Entwicklungshilfe
#3
Gib mir einen Mercedes-Benz: Was afrikanische Führer mit der Entwicklungshilfe machen

von Aidan Hartley

"Oh Lord, won't you buy me a Mercedes-Benz", bat Janis Joplin und der Herr gehorchte. Mit oder ohne göttliche Hilfe - der Papst hatte einen. Die Queen auch. Erich Honecker pflegte nachts auf die Jagd zu gehen, indem er die Hirsche mit den Scheinwerfern seines Mercedes blendete, bis er nahe genug dran war, um sie über den Haufen zu schießen. Mao Tse-tung hatte 23 Mercedes. Kim Jong Il besitzt Dutzende, alle bis zum Rand gefüllt mit importiertem Hennessy Cognac. Hitler, Franko, Hirohito, Tito, der Schah, Ceausescu, Pinochet, Somoza - sie alle schworen auf Mercedes-Benz.

Heute jedoch gibt es einen Mann, der mehr tut als der Herr selbst, um den führenden Bösewichtern der Welt einen Mercedes-Benz zu besorgen. Dieser Mann ist natürlich Bob Geldof, das Licht unseres globalen Gewissens. Afrikas Führer können es gar nicht erwarten, bis die Vertreter der G-8-Staaten - die von Bob und Live 8 zur bändchentragenden Unterwürfigkeit reduziert worden sind - ihre Hilfsleistungen verdoppeln und dem Kontinent seine Schulden erlassen. Sie wissen, daß solche Großzügigkeit ihre künftigen Einkäufe von sehr eleganten, extra angefertigten Mercedes-Benz-Karosserien finanzieren wird, während 315 Millionen armer Afrikaner ohne Schuhe und westliche Steuerzahler mit Hondas auskommen müssen. So läuft es eben mit den WaBenzi, einem Suaheli-Wort für die Großen Männer von Afrika.

Die Hinterlassenschaft des Kolonialismus ist ein Kontinent, der von willkürlichen Grenzen in ungefähr 50 Staaten zerlegt wird. Aber die WaBenzi sind ein transkontinentaler Stamm, der auf den staubigen, löchrigen Straßen Afrikas in großem Stil Autorallyes fährt, seit man in den sechziger Jahren die Freiheit an sich gerissen hat. Nachdem sie fröhlich ihre Spritztouren mit Hilfe von Fördergeldern im Wert von sechs Marshallplänen hinter sich haben, ist Afrika heute ärmer als vor 25 Jahren; und jetzt wollen die WaBenzi mehr.

Nehmen wir zum Beispiel Simbabwe, wo Millionen von Menschen Hunger leiden, 3000 wöchentlich an Aids sterben und die Lebenserwartung auf 35 Jahre gesunken ist. 2005 wird Großbritannien Simbabwe 45 Millionen Euro Entwicklungshilfe geben, wodurch es einer der drei größten Geber wird. Die Regierung wird behaupten, dieses Geld sei für Nothilfe bestimmt. Versuchen Sie das mal den Scharen von Leuten zu erklären, deren Häuser in den letzten Wochen niedergebrannt und plattgewalzt worden sind.

Wenn man nach Beispielen für Heuchelei sucht, kann man kaum ein besseres finden als die Forderung nach "sauberer Führung" in einer Rede des Genossen Robert Mugabe. Der alte Diktator verurteilt: "arrogante Großspurigkeit und Verschwendungssucht: ein Dutzend Mercedes für eine einzige Person, grotesk riesige Residenzen, ausgefallene kulinarische Vorlieben, die nur von ausländischen Gerichten befriedigt werden können, Gier und Amoral.". Er spricht eindeutig von den WaBenzi und deren Lieblingsversion der Marke, dem S 600 L, eine Limousine mit einem monströsen 7,3 Liter V12 twin turbo betriebenen Motor. Und wer ist der bekannteste Besitzer eines solchen Wagens in Simbabwe? Robert Mugabe selbstverständlich. Mugabes Wagen war eine Extra-Anfertigung aus Deutschland und ist innen beschlagen mit einer Sicherung gegen AK-47-Kugeln, Granaten und Landminen. Er ist ausgestattet mit CD-Player, Filmen, Internet und Antiabhöreinrichtungen. Mit einem Gewicht von fünf Tonnen schafft er etwa zwei Kilometer pro Liter Benzin. Ein Tanklaster muß immer hinter ihm herfahren, weil es in dem ausgebluteten Land nichts gibt. Mugabe hat sich einen ganzen Car Pool mit Dutzenden kleinerer Mercedes S 320 und E 240 für seine Frau, seinen Vizepräsidenten und die Minister zugelegt.

