22.05.2005, 17:38
Zitat:Wolf posteteNein, da sist so nicht richtig, man kann Unrecht und Verbrechen nicht mit Unwissenheit oder anderen Standpunkten bzw. Wahrnehmungen entschuldigen.
Damit sind wir wieder am Anfang. Nur, dass du jetzt nicht mehr latent unterstellst die Leute hätten richtig Bescheid gewusst - sondern offen. Ich habe schon einige Jahre mehr auf dem Buckel als der Forumsdurchschnitt und hatte so das Glück meine Grossväter noch vom Krieg erzählen zu hören. Von einem habe ich gar die Tagebuchaufzeichnungen des Russlandfeldzuges gelesen, die er, verbotenerweise, damals im Feld geschrieben hat.
Zusammengefasst: Die gesamte Wahrnehmungsart, unabhängig vom Wissensstand, der normalen Soldaten damals unterscheidet sich derart von unserer/meiner heutigen, dass ich nicht glaube dass diese, teils hoch philosopischen Ansätze, die du vorgebracht hast, anwendbar sind.
Das ist als wolltest du Windows XP auf einem C64 laufen lassen - oder umgekehrt: eine Datasette mit einem CD Laufwerk abspielen.
Da das Kernproblem der Ursprungsdiskussion aber wohl ausreichend herausgearbeitet wurde, denke ich, können wir das an einem anderen Ort weiterbesprechen.
Auch ich konnte die Dokumente meines Großvaters lesen, Tagebucheinträge, verschiedenste Aufzeichnunungen etc. und dies lässt für mich nicht den Schluss zu, dass man von nichts wußte bzw. es damals einfach anders wahrnahm.
Sicherlich ist die geschichte des Zweiten WKs und des Holocaust im historischen Zusammenhang zu sehen, trotzdem existiert das Wort "Völkermord" nicht erst seit '45 und auch wenn damals eine anderer Zeitgeist herrschte, so reichte der Wissensstand des ganz normalen Deutschen, das ist wissenschaftlich belegt, um zumindest in Ansätzen zu wissen was los war und dieses Wissen hätte ausreichen müssen um dagegen zu sein. Dabei möchte ich "dagegen sein" nicht als aktiven Widerstand verstanden wissen, man stelle sich vor die gut 60 Mio. deutschen hätten sich absolut passiv verhalten, das NS-Regime hätte so nicht existieren können, eine Regierung, ein Machthaber, braucht immer ein Volk bzw. einen nicht unbeträchtlichen Teil eines Volkes, das auf unterster Ebene in exekutiver Weise tätig ist.
So, und bevor nun behauptet wird das der passive Wiederstand nicht möglich war:
1) der Staat konnte nur existieren wie es ausreichende Täter/Mitäter gab, wer hätte sonst Widerständler, ob aktiv oder passiv bedsstrafen sollen?
Daraus folgt das bei genügend "passiven" der Staat keine Gewalt mehr gehabt hätte.
2)Befehlsverweigerung wurde geduldet, als Stichwort: Hauptmann Wolfgang Hoffmann, 101. Polizeibataillon.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.rechtsgeschichte.jku.at/Lehrveranstaltungen/Allgemeines/Lernbehelfe/Goldhagen,%20Hitlers%20willige.pdf">http://www.rechtsgeschichte.jku.at/Lehr ... illige.pdf</a><!-- m --> Siehe Seite 7