Die Ansiedelung der Westgoten in Südgallien 418
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Theorien zur Landzuteilung
Hierzu schreibt Dietrich Claude: “Seitdem Ernst Theodor Gaupp 1844 seine Theorie über die Ansiedlung und Landausstattung der Germanen publizierte, galt es als gesicherte Tatsache, dass den Eindringlingen von Staats wegen landwirtschaftlich nutzbarer Boden zugewiesen wurde.” Inzwischen ist diese Theorie jedoch umstritten. Verwunderlich an der Tatsache war, wie wenig sich die römischen Gutsherren gegen die Enteignung ihres Landes (immerhin 2/3 des selbigen) gewehrt haben. Denn die Goten kamen ja nicht als Sieger und Eroberer nach Südgallien, dann hätten sie nach Gutdünken enteignen können, sondern sie hatten sich Constantius unterworfen, und waren auf seinen Befehl dort angesiedelt worden. Daher ist anzunehmen, dass zumindest bei den Westgoten eine Absprache mit der römischen Zentralgewalt und den betroffenen römischen Stellen stattgefunden hat. Da die Quellen darüber nicht viel berichten schreibt Herwig Wolfram, “dass nur der Schluss bleibt, es sei eine vertraute, mitunter zwar bedrückende, aber keineswegs gesetzlose Vorgangsweise angewendet worden.” Weiter berichtet er dass die spätantiken Einquartierungsgesetze in Wahrheit nur die Unterbringung, nicht aber die Finanzierung des Lebensunterhalts mobiler Militäreinheiten betreffen. Demnach befindet das Gesetz des Arcadius nur über eine auf Zeit gedachte Unterbringung. So fand in Wahrheit keine Enteignung der römischen Grundbesitzer statt, stattdessen erhielten die Goten im Bereich ihres Herrschaftsgebietes 2/3 des Steueraufkommens . Erst später eigneten sich die Goten das Land an.
Allerdings zeigt Dietrich Claude auf, dass zumindest ab 440 Foederaten Land zugewiesen wurde . Dietrich Claude berichtet weiter über die Aufzeichnungen von Paulus Orsorius und Paulinus von Pella. Orsorius bemerkt, dass die Barbaren ihre Schwerter zu Pflugscharen umgewandelt hätten. Zweifelsohne ist dies eine Metapher nach biblischem Vorbild, doch wäre es ja auch unpassend von Pflugscharen, also Ackerbau zu reden, wenn die ehemals gefürchteten Feinde von Steuerzuteilungen gelebt hätten . Aus der gleichen Zeit stammt ein weiterer Bericht von Paulinus von Pella, den Dietrich Claude anführt. “Er [Paulinus von Pella] beklagt, dass ihn seine beiden Söhne verließen, um sich nach Bordeaux oder in die Umgebung dieser Stadt zu begeben. Als Motiv nennt unser Gewährsmann, dass sich seine Kinder größere Freiheit erhofften, obwohl sie dort einen gotischen colonus als consors hatten. Die Bezeichnung colonus hat hier offenbar eine andere Bedeutung als im Codex Theodosianus. Der Gote, dessen Nachbarschaft der Aristokrat Paulinus von Pella als störend empfand, war kein von einem Grundbesitzer abhängiger Pächter, dessen Anwesenheit ein Vornehmer leicht übersehen konnte, sondern ein offenbar nicht unbedeutender Mann. Seine Bezeichnung als colonus weist auf eine enge Beziehung zum Landbau. Da der Gote im Verhältnis zu den Kindern des Dichters Veensoors genannt wird, ist seine Besitzung in räumlicher Nähe zu den Liegenschaften unseres Gewährsmannes zu suchen. Wegen seiner Bezeichnung als consors kann es als sicher gelten, dass er Land aus dem besitz des Paulinus erhalten hatte. Consors ist demnach der terminus technicus für einen Teilhaber am Besitz eines Romanen, wobei die Teilung auf Grund einer staatlichen Anordnung erfolgte. Auch der Umstand, dass er offensichtlich gegen den Willen des Paulinus zu dessen censors geworden war, spricht für die Annahme, dass hier ein Gote durch Landteilung mit dem Vorbesitzer zu Grundbesitz gekommen war. ” Dietrich Claude stellt zusammenfassend fest, dass es bereits sehr früh Landzuteilungen an Foederaten gegeben hat. Es weist jedoch auch weitergehend darauf hin, dass man nur, weil er den Beweis erbracht hat, dass es Landzuweisungen gegeben hat, noch lange nicht die Existenz von Steuerzuweisungen außer Acht lassen darf. Als bekanntestes Beispiel nennt er die Versorgung der Westgoten mit Getreide im Jahr 416 . Die Versorgung mit Getreide kann nur aus Steuermitteln finanziert worden sein, allerdings ist es Gaupps Verdienst darauf hingewiesen zu haben. Denn gerade die Vertreibung der Westgoten aus Gallien 415 und der in Spanien folgende Hunger, der sie zum Abschluss eines Foedus zwang, zeigt, dass durch Landzuteilungen (oder Besetzungen) alleine auf die Schnelle der Hunger nicht besiegt werden konnte. Auf Dauer konnte die Versorgung jedoch nur durch Landzuteilungen erfolgen .

