militärische Rückwärtsentwicklung in der Spätantike?
#4
blasrohr:

Bereits Gegner wie Hannibal hatten im Endeffekt das strategische Konzept, die Inneren Konflikte Roms ausnutzen, scheiterten aber am Mangel des Vorhandensseins derselben. Der Unterschied zu früher war also vor allem die deutlich erhöhte Anzahl der Inneren Konflikte in der Spätantike und diese hatten wiederum vor allem wirtschaftliche/volkswirtschaftliche Gründe. Die Reichsteile begannen mit dem absterbenden Handel zwischen ihnen auseinander zu fallen, die Vermögensschere zwischen Arm und Reich und die mangelnde soziale Mobilität (früher über die Armee gegeben) führten zu einem immer größeren Desinteresse der Masse der Bevölkerung am Zentralstaat. Während früher die römische Staatsbürgerschaft ein schwer zu erlangendes Privileg war, nach dem viele strebten, waren per kaiserlichem Dekret in der Spätantike dann einfach alle Römische Bürger, gleich ob sie ausreichend romanisiert waren oder nicht. Trotzdem ließ paralell zu dieser Maßnahme das Interesse und die Identifikation mit dem Zentralstaat nach. Ostrom unterschied sich hier von Westrom wesentlich dadurch, dass dort die schon vorher gegebene griechische Identität an die Stelle der römischen trat. Westrom war also schon vorher heterogener gewesen.

Zitat:Parther die Ostrom banden

Die Oströmer standen ebenfalls vor allem auch den Hunnen und den Goten gegenüber. Im weiteren war in der Spätantike das Partherreich bereits lange Vergangenheit und die Oströmer wurden vor allem durch die sehr langwierigen und extrem harten Kriege gegen die Sassaniden gebunden.

Aber gerade in der Untergangszeit herrschte an der Ostfront vergleichsweise Ruhe, da die Sassaniden ebenfalls mit den Einfällen der Hunnen sowie Weißen Hunnen zu kämpfen hatten.

Zitat:Es gab nach Jahrhunderten des Krieges keine taktischen Innovationen oder Manöver mehr, mit denen sich die Seiten überraschen konnten, außer vielleicht die besonderen Doppelreflexbögen der Hunnen.

Weshalb sich die Römer sehr schnell ebenfalls zu einem Volk von Bogenschützen entwickelten und direkt nach den Hunnen über die meisten Bogenschützen und über die meisten berittenen Bogenschützen verfügten.

Große militärische Auseinandersetzungen fanden aber im weiteren vor allem bei inneren Kriegen statt. Die meisten der barbarischen Gegner dieser Zeit verweigerten die Feldschlacht und wichen römischen Armeen einfach aus und griffen stattdessen systematisch immer dort an, wo gerade keine römischen Truppen waren. Dadurch wurde die Wirtschaft noch weiter abgewürgt bzw. zum erliegen gebracht. Wo sich Barbaren der weströmischen Armee stellten, verloren sie auch in der Spätantike üblicherweise vernichtet, beispielsweise die Alemannen gegen Julian Apostata.

Die römische Armee war auch in der Spätantike aufgrund besserer Ausrüstung und deutlich besserer Führung einer Barbarenarmee meist überlegen. Darauf reagierten die Feinde Roms primär dadurch, indem sie einfach den Kampf gegen römische Militäreinheiten verweigerten und stattdessen auf systematische Plünderungen setzten. Gerade aus diesem Grund stieg der Anteil der Kavallerie bei den Barbaren wie bei den Römern ständig an.

Während aber die Barbarenvölker ihre Reiterarmeen durch die Einnahmen aus den Plünderungen und Tributzahlungen wirtschaftlich erhalten konnten, überforderte die Unterhaltung der römischen Reiterarmee aufgrund ihrer höheren Kosten die römische Volkswirtschaft.

Zitat:So wurde wahrscheinlich auch das italische Kernland Westroms immer öfter verwüstet, geschwächt und schließlich von einfallenden Barbaren zersplittert und okkupiert.

Das italienische Kernland begann sich schon ab Marc Aurel in immer größerem Umfang zu entvölkern und degenerierte massiv schon lange bvevor es von einfallenden Barbaren geplündert wurde. Seuchen und die Ausbreitung der Malaria in Italien, die Auspressung der immer weniger werdenden Bauern, das Kolonentum und der Großgrundbesitz (nebst Sklavenwirtschaft) führten dazu, dass lange vor dem Erscheinen von Barbaren in Italien die italische Bevölkerung selbst am Ende war.

In der Spätantike war das wirtschaftliche und militärische Zentrum Gallien und das westrheinische Gebiet. Von dort und von der Rheingrenze kam auch die lebendige Wehrkraft der weströmischen Armeen sowie das für ihren Unterhalt notwendige Geld. Die Schlacht am Frigidus war deshalb so katastrophal, weil durch die in ihr entstandenen Verluste primär die Rheinarmee vernichtet wurde und damit die Rheingrenze fiel. Gallien wurde dadurch dann dem Zugriff der Barbarenstämme weitgehend schutzlos preis gegeben. Wenige Jahre nach Frigidus kollabierte dann die Wirtschaft in Gallien völlig und damit die letzte verbliebene ökonomische Basis Westroms.

Italien war demgegenüber schon lange Zeit davor irrelevant geworden. Auch der Verlust Nordafrikas und Spaniens war wesentlich schwerer als die Verluste in Italien. Nordafrika war beispielsweise die Kornkammer Westroms in dieser Zeit und Spanien immer noch ein wichtiges Rekrutierungsgebiet. Aus Italien kam im Gegensatz dazu in dieser Zeit kein wesentlicher Beitrag zur Reichsverteidigung mehr.
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