Russland vs. Ukraine
Bezüglich der Panzerlieferungen: Ich hatte mir dazu noch Gedanken gemacht, und ich könnte mir vorstellen (rein spekulativ nun), dass die angekündigten Leopard 1 den Ukrainern sogar mehr helfen könnten als die deutlich schwereren MBTs Abrams, Leopard 2 oder Challenger 2. Sicherlich haben diese moderneren und wesentlich schwerer gepanzerten Fahrzeuge eine sehr gute bzw. wesentlich bessere Chance, einen direkten Treffer zu überstehen - und ein Treffer mit einer modernen ATGM oder RPG bei den eher schwächer geschützten Leopard 1 wäre fast wohl immer ein Totalausfall -, aber in diesem Szenario könnte der Leopard 1 dennoch sogar eher von Nutzen sein.

Er ist vergleichsweise schnell und beweglich (im Gelände lässt er auch die in etwa gleich schweren russischen Modelle hinter sich), hat eine ausreichend starke Feuerkraft und ist vor allem deutlich leichter. In einem spezifischen Gefechtsumfeld, das von Feldern, Schlamm, kaputten Straßen und Behelfsbrücken geprägt sein dürfte, ist dieses geringere Gewicht aber kein Nachteil. Im Gegenteil: Rasche Vorstöße und Umfassungen querfeldein könnten mit dem Leopard 1 sogar leichter fallen und eher zum Ziel führen als Rammbocktaktiken mit den schweren MBTs (die sich im schlimmsten Fall irgendwo festfahren).

Quasi könnte es eine Art von Revival des leichten Kampfpanzers sein (dies hatten wir hier im Forum ja auch öfters thematisiert, s. Zukunft der Panzerfahrzeuge). Sicherlich, einen direkten Treffer darf man sich nicht einfangen - wobei aber die Wahrscheinlichkeit des "cooking off" der Munition geringer sein dürfte als bei den russischen Modellen -, aber ansonsten hat der Leopard 1 durchaus Vorzüge in diesem sumpfigen Endzeit-Szenario in der Ostukraine. Mag sein, dass ich hier zu sehr spekuliere, aber ich könnte mir vorstellen, dass folglich diese Panzer den Ukrainern sogar mehr helfen werden/könnten als die schweren MBTs.

Schneemann
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Ich halte von diesen ganzen Philosophien bezüglich irgendwelcher Vorzüge verschiedener Fahrzeuge nicht viel.
Mal abgesehen davon, dass es völlig gleichgültig ist, weil die Ukrainer noch jede gepanzerte Kiste mit Handkuss nehmen - in der Praxis dürften die Situationen in denen Panzermodell A definitiv vorankommt während Panzermodell B definitiv scheitert sehr, sehr gering sein. Erst recht bei den beschränkten Zahlen um die es aktuell geht. Da werden sich schlicht keine statistisch relevanten Rückschlüsse ziehen lassen.

Aber ich würde einen Leopard 1 mit APS jederzeit einem Leopard 2 A7 vorziehen. *duckundwech*
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Ich ebenso. Nehmen wir noch die Falarick 105 hinzu, welche ja von den Ukrainern (mit) entwickelt wurde und das könnte mit sehr vielem was die Russen so aufbieten fertig werden.

https://www.luch.kiev.ua/en/production/a...ed-missile

Oder wir spendieren den Ukrainern ein paar LAHAT in 105 mm - immerhin schon 8 km Reichweite und Durchschlag bis 800 mm RHA

https://www.iai.co.il/sites/default/file...ochure.pdf

Mit so was könnten Leopard 1 de facto als Panzerjäger agieren.
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Über den Luftkrieg über der Ukraine:

https://warontherocks.com/2023/02/the-so...n-air-war/
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Prigozhin rechnet nicht mit einer baldigen Eroberung Bakhmuts, der ukrainische Widerstand soll eher stärker werden:
https://twitter.com/AZgeopolitics/status...4144191490

Gibt auch Meldungen über einzelne ukrainische Gegenangriffe um Bakhmut:
https://twitter.com/HeliosRunner/status/...7934830593