Die Chronik des Hydatius
Hydatius wurde etwa 400 in einem Ort, den er Lemica ciuitas nannte, geboren. Dieser Ort wird anderweitig auch als ciuitas Limicorum bezeichnet und liegt nahe dem heutigen Nocelo da Pena. Er selbst wusste nichts über seine Eltern, außer dass sie vermutlich Christen aus der spanischen Mittelschicht waren. Er wird oft mit Hydatius, dem Bischof von Emerita in Lusitanien verwechselt, aber außer den Namen bestehen keine Gemeinsamkeiten. Die Jahre 406 bis 407 verbrachte Hydatius auf einer peregrinatio im heiligen Land, wo der junge Hydatius Hieronymus traf, dessen Chronik er später fortsetzte . Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits einen Vater, und vielleicht auch seine Mutter verloren, weshalb er sich als pupillus bezeichnet, was Waise oder aber auch kleiner Junge bedeutet. Er kehrte 409 nach Spanien zurück Seit 411, wo die Vandalen und Sueven sich in Spanien niederließen lebte Hydatius in einer kleinen römischen Ansiedlung und wurde von daher laufend mit der Präsenz der Barbaren konfrontiert . 428 wurde er vermutlich in Aquue Flaviae, dem heutigen Chaves, zum Bischof gewählt . Da er zu diesem Zeitpunkt kaum 30 Jahre Alt war spricht laut Burgess viel dafür, dass er einigen Einfluss und einiges Ansehen in der Region hatte . Dafür spricht auch, dass er 13 Jahre später auf eine Mission zum Magister militum Aetius geschickt wurde, um die Unterdrückung der Sueven zu erbitten, welche laufende Feindseligkeiten gegenüber den Galliern zeigten. Er kehrte mit einem kaiserlichen Legaten zurück und war evtl. 433 in den Friedensschluss involviert . 445 wurde Hydatius zusammen mit einem sonst unbekannten Caeponius, von Thoribius, dem neuen Bischof von Asturica ausgewählt, um mit der bei Papst Leo angefragten Unterstützung gegen den Priscillianismus vorzugehen . Nur Hydatius folgte dem Ruf und entlarvte alsbald einige der Manichäer, die er Antonius, dem Bischof von Emerita meldete . Papst Leo beantwortete den Brief eventuell im Jahr 447 und bat darin Thoribius Hydatius und Caeponius eine große Synode in Spanien einzurichten oder, wenn dies zu schwierig sei, wenigstens eine in Gallaecia, um den Priscillianismus zu unterdrücken und die Frömmigkeit wiederherzustellen . Aus dieser Anforderung wurde nichts, außer dass der Brief von Papst Leo in Gallarcia zur Subskription kursierte und die friedliche Koexistenz zwischen Christen und Priscillianisten schien nach den Hexenjagden de frommen Thoribius wiederhergestellt . Neben einer weiteren Mission 460, bei der er von Frumarius, einem kleineren Suewischen Kriegsfürsten mit Königsambitionen gefangen genommen wurde und nach einem Friedensschluss nach drei Monaten freigelassen wurde erwähnt sich Hydatius nicht mehr in seiner Chronik, die er vermutlich Anfang 469 im Alter von 70 Jahren fertig stellte .
