Beiträge: 6.969
Themen: 13
Registriert seit: Apr 2007
John Oliver zu behmühen ist ungefähr so sinnig wie Carlson über Biden referieren zu lassen.
Es ist ein Prozess der schöpferischen Zerstörung, ein Wirken mit dem Vorschlaghammer anstatt dem Skalpell. Und es geht auch nicht anders wenn man die verkrusteten Strukturen aufbrechen will. Das man dabei auch zu tief schneidet ist unvermeidbar.
Ansonsten, die These die hätten keinen Plan erschließt sich mir angesichts der schier überbordenden Kommunikationsstrategie des aufgeblasenen narzistischen Vollidioten nicht vollumfänglich. Die nächste Episode der Trump-Show wird einen Location Shoot in Fort Knox haben oder so.
Vieiele angestoßeene Prozesse (buchstäblich) bennötigen halt länger als ein paar Tage sich zu entfalten, von daher vielleicht etwas Abwarten bevor man zu bombastischen Urteilen ansetzt.
Beiträge: 557
Themen: 15
Registriert seit: Feb 2024
(17.02.2025, 23:26)Nightwatch schrieb: ...
Vieiele angestoßeene Prozesse (buchstäblich) bennötigen halt länger als ein paar Tage sich zu entfalten, von daher vielleicht etwas Abwarten bevor man zu bombastischen Urteilen ansetzt. Argentinien ist DT ja etwas voraus - die Ergebnisse sind eindeutig.
Beiträge: 15.359
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Werter Nightwatch:
Vorab: ich bin ein großer Freund von Carlson, dessen Sendungen ich mir oft ansehe. Und gerade eben, weil solche Journalisten selbst eine bestimmte politische Ansicht haben, sind sie gut darin, über die politische Gegenseite zu berichten und finden Fehler und grundlegende Probleme dieser viel eher. Gerade eben deshalb sind Berichte von Carlson über die Biden-Regierung gut, und naturgemäß viel besser als alles was John Oliver über die Biden-Regierung berichten würde. Und umgekehrt gilt dies ebenso. Und nun rate mal, wem ich rein persönlich politisch näher stehe.
Meine Kritik an dem aktuellen Vorgehen ist keine, die aus dem üblichen: die sind Rechts, das ist Böse Unfug her rührt, sondern sie ist eine, die sich rein maschinell / mechanistisch auf die Frage der Funktion konzentriert. Als christlicher Nationalist will ich, dass meine Ideologie voran kommt, und genau darin liegt das Problem der aktuellen Nicht-Strategie der Trump Regierung für mich: sie schadet nämlich meiner Sache. Insbesondere wenn man das ganze langfristig betrachtet.
Nun verwendest du hier meiner Ansicht nach eine Wortaneinanderreihung, die das Grundproblem perfekt illustriert, nämlich den Begriff der "schöpferischen Zerstörung". Das ist ein nettes Bild, aber mehr ist das nicht.
Hochkomplexe und sehr dynamische Systeme (wie diejenigen in den USA welche hier jetzt zerstört werden) reagieren auf planlose, massive und zerstörerische Eingriffe nämlich nicht schöpferisch, sondern daraus erwachsen vor allem langfristig nur massivste Probleme.
Schöpferische Zerstörung, dass ist als Idee bereits derart falsch in Bezug auf Staaten, Volkswirtschaften und hochkomplexe Strukturen, dass es mich mehr als erstaunt, diesen Begriff von dir zu hören. Selbst die verkrustesten Strukturen muss man sorgfältig mit dem Skalpell heraus schneiden, und auch mit einem Skalpell und mit chirurgischer Präzision kann man sehr tief schneiden. Mit einem Vorschlaghammer beschädigt man hingegen mehr gesundes Gewebe drumherum und richtet mehr Schaden als Nutzen an.
