(Sonstiges) Handelsübliche Drohnen im Heer
#10
Meiner Meinung nach ist die Sache deutlich komplexer.

1. Ironischerweise hat die Bundeswehr ja schon vor langer Zeit Drohnen eingeführt und auch oft im Einsatz verwendet. Drohnen gab es in der Bundeswehr schon vor den Auslandseinsätzen und man war früher mal sogar meiner Meinung nach eine führende Nation was Drohnenaufklärung angeht, insbesondere für die Artillerie.

2. In der Kampftruppe selbst gibt es eine ganze Menge Soldaten die den Wert von Drohnen schon seit vielen Jahren predigen, sie stoßen lediglich bei der höheren Führung damit auf taube Ohren. Gerade die Auslandseinsätze führten dazu, dass die Kampftruppe selbst eigentlich durchgehend Drohnen forderte bzw. mehr Drohnen forderte.

3. So weit es ging (mit den vorhandenen Systemen) wurden Drohnen von der Bundeswehr in Afghanistan so viel wie möglich eingesetzt. Ein Kamerad von mir war dort als Teil einer solchen Einheit. Die waren die am meisten beschäftigte und ununterbrochen angefragte Einheit seiner Aussage nach, weil ständig die Aufklärung durch ihre LUNA angefordert wurde, für praktisch fast alles. Sie hätten sich Zitat: verfünffachen können und es hätte nicht gereicht im Verhältnis zum Bedarf.

4. Und trotzdem: konträr zu diesen Ausführungen verweigern sich viele (insbesondere höhere) Offiziere dieser Thematik weitgehend und hinkt die Bundeswehr insgesamt gesehen da immer mehr hinterher. Was wie gesagt eigentlich eine Ironie ist und sowohl der Geschichte der Drohnen in der Bundeswehr zuwieder läuft als auch den Erfahrungen und Forderungen der Kampftruppe.

5. Den Rest erledigt die verdammte Bürokratie. Die Truppe will beispielsweise Klein-Drohnen testen, die Soldaten selbst auf eigene Kosten beschafften weil sie halt privat begeisterte Drohnenpiloten sind (und kamen ursprünglich aus der Modellbaufliegerszene) - aber es wird ihnen schlicht und einfach verboten weil: Vorschriften, Versicherung, gibt keine Regelungen dafür usw usw usf

6. Ich kenne konkret einen Kameraden, der privat die ganze Zeit nur Drohnen fliegt, der lötet sich selbst seine Steuerungen und baut da ständig alles mögliche mit eigenen Händen und praktsich gesehen schon fast Elektronik studiert dazu. Trotzdem ist er nur in der Feldwebellaufbahn, und wird ungeachtet seiner Kenntnisse und obwohl er mehrfach Intereesse bekundete etwas mit Drohnen auch in der Truppe machen zu wollen völlig anders eingesetzt. Jetzt hockt er einem Büro und arbeitet Bürokratischen Unfug weg, nur noch Papierkram, dabei will er nichts anderes als Drohnenfliegen. Anekdotische Evidenz - aber in Wahrheit gibt es etliche solche Fälle! Vorhandene Fähigkeiten werden nicht genutzt, ja nicht eimmal erfasst oder gar weiter entwickelt.

7. Und vor allem anderen verhindert die Führugnsunfähigkeit und die Verantwortungslosigkeit der sogenannten Führung, ihre Entscheidungs- und Handlungsschwäche hier eine sinnvolle Weiterentwicklung. Und entsprechend bildet man Soldaten gegen besseres Wissen mit veralteten Methoden aus und befiehlt ihnen gegen ihr Wissen und ihre praktische Erfahrung Dinge in der begrenzten Truppenübungsplatzkünstlichkeit auf eine Weise zu tun, die im modernen großen konventionellen Krieg höchstgradig fragwürdig geworden ist. Und dies wieder besseres Wissen in der Kampftruppe selbst, weil man einfach nicht ausbrechen kann aus der völlig versteinerten alles lähmenden Beamtenbürokratie, und der primäre Zweck der Organisation Bundeswehr die bürokratische Selbstverwaltung ist, statt Krieg zu führen.

Und entsprechend sind die Zustände schlecht, obwohl man sowohl die Fähigkeiten als auch die Motivation als auch die Einsicht eigentlich in der Truppe hätte, dass es so nicht geht, wie es sich die höhere Führung so vorstellt.

Aber das reicht ja weit über Drohnen hinaus und betrifft ganz viele Bereiche. Man lebt in der Führungsakademie, im Ministerium usw. in einer Phantasiewelt, und phantasiert darüber wie dann große kampfstarke mechanisierte Verbände im flexiblen Gegenangriff feindliche Großkampfverbände ausmanövrieren und zerlegen, und in Wahrheit würde man nicht mal in der Lage sein eine einzige Brigade geschlossen ins Gefecht zu bringen. Dabei bräuchten wir nicht eine Brigade, wir bräuchten dutzende Brigaden. Als mindestes.

Stattdessen beweihräuchert man sich selbst, opfert alles einschließlich des Zweck der Armee dem eigenen Karrierismus und kennt über bürokratisches Denken und die Beförderung seiner Selbst hinaus keinerlei Zweck und Sinn.

Das mag jetzt sehr harsch klingen als Kritik - und es gibt in der Bundeswehr herausragend gute Soldaten, und insbesondere auch herausragend gute Offiziere - aber leider dringen diese nicht durch und schaffen es nicht die Gesamtorganisation in die richtige Richtung zu bewegen. Und gerade die Drohnenfrage zeigt dies wieder einmal um so mehr.

Weil die maximalst verantwortungsbefreite Bundeswehrbürokratie eben insgesamt dysfunkational ist.
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Nachrichten in diesem Thema
Handelsübliche Drohnen im Heer - von alphall31 - 29.01.2024, 20:20
RE: Handelsübliche Drohnen im Heer - von kato - 30.01.2024, 12:10
RE: Handelsübliche Drohnen im Heer - von 26er - 30.01.2024, 08:19
RE: Handelsübliche Drohnen im Heer - von Quintus Fabius - 31.01.2024, 23:00

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