(Zweiter Weltkrieg) Deutsche Strategie im Zweiten Weltkrieg
#7
Zitat:Politisch waren die Rahmenbedingungen für ein solches Bündnis schlecht, die Deutschen wollten Danzig zurück und auch sonst verlorene Gebiete wiedergewinnen. Die Polen waren dagegen aufs Stärkste auf ihre staatliche Eigenständigkeit und Integrität bedacht. Ich halte diese beiden Ziele für unvereinbar.
Ein Wechsel dieser Ziele auf dt. Seite wäre angesichts der Ideologie und innenpolitischen Lage m.E. nicht wirklich möglich gewesen.
Hier sind wir beim entscheidenden Punkt. Viele argumentieren ja auch so, daß man nur die Russen hätte (und sei es kurzfristig) gut behandeln müssen, dann hätte man gewonnen. Aber es war eben Grundvoraussetzung des ganzen Systems die Russen und Ukrainer als Untermenschen schlecht zu behandeln.

In Bezug auf Polen sehe ich aber die politischen Extreme nicht so stark wie du. Das Hauptproblem waren allein die späten deutschen Gebietsforderungen an Polen, davor kam man mit den Polen gut aus und hatte diveres Abkommen geschlossen.

Aus diesen Abkommen hätte man eine enge Strategische Partnerschaft aufbauen können, WENN: die NS Führung nicht so ausschließlich ihrer Ideologie gefolgt wäre.

Trotzdem war der Krieg gegen Polen nicht von vornherein beschlossene Sache und auch in der Wehrmacht war man von der Geschwindigkeit mit der die Zivile Führung die Sache vorantrieb überrascht.

V Manstein schreibt selbst: Das er mehrfach in Diskussionen zu dem Schluß kam, daß kein ernsthafter Krieg gegen Polen kommen würde und von der Entwicklung überrascht war. Auch die Polen waren von der deutschen Agression eher überrascht als daß sie sie hätten kommen sehen.

Aber eine (vorläufige, scheinbare !!) Zurückstellung der deutschen Ansprüche gegenüber Polen wäre politisch klug gewesen, jedoch kam es anders. Ob es unabdingbar hätte anders kommen müssen ist selbst

Trotz der Ideologie nicht sicher, es wäre trotz der idologischen Grundlagenprobleme mMn möglich gewesen.

Zitat:Für entscheidender halte ich, daß die Deutschen im Polenfeldzug viel hinsichtlich der Führung von Pzd lernen konnten und dass praktische Erfahrung im Konzept des Blitzkrieges gegen einen schwachen Gegner gesammelt werden konnte. Dies gilt hinsichtlich Dingen wie logistischen Aspekten (Feldwerkstätten), Waffeneinsatz und Führung.
Das ist ein guter Punkt, aber die Wehrmacht hatte die theoretischen Aspekte dieser Kriegsführung durchaus drauf, die praktische Übung wäre gegen die Sowjetunion nützlich gewesen, aber andererseits wäre der Effekt der totalen Überraschung durch diese Art der Kriegsführung für die Sowjets größer gewesen. Darüber hinaus war die Rote Armee genau zu diesem Zeitpunkt in einer schweren Krise, daß Offizierkorps wurde genau zu diesem Zeitpunkt liquidiert, die Streitkräfte waren in großer, innerer Unruhe,

Die Rote Armee hat dann im Finnisch-Sowjetischen Winterkrieg klar gezeigt, daß diese Inneren Probleme die durch den Finnischen Winterkrieg dann teilweise überwunden wurden und ausklangen ihr im Krieg gegen Deutschland vorher schwer zu schaffen gemacht hätten.

Darüber hinaus ein wichtiger Punkt:

England : es gab in England vor dem Angriff auf Polen eine starke Nazifreundliche Haltung, man wollte sogar auf der Seite Finnlands gegen die SU kämpfen, und tat dies allein deswegen nicht, weil man zugleich im Konflikt mit dem Dritten Reich war.

Deutschland hätte bei einem Krieg auf der Seite Finnlands zuerst gegen die SU England zur höheren Wahrscheinlichkeit an seiner Seite gehabt. Es wäre nur ein 1 Fronten Krieg geworden und die englische Flotte und sogar ev englische Bodentruppen in Skandinavien hätten die Deutsche Strategie unterstützt.

Solche Dinge erst im Feldzug gegen die UdSSR zu bemerken, hätte negative Auswirkungen haben können.

Sicher gibt es negative Aspekte, aber es hätte auf der Gegenseite auch wieder positive gegeben, z.b. die Krise in der Roten Armee selbst, den Mangel an Ausrüstung bei der Roten Armee (z.b. fehlte da noch massiv Winterausrüstung, Infanteriewaffen, Panzer, Flugzeuge), die völlige Neuheit dieser Art von Kriegsführung und dann waren Teile des Offizierkorps noch nicht liquidiert und hätten wohl gegen Stalin rebelliert.

Zudem nur ein 1 Frontenkrieg und die Neutralität oder sogar das Wohlwollen der Westmächte. Und man hätte zeitlich alles günstig in den Sommer legen können und man hätte weder Truppen in Nordafrika noch auf dem Balkan gehabt usw

Natürlich wären da Nachteile gewesen, die du sehr klar dargestellt hast, aber die Vorteile überwiegen mMn hier die Nachteile weit.


Zu der Strategie im tatsächlichen Ostfeldzug;

der erste Fehler war m.E. die Panzergruppe Guderian nach Süden einzudrehen, um die Schlacht von Kiev zu gewinnen. Erstes Ziel hätte Moskau sein müssen. Den Willen des Gegners zu brechen ist eigentliches Ziel des Blitzkrieges ("shock and awe" keine Erfindung des 21.Jhdt). Lidell Hart und Fullers (ebenso Guderian) indirekte Methode war nicht, die Streitkräfte des Gegners zu vernichten, wie es die Schlacht um Kiev bezweckte. Von daher war dies die erste strategische "Sünde" Hitlers.

Bevor man aber die Feindliche Hauptstadt einnimmt, muß man die Streitkräfte des Gegners vernichten. Die Feindliche Hauptstadt ist nach Clausewitz das oberste Ziel, aber auf dem Weg dahin muß die gegnerische Armee geschlagen werden.

Warum war das im Fall Kiev also so fatal, der Grund ist mMn nur das Zeitproblem, daß man damit zu sehr in den Winter hinein kam. Die feindlichen Truppen bei Kiev zu vernichten war dagegen mMn die richtige Entscheidung. Es ist nicht indirekt, wenn man die gegnerischen Streitkräfte zerschlägt, sondern direkt, indirekt ist die Art und Weise wie dann 42 wirtschaftliche Ziele verfolgt wurden.

Das einzige Problem war hier die Zeit, und die Verkleckerung deutscher Truppen nach Nordafrika.

Weitere Fehler war Unternehmen Blau mit dem Ziel Kaukasus und nicht Moskau durchzuführen.

Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Bei dem Unternehmen Blau war dann der Hauptfehler, nicht die gegnerischen Armeen zum Ziel zu machen, den diese zogen sich über lange Zeiträume immer wieder erfolgreich zurück deswegen, sondern daß man nun Ölfelder nehmen wollte, also Terrain als Ziel hatte. Die Zerschlagung der gegnerischen Streitkräfte die hier mißlang, da sich diese aus den angedachten Kesseln vor deren Schließen zurückziehen konnten führte dazu, daß der Deutsche Angriff in der Weite des Raumes totlief.

Zitat:Kursk war von dem Moment an gescheitert in dem Models Nordarm den Angriff abbrechen musste, weil die Sowjets bei Orel einen erfolgreichen Gegenangriff gestartet hatten. Mansteins Südarm hatte m.E. dann keine erfolgsaussichten mehr. Hitlers Nervenversagen halte ich für weniger entscheidend.
Entscheidend war das im Vorfeld der Schlacht, in der Schlacht selbst ist das natürlich sehr diskutabel. Der Abzug der Einheiten war wohl nicht mehr schlachtentscheidend da diese vorher schon verloren war.

