Die Armeen und Geschichte der Inka
#14
Tiger:

Anbei, Danke für die Eröffnung dieses Stranges. Bisher hatte ich mich nicht intensiv mit den Inka befasst, aber jetzt habe ich endlich mal wieder ein Thema das mich über alle Maßen interessiert (hab schon alle Bücher geordert die dazu verfügbar sind)

Werter Samun:

Meines Wissens nach bezeichnet Bronze nur Kupferlegierungen, die aus einer Beimischung von Zinn zu Kupfer entstehen. Es gibt natürlich verschiedene Bronzelegierungen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften, aber das definierende ist die Mischung von Zinn und Kupfer. Ich weiß nun von keinem einzigen Gegenstand aus Kupfer/Kupferlegierungen der von den Inka auf uns überkommen ist, der Zinn enthält. Per definitionem kannten die Inka daher zwar eine Reihe von Kupferlegierungen, aber eben keine Bronze.

Zitat:Und Tests haben gezeigt, dass auch eine Steinspitze einen Plattenpanzer durchschlagen kann.

Da ich mich einige Zeit mit experimenteller Archäologie beschäftigt habe, möchte ich in diesem Punkt wiedersprechen. Ein Pfeil mit Steinspitze kann meines Wissens nach einen Plattenpanzer nicht durchschlagen (obwohl man auch diese Aussage in vielen von Geschichtswissenschaftlern verfassten Büchern lesen kann) Ich habe selbst schon mit Pfeilen mit Stahlspitzen auf Plattenpanzer geschossen um die Durchschlagskraft zu überprüfen, und bin mir daher in dieser Sache sehr sicher. Obsidianklingen sind nun natürlich härter und schärfer als Stahlklingen, aber sie sind auch sehr viel spröder und brechen sehr viel leichter. Eine Obsidianpfeilspitze die auf einen Plattenpanzer trifft, zerbricht schlicht und einfach.

Wenn du mir einen Test nennen/aufzeigen kannst, bei dem dies doch gelungen ist, so wäre ich dir sehr verbunden.

Zitat:Und das mit den Massenarmeen ist auch nur eine Vermutung, weil wir keine konkreten Informationen über die Kriegführung haben, was ich schon oben bedauerte.

Wir haben Überlieferungen die von den Spaniern auf uns überkommen sind. Nun muß man diese spanischen Quellen natürlich kritisch überprüfen und bei einer Quellenkritik stellt man rasch fest, daß vieles was die Spanier so aufschrieben nicht stimmen kann. Nichts desto trotz zeigen alle in Bezug auf die Inka auf uns überkommenen Quellen auch bei einer kritischen Überprüfung sehr eindeutig, dass die Armeen der Inka zumindest in der Spätzeit Massenarmeen waren, deren Stärke primär ihre numerische Überlegenheit war.

Zitat:Vor allem muss man sich vor Augen halten, in was für einer Geschwindigkeit die Incas ihr Reich erobert haben. Und so schnell wie sie expandierten, konnten die Inca garkeine Riesenarmeen aufbauen

Man muß sich demgegenüber meiner Ansicht nach vor Augen halten, wie die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Anden bei Beginn der Expansion der Inka beschaffen waren. Die Inka stießen im Endeffekt in ein Machtvakuum vor, ihre Gegner waren in sehr viele Klein- und Kleinststaaten sowie Stämme unterteilt, die sich zeitgleich zur Expansion der Inka untereinander auf das heftigste bekriegten.

Die sehr schnelle Expansion des Inka Reiches ist daher meiner Auffassung nach nicht primär der Überlegenheit der Inka Armeen geschuldet, sondern primär den politischen Verhältnissen (und der Volkswirtschaftlichen Leistung der jeweiligen Völker, dazu unten noch mehr)

Zitat:Und diese Expansion ist in einem extrem schwierigen und leicht zu verteidigendem Gelände ohne wesentliche Hilfe von Reit- oder Lasttieren geschehen

Es bestanden schon vor den Inka Straßennetzte in den Anden, die die Inka dann systematisch ausbauten. Mit Hilfe dieser Straßen bewegten sich die Armeen der Inka zur Fuß schneller, als es Europäische Armeen zeitgleich überhaupt vermochten. Ob eine Armee Reit- und Tragtiere hat, sagt über ihre Geschwindigkeit nur bedingt etwas aus. Eine römische Legion zur Zeit Caesars oder eine deutsche Infanterie Division in den Anfangs-Operationen des Ersten Weltkrieges rückten zur Fuß beispielsweise viel schneller vor, als es ein Europäisches Ritterheer im Mittelalter jemals vermocht hätte.