Von der großen russischen Offensive derweil weiterhin nichts in Sicht. Schneemann hat das ja schon schön herausgearbeitet, mit jedem Tag steigt die Wahrscheinlichkeit, dass da außer stumpfes Draufschlagen an allen möglichen Frontabschnitten keine komplexeren operativen Vorstöße stattfinden werden.
Für mich ist es angesichts der enormen Länge der Frontlinie und den zwangsläufig vielerorts dünnen Verteidigungslinien schleierhaft, warum es nicht möglich sein soll, die Front lokal aufzureißen und mit einer OMG dann hinter die Linien zu kommen.
Stattdessen vergeht man sich in Blutmühlen und schickt ganze Bataillone in Minenfelder vor befestigten Ortschaften in einem Meer von gefrorenen Äckern. Das ist doch keine Raketenwissenschaft und irgendwo muss es doch selbst bei den Russen einen Armeekommandeur mit einem Hauch Kompetenz geben.
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(14.02.2023, 17:32)Nightwatch schrieb: Für mich ist es angesichts der enormen Länge der Frontlinie und den zwangsläufig vielerorts dünnen Verteidigungslinien schleierhaft, warum es nicht möglich sein soll, die Front lokal aufzureißen und mit einer OMG dann hinter die Linien zu kommen.

Das erwarte ich nach der Rasputiza von den Ukrainern, wobei unsere Panzer dafür wohl zu spät kommen. Bis dahin lassen sie die Russen vor und in Bachmut bluten.
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(14.02.2023, 17:32)Nightwatch schrieb: Für mich ist es angesichts der enormen Länge der Frontlinie und den zwangsläufig vielerorts dünnen Verteidigungslinien schleierhaft, warum es nicht möglich sein soll, die Front lokal aufzureißen und mit einer OMG dann hinter die Linien zu kommen.
Die RA hat viele Panzerabwehrmittel und kann in der eigenen Zone auf Starrflügler und Helikopter zurückgreifen, und jetzt auch wieder auf Infantrie. Den Vergleich mit dem Raid von 2014 sollte man nicht ziehen, damals waren nur Teil der RA under cover dabei.
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Zweimal hat es die Ukraine aber schon geschafft, durchzubrechen und deutliche Geländegewinne zu erzielen.
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Und dies überwiegend mit leichten Kräften und (fast) ohne klassische Durchbruchsgefechte von Kampfpanzern mit folgender Explorierung des Durchbruchs mit mechanisierten Einheiten. Müsste also umgekehrt für die Russen ebenfalls möglich sein, ist es aber offenkundig nicht, aus welchen Gründen auch immer.

Zitat:irgendwo muss es doch selbst bei den Russen einen Armeekommandeur mit einem Hauch Kompetenz geben.

Gerasimov hat sich nach der Übernahme der ganzen Operation als erstes mal um die Anzugsordnung gesorgt und dass die Soldaten sich regelmässig rasieren. Die leben in irgendeiner Parallelwelt die sich längst vollständig von der Realität entkoppelt hat.

Zitat:Für mich ist es angesichts der enormen Länge der Frontlinie und den zwangsläufig vielerorts dünnen Verteidigungslinien schleierhaft, warum es nicht möglich sein soll, die Front lokal aufzureißen und mit einer OMG dann hinter die Linien zu kommen.

Solche Operationen könnten auch viele westliche TM Streitkräfte in Wahrheit nicht durchführen, ebenso wie das Gefecht der verbundenen Waffen dass sowohl die Ukrainer wie auch die Russen nicht oder nur unzureichend beherrschen.

Man unterschätzt heillos was für ein Können dafür notwendig ist, was für Mittel und wie aufwendig eine solche Operation heute im modernen konventionellen Krieg geworden ist. Das ist also durchaus eine Art "Raketenwissenschaft", nicht in der Theorie, aber in der praktischen Ausführung.

Und selbst wenn du irgendwo durchbrichst und dahinter dann tatsächlich nur noch Raum mit sehr geringer Truppendichte sein sollte, ist damit keineswegs bereits etwas gewonnen. Der Durchbruch muss einem Zweck dienen, muss bestimmte Effekte erzeugen usw.

