Diskussion über Rom...
#10
So...etwas spät, aber nun bin ich wieder da...

Revan schrieb:
Zitat: @Schneemann, also erstens ich habe gar nicht bestritten das Rom nach heutigen Maßstäben "böse" war, wobei ich es immer noch vor einigen Autokratien und Diktaturen vorziehen könnte.
Sagen wir so: „Böse“ im eigentlichen Sinne ist hier, also auf Rom und seine Zeit bezogen, nicht ganz passend. Oder umgekehrt: Ich würde nie einem User vorhalten, er habe Rom als „nicht böse“ klassifiziert, weil das eine Klassifizierung ist, die bei der Anwendung auf Rom zwangsläufig scheitern müsste. „Böse“ waren die Römer nicht, sie waren Kinder ihrer Zeit, die dementsprechend geprägt war.
Zitat:In erster Linie bezog ich mich auf Rom als vorläufiger Höhepunkt der menschlichen Zivilisation und Vater des Westens. Ohne Rom hätte es kein Westen gegeben...
Höhepunkte menschlicher Zivilisation gab es schon vorher, alleine Altägypten sei erwähnt – das übrigens (von einigen Dynastien abgesehen) kaum aggressiv oder raubstaatstypisch vorging und auch keine Sklavenhalterei im eigentlichen Sinne kannte (bevor hier der Widerspruch kommt: Ja, es gab in Ägypten Sklaven, aber diese waren völlig anders zu klassifizieren als z. B. römische Sklaven, alleine schon was Rechte und Pflichten anging, deswegen mein Hinweis) –, das seine altkulturelle Hochphase zwischen 3000 und 1800 v. Chr. hatte. Es ließen sich auch andere Bsp. anführen, etwa das Zweistromland (wobei hier die Brutalität weit ausgeprägter war als z. B. in Ägypten) oder das Indusgebiet, wo es um 4500 v. Chr. schon Thermen, Basare und Ärzte gab.
Zitat: Rom verbreitete das Griechentum und Wertete es sogar auf und es prägt unsere Kultur maßgeblich bis heute in Umfassenden Maßen
Die römische Kultur entstand zunächst relativ separat von der griechischen. Erst mit dem Vordringen Roms nach Sizilien und zu den dortigen griechischen Kolonien sowie den Kämpfen mit Pyrrhus von Epiros im 3. Jhd. v. Chr. und erst recht nach den makedonischen Kriegen der Römer (bis 168 v. Chr.) vermischten sich die Kulturen und begann sich Roms Kultur auszubreiten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die griechische Kultur jedoch schon sehr weit ausgebreitet. Nach Alexander d. Großen war z. B. die griechische Kultur bis weit in den Orient hinein zu finden. In Ägypten verschmolzen unter den Ptolemäern altägyptische und griechische Kultureinflüsse, die die Römer später gerne aufnahmen.

Das Griechentum hatte sich insofern vorher schon selbst verbreitet. Die Römer übernahmen nur Teile davon und nutzten sie selbst. Und auch heute noch ist es so, dass man zwischen römischen Hinterlassenschaften und griechischen stark unterscheidet, bzw. zwar die Überschneidungen kennt, aber beide Kulturbereiche getrennt voneinander behandelt und lehrt. Und wenn man z. B. von Philosophie oder Demokratie redet, so steht an erster Stelle Griechenland und nicht Rom.
Zitat: Rom hatte seine dunkle Seite, wie die in der Sklaverei etwa. Aber hatte dies Griechenland nicht auch? Waren andere Konkurrenten etwa besser? War Karthago das seine Kinder Baal als Opfer brachte etwa Zivilisierter? Oder waren die Kelten die ebenfalls Maschen Opferten zivilisierter? Sicherlich nicht!
Ich würde nicht mal von einer dunklen Seite sprechen, Rom hat Krieg geführt und Gegner in die Sklaverei gebracht. Das haben allerdings viele gemacht. Es war beinahe normal. Wohl aber – wenn man den Vgl. zu Griechenland anstellt – muss man sagen, dass dies in Griechenland anders war, auch was den Umgang mit den Sklaven anging. Kurz: Es war weniger restriktiv, da in Griechenland eher der Aspekt der Schuldknechtschaft vorherrschte als die Versklavung von Gegnern; aber bei Interesse könnte ich dir empfehlen:

Schumacher, L.: Sklaverei in der Antike. Alltag und Schicksal der Unfreien, München 2001.