Was die da tun ist kein Prozess schöpferischer Zerstörung, sondern einfach nur Zerstörung. Und weiteres Abwarten wird aufzeigen, dass dies der eigentlich wichtigen Sache, nämlich jener der Nation wie der Christenheit schaden wird. Ein bombastisches Urteil ?! Möglich, aber die aktuell zu sehenden Handlungen sind ja auch nur Bombast, sind ja auch nur bombastisch in ihrer Planlosigkeit, ihrer erwiesenen Inkompetenz und ihrer Ziellosigkeit.
Das schlimmste aber ist, dass sie glauben, sie hätten einen Plan und dass würde irgendwo hin aufwärts führen statt nur bergab.
Beiträge: 15.359
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Beiträge: 6.969
Themen: 13
Registriert seit: Apr 2007
(18.02.2025, 00:00)Quintus Fabius schrieb: Werter Nightwatch:
Vorab: ich bin ein großer Freund von Carlson, dessen Sendungen ich mir oft ansehe. Und gerade eben, weil solche Journalisten selbst eine bestimmte politische Ansicht haben, sind sie gut darin, über die politische Gegenseite zu berichten und finden Fehler und grundlegende Probleme dieser viel eher. Gerade eben deshalb sind Berichte von Carlson über die Biden-Regierung gut, und naturgemäß viel besser als alles was John Oliver über die Biden-Regierung berichten würde. Und umgekehrt gilt dies ebenso. Und nun rate mal, wem ich rein persönlich politisch näher stehe. Das Problem bei Jamie Oliver ist, dass ich bei jedem Thema bei dem ich privat oder beruflich halbwegs orientiert bin glaßklar sehe wie sehr er mit Halbwahrheiten, Weglassungen und Verzerrungen arbeitet um ein gewünschtes Bild zu erzeugen. Bei Carlson muss ich dafür nicht orientiert sein.
(18.02.2025, 00:00)Quintus Fabius schrieb: Nun verwendest du hier meiner Ansicht nach eine Wortaneinanderreihung, die das Grundproblem perfekt illustriert, nämlich den Begriff der "schöpferischen Zerstörung". Das ist ein nettes Bild, aber mehr ist das nicht.
Hochkomplexe und sehr dynamische Systeme (wie diejenigen in den USA welche hier jetzt zerstört werden) reagieren auf planlose, massive und zerstörerische Eingriffe nämlich nicht schöpferisch, sondern daraus erwachsen vor allem langfristig nur massivste Probleme. Nicht auszuschließen. Nur ist es eben das erklärte Ziel in diese Systeme so Einzugreifen, dass es zu nachhaltigen Veränderungen kommt.
Das System ist zu verkrustet und zu Widerstandsfähig als das man unter den gegebenen politischen und zeitlichen Rahmenbedingungen irgendwie anders vorgehen könnte. Massives Durchgreifen in der Hoffnung den Gegner ob der Vielzahl, Intensität und Sprunghaftigkeit der Angriffe zu überrumpeln ist hier der Schlüssel. Meine Kritik wäre an dieser Stelle eher, dass Doge für die gesetzten Ziele vor allen im Umfang viel zu zurückhaltend agiert.
(18.02.2025, 00:00)Quintus Fabius schrieb: Schöpferische Zerstörung, dass ist als Idee bereits derart falsch in Bezug auf Staaten, Volkswirtschaften und hochkomplexe Strukturen, dass es mich mehr als erstaunt, diesen Begriff von dir zu hören. Selbst die verkrustesten Strukturen muss man sorgfältig mit dem Skalpell heraus schneiden, und auch mit einem Skalpell und mit chirurgischer Präzision kann man sehr tief schneiden. Mit einem Vorschlaghammer beschädigt man hingegen mehr gesundes Gewebe drumherum und richtet mehr Schaden als Nutzen an. Wer Lähmung predigt wird Lähmung ernten. Die bemühten Skalpelle existieren und schneiden seit wahrscheinlich Jahrzehnten. Wie jede andere staatliche Bürokratie auch unterhalten die USA ein ganzes Potpourri an Stellen, Ämtern und Einrichtungen zur Eindämmung von Verschwendung und Betrug, zur Deregulierung und zur Entbürokratisierung. Das Ergebnis ist wie hierzulande, die Bürokratie expandiert unbegrenzt.