Die schon bestehenden Straßen die zu einem großen Teil ja noch auf das Reich der Huari zurück gingen, führten die Inka Armeen in großem Tempo direkt zu den Zentren ihrer Feinde, die ja ebenfalls auf ehemaligen Städten und Siedlungen der Huari aufbauten. Diese Feinde aber waren ein unüberschaubares Geflecht von Klein- und "Stadt"staaten die auch untereinander ständig im Krieg lagen (primär um Ressourcen). Im Gegensatz aber zu diesen Gegnern konnten die Inka aufgrund ihrer hocheffizienten Volkswirtschaft, ihrer Vorratswirtschaft und ihrer überlegenen Agrartechnologie ihre Truppen viel besser versorgen bzw bezahlen bzw unterhalten.

Ressourcen wie Nahrung waren bei den Feinden der Inka oft knapp, was die militärischen Operationen dieser Feinde dann einschränkte. Die Inka hingegen konnten ihre Truppen selbst dann noch gut versorgen, wenn der Gegner aufgrund von Nahrungsmangel längt keine größeren Truppenansammlungen mehr unterhalten konnte.

Damit kommen wir meiner Meinung nach zum Kern für die Frage der Massenarmeen der Inka:

Zitat:Und so schnell wie sie expandierten, konnten die Inca garkeine Riesenarmeen aufbauen

Gerade aufgrund ihrer Wirtschaftlichen Strukturen, ihrer Volkswirtschaft konnten die Inka im Gegensatz zu allen anderen Große Armeen unterhalten. Der Umstand das zwei Drittel der Produktion im Endeffekt in Staatshänden landeten, aber trotzdem die Produktion ausreichend groß war um alle zu versorgen spülte dem Inka Staat im Vergleich zu seinen Feinden ungeheure Einnahmen ein. Kein Gegner der Inka hatte aus einem Gebiet gleicher Größe derart hohe Staatseinnahmen.

Mit so hohen Staatseinnahmen kann man nun einfach viel mehr Truppen unterhalten, ernähren, zusammen sammeln und im Felde stehen lassen. Eine große Armee verschlingt gigantische Mengen an Nahrungsmitteln und kann daher nicht für lange Zeit an einer Stelle verharren. Die Armeen der Inka waren deshalb viel größer als die ihrer Gegner, weil die Inka aufgrund ihrer Wirtschaft und Staatsstruktur viel mehr Soldaten an einer Stelle ernähren und unterhalten konnten als alle ihre Gegner.

Zitat:Andeutungen lassen vermuten, dass es sehr wohl herausragenden Kriegsherren bei den Incas gegeben hat, die nicht durch zahlenmäßig überlegene Armeen gewonnen haben

Das schließt sich ja trotzdem nicht aus. Aufgrund der schieren Größe des Reiches und der Geschwindigkeit der Expansion werden die Inka trotz aller wirtschaftlichen (materiellen) Vorteile natürlich immer wieder mal temporär in der Unterzahl gewesen sein. Und sie hatten ganz sicher auch immer wieder gute Feldherren.

Der Umstand aber, dass die höchsten militärischen Ränge eben durchgehend nicht nach Befähigung, sondern nach Verwandschaftsgrad zum Inka vergeben wurde, der Nepotismus innerhalb der Armee der Inka zeigen aber meiner Überzeugung klar auf, dass solche von dir beschriebenen Zustände eher die Ausnahme den die Regel gewesen sind. Im Schnitt, in den meisten Fällen werden die Armeen der Inka eben nicht von militärischen Genies geführt worden sein.

Die Vielzahl von Festungsanlagen, der Bau der Straßen, die starke Betonung der Logistik und des Nachschubwesens, das strategisch sehr agressive und schnelle, aber zugleich taktisch und operativ sehr defensive Vorgehen der Inka Armeen zeigt meiner Meinung nach ebenfalls auf, dass die Inka Schwächen in ihrer Armeeführung bzw bei den Offizieren hatten. Sehr oft verhielten sich Inka Armeen selbst wenn es um alles ging ausgesprochen passiv wenn klare Befehle ausblieben.
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