Sie mögen sich fragen, warum Männer wie Mugabe sich nicht für einen Rolls-Royce, Bentley oder Jaguar entschieden haben. Die Antwort liegt auf der Hand: britische Autos waren immer mit Imperialismus assoziiert. Ein Blick in die Geschichte lehrt, daß der Mercedes-Benz bis in die sechziger Jahre hinein kein besonderer Erfolg war. Im selben Moment, als der "Wind der Veränderung" über Afrika wehte, produzierte Mercedes den Pullman 600, einen sechstürigen Riesen mit einem 6,3-Liter-V8-Motor. Für Afrikas Leittiere war es Liebe auf den ersten Blick. Die WaBenzi waren geboren. Idi Amin schnappte sich drei, Bokassa noch mehr, als er sich selbst zum Kaiser über Zentralafrika krönte. Zaires Sese Seko Mobuto kaufte so viele, daß er allein sechs für seine Sommerresidenz am See Kivu benötigte.

Seit jenen Tagen hat Afrika 186 Staatsstreiche, 26 Kriege und sieben Millionen Tote zu verzeichnen gehabt, und der Mercedes war ideal - sowohl für die Demonstration von Herrscherwürde als auch für die Flucht.

Natürlich sind nicht alle Afrikaner, die einen Mercedes besitzen WaBenzi, noch behaupte ich, Daimler-Chrysler sei in irgendeiner Weise schuld. Dank einer gezielten Antikorruptionskampagne der Weltbank ist in den letzten zwei Jahrzehnten in Afrika eine Mittelschicht von hart arbeitenden, begabten Unternehmern entstanden. Afrikas Zukunft hängt von diesen jungen Unternehmern ab, und sie wollen Qualitätsautos aus denselben Gründen wie Leute im Westen. Freier Handel für Afrika würde sicher noch mehr Mercedes-Benz-Besitzer schaffen. Aber die WaBenzi hassen freien Handel. Eine reduzierte Bürokratie bedeutet weniger Gelegenheit für Mauschelei.

Nehmen wir zum Beispiel Malawis "Benz Aid"-Skandal. Im Jahr 2000 wurde Bakili Muluzi als ein Ebenbild von afrikanischer "Good Governance" gefeiert. Großbritannien versprach seine Entwicklungshilfe von 46 Millionen auf 65 Millionen Euro in einem einzigen Jahr zu erhöhen, um den 65 Prozent der Malawis zu helfen, die mit weniger als 40 Cent pro Tag auskommen mußten. Malawis Regierung feierte diesen Vorgang mit dem Einkauf von 39 hochwertigen Mercedes-Wagen der S-Klasse, Kostenpunkt zwei Millionen Euro. Auf Protest reagierte Claire Short, die damals Entwicklungshilfeministerin war, mit der Ablehnung eines Stopps der Entwicklungshilfe. Das Geld für die Autos stamme nicht aus der britischen Hilfe, sondern aus Spenden.

Entwicklungshilfe hat nicht funktioniert. Ein Bericht von Merrill Lynch schätzt, daß etwa 100 000 Afrikaner 400 Milliarden Euro besitzen. Gleichzeitig leben über 300 Millionen anderer Afrikaner von 60 Cent am Tag. Vergeßt die Schere zwischen Nord und Süd. Die Reichtumsschere innerhalb von Ländern wie Kenia ist viel, viel größer.

"Nun hört doch auf mit dieser Korruptionssache", sagt Bob Geldof. Tatsache ist aber, daß bisher noch niemand so recht angefangen hat, darüber zu sprechen. Die Gebernationen tun so, als würden sie hart gegen Korruption vorgehen, während afrikanische Führer so tun, als würden sie sich ändern. Entwicklungshilfebeamte scheren sich weniger um finanzielle Ehrlichkeit als um die Presseberichte, die behaupten, daß die Wirtschaft auf einem guten Weg sei. Damit helfen sie Afrikas jungen Unternehmern nicht. Indem sie fiskalische Disziplin in den Wind schlagen und einfach weiter Hilfsgelder nach Afrika schaufeln, wird die internationale Bürokratie nur für eine Wiederkehr der Korruption sorgen. NGO's beschäftigen sich nicht mit Korruption, weil das für sie einfach keine Priorität hat. Sie legen die Korruption westlichen Konzernen zur Last. Wohlfahrtsverbände sind ideologische Museen vollgestopft mit Sozialisten und Antiglobalisierungsaktivisten.

Westliche Experten sagen, daß es WaBenzi gibt, weil die afrikanische Kultur im Innern krank ist. Weil schwarze Afrikaner nicht anders können, als ihre großen Männer anzubeten. Damit tut man gewöhnlichen Afrikanern Unrecht. Der Westen muß ihnen helfen, bessere Führer aufzustellen, bevor die Entwicklungshilfe erhöht wird. Laßt die WaBenzi ihren Reichtum offenlegen. Sorgt dafür, daß nur Politik gemacht wird, die allgemeinen Reichtum schafft, so daß nur noch ehrliche Afrikaner Mercedes kaufen. Bevor das geschieht, wird das neue Hilfspaket nicht Armut, Krankheit und Ignoranz beseitigen, im Gegenteil. Aber was es definitiv erreichen wird, sind noch mehr prunkvolle Limousinen.

Vom Autor Aidan Hartley erschien zuletzt "The Sansibar Chest".

Übersetzung: Mariam Lau

Artikel erschienen am Do, 30. Juni 2005
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