(Zweiter Weltkrieg) Gründe für japans Niederlage im Pazifikkrieg
#26
Ich beschäftige mich seit geraumer Zeit mit diesem Thema, daher meine "two cents", die auf eure Aussagen eingehen.

Flugzeuge:

Die Militärgeschichte bestimmt ganz wesentlich mit, wie sich die Militärdoktrin eines Landes entwickelt. Selbst in einem demokratischen Russland der 90er Jahre galten Menschenleben im Militär in bester russischer Tradition noch immer so wenig, daß man seitens der Militärführung bewußt unausgebildete Rekruten in Tschetschenien verheizte um so dank der hohen Opferzahlen die Unterstützung der Politik zu verstärken.
Japans Soldat war immer ein offensiver. Am anschaulichsten ist dies am Samurai zu sehen. Während es für europäische und nahöstliche "Ritter" selbstverständlich war, zusätzlich zur schweren Rüstung sich noch mit einem Schild zu schützen (von Ausnahmen abgesehen), kennt der Samurai überhaupt kein Schild. Seine Abwehr erfolgt mittels eines kürzen schwerts, das Wakizashi.
Die Japaner waren nicht zu dumm um zu wissen, daß Panzerschutz und selbstabdichtende Tanks die Überlebensfähigkeit eines Flugzeugs erhöhen. Dennoch verzichteten sie bewußt darauf - um ihre offensiven Möglichkeiten zu erhöhen. Weniger Panzerung bedeutet ein beweglicheres und schnelleres Flugzeug mit größerer Reichweite.
Abgesehen von der Reichweite war dies jedoch ein Schuß in den Ofen! Die Agilität der japanischen Flugzeuge wird immer wieder erwähnt - sie hatte jedoch ihren Schrecken verloren, sobald sich die Amerikaner darauf eingestellt hatten. In dem Luftkrieg des 2. Weltkriegs war es nach wie vor nicht unerheblich, eine gute Wendigkeit zu haben, weit wichtiger war es jedoch, sich jederzeit aus dem Kampf zurückziehen zu können. Die Me 262 war vermutlich einer der Jäger mit der geringsten Rollrate aus dem ganzen Weltkrieg - und dennoch ein potentieller "war-winner". Die AVG in China hatte kaum Verluste gegen die japanischen Zero und Ki-43 Oskar, da sich Chennault dieses Prinzips besann und seine Piloten darauf einschwor.
Dummerweise hatte der Rest der US-Piloten nichts davon mitbekommen und versuchte daher zunächst mit den Japanern wie im 1. Weltkrieg zu kurven. Dies endete monatelang fatal, zumal die Japaner noch dazu deutlich besser ausgebildet waren.

Technologie:
Die japanischen Flugzeuge waren weit weniger unterlegen als es gerne gesehen wird. Ki-44, Ki-61 beispielsweise konnten sich mit allen alliierten Flugzeugen messen. Auch die späteren Modelle wie Ki-84 waren absolut gleichwertig - und mußten in den Händen eines guten Piloten selbst die Corsair nicht fürchten. Flugzeuge wie die Kyushu J7W Shinden zeigen, wozu die japanischen Ingenieure fähig waren.
Die Trägerflugzeuge - insbesondere die Jäger, Bomber und Torpedobomber waren gut - wurden nicht ausreichend schnell weiterentwickelt, allerdings wurden für den Trägereinsatz geeignete und geplante Flugzeuge nicht auf ihnen eingesetzt, wie beispielsweise die Ki-44.
Was die Panzer anging waren die Japaner unterlegen - aber vor allem weil sie nicht die Rohstoffe hatten um große schwere Panzer in nennenswerter Stückzahl zu bauen, aber auch weil sie diese überhaupt nicht benötigten. Natürlich wäre ein Ha-Go selbst gegen die Italiener wohl nur mit begrenzten Chancen gewesen, doch in Südostasien war er ideal. Er war leicht, schnell und ausreichend bewaffnet. In dem eingesetzten Terrain würde er kaum auf gegnerische panzer treffen, mit seinem geringen Gewicht konnte er auch auf kleinen Dschungelpfaden operieren und noch dazu leicht angelandet werden. Auch gegen die Chinesen war er völlig ausreichend.
Was MGs, MPs und Radar angeht, wurde schon erwähnt oder sollte allgemein bekannt sein.

