Europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik
#13
Europa hatte sich im Zweiten Weltkrieg selbst die Arme abgehackt.

Desweiteren sagt Kagan trotzdem primär, dass Europa aus seiner Schwäche heraus den multilateralen Weg beschritten hat. Das ist seine Kernaussage.
Und die kann man letztlich nicht beweisen, stellt man doch deutlich fest, dass die europäischen Wirtschaften spätestens ab 1960 wieder enorm anzogen.

Dann kann man nicht nur davon reden, dass Europa der Arm fehlte um das Schwert zu halten.
Sowohl Frankreich, als auch Großbritannien oder die Niederlande fuhren direkt nach dem Zweiten Weltkrieg noch weiter alte Großmachtpolitik, mußten aber angesichts der noch anwirkenden Schwächung bald davon ablassen.
Als demokratische Staaten konnten sie eben nicht ihr gesamtes Potenzial in weltweite Abenteuer stecken, auch da dafür der Wille der Bevölkerung fehlte. Man siehe das am Algerienkrieg oder am Indochinakrieg der Franzosen. Man sollte und konnte zunächst, auch angesichts der sowjetischen Bedrohung nicht alles mehr in den Krieg dort stecken. Damals waren auch dort noch alte, imperialistische Denkmuster sehr vital. Angesichts aber der dort gemachten Erfahrungen, auch rückwirkend über die Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg war Europa kriegsmüde. Die Bevölkerungen wurden allmählich in ihrer Grundeinstellung pazifistischer, die politische Kultur sozialdemokratischer. Damit ist jetzt nicht, wie Bastian fälschlicherweise dachte, die Regierung sozialdemokratischer Parteien direkt gemeint, sondern die Verfaßtheit des Staates, insbesondere die Umwandlung fast aller westeuropäischen Staaten in Sozial- und Wohlstandsstaaten. Gerade Helmut Kohl, der Bimbeskanzler, behielt diese staatl. Versorgermentalität bei, trotz zuerst auch anders laufender politischer Rhetorik. Und angefangen hatte das schon mit Adenauer (da gab es erst kürzlich nen netten Artikel von Herrn. Prof. Walter im Spiegel).

Europäische Staaten haben einen viel stärker ausgebauten sozialen Institutionenaufbau mit viel größeren Leistungen. Gemessen an dem BIP gaben aber die europäischen Ländern wohl schon in den 80er Jahren immer weniger aus für ihre Verteidigung und beschränkten sich auf Komponeten beim Heer, gleichwohl ein Wirtschaftsblock von der Stärke der EG schon damals fast auf Augenhöhe mit der USA war und dementsprechend auch ganz anders hätte rüsten können, wenn es wirklich entsprechend seiner realen Stärke sich politisch verhalten hätte und auch gerüstet hätte. Das ist letztlich der Knackpunkt, den Kagan nicht erklären kann mit seiner Analogie vom Jäger mit Messer und dem Jäger mit dem Gewehr.
Sowjetische Bedrohung hin oder her. Diese wurde aber von Staaten aufrechterhalten, die gerade in den 80er Jahren wirtschaftslich hoffnungslos hinter der EG hinterherhinkten und wie Polen auf ausländische Kredite angewiesen waren.
Allein im Hinblick auf Europas Stärke hätte man ganz anders rüsten können, auch angesichts des immer deutlichen Aufsplittern des sowjetischen Machtblocks.

Westeuropa ging aber durch die Lehren der geschichte, durch eine sehr starke Innenfokussierung, durch die Sozialdemokratisieurng seienr Gesellschaften und auch seiner bürgerlichen Parteien eben nicht mehr den imperialen Weg bzw. wenn, dann nur noch im Nachhall vergangener Aktionsradien. Im Vergleich zu kurz nach dem Krieg verhielten sich sowohl Frankreich, als auch Großbritannien extrem zurückhaltend in den 70er und 80er jahren. Auch hier wurde aufgrund anderer Politikprioritäten andere Ziele anvisiert, nicht die imperiale Beherrschung irgendwelcher Territorien. Diese soft power Strategie ist auch heute primär Komponente der europäischen Policy, eben weil man gelernt hat - unabhängig von der realen Stärke - über Verhandlungen und Geduld auch gut fahren zu können.
Ein Plumpes Revival imperialer Strategien wird es aufgrund der Archtektur Europas so nicht mehr geben. Das zeigen die letzten 6, 8 Jahre.
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