15.11.2004, 22:47
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Zitat:Sendung vom 14.11.2004 (SWR)
Elfenbeinküste
Geteiltes Land
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Rückblende. 1961 feiert die Elfenbeinküste ihren ersten Unabhängigkeitstag. Der Übergang von der Kolonie in die neue Republik Elfenbeinküste war friedlich verlaufen. Wohl auch deshalb, weil Frankreich die Geschicke des größten westafrikanischen Landes mitbestimmt. So war die Pariser Prominenz an diesem Tag ganz selbstverständlich mit eingeladen. Der erste Präsident -Felix Houphet-Boigny - war zuvor sogar Minister unter Charles de Gaulle. Er hielt sein Land eng an der Seite Frankreichs. Und er schaffte ein kleines Wunder: Die Elfenbeinküste wird der führende Kakaoproduzent der Welt. Dafür braucht er die Hilfe der Gastarbeiter aus den nördlichen muslimischen Nachbarstaaten. Sie schufen den neuen Reichtum und wurden zum Dank mit Papieren der Elfenbeinküste belohnt.
1993 - die Beerdigung von Felix Houphet-Boigny. Mit seinem Tod geht die Erfolgsgeschichte der Elfenbeinküste zu Ende. Und ab jetzt schwindet der Einfluß Frankreichs auf die ehemalige Kolonie. Sein Nachfolger - Colon Bedie - wirtschaftet das Land in den Ruin. Zum Verfall der Kakaopreise kommen Korruption und staatliche Verschwendung. Um an der Macht zu bleiben, greift Bedie zu einem bewährten Konzept: Dem Rassismus. Nur wessen Mutter und Vater an der Elfenbeinküste geboren sind, bekommt Papiere. Und so hält er die wachsende Opposition aus dem muslimischen Norden in Schach. Sein wichtigster Gegenspieler hat eine ausländische Mutter. Pech für ihn, er wird von den Wahlen ausgeschlossen. Und es kommt noch schlimmer: Zu Weihnachten 1999 putscht sich ein General an die Macht. Man nennt ihn den "Weihnachtsmann in Uniform". Das war sein Geschenk an die Bürger in Abidjan.
Eine gefährliche Situation. Denn seine Regierung bringt Chaos und Anarchie - die Elfenbeinküste rutscht zum ersten Mal seit ihrer Unabhängigkeit an den Rand eines Bürgerkriegs. Mit Laurent Gbagbo gewinnen die gemäßigten Kräfte die Oberhand. Mit französischer Unterstützung kommt er 2000 durch Wahlen an die Macht. Gbagbo ist Christ und Sozialist. Doch trotz seiner Glaubensbekenntnisse kehrt er zum Rassismus seines Vorgängers zurück. Er weiß offenbar kein besseres Mittel gegen die Wirtschaftskrise. Und zum zweiten Mal erlebt die Opposition, wie ihr muslimischer Vertreter wegen seiner Papiere von Wahlen ausgeschlossen wird.
Jetzt springt der Funke über:
Der oppositionelle Norden mit den vielen muslimischen Gastarbeitern begehrt auf. Innerhalb der Armee der Eflenbeinküste wird geputscht. Die Aufständischen wollen jetzt alle Macht, sie wollen nach Abidjan. Frankreich hat ein Beistandsabkommen mit Abidjan. Präsident Gbagbo ruft französisches Militär gegen die Aufständischen zu Hilfe. Doch anders als er erwartet, verhält sich Paris in diesem Konflikt neutral.
"Wenn hier niemand mehr die Linien zwischen Norden und Süden trennt, dann würden sie sofort gegeneinander marschieren. Das wäre der Beginn des Bürgerkrieges", erklärt Capitaine Olivier Sagon von der französischen Operation Licorne.
So gerieten die Franzosen zwischen die Fronten und drohen, darin zerrieben zu werden. Warum also kein Rückzug? "Wenn sich Frankreich von der Elfenbeinküste zurückzöge, hieße das den völligen Rückzug aus Afrika" so die Journalistin Judith Rueff von Liberation. "Das wäre ein enormer Prestigeverlust für die französische Diplomatie. Wenn man dann berücksichtigt, welche Position Frankreich im Irakkonflikt hatte, würden sich die Amerikaner geradezu die Hände reiben, wenn sie sähen, dass die französische Politik an der Elfenbeinküste gescheitert ist."
Es ist ein teueres Engagement, das sich die Franzosen in ihrer ehemaligen Kolonie leisten. Trauerfeier für die neun an der Elfenbeinküste getöteten Soldaten diese Woche im Pariser Invalidendom. Hier zeigte sich noch einmal das Gesicht der alten Kolonialmacht: Frankreich, so erklärte die Regierung, lasse nicht zu, dass seine Soldaten ungestraft getötet würden.
Die Regierung in Abidjan wird mit weiteren Konsequenzen rechnen müssen.
Doch die hat längst einen anderen Kurs eingeschlagen. Der christliche Präsident Gbagbo hat neue, einflussreiche Freunde im Kampf gegen den muslimischen Norden gefunden, nämlich jenseits des Atlantiks. Im fernen Washington sieht man nicht ohne Genugtuung, wie der Konflikt zwischen Paris und Abidjan eskaliert.