Luftabwehr:
Schaut man sich die Yamato zum Zeitpunkt ihrer Versenkung an, so war die Zahl der Fla-Waffen an Bord inzwischen schon recht beeindruckend. Recht viel mehr Geschütze hätten wohl kaum an Bord gepasst. Allerdings waren die japanischen Typ 96 25mm Kanonen eher bescheiden. Eine per reverse Engineering hergestellte Oerlikon 20mm oder Bofors 40mm wäre eine deutlich bessere Wahl gewesen, erbeutet wurden genug davon. Ein wesentlicher Punkt was die unterschiedliche Effektivität angeht wurde jedoch schon angesprochen. Die meisten Angriffe im großen Stil auf alliierte Schiffe ab Mitte 44 waren Kamikaze-Angriffe. Dabei wurden neben modern Flugzeugen auch jede Art von Flugzeugen verheizt die man hatte, bis hin zu alten Doppeldeckern - und damit natürlich auch all die ungepanzerten Papierflieger. Da reichten 2-3 Treffer mit der 40mm völlig aus. Noch dazu flogen diese Flugzeuge in direktem Kurs auf ein Schiff zu und hielten näherkommend diesen Kurs, was ein Zielen deutlich erleichterte. Die US-Bomber waren hingegen gut gepanzert und drehten nach Abwurf der Munition in gewisser Entfernung ab.

U-Boote:
In der Tat wäre ein Einsatz gegen die zivile Schiffahrt deutlich sinnvoller gewesen. Die japanischen U-Boote waren technisch ausgereift und durchaus in der Lage, alliierte Transporter zu versenken. Dies bedeutet in einem Inselkrieg natürlich noch viel mehr als die Versenkung eines Kohlefrachters vor England, denn wenn der Nachschub für eine Garnisor beispielsweise auf Canton Island versenkt wurde, dann dauert es Wochen, bis erneut ein Schiff vor Ort sein kann. Selbst mit ausreichenden Sicherheitsreserven schränkt das dann die Einsatzbereitschaft merklich ein.
Allerdings sahen die Japaner die U-Boote als vollwertige Kriegsschiffe, nur eben unter Wasser. Die japanische Marinedoktrin schrieb den Kommandanten sogar vor, wie viele Torpedos gegen welche Art von Schiff eingesetzt werden durften. Wenn ich mich recht erinnere durften gegen AKs, APs, TKs, etc nur je ein Torpedo eingesetzt werden, gegen DDs 2, gegen CAs/CLs 3 und nur auf BBs und CVs galt "Feuer frei". Da jedoch oft genug ein Frachter nach einem Torpedotreffer noch über Wasser bleibt, hat das unmittelbare Folgen...
(Ah, sehe gerade Schneemann hat das schon angesprochen
Smile )

Pearl Harbour:
Der Angriff war eine unmittelbare Gegenmaßnahme gegen den War Plan Orange - und was das angeht absolut erfolgreich,. Nach diesem Plan wollten die USA im Kriegsfall einen großen Konvoi zusammenstellen und diesen unter Deckung ihrer Schlachtschiffe in die Philippinen fahren lassen. Dabei wäre eine Entscheidungsschlacht auf See erzwungen worden, alternativ wären die PI so sehr gestärkt worden, daß von dort aus Japans Expansionsabsichten hätten blockiert werden können.
Erst die Ausschaltung der Pazifikflotte machte aus den USN eine Trägerflotte. Da nur noch die Träger übrig waren, war man somit von den Japanern gewzungen die alten nach wie vor dominierenden Vorstellungen des Schlachtschiffbasierten Seekrieges über Bord zu werfen.

Dem ersten Kommentar von Quintus Fabius schließe ich mich an.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: