Söldner(un)wesen
#88
Zitat:@Turin: falls du den ganzen artikel brauchst - ich hätte diese ausgabe von foreign affairs zufällig da
Danke für das Angebot! Aber ich habe das Buch von Singer ("Corporate Warriors"), wovon dieser Artikel nach meiner Wahrnehmung eine (aktualisierte) Zusammenfassung ist.:daumen:

Zitat:Insgesamt betrachte ich diese Entwicklung mit einigem unbehagen, da sie mich irgendwie an das späte Mittelalter erinnert, wo der Adel seine Ländereien langsam verkaufte um an Geld zu kommen. Das führte letztlich mit zum Zusammenbruch des Feudalismus. Von daher frage ich mich, ob die Nationalstaaten jetzt einen ähnlichen Weg gehen.
Das historische Zitat der Söldnerkompanien, die gerade in Italien das Ende des Feudalsystems bewirkt haben, wird im Zusammenhang mit den heutigen Firmen am häufigsten gebracht. Ich stimme auch der Warnung vor der Tendenz grundsätzlich zu. Nichtsdestotrotz gibt es einige grundlegene Unterschiede zu berücksichtigen. Mal ganz abgesehen vom soziokulturellen Kontext, wofür Thomas vermutlich der bessere Kommentator ist, unterscheiden sich auch die Ausformungen der PMC im Vergleich etwa zu Condottieri, in ihrer Struktur, in ihrer Beziehung zum Staat und in der Grundlage ihrer Betätigung.
Die massive Kommerzialisierung ehemaliger Staatsaufgaben gelang im Mittelalter in gravierender Form so nur im zersplitterten Italien. Dagegen sind heute die Hauptauftragsgeber sehr große, wenn auch korporalisierte Staaten wie die USA und Großbritannien. Daneben gibt es natürlich auch noch den eher neuen Kontext der Nichtregierungsakteure, die PMC verpflichten, also Firmen und NGOs.
Eine Zeitlang sah es so aus, als könnte sich in Afrika das wiederholen, was in Italien damals passiert ist, also lokal begrenzte Fürstentümer oder heute Warlords und andere autoritäre Regime, die sich in die Hand von Söldner begeben, um ihre Herrschaft abzusichern. Das ist vor allem in den 60ern und 70ern passiert.
Inzwischen allerdings hat das Phänomen einiges an Aufmerksamkeit erzeugt, was in verschiedenen Initiativen zur Regulierung mündet, andererseits werden den PMC möglcherweise momentan auch ihre Grenzen aufgezeigt. Insbesondere der Irak zeigt scheinbar recht deutlich, wo möglicherweise das Ende der Fahnestange ist, wenn es um die Rentabilität des Engagements von PMC geht.
Es ist ja nicht nur die Frage, ob sich PMC in einem derartig feindseligen Umfeld behaupten können - das gelingt einigen von ihnen durchaus gut, auch wenn Verlustzahlen eher verschwiegen werden. Aber die Frage ist auch, inwiefern sich das Engagement dieser Firmen dann noch für den Staat bzw. private Akteure rechnet (der ausschlaggebende Punkt für PMC heute nach dem Motto "schneller, besser, billiger"). Gerade letzteres bzw. die Reaktion auf die eindeutig im Steigen befindlichen Kosten für PMC wird letztlich aufzeigen, inwieweit PMC hier vom (vor allem auch staatlichen) Handeln anderer abhängen, oder selbst die Regeln beeinflussen können. Letzteres halte ich derzeit eher für unwahrscheinlich im größeren Ausmaß.
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