Spezifisch in der Ukraine fällt mir bei den Russen und teilweise auch bei den Ukrainern zudem immer wieder und wieder eine enorme Flankenfurcht auf. Man verstreut sich lieber linear als irgendwo "offene" Flanken zuzulassen, rückt nicht vor um nur ja keine Flanke offen zu lassen und ist selbst bei den Ukrainern ziemlich träge was die Bewegung angeht. Die größeren Gegenoffensiven der Ukrainer waren ja auch mehr Ansaugen der Ukrainer durch das Vakuum der allgemeinen russischen Flucht in diesem Bereich als ernsthafter Druck der Ukrainer auf zurückweichende Verbände.

Noch darüber hinaus haben die Russen ganz offenkundig keinerlei Operatives Konzept was eigentlich ein Hohn sondergleichen ist, war die russische und später die sowjetische Armee früher gerade eben für ihre regelrechte Überbetonung der Wichtigkeit der operativen Ebene bekannt und setzt dort ihren Schwerpunkt.
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Zitat:Solche Operationen könnten auch viele westliche TM Streitkräfte in Wahrheit nicht durchführen, ebenso wie das Gefecht der verbundenen Waffen dass sowohl die Ukrainer wie auch die Russen nicht oder nur unzureichend beherrschen.

Weiß nicht. Es wird halt mangels Truppenstärken nicht mehr geübt, die Doktrin und Tradition ist aber schon noch vorhanden. Wären westliche Streitkräfte in diesem Szenario beteiligt würde ich nach einem Jahr Krieg und langen operativen Pausen fest davon ausgehen, dass mehr möglich ist als ein Revival von 1916. Das mag dann in der Umsetzung nicht so toll aussehen wie es vielleicht für CENTAG anno 1980 mal angedacht war, aber was da stattfindet kommt daher, als hätten die Russen alles vergessen was man sich im Kalten Krieg mal erarbeitet / ausgedacht / vorgestellt hat. Das ist schon erstaunlich, man sollte erwarten, dass diese Konzepte ihren ausufernden Offizierskorps wenigstens in der Theorie von der Pike auf eingebläut worden sind.

Es geht da auch weniger darum, jetzt das Gefecht der verbundenen Waffen in höchster Vollendung zu zelebrieren als überhaupt irgendwo und irgendwie den Versuch zu unternehmen aus der Statik auszubrechen und zu so etwas wie Manöverkriegsführung überhaupt erst zu hinzukommen. Praktisch scheint aber das Gegenteil der Fall zu sein, das operative Geschick der russischen Armee scheint über die Kommandoebenen hinweg soweit degeneriert zu sein, dass es sich daran erschöpft, ohne Sinn und Verstand gegen das vorgegebene Ziel bis zur Vernichtung anzurennen.

Man muss sich da auch der Unterschied zwischen Kriegsbeginn und jetzt verdeutlichen: In den ersten Tagen der Invasion gelangen den russischen Verbänden tiefe Einbrüche in den ukrainischen Raum, teilweise in einem Ausmaß der dem amerikanischen Vormarsch auf Bagdad in 2003 in nichts nachstand, wenn nicht gemessen am Gegner und Gelände sogar übertroffen hat. Von diesem Ansatz ist nichts übrig geblieben, jede operative Finesse evaporierte mit der Kulmination des ersten Angriffsplans und seitdem gings im freien Fall zurück zur Menschlichen Welle.

Bei den Ukrainern wird man sehen. Ich teile die Meinung, dass ihre bisherigen Offensiven eher einem Nachstoßen gegen zurückweichende russische Verbände gleicht und man bisher von Manöverkriegsführung recht wenig gesehen hat. Allerdings fehl(t)en halt schlicht auch die Mittel, man wird sehen wie weit es mit dem können ist, wenn im Frühjahr ein größerer Angriff nach Süden getragen werden sollte.
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Gerade in einem ernsthaften Krieg gibt es meiner Ansicht nach einen extrem großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, und etwas in der Theorie zu können bedeutet daher in keinster Weise, es auch praktisch tun zu können, und dies selbst dann, wenn die Sache eigentlich einfach ist. Spezifischer zum vorliegenden Fall:

Zitat:man sollte erwarten, dass diese Konzepte ihren ausufernden Offizierskorps wenigstens in der Theorie von der Pike auf eingebläut worden sind.