Entscheidend war, daß man mit dem Angriff zu lange gewartet hat, um die neuen (noch nicht erprobten !!) Panther, Ferdinand usw einzusetzen.

Entscheidend war, daß man mehrere hervorragende Verbände in der Schlacht nicht einsetzte.

Das war das gleiche in der Operation Blau: als man um Stalingrad kämpfte standen z.B. die LSAH und die 6. und die 7. Panzerdivision im Westen. Dazu über 20 weitere Divisionen. Im November 42 lagen die LSAH, Reich und Totenkopf sowie die 7 Panzerdivision und 30 weitere Divisionen im Westen, da man nun auch Südfrankreich mit deutschen Truppen gegen eine Westalliierte Invasion sicherte, die erst über 1 Jahr später folgen sollte. Allein die 4 genannten Eliteverbände hätten im Osten sowohl den Durchbruch von Hoth ermöglicht als auch eventuell die Einschließung durch die Sowjets verhindert. Die Hälfte der gennanten 30 Divisionen im Kaukasus und man wäre bis an die türkische Grenze gekommen und die Türkei wäre in den Krieg eingetreten.

Aber man wollte alles zugleich sichern, verteidigen und erobern, aber alles zugleich, daß war das Problem. Das war auch damals bekannt, v Manstein, Rundstedt, u.a. ersuchten immer wieder das OKW um Verlegung der genannten Truppen nach Osten.

Man sicherte Frankreich und Italien einfach zu diesem Zeitpunkt mit zuviel Truppen. Diese Truppen hätte man an die Ostfront werfen müssen. Bevor nun die Spekulation einer allierten Invasion im Westen kommt: 1 Wer alles defendieren will, defendiert am Ende gar nichts und 2 selbst wenn, so waren die Ereignisse im Osten erstmal deutlich wichtiger, mit einem geschlagenen Feind im Osten hätte man dann im Westen auch wieder zurückschlagen können.

29 Divisionen sicherten im Westen während man in Kursk um Alles oder Nichts focht.
Die Hälfte dieser Divisionen hätte in Kursk die Entscheidung gebracht.

Noch ein Beispiel: nach der eigenen Strategielehre der Wehrmacht benötige man für 800 km Front ungefähr mindestens 65 Divisionen. Und das in der Defensive, von Angriff reden wir gar nicht. Die Heeresgruppe Süd hatte für 760 km nur 41 Divisionen. Das waren also nach der eigenen Lehre ca 20 bis 25 Divisionen zu wenig. Aber es standen 30 Divisionen in Frankreich. 20 davon in den Osten und man hätte etwas bewegen können.


Ein weiterer Punkt zu dem ich selbst aber noch Infor suche:

Die amerikanischen Lieferungen an die Russen.

Werden diese unter- oder eher überschätzt ? Wie umfangreich waren sie und wie entscheidend ? Und hätte man folglich mehr Mittel und Truppen einsetzen sollen, um Murmansk zu nehmen ?

Ich habe schon von 90 Millionen Metern Tuch gelesen, 3052 Flugzeugen, 4048 Panzern, 520 000 sonstigen Motorfahrezeugen, 11 Millionen Paar Stiefeln, 135 000 Maschinengewehren, 16,5 Millionen Tonnen Gesamtlieferungen von denen 15 Millionen Tonnen durchkamen gelesen.

Können diese Zahlen überhaupt stimmen ? Und wie sind sie dann strategisch zu bewerten für den Kriegsverlauf ?

Ich weiß definitiv von einem Angriff auf einen Konvoi der als einer der erfolgreichsten gilt, der Konvoi PQ 17 wurde am 4 Juli von Deutschen U-Booten in Rudeltaktik auseinander genommen, dabei gingen 3350 Kraftfahrzeuge, 430 Panzer, 210 Flugzeuge und 100 000 Tonnen Munition und Sonstiges unter und verloren.

Das entspricht vom Material her einer mittleren Vernichtungsschlacht gegen die Rote Armee am Boden.

Ich weiß nicht, was ich von diesen Zahlen halten soll.
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