Us-interventionen immer für Demokratie ???
#19
Also, jetzt mal zu dem Artikel von Krasner:

Der in der Fachzeitschrift "Internationale Politik", Ausgabe September 2005 erschiene Artikel "Alternativen zur Souveränität- Neue Institutionen für kollabierte und scheiternde Staaten" versucht neue Policywege zu beleuchten, failed und failing states zu "reparieren".
Hierbei wird insbesondere auf die legitimatorisch völkerrechtliche Seite dieses Vorgehens eingegangen.
Krasner wendet sich zunächst dem Tatbestand der failed und failing states zu, er hebt deren schwere Problematik hervor.
Dann wendet er sich dem Souveränitsbegriff zu, den er in drei Kategorien unterscheidet:
- die internationale rechtliche Souveränität (d.h. das Recht international zu
agieren und Verträge abzuschließen)
- die Westfälische Souveränität (d.h. das Prinzip der Nichteinmischung in die
Angelegenheiten fremder Staaten)
- die innere Souveränität ( bezieht sich auf die innere Struktur der Gewalten)
Nun wendet er sich der Frage zu, inwiefern das Phänomen der failed states diese klassischen Souveränitätsvorstellungen untergräbt. Seiner Meinung tut sie das, denn failed states bilden ein Sicherheitsrisiko für die Internationale Gemeinschaft.
Außerdem meint Krasner: Mächtige Staaten könne das Phänomen prekärer Staaten nicht ignorieren, denn deren Sicherheits- und wirtschaftliche Interessen sind durch diese Staaten gefährdet (Krasner 2005, Seite 46)
Daher muss gegen dieses Phänomen vorgegangen werden, aber weder die bisher gängige Governance-Hilfe, noch die momentan üblichen Übergangsverwaltungen in Sonderfällen sind für ihn dazu angetan viel zu
bewirken.
Daher plädiert er für neue Wege und für neue Optionen. Dabei skizziert er zwei komplementäre Vorstellungen. Zum einen sieht er in der Wiederbelebung der Treuhandschaft, also der Völkerbundprotektorate ein legitimes Mittel um schwierige Fälle zu kurieren, andererseits geht es um eine geteilte Souveränität, in der die Westfälische Souveränität verletzt wird: Externe Akteure übernehmen auf Vertragsbasis Teile der inneren Machtstrukturen und teilen so die Macht mit den inländischen Akteuren.
Diese zweite Option scheint für Krasner besonders interessant zu sein, insbesondere wenn es um wirtschaftliche Ressourcen geht. Diese schildert er eher als Fluch für das betreffende Land denn als Segen. Er hebt auch da die korrumpierende Wirkung gerade des Öls auf die jeweiligen Eliten heraus, die sich der Verantwortlichkeit im Umgang mit diesen Ressourcen nicht bewußt sind, weder im Bezug auf ihre eigene Bevölkerung, noch international. Daher fordert er hier bei besonders korrupten Fällen zum Wohle aller die Internationalsierung der Ressourcen in der Verwaltung. Ein Trust soll gebildet werden und dort unter Überwachung der Weltbank die Gelder ankommen und nur zweckgebunden ausgegeben werden dürfen (für soziale Zwecke). Dafür nennt er den Tschad als Musterbeispiel (vgl. Seite 50).
Letztlich sieht Krasner als Antwort auf die neuen failed states nur die Ausweitung der formalen Instrumentarien als möglich an.
Geteilte Souveränität und damit dauerhafte externe Einmischung und Beeinflußung schwebt ihm genaus vor, wie die Errichtung von Protektoraten.

Dabei geht er aber auf viele Probleme, die das Ganze aufwerfen, nur sehr sporadisch ein.
Zwar sieht er selbst ein, dass diese neuen Entwicklungen am besten die Unterstützung aller großen Staaten haben sollte, also auch die von China, Indien, Nigeria usw.
Aber für sowas sieht er selbst keine Indizien (vgl. Seite 49 Mitte). Außerdem schwenkt er in der Formulierung auch mal zwischen dem pauschalen Terminus der "großen Staaten" und jenem der "demokratischen" oder der "großen demokratischen Staaten".
Allerdings hätte diese Aufweichung des Rechts schwere Folgen. Sollte man sich nicht auf generelle Kodizes oder ähnliches betreffs dieser neuen Vorgehensweisen einigen, was definitiv schwer fallen würde, so könnten bald die nichtdemokratischen Staaten selbst stark genug sein, um selbst zu den potenten starken zu gehören und selbst diese Politik nach eigenem Gusto durchzuführen. Der Westen hätte selbst zu einer weiteren und dynamischeren Auflösung und Aufhebung des Völkerechts beigetragen.
Auch ist problematisch, dass diese neue Einmischung unbefristet gleichsam dauerhafte Fremdherrschft bedeutet, selbst wenn es wirklich für einen guten Zweck wäre.
Die solchermaßen nun mal gegebene Notwendigkeit gerade bei der geteilten Souveränität Einverständnis und Einigkeit zwischen den inneren und den äußeren Akteuren herzustellen, ist meine Erachtens langfristig nicht erstellbar.
Selbst wenn internationale Hilfe in einem heimgesuchten Land begrüßt wird und sich Politiker finden, die diese Art der geteilten Macht einführen, so kann sich doch das Bild schnell ändern und aus Helfern Herrscher machen. Somalia ist ein gutes Beipsiel dafür, das Stimmungslagen sich schnell ändern können.
Diese Fehlentwicklungen sind viel zu schnell vorauszusehen.


Also, der Autor hat sicher Recht, wenn er konstatiert, dass es eine jetzige gute Strategy gegenüber failed states und failing states fehlt.
Aber ein sich gewissermaßen schlecht verhüllter Interventionismus und Neoimperialismus sind als allgemeine Patentlösungen untauglich!
Man muss sicher außerhalb der heutigen Souveränitätskonzeptionen im Rahmen einiger Problemfälle agieren, aber dies erfordert eher länderspezifische Vorgehensweise, unter Beachtung der jeweiligen politischen und sozialen Umstände.
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