Deutsche Kolonien
#48
(30.05.2021, 14:29)Schneemann schrieb: Die Intention einer Regierung eines Landes ist meines Empfindens nach enorm gewichtig, ob ein Ereignis als Völkermord definiert werden kann (und muss) oder nicht. Ansonsten haben wir schlicht das Problem, dass die Grenzen derart verschwimmen, dass Abgrenzungen - in beiderlei Hinsicht (d. h. ob also ein Vorgang als solcher zu definieren ist oder eben nicht) - quasi nicht mehr möglich sind und damit eine gewisse Willkür um sich greift.

Das erschließt sich mir nicht, wieso sollte man Gefahr laufen, dass die "Grenzen verschwimmen", wenn man den Fokus weg von Absicht und Ausführung hin zur Tätersituation legt? Meines Erachtens ist es eher umgekehrt der Fall, denn ich sehe keinen Grund, dass überhaupt die Regierung eines Landes bei einem Völkermord involviert sein muss. Meines Erachtens kann ein Völkermord auch von staatlichen oder nichtstaatlichen Gruppierungen ausgehen, oder auch von Konzernen bis hin zu (theoretisch) Einzelpersonen.

Zitat:Politisch-rechtlich ist der Vorgang allerdings dennoch schwierig.

Darum geht es mir wie gesagt nicht, und als Privatperson bin ich in der angenehmen Situation, derlei bei meinen Betrachtungen nicht berücksichtigen zu müssen. Wink

Zitat:wo ich die Grenze zur Definition ziehe zwischen einem Genozid und "nur" einer Gräueltat.

Das ist sicherlich richtig, in der Diskussion hat sich ja auch ergeben, dass beispielsweise die UN-Definition zwangsläufig zu unbestimmt sein muss. Der Versuch, die fließende Natur unserer Welt in ein Korsett aus klar definierten Grenzen zu stecken scheitert im Detail immer wieder, dafür funktionieren die Zuordnungen im Großen und Ganzen erstaunlich gut, schlicht weil es in den meisten Fällen nicht um Details geht. Natürlich setzt das ein angemessenes Interpretationsvermögen und die Erkenntnis einer solchen -notwendigkeit voraus.

Davon abgesehen halte ich nichts davon, irgendwelche absoluten Zahlen als Referenz zu verwenden oder damit eine Form von Relativismus zu betreiben, den ich dir nicht unterstellen möchte, der aber zumindest anklingt wenn du mit größeren Opferzahlen argumentierst und das "Drama" der Herero als "recht überschaubar" klassifizierst. Natürlich kann bei einem Volk, dass "nur" gut 100.000 Menschen zählt niemals eine Millionenzahl an Opfern heraus kommen, aber was ändert das am Wesentlichen?

Insofern bleibe ich dabei, Absicht und Ausführung als einzig relevante Punkte bei der Definition anzusehen, plus natürlich die Kennzeichnung der Opfergruppe als eine solche. Den Rest muss man in jedem einzelnen Fall bewerten.
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