Ferner:
Zitat:...dafür aber übertraf Rom all seine Konkurrenten bei weiten. Sei es als Staatswesen oder rein von der Technik her, Rom überragte alle...
Es gab großartige technische Errungenschaften, alleine die Bäder, die Wasserversorgung, die Straßen, die Kanäle oder die Organisation der Nahrungsversorgung. Vom Staatswesen her allerdings war das römische System unreif und unausgewogen, was die lähmenden Kämpfe zwischen Plebejern, Optimaten und Popularen in den letzten 150 Jahren der Republik bewiesen (z. T. auch davor). Danach hatte man es eher mit einer simplen Diktatur zu tun, die man nicht weiter zu analysieren braucht.
Zitat: Nein ohne Rom gäbe es den Westen in Bösen und in Guten nicht!
Vorsicht, man sollte nicht vergessen, dass Rom unterging im Sturm der Völkerwanderung, dass Vandalen, Burgunder, Goten, Alemannen, Langobarden, Hunnen aus den Steppen Asiens, teils Sarazenen, Oströmer und Osmanen kreuz und quer herumzogen über das ehemalige römische Staatsgebiet und fast immer etwas zurückließen. In den Reihen der römischen Legionen, die gerne als perfektes Waffensystem angesehen werden, fanden sich germanisch-gallische Hilfstruppen (z. B. Bataver als „Marines“ oder Haeduer), gotische Axtkämpfer, Schleuderer aus Spanien, parthische Panzerreiter (Kataphrakten) und numidische Treiber. Man kann also nicht von dem „klassischen Rom“ reden. Eher von dem, was vielleicht übrigblieb. Und damit wären wir beim Thema: Es ist schon so, dass Rom zwingend Einflüsse auf uns hatte, aber es waren deren Einflüsse viele.
Zitat: Aber es ist unser Erbe, es ist die Basis unserer gesamten Kultur und ohne jetzt Anmaßend zu klingen es ist das Fundament der Fortschrittlichsten Zivilisation/Kultur auf diesen Planeten.
Die Basis unserer gesamten Kultur ist Rom, wie gesagt, sicher nicht. Es ist ein Teil unserer Kultur, aber nicht die allumfassende Basis. Dazu waren und sind wir zu vielen Einflüssen ausgesetzt gewesen und noch ausgesetzt.
Zitat: Dass nun Meere von Blut für diese Größe Fließen mussten und ungeheure Verbrechen begangen wurden mag ich nicht bestreiten aber was interessiert einen noch das Schicksal von Gallischen oder germanischen Barbaren Stämmen oder das Schicksal anderer Mittelmeer Tyranneien. Auch darf man nicht vergessen, dass der Westen Sklaverei erst vor ca. 150 Jahren auf dem Papier überwinden konnte. Man darf nicht vergessen, dass alle großen Nationen Europas du die USA die noch heute existierten noch größere Verbrechen begangen haben als Rom in seiner 700 Jährigen Geschichte.



Die Belgier haben in Kongo Millionen niedergemetzelt oder durch Arbeit getötet , die USA hat ganze Indianer Völker vernichtet und Spanien, England und Frankreich die ganze Welt unterjocht und Abermillionen dabei abgeschlachtet und ebenso viele versklavt. Deutschland hat erst grad vor 65 Jahren noch ca. 55 Millionen Menschen direkt oder indirekt den Tod gebracht und ein Kontinent verwüstet.
Wie gesagt: Ich vergleiche Rom nicht, und ich kategorisiere es auch nicht als böse. Es war ein Kind seiner Zeit, genauso wie die genannten anderen Ereignisse einer bestimmten Zeit entsprangen. Nur kann ich deswegen nicht alles über 2.000 Jahre hinweg miteinander vergleichen. Wenn ich die Massenmorde der Mongolen untersuchen will, hilft es wenig, wenn ich zur Erklärungsfindung mir die Massenmorde der Nationalsozialisten anschaue. Eher muss ich Einbettungen in die jeweilige Epoche vornehmen. Und gemäß dem war Rom nicht böse, sondern ein Produkt seiner Zeit, mit allen Fehlern und Vorteilen und muss auch als das kategorisiert werden, was es war.

Aber zur „Ehrenrettung“ Roms poste ich einen Auszug aus einer alten Hausaufgabe von mir („Rom in der Kaiserzeit“). Belege reiche ich bei Bedarf gerne nach.
Zitat:1.) Das vielfach verbreitete Vorurteil, dass Rom an seiner eigenen Brutalität und Dekadenz (Gladiatorenspiele) zugrunde gegangen ist, ist nicht haltbar, wenn man sich verschiedene Fakten anschaut: Erstens fanden die genannten Gladiatorenspiele nicht jeden Tag statt und zweitens fassten das Kolosseum und der Circus Maximus in Rom nur rund 150.000 Menschen. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 1 Million Menschen wären dies also rund 15% aller Einwohner gewesen.

2.) Nimmt man zu dieser Zahl noch das Faktum hinzu, dass sich viele ihren Lebensunterhalt hart verdienen mussten, Sklaven waren oder im Militär dienen mussten, so wird erkennbar, dass allenfalls durchschnittlich 20 – 25% aller Bewohner Roms sich diese Spiele anschauten. Und wie viele dann letztlich auch noch begeistert gewesen sein mögen bzw. öfters zu den Spektakeln gingen, lässt sich zwar nur abschätzen, aber doch wohl auf einen relativ kleinen Bevölkerungskreis begrenzen.

Schneemann.
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