zahl ist mit dem Ministerium so abgestimmt, also vom Haushälter und auch dem Controlling so mitgetragen."
Mitgetragen vom Ministerium? Wir wollen beim Verteidigungsminister nachfragen, aber Frontal21 wird ein Interview verweigert. Doch in einem internen Schreiben, das Frontal21 vorliegt, bestreitet das Ministerium den angeblichen Einsparerfolg. Der Haushaltsdirektor des Ministeriums, Rüdiger Wolf, schreibt an Horsmann: "(...) dass von einer Bestätigung der dargestellten Einsparerfolge in der beschriebenen Größenordnung (...) keine Rede sein kann."
Sitz der g.e.b.b. in Köln
Koppelin fehlt bei den Angaben der Nachweis: "Das was die g.e.b.b. uns immer angeblich an Einsparungen nennt, ist uns nie dokumentiert worden. Stattdessen weiß ich - und da muss man diese Einsparungen dagegenrechnen -, dass die g.e.b.b. sehr viel Geld allein für Gehälter verbraucht. Übrigens sind das Positionen bei der g.e.b.b., die es auch beim Verteidigungsministerium gegeben hat und heute noch gibt. Also da ist noch eine Doppelfinanzierung. Ich habe erhebliche Zweifel, dass diese Einsparungen je eingetroffen sind. Das ist wohl Schönfärberei."
"g.e.b.b auflösen"
Auch im Verteidigungsministerium selbst rumort es. Die dort organisierten Beamten fordern gar die Abschaffung der g.e.b.b. Thorolf Schulte vom Verband der Beamten der Bundeswehr sagt: "Die g.e.b.b. hat in den letzten Jahren laufend Geld gekostet und nichts gebracht. Und deshalb sollte man dem Spuk ein Ende bereiten und die g.e.b.b auflösen. Damit die Vergeudung von Steuergeldern aufhört."
12,50 Euro kosten die kleinen Stofftiere der g.e.b.b. Doch auch der Verkauf der Teddys in Uniform wird das Scheitern kaum aufhalten. Die g.e.b.b. ist bislang ein Millionengrab für Steuergelder.
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Meine Meinung:
1 Die g.e.b.b. gehört SOFORT und komplett aufgelöst. Sämtliche Pensionsansprüche und Versorgungsgelder für die Führung sollten entfallen, Inkompetenz und Dilettantismus gehören endlich zumindest geldlich bestraft.
2 Die Privatisierung von Streitkräften ist meiner Meinung nach ohnehin in jeder Form und in jeder Größe abzulehnen. Eher würde ich die Rüstungsindustrie auf dem Gebiet der BRD komplett verstaatlichen, denn zuzulassen, daß sie die Armee privatisiert.