Söldner(un)wesen
#51
@Thomas Wach:

Da bin ich aber teilweise erheblich anderer Meinung. Gerade Executive Outcomes ist hier ein sehr schlechtes Beispiel, denn gerade das war eine Firma, die bei ihren Operationen erhebliche Erfolge vorweisen konnte und die Staaten tatsächlich stabilisieren konnten.
Zwei Beispiele:

1. Angola:

Die UNITA destabilisierte die Regierung nach dem Ende des Kalten Krieges zunehmend (da diese ihre früheren Sowjet-Unterstützer verloren hatte) und brachte das Land an den Rand eines "failed state". Da auch die UNITA ihre früheren Unterstützer verloren hatte (v.a. das Apartheids-Südafrika), war sie so fraktioniert, dass nach dem Zusammenbruch der Regierung vermutlich ein Machtkampf stattgefunden hätte, der das Land noch mehr in den Abgrund gerissen hätte.
In dieser Situation kam EO ins Spiel. Nach der Sicherung einer Ölanlage (Soyo-Operation) baute EO quasi im Alleingang die angolanische Armee wieder auf (16. Brigade), sicherte weitere Rohstoffquellen für die Regierung und drängte danach die UNITA so weit zurück, dass diese mit der Regierung verhandeln musste. Teil des Friedensvertrages war das Verlassen des Landes durch EO, was auf Druck von Clinton '95 stattfand. UN-Friedenstruppen sollten danach das Abkommen sichern, waren aber eben dazu nicht in der Lage und die Kämpfe brachen wieder aus. Allerdings hatte die Regierung die Lage weitestgehend unter Kontrolle, was sie EO zu verdanken hatte -> Verhinderung eben des von Dir kritisierten failed state.

2. Sierra Leone

Autokratisch von Siaka Stevens regiert, hatte dieser ab Anfang der 90er mit den Rebellen der RUF zu kämpfen, die von seinem Intimus Charles Taylor unterstützt wurden. Die RUF hatte zwar selbst keine klaren politischen Ziele für das Land, tat sich aber durch die Enthauptung von Dorfältesten und die Entführung und Pressung von Kindern in ihre Streitkräfte hervor.
Durch Korruption und Inkompetenz war die Regierung nicht in der Lage, die RUF aufzuhalten und bis '95 marschierte diese auf die Hauptstadt, weswegen westliche Botschafter schon mal die Koffer packten. Nachdem Stevens geflohen und nun Valentine Strasser an der Macht war, heuerte dieser EO an (15 Mio. $, Ziel: Niederschlagung der RUF, Sicherung der Hauptstadt sowie strategischer Ziele, die Kosten betrugen später insgesamt 35 Mio.) Da die Regierung nicht sofort zahlen konnte, erteilte sie Konzessionen auf Diamanten. Innerhalb von neun Tagen brachte EO die RUF zum Stehen und schlug sie 126 km in den Dschungel zurück. Sie trainierten danach eine einheimische Truppe (die Kamajors), die relativ unabh. von der Regierung waren, was die polit. Situation zugegebenermassen später verkomplizierte.
Nach der Sicherung der Hauptstadt eroberte EO innerhalb von zwei Tagen die Diamantenminen im Osten, die die RUF zur Devisenbeschaffung nutzte und zerstörte danach deren HQ. Anfang '96 stand die RUF wieder an der Grenze, wo sie angefangen hatte, und war zu Verhandlungen bereit.
Nachdem durch Wahl ein der RUF unliebsamer Sieger hervorgegangen war (Tejan Kabbah, ehem. UN-Koordinator), nahm sie den Kampf wieder auf, was EO mit Zerstörung deren neuen HQ's unterband, worauf die RUF wieder einen Frieden unterzeichnete (worin EO's Abzug eine Kondition war).
Dass sich die Lage in S.O. bald wieder destabilisierte, ist der internationalen "Gemeinschaft" zu verdanken, die zwar einerseits ebenfalls EO's Abzug forderte, aber andererseits die 47 Mio. $ für die geplante UN-Blauhelm-Mission nicht aufbringen konnte oder wollte, hautpsächlich aufgrund der (erwartungsgemäßen) erneuten RUF-Auflehnung gegen die Abmachungen. EO selbst hatte Kabbah vor einem mgl. Putsch innerhalb von 100 Tagen gewarnt, dieser wollte EO aber nicht wieder engagieren (mglw. Druck durch den Westen) und wurde 95 Tage später gestürzt. Danach gings wieder zu wie zuvor, bis Sandline später für den selben Job engagiert wurde, der aber nicht vollständig erledigt werden konnte (Stichwort Sandline-Affäre in England).

Fakt ist bei EO, dass das Ergebnis zählte, und das war, solange man EO den Job auch machen liess, überzeugend. Jeweils trat die Destabilisierung ein, nachdem EO meist aufgrund internationalen Drucks (vor allem die USA) aus dem Land verwiesen wurde und die nun erwartete internationale Hilfe nicht eintraf oder unzureichend war.
Insofern stellt sich für mich die Frage moralische Legitimiation vs. ökonomische Legitimation ehrlichgesagt nicht, denn wer sich heute mal die dünne moralische Legitimation der USA im Irak oder des Westens generell im Sudan (oder jetzt Schröders tolle Legitimation für den Waffendeal mit China) ansieht, der kann eigentlich nur erkennen, dass Moral das Papier nicht wert ist, auf dem sie geschrieben steht. Letztlich sind auch hier ökonomische oder geostrategische Interessen die wahre Legitimation und daher stellt sich nur noch die Frage, warum einem Staat die besser zu Gesicht stehen sollen als einer Firma ihre Einkünfte. Ich sehe da eigentlich keinen Unterschied. Damit will ich die privaten Militärfirmen keinesfalls heilig sprechen, aber das gleiche verbitte ich mir auch für Nationalstaaten, dafür leben wir heute in einer allzu anschaulichen Welt.

Ach so, noch eine Quelle für meine Infos:
P.W. Singer: Corporate Warriors, Cornell Univ. Press 2003
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