Er gibt nicht an wann er seine Chronik zu schreiben begann, doch in seinem Vorwort nennt er sein Wissen bis zu dem Jahr in dem er Bischof geworden war (428) . Seine Aufzählung von Aetius Kampagnen in Gallien 430 bis 432 ist sicherlich das Resultat seiner Nachforschungen, die er während seines Aufenthalts in Gallien im Winter 431/432 anstellte . Seine Gründe dies in seine Chronik mit einzubauen sind unbekannt. Die größten Anregungen seine Chronik zu schreiben waren der Fund eine spanischen Kopie von Hieronymus Übersetzung, die Fortführung der Chronici canones von Eusebius und die Gotische Invasion von Gallarcia und Lusitania 456/457, die den Mittelpunkt seiner Chronik stellen . Die eigentliche Aufzeichnung der Chronik begann wohl erst 457/458 wo sie die ganze Struktur und Absicht, sowie die Nachwirkungen der Gotischen Invasion beinhalten. Wann Hydatius starb ist unbekannt, doch es wird angenommen, dass dies während oder direkt nach der Fertigstellung seiner Chronik erfolgte . Hydatius hatte seine Chronik als direkte Fortsetzung der Chroniken von Hieronymus und Eusebius geschrieben, und nie vorgesehen, dass sie separat davon betrachtet würde. Zusammen bilden die Chroniken von Hieronymus, Eusebius und Hydatius die vollständige Menschheitsgeschichte von Abrahams Geburt bis 468/469.
Als Grundlage der historischen Bearbeitung dient eine Handschrift aus dem 9. Jahrhundert . Diese Handschrift wurde von mehreren Personen verbessert und kommentiert, sowohl vom Schreiber selbst, als auch von Anderen. Sie befindet sich in Berlin und wurde von Mommsen Handschrift B genannt und ediert . Thompson betont in seinem Werk “Romans and Barbarians” die hohe Qualität der Edierung von Mommsen, bemängelt allerdings die verwirrenden Ergänzungen zur Chronologie. Allerdings lag ihm ein Mikrofilm der Handschrift B vor. Er bemerkt hierbei allerdings die verwirrende Umrechnung der Olympiaden der Handschrift . Laut Thomson ist die Chronik von daher schon beschränkt, da im 5. Jahrhundert einfach nicht die Mittel zur Verfügung standen, um auch an alle Informationen aus Italien oder dem Oströmischen Reich zu kommen. Während von früheren Wissenschaftlern die Chronik des Hydatius noch stark kritisiert wurde kommt Thompson zu dem Schluss, dass ohne diese Chronik die Kenntnisse über das Spanien des 5. Jahrhunderts nur sehr dürftig wären , womit die Chronik einen hohen Wert für die Forschung hat.


Fazit
Valia war 416 in einer schwierigen Position. Mit dem Abschluss des Foedus konnte er nach zwei weiteren Jahren des Kämpfens (die wohl in Afrika auch nötig gewesen wären) seinem Volk ein sehr reiches Kernland des Römischen Reiches sichern. Wenngleich seine Position bei den Verhandlungen mit Constantius wohl nicht die Beste war, hat er sich meiner Meinung nach, abgesehen von den damals ohnehin üblichen Geiseln, eine Gute Position erhandelt. Mit der Ansiedlung der Goten 418 gewannen die Römer einen starken Verbündeten, dessen Wert in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 451 deutlich zu sehen ist. Auch wenn es einige Argumente gegen die Landzuteilung an die Westgoten 418 gibt, so haben mich doch die Ausführungen von Dietrich Claude überzeugt, weshalb ich denke, dass es sehr wohl eine Enteignung der römischen Grundbesitzer gegeben hat. Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass die friedliche Ansiedlung in Südgallien ein wesentlicher Faktor dafür ist, dass Frankreich heute ein lateinisches Land ist. Denn nur durch die geordnete Ansiedlung und Einbindung der Goten in die bestehende Gesellschaft konnten die Goten Sprache, Institutionen und Sitte der Römer langsam absorbieren.
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