In der Theorie ja. Aber Theorie ohne eine real existierende Truppe welche diese auch praktisch anwenden kann bringt halt wenig bis nichts.

Zitat:Wären westliche Streitkräfte in diesem Szenario beteiligt würde ich nach einem Jahr Krieg und langen operativen Pausen fest davon ausgehen, dass mehr möglich ist als ein Revival von 1916.

Zweifelsohne. Dies aber auch vor allem wegen der Luftherrschaft und der Möglichkeiten den Bewegungskrieg aus der Luft mit erheblicher Kampfkraft zu unterstützen. Das wird beispielsweise bei aller Begeisterung für deutsche Panzer im 2WK auch gerne vergessen, welch wesentlichen Anteil an allen Erfolgen die Luftwaffe hier hatte und wie wenig sich seitdem an der Bedeutung der Luft diesbezüglich geändert hat. Und die russische Artillerie, welche nach deren Auffassung im Endeffekt diesen Effekt der Luftwaffe substituieren sollte, hat halt in der praktischen Realität weder die technischen Möglichkeiten noch sonst die Befähigung dazu wirklich hier als Substitut auszureichen. Eine sehr leistungsstarke westliche Artillerie auf dem neuesten Stand der Technologie würde sich hier komplett anders auswirken, aber völlig unabhängig davon hat die NATO Luftmacht einfach komplett andere Möglichkeiten hier selbst ohne jede moderne Artillerie den Bewegungskrieg zu ermöglichen.

Eine Buchempfehlung in diesem Kontext dem geneigten Leser: Air power and maneuver warfare von Crefeld (aus einer Zeit als er noch richtig gute Bücher zu spezifischen militärischen Fragen geschrieben hat)

Der Angriff in die Tiefe des gegnerischen Raumes, die Operation in die Tiefe war und ist ja (offiziell) die russische Doktrin schlechthin. Damit diese gelingt, der simultane Angriff in die gesamte Tiefe des feindlichen Raumes hinein benötigt man aber meiner Ansicht nach heute die uneingeschränkte Luftherrschaft und eine für die jeweiligen Anforderungen ausreichende Luftstreitkraft, dies fehlt den Russen. Ihre veraltete Auffassung, dies mit veralteter Artillerie kompensieren zu können, hat nicht funktioniert, weil deren Wirkung unzureichend war und ist im Vergleich.

Der nächste Aspekt dürfte die Logistik sein. Die Russen können tiefe Vorstöße in den ukrainschen Raum (Anbei: mit welchem Zweck, mit welchem Ziel, mit was für angestrebten Effekten genau?) nicht nähren. Ihre Einheiten würden schon nach kurzer Zeit einfach im ukrainischen Hinterland liegen bleiben. Sie würden damit also wertvolle und zunehmend begrenzte Mittel hochgradig riskieren, ohne damit wirklich nennenswerte strategische Veränderungen zu erzielen.

Im weiteren sollte man den Bewegungskrieg bzw. spezifischer noch die Manöverkriegsführung auch nicht zu sehr überhöhen. Auch diese kann sehr verlustreich ausfallen und auch ein ganz stumpfer Abnutzungskrieg kann je nach den Umständen sinnvoll oder sogar geboten sein, oder auch effektiver / effizienter sein als jeder Versuch Manöverkriegsführung anzuwenden.

Zitat:Man muss sich da auch der Unterschied zwischen Kriegsbeginn und jetzt verdeutlichen: In den ersten Tagen der Invasion gelangen den russischen Verbänden tiefe Einbrüche in den ukrainischen Raum, teilweise in einem Ausmaß der dem amerikanischen Vormarsch auf Bagdad in 2003 in nichts nachstand, wenn nicht gemessen am Gegner und Gelände sogar übertroffen hat. Von diesem Ansatz ist nichts übrig geblieben, jede operative Finesse evaporierte mit der Kulmination des ersten Angriffsplans und seitdem gings im freien Fall zurück zur Menschlichen Welle.

Dafür hatten die Russen in dieser Zeit auch horrende Verluste, und als sie zum stumpfen linearen Abnutzungskrieg übergingen, sanken zunächst die Verluste dramatisch! Und besagter Vorstoß bei Kriegsbeginn zeigt klar die von mir schon angerissenen Problemfelder auf: mangelnde Luftherrschaft, mangelnde Wirkung aus der Luft, logistische Probleme. Dieser Dreiklang behindert jeden Versuch einer Manöverkriegsführung auf operativer Ebene aufwärts erheblich.
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@Quintus
Zitat:Gerasimov hat sich nach der Übernahme der ganzen Operation als erstes mal um die Anzugsordnung gesorgt und dass die Soldaten sich regelmässig rasieren.
Nun ja, die Intention von Gerasimov muss nicht unbedingt schlecht sein. Dass Truppen in einem Szenario wie in der Ukraine, wenn sie im Fronteinsatz stehen, irgendwann verdrecken und abgerissen und desillusioniert daherkommen, ist völlig klar. Aber wenn er versucht, dass die Truppe vorher sich halbwegs diszipliniert verhält und nicht zum verlotterten Muschkotenhaufen mit Phantasieuniformen und Dreitagebart verkommt, bevor sie an die Front geht, so ist dieser Versuch einer Disziplinierung nicht unbedingt schlecht. Andere Probleme, wie etwa die uferlose Korruption, bleiben davon natürlich mal unberührt (und da hätte er noch genug zu tun).
Zitat:Solche Operationen könnten auch viele westliche TM Streitkräfte in Wahrheit nicht durchführen...
Jein, in der Theorie sicherlich, da ist der Ausbildungsstand durchaus gut, aber in der Praxis gäbe es natürlich wieder Probleme. Ist halt für die "große Kesselschlacht" wenig hilfreich, wenn von vorveranschlagt (nun mal rein spekulativ) 300 Panzern nur gerade 100 vorne ankommen, weil der Rest fehlt oder in Wartung ist, und wenn die Munition für ganze 24 Stunden reicht. Dann wird es natürlich nichts werden. Aber wie gesagt: In der Praxis hapert es, und das wegen des Materialstandes. In der Theorie und in der Ausbildung sehe ich die Probleme allerdings eher nicht. (Das Thema bzgl. Vorgehen im Verbund mit der Luftunterstützung wurde schon angesprochen, ich beziehe es hier nun mal nicht mit ein.)

Schneemann
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Ein Gespräch mit einem hochrangigen ukrainischen Offizier, dass im Endeffekt alle Aspekte dieses Krieges von Beginn an aufgreift und perfekt zusammen fasst. Zugleich ein Lehrstück darüber was die Ukraine auch im Gegensatz zu uns richtig macht und weshalb es ihr überhaupt gelungen ist den ersten russischen Ansturm aufzuhalten. Gerade auch die Bundeswehr könnte hier viel lernen:

https://twitter.com/VolodyaTretyak/statu...3041262593

Zitat:Frage: Mr. Oleh, on February 24, there were 52 people in your brigade, which at that time had the status of a reserve brigade. Can you remember what the first days of the invasion were like for you?

Antwort: I did not believe this invasion would happen until the last moment. According to the rules of engagement, the ratio of forces and means was insufficient to occupy a country like ours.

And when the invasion began, I received a directive to deploy the brigade to wartime states. Everything was so intense that I can’t even remember what I was thinking. I think the most important thing was the selection of people.

I wanted to take only the most motivated people.

Even if a soldier or officer did not have a relevant military specialty, but he really wanted to learn something new, was more or less intellectually developed, and had no alcoholism or drug addiction, I took him.

Now you have guys sitting behind you who had no previous connection to artillery. And now they have already trained so much that I have time to give you an interview while they control the artillery fire.

Frage: How many people are now in the brigade, at least?

Antwort: I can’t give you exact numbers, but let’s say up to 2,500.

Frage: How did the selection process look like: people came to the military enlistment office, which “sifted” them, and then you selected people for your team?

Antwort: Yes. People were brought from the military enlistment offices – 5, 10, and 30 people at a time.

I tried to talk to almost everyone. I lined them up in a single line and asked them if they were ready, not ready, or if they were not ready, they could leave. They asked, “What will happen to us?” I said, “nothing”.

Tell the military commissariat that you were not taken, and go to the TRO [Territorial Defense]. Because some were afraid that cases would be opened against them and so on.

The guys came in jeans and sneakers, but they did not come in shorts because it was cold [smiles].

So we changed these people ourselves and put them on the payroll – the deputy for the rear immediately did a good job, and I am very grateful to him.

He was a career officer, retired, spent 3 or 4 months in retirement, and returned to service again. He had phones and contacts.

Frage: How long did it take you to turn a man in sneakers and jeans, who was living his civilian life a few hours ago, into an artilleryman?

Antwort: We had very limited time, first of all.

Secondly, the most motivated people came to us on the first day, which had a lot to do with it. So in 10-14 days, we were ready to participate in combat operations. We learned very quickly.

The fact that we had many IT people join us definitely played a big role.

So it took them 2-4 days to explain the work specifics at the artillery reconnaissance and fire control points.

Frage: And if we talk about the people who work directly on the howitzers, was two weeks enough for them too?

Antwort: Yes. It all depends on the teachers.

Our classes were personally taught by the commander of the 59th Division, Lieutenant Colonel Churbanov, who is a very good methodologist. He also had two smart battery commanders who participated in the fighting from 2014 to 2016, during the first mobilization.

They came back to us by phone.

And thanks to this, it is very easy to train a gunner and a gun commander in two weeks.

In 2006, when I was still a battery commander and we went to the training ground for a month, and a half a year, no one was particularly engaged in combat training. The soldiers went on parades, cleaned the territory, whitewashed… Sometimes they fired.

Nowadays, I, or any career officer who have been in the military for at least six months, can train an average gunner in two weeks from an average citizen.

No matter who he was in civilian life – an IT specialist, a janitor, a manager.Another example is the time it takes for our military to master Western weapons.

For the Americans, it takes six months to train on the M777. Ours takes 2-3 weeks.

If you cut out all the drill, physical training, cleaning boots, ironing kit, sports afternoons, POETS days (piss off early tomorrow's saturday), long lunch hours, am and pm breaks and also work from 8 to 7pm for 6 days/week you can knock weeks off 'standard training timings'.

Regelrecht ein Lehrstück darüber, wie man es richtig machen könnte, vor allem auch in Bezug auf eine etwaig wiederkehrende Wehrpflichtarmee.
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Ausführungen eines ukrainischen Bataillons-Kommandeurs der eine Bataillons-Kampfgruppe im Süden von Bakhmut führt:

https://twitter.com/wartranslated/status...yWko4tAAAA

Bezeichnend finde ich einmal mehr seine Anmerkung, wie wesentlich es ist mit der eigenen Brigade zu kämpfen und wie sehr dies vorteilhaft ist im Vergleich dazu, an einen anderen Verband angegliedert zu werden - Stichwort: Organische Großkampfverbände anstelle von zusammen gewürfelten Pool-"Lösungen"von Kampfgruppen.
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Ich versuche einmal (wieder) ein wenig, den Advocatus Diaboli zu geben und möchte auch denjenigen Stimmen etwas Raum bei uns einräumen, die Friedensverhandlungen fordern.

Nur um dies vorab klarzustellen bzw. um Missverständnissen vorzubeugen: Ich sehe sehr klar, dass auf Grundlage der aktuellen strategisch-militärischen Lage kaum ein Ansatzpunkt für eine tragbare Verhandlungslösung besteht und wenn es nach mir ginge, so sollten und müssen wir alles daran setzen, dass Moskau diesen Konflikt verlieren wird. Alles andere hätte unkalkulierbare und ggf. verhängnisvolle Folgen für die Demokratien und für das Völkerrecht auf diesem Planeten.

Dennoch denke ich allerdings, ist es für den gesellschaftlichen Diskurs und auch für den inneren Schulterschluss in Deutschland sehr wichtig, auch jene Menschen zu hören und abzuholen, die eine Verhandlungslösung fordern. Und das sollte auch nicht schrill oder vorverurteilend sein, sondern mithilfe von Überzeugungsarbeit und Erklärungen geschehen.

Ich meine mit denjenigen, die überzeugt werden müssten, übrigens nicht jene verbitterten und verbohrten "alten weißen Frauen" (Schwarzer, Wagenknecht) oder diejenigen linken wie rechten Parteien bzw. deren Parteigänger, die bereit sind aufgrund ideologischer Verblendung, Skrupellosigkeit und Parteikalkül Deutschland an Russland auszuverkaufen, sondern ich denke auch an die Menschen, die wirkliche Sorgen haben und die händeringend versuchen, zumindest halbwegs intellektuell fundiert und ohne Partei-Scheuklappen eine Option auf eine Friedenslösung zu finden.

Dazu:
Zitat:Kiew dem Schicksal überlassen?

Habermas für Verhandlungen - sieht aber keinen Willen bei Putin

Der Philosoph Jürgen Habermas ist besorgt. Die Waffenlieferungen an die Ukraine hätten eine Eigendynamik entwickelt, "die uns mehr oder weniger unbemerkt über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg hinaustreiben könnte". Deshalb ruft er zu Gesprächen auf - räumt aber ein Problem ein.

Der Philosoph Jürgen Habermas hat sich mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für Verhandlungen ausgesprochen. Zwar leiste der Westen aus guten Gründen militärische Hilfe an die Ukraine, schrieb der 93-Jährige in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung". Daraus erwachse aber auch Verantwortung. "Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis hat die Qualitätssteigerung unserer Waffenlieferungen eine Eigendynamik entwickelt, die uns mehr oder weniger unbemerkt über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg hinaustreiben könnte." [...]

Habermas beklagt dabei die öffentliche Debatte und eine "Beschleunigung des bekannten Spiels der moralisch entrüsteten Rufe nach schlagkräftigeren Waffen". Zugleich kritisiert er den "bellizistischen Tenor einer geballten veröffentlichten Meinung, in der das Zögern und die Reflexion der Hälfte der deutschen Bevölkerung nicht zu Worte kommen". [...]

"Wenn ich mich diesen Stimmen anschließe, dann gerade weil der Satz richtig ist: Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren", schrieb Habermas. Ihm gehe es um den vorbeugenden Charakter rechtzeitiger Verhandlungen. Diese verhinderten, dass ein langer Krieg noch mehr Menschenleben und Zerstörungen fordert - "und uns am Ende vor eine ausweglose Wahl stellt: entweder aktiv in den Krieg einzugreifen oder, um nicht den Ersten Weltkrieg unter nuklear bewaffneten Mächten auszulösen, die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen." [...]

Trotz seines Plädoyers für Verhandlungen räumt auch Habermas ein: "Es gibt einstweilen kein Anzeichen dafür, dass sich Putin auf Verhandlungen einlassen würde." So habe dieser Entscheidungen getroffen, die die Aufnahme von aussichtsreichen Verhandlungen fast unmöglich machten. Mit der Annexion der östlichen Provinzen der Ukraine habe er "Fakten geschaffen und Ansprüche zementiert, die für die Ukraine nicht akzeptabel sind". [...]

Als Kernproblem der Debatte sieht er vielmehr, dass die Ziele der Ukraine und ihrer Unterstützer unklar seien. "Ist es das Ziel unserer Waffenlieferungen, dass die Ukraine den Krieg 'nicht verlieren' darf, oder zielen diese nicht vielmehr auf einen 'Sieg' über Russland?" [...] Die russischen Ziele hat Moskau indes immer wieder verdeutlicht: Laut Putin ist die Ukraine ein historischer Fehler, der Krieg soll diesen Fehler korrigieren. Nahezu täglich fordern Kreml-Politiker und Propagandisten im russischen Fernsehen eine Auslöschung der Ukraine.
https://www.n-tv.de/politik/Habermas-fue...18026.html

Schneemann
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