Die Äste wachsen schneller nach als man den Baum ausschneiden kann und ab einen gewissen Punkt hilft nur noch die Axt. Beziehungsweise die Kettensäge.
Erst recht wenn man der politische Richtung anhängt, dass es die wuchernde Obstplantage eh nicht braucht und ein Kartoffelacker an gleicher Stelle wesentlich sinniger wäre. Worüber man sich natürlich streiten kann. Aber beides ist in einer Demokratie möglich.
Zitat:Über Chaos, Unsicherheit und absolute Inkompetenz, euphemistisch als schöpferische Zerstörung bezeichnet:
Elon Musk's DOGE unit is causing confusion — and raising security and legal concerns
Oh nein, ein eisiger Wind fegt durch die behaglichen Amtsstuben. Hat sich derjenige der das Fenster geöffnet hat überhaupt die erforderliche Genehmigung eingeholt? Nicht das sich der Beamtenkörper noch erkältet!
DOGE as a National Cyberattack
Eine Regierungsbehörde verschafft sich Zugriff auf Regierungsdatenbanken. Am Ende wollen sie die grraubten Daten auch noch verwenden. Schockschwerenot!
Musk’s DOGE agents access sensitive personnel data, alarming security officials
Man will Veränderungen am Personalkörper und muss dafür auf Personalakten zugreifen? Unerhört!
'Creating chaos': Top DOGE Dem introduces ‘Nobody Elected Elon Musk Act’
Kein Chef einer Bundesbehörde wurde jemals gewählt. Tatsächlich dürfte Musk angesichts seiner Wahlkampfaktivitäten noch am meisten demokratische Legitimation haben.
Security Flaw: DOGE Is So Transparent Anyone Can Edit Its Website
Oh nein, irgendeine bedeutungslose Hompage wurde manipuliert, die Regierung steht kurz vor dem Fall.
Beiträge: 15.359
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Faierweise muss man zu Oliver noch anmerken, dass dieser immer betont kein Journalist zu sein und es mehrfach entschieden zurück gewiesen hat, dass seine Sendung(en) Journalismus wären. Er hat ganz offen erklärt, seine Hauptsendung sei ausschließlich Comedy mit einer politischen Zielsetzung.
Zitat: Wie jede andere staatliche Bürokratie auch unterhalten die USA ein ganzes Potpourri an Stellen, Ämtern und Einrichtungen zur Eindämmung von Verschwendung und Betrug, zur Deregulierung und zur Entbürokratisierung. Das Ergebnis ist wie hierzulande, die Bürokratie expandiert unbegrenzt.
Ich kritisiere ja nicht das Ziel der Entbürokratisierung und des Abbaus von Behörden, Regelungen usw. sondern die Methode mit welcher dies jetzt versucht wird.
Hochtechnologische Industriegesellschaften weisen zudem einen Grad an Komplexität und Vernetzung auf, dass zum einen Bürokratie in bestimmten Maße zwingend notwendig ist, zum anderen solche immer wie von selbst erzeugt wird. Das sieht man gleichermaßen intern bei großen Unternehmen und jedem anderen Versuch in einer derart überkomplexen Gesellschaft irgendwie Ordnung und Sicherheit zu schaffen, welche beide wesentlich sind für das Funktionieren von Wirtschaft wie Gesellschaft.
Aufgrund allgemeiner menschlicher Unzulänglichkeit (an dieser Stelle muss man natürlich hinterfragen, ob der Mensch an sich überhaupt in der Lage ist in den gegenwertigen Gesellschaften mit der inzwischen verfügbaren Technologie umzugehen) entartet das naturgemäß immer. Das ist aber meiner Auffassung nach ein Symptom und nicht die Ursache der eigentlichen Probleme. Ausufernde Bürokratie, Überregulierung und Lähmung sind Symptome der Unfähigkeit des Menschen mit der Hochtechnologie und der Industriegesellschaft an sich umzugehen.
Versucht man nun in der hier gezeigten Weise die Bürokratie zu bekämpfen, führt dies nicht zu besseren Umständen, denn damit betreibt man im günstigsten Falle nur Symptombekämpfung und verschlimmert in den meisten Fällen nur die eigentlichen Probleme.
Irgendwelche 24 jährigen Studenten ohne Berufserfahrung, ohne Lebenserfahrung und dafür im Gegensatz bereits mit einigen hochgradig gescheiterten Versuchen hochzukommen mit derart großer Macht auszustatten und ihnen zu gestatten, frei zu wüten, ist nun keine Methode. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dies intentional so gemacht wird, um maximalen Schaden anzurichten, ist das nicht sinnvoll.
Wenn man Bürokratie zerschlagen, Regelungen abbauen und die Entartungen der Beamtenherrschaft zurückdrängen will, benötigt man ganz im Gegenteil ältere, lebenserfahrene und fähige Leute welche sich im Berufsleben bereits bewiesen haben und die mit solcher Macht richtig umgehen und diesse zielgerichteter einsetzen können. Um das an dieser Stelle nochmal zu betonen: ich kritisiere hier ja nicht die Zielsetzung, sondern die Methode der Umsetzung.
Und um meine Hauptkritik an deiner These der schöpferischen Zerstörung an dieser Stelle möglichst prägnant zusammen zu fassen: bloße Hoffnung ist keine Methode.
Wenn man aber Bürokratie nicht methodisch und gezielt abbaut, erzeugt man nur Schäden, welche die Schäden durch die Bürokratie sogar noch überwiegen.
Wenn ich UNFÄHIGEN 22 jährigen beliebige Macht gebe in Behörden frei Leute zu feuern und den Betrieb zu stören, dann entsteht daraus in keinster Weise irgend etwas gutes.
Beiträge: 7.989
Themen: 353
Registriert seit: Jul 2003
(18.02.2025, 07:44)Nightwatch schrieb: Das Problem bei Jamie Oliver ist, dass ich bei jedem Thema bei dem ich privat oder beruflich halbwegs orientiert bin glaßklar sehe wie sehr er mit Halbwahrheiten, Weglassungen und Verzerrungen arbeitet um ein gewünschtes Bild zu erzeugen.
Ist dem so? Das desillusioniert mich jetzt, auch wenn ich selbst nicht gern Koche, fand ich seine Sendungen immer unterhaltsam. *scnr*
Beiträge: 143
Themen: 5
Registriert seit: Oct 2024
(18.02.2025, 08:53)Quintus Fabius schrieb: .
Wenn ich UNFÄHIGEN 22 jährigen beliebige Macht gebe in Behörden frei Leute zu feuern und den Betrieb zu stören, dann entsteht daraus in keinster Weise irgend etwas gutes.
Das erinnert mich an eine motivierte BWL Studentin, damals ca. 24, die in den frühen 90ern im Rahmen eines Praktikums bei der Post deren Businessmodell abklopfen sollte und Empfehlungen ausgesprochen hat, die für die Post damals so radikal waren, dass man sie schnell in der Schreibtischschublade verschwinden hat lassen, ihr aber dennoch dankte, die Analyse durchgeführt zu haben. "Nun wissen wir, was wir alles machen müssten, wenn wir auf dem freien Markt konkurrieren müssten"
Beiträge: 6.969
Themen: 13
Registriert seit: Apr 2007
Quintus Fabius schrieb:Hochtechnologische Industriegesellschaften weisen zudem einen Grad an Komplexität und Vernetzung auf, dass zum einen Bürokratie in bestimmten Maße zwingend notwendig ist, zum anderen solche immer wie von selbst erzeugt wird. Das sieht man gleichermaßen intern bei großen Unternehmen und jedem anderen Versuch in einer derart überkomplexen Gesellschaft irgendwie Ordnung und Sicherheit zu schaffen, welche beide wesentlich sind für das Funktionieren von Wirtschaft wie Gesellschaft. Es predigt hier niemand Anarchie, auch nicht Donald und Elon. Ein "bestimmtes Maß" an notwendiger Bürokratie ist aber deutlich viel weniger als sich mittlerweile herausgebildet hat.
Die Idee das man da garnichts radikal einkürzen könnte wird von denen verkauft die ein Interesse daran haben das sich genau garnichts ändert.
In der Realität derweil hat Milley die halbe Ministerialbürokratie abgeschafft und Musk hat bei Twitter den Personalkörper um 80% eingedampft. Passiert ist genau nix.
Quintus Fabius schrieb:Das ist aber meiner Auffassung nach ein Symptom und nicht die Ursache der eigentlichen Probleme. Ausufernde Bürokratie, Überregulierung und Lähmung sind Symptome der Unfähigkeit des Menschen mit der Hochtechnologie und der Industriegesellschaft an sich umzugehen. Sicherlich ein Faktor, aber ich glaube eher, dass Hochtechnologie und Industriegesellschaft es der Bürokratie überhaupt erst erlauben, ihre früheren Wachstumsgrenzen zu überwinden.
Quintus Fabius schrieb:Versucht man nun in der hier gezeigten Weise die Bürokratie zu bekämpfen, führt dies nicht zu besseren Umständen, denn damit betreibt man im günstigsten Falle nur Symptombekämpfung und verschlimmert in den meisten Fällen nur die eigentlichen Probleme. Die Bürokratie erzeugt mittlerweile mehr und größere Probleme als sie vorgibt zu bekämpfen. Tatsächlich ist ihre Existenz und beständiges Wachstum reiner Selbstzweck und schon lange entkoppelt von "eigentlichen Problemen".
Quintus Fabius schrieb:Irgendwelche 24 jährigen Studenten ohne Berufserfahrung, ohne Lebenserfahrung und dafür im Gegensatz bereits mit einigen hochgradig gescheiterten Versuchen hochzukommen mit derart großer Macht auszustatten und ihnen zu gestatten, frei zu wüten, ist nun keine Methode. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dies intentional so gemacht wird, um maximalen Schaden anzurichten, ist das nicht sinnvoll. Es ist geradezu eine ausgezeichnete Methode maximalen Schaden anzurichten. Das System kann nicht durch systemimmanente oder systemnahe Kräfte geschlagen werden. Das geht nur durch maximal destruktive Disruption von außen. "Ältere, lebenserfahrene und fähige Leute" wären in kürzester Zeit vom System korrumpiert, schließlich bedingt schon in Status als im System erfolgreiche Akteure, dass sie zu wirklichen, radikalen Umwälzungen des Systems nicht in der Lage sind. Du brauchst für so ein Vorhaben diejenigen die außerhalb des Systems stehen. Das sind die Fanatiker und die jungen Leute.
(18.02.2025, 09:01)Helios schrieb: Ist dem so? Das desillusioniert mich jetzt, auch wenn ich selbst nicht gern Koche, fand ich seine Sendungen immer unterhaltsam. *scnr* Touché
Beiträge: 15.359
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Werter Nightwatch:
Um mich da zu wiederholen: Hoffnung ist keine Methode !
Und um das nochmal zu betonen: Reduzierung der Bürokratie ist gut, Veränderung ist wesentlich, Abbau von Regelungen und Reduzierung der Ausgaben sind sinnvoll. Was wir hier aber beobachten ist zum einen bloße Symbolpolitik die als bloßes Spektatkel dient zur Ablenkung, zum anderen nichts anderes als systemische Korruption indem primär beispielsweise alles zerstört wird was die Firmen von Musk überwacht u.ä. und drittens ist es wirkungslos, weil es den Staat eben nicht effizienter macht.
Die Organisation und Verwaltung eines Staates wie den USA nun im weiteren einfach salopp mit Twitter zu vergleichen ist ein recht eigentümlicher Vergleich. Als ob eine Weltmacht ersten Ranges und Twitter auch nur ansatzweise vergleichbar wären.
Deine These, dass die Technologie es der Bürokratie überhaupt erst ermöglicht hat derart zu wachsen teile ich nicht. Dieses Wachstum ist zum einen einfach ein natürlicher Effekt (siehe Baumol, Niskansen und Parkinson), zum anderen hatte sie früher rein theoretisch sogar noch viel mehr Möglichkeiten zu wuchern, da sie damals noch wesentlich intransparenter und ineffizienter sein konnte als heute. Trotzdem wucherte sie nicht. Nicht die Technologie ermöglichte ihr erst ein Wuchern (das geht mit Papier, auszufüllenden Anträgen, Schreibmaschinen usw. sehr viel leichter), sondern das Wuchern ergab sich aus immer komplexeren Anforderungen welche sich auch aus der Technologie ergaben. Früher hätte die Bürokratie für das gleiche was sie heute leistet immens viel mehr Personal und Zeit und Aufwand benötigt.
Es gibt natürlich gewisse technologische Reboundphänomene: beispielsweise kann man heute per modernen Datenverarbeitungsprogrammen immens viel mehr Daten immens viel schneller verarbeiten, versenden, archivieren usw. Das beschleunigte aber die Bürokratie nicht, sondern führte nur dazu, dass man die technologische Möglichkeit schneller und effizienter zu sein dazu verwendete, sehr viel mehr Daten zu verarbeiten, mit dem Ergebnis (Jarvins Paradox), dass man aufgrund der Masse der Daten keinen Vorteil aus der Technologie ziehen konnte. Aber das erklärt kein Wachstum, sondern nur den Umstand, warum die Bürokratie nicht abnimmt.
Nun räumst du beschließend ein, dass die beschriebene Methode durchaus nur das Ziel hat, maximalen Schaden anzurichten. Maximaler Schaden ist aber zum Abbau von Bürokratie in Wahrheit nicht sinnvoll, weil er zu ungezielt ist und weil er nur zerstört, ohne das zerstörte mit sinnvollem zu ersetzen. Entsprechend erzeugt diese Methode keine Schöpfung von Neuem, sondern nur Abwärtsspiralen.
Deine These, dass das System nicht von Kräften neu geordnet werden kann, die Teil des Systems sind, ist davon völlig unabhängig zu betrachten. Nur weil Kräfte welche das System selbst hervor gebracht hat meistens (nicht immer) dafür nicht geeignet sind, heißt das nicht, dass Zitat: maximale destruktive Disruption von Außen die einzige Möglichkeit darstellt. Da gibt es auch noch andere Methoden, die im Gegensatz zu maximaler destruktiver Disruption gerade eben dies sind, eine Methode, und nicht eine Nicht-Methode wie das von dir beschriebene.
Als die US Armee nach dem Ende des Kalten Krieges drastisch verkleinert wurde, stellte sich ebenfalls die Frage, wie man dies exakt tun soll und wie man dies sinnvoll tun kann. Ebenso als sie zu Beginn des Zweiten Weltkrieges drastisch neu aufgebaut, reformiert und umgestaltet werden musste. George C. Marshall war im übrigen auch ein Mann des Systems und trotzdem gelang ihm die vollständige Umgestaltung der US Streitkräfte wie auch deren immenser Aufbau in einer sinnvollen, unbürokratischen und effizienten Weise.
Im übrigen könnte man noch darauf hinweisen, dass auch ältere, berufserfahrene und bewährte Leute durchaus trotzdem Fanatiker sein können, oder außerhalb des Systems stehend. Junge Leute sind aber in den meisten Fällen (nicht immer, aber meistens) schlicht und einfach zu jung und wenn man nun wie hier im Fall der USA diese gezielt einsetzt, um maximale disruptive Destruktion zu erzeugen, dann wird man dadurch weder effizienter noch effektiver noch kommt irgend etwas sinnvolles dabei heraus.
Und der blinde rein religiöse Glaube daran, dass dann aus der Schlacke und den verbrannten Aschefeldern irgendwie etwas neues besseres erwachsen wird, ist eben nichts als dies: ein bloßer Glaube. Bloße Hoffnung statt einer Methode.
Beiträge: 6.969
Themen: 13
Registriert seit: Apr 2007
Quintus Fabius schrieb:Und um das nochmal zu betonen: Reduzierung der Bürokratie ist gut, Veränderung ist wesentlich, Abbau von Regelungen und Reduzierung der Ausgaben sind sinnvoll. Was wir hier aber beobachten ist zum einen bloße Symbolpolitik die als bloßes Spektatkel dient zur Ablenkung, zum anderen nichts anderes als systemische Korruption indem primär beispielsweise alles zerstört wird was die Firmen von Musk überwacht u.ä. und drittens ist es wirkungslos, weil es den Staat eben nicht effizienter macht. Was hat Doge bislang alles „zerstört“, damit Musks Firmen weniger überwacht werden? Welche Aktivitäten konkret weißen auf „systematische Korruption“ hin? Da sind doch haltlose Unterstellungen und Übertreibungen, die als mediale Talkingpoints lanciert werden nur weil in irgendeinem Department das irgendwie mit Musks Klitschen zu tun haben mag ein paar Kurzzeitbeschäftigte gefeuert wurden oder den Abfindungsdeal angenommen haben.
Genauso, warum sollte der Staat nicht effizienter arbeiten wenn über Doge zehntausende Beschäftigte entlassen und Aufgaben trotzdem erledigt werden bzw. sofern verzichtbar schlicht wegfallen? Das mag hierzulande verpönt sein, aber Entlassungen sind ein zentrales Element der Effizienzsteigerung und gerade bei solche verkrusteten und reformunwilligen Strukturen unabdingbar um überhaupt irgendwie Bewegung zu schaffen.
Und genau darum geht es. Der Apparat hat würde niederschwellige Initiativen zur Effizienzsteigerung schlicht versanden lassen. Völlig egal wie sinnvoll und schonend sich auch wären und weil das ganze Vorhaben politisch konnotiert ist erst recht. Hier muss möglichst schnell und destruktiv gehandelt werden damit der strukturimmanente Widerstand zerschlagen wird bevor er sich überhaupt formieren kann. Es ist gut das Musk Team das erkannt hat und entsprechend vorgeht.
Mein Kritikpunkt ist (und da stimme ich dir hinsichtlich „bloße Symbolpolitik“ ein ganzen Stück weit zu), dass noch viel zu wenig gemacht und sich viel zu sehr auf politisch verwertbare Jagdbeute konzentriert wird. Man müsste die Bemühungen von Doge wahrscheinlich verzehnfachen um wirklich für nachhaltige Veränderung zu sorgen.
Zitat: Die Organisation und Verwaltung eines Staates wie den USA nun im weiteren einfach salopp mit Twitter zu vergleichen ist ein recht eigentümlicher Vergleich. Als ob eine Weltmacht ersten Ranges und Twitter auch nur ansatzweise vergleichbar wären.
Habe ich nicht. Du hast auf darauf verwiesen, dass Bürokratie „gleichermaßen intern bei großen Unternehmen“ notwendig ist. Ich habe dann darauf plakativ auf Twitter verwiesen, da dieses Beispiel eindrucksvoll zeigt wie sinnfrei aufgebläht manches Unternehmen und wie verzichtbar angeblich unverzichtbare Strukturen sein können. Auf Staatlicher Ebene beweist Milley in Argentinien gerade ähnliches. Auch ein moderner Staat muss nicht zwingend als Maximalstaat strukturiert sein. Minimalere Strukturen sind möglich, ohne das in einer ach so überkomplexen Gesellschaft Sicherheit und Ordnung zusammenbrechen.
Die Doge Aktivitäten sind ein Schritt in diese Richtung. Ein sehr kleiner Schritt und längst disruptiv genug für einen wirklichen Kurswechsel, aber immerhin geht es in die richtige Richtung. Viel relevanter noch wird der Rückbau des Regelungsdschungels sein. Hier war Trump I schon nicht ganz unerfolgreich, es ist zu hoffen das sich das fortsetzt. Das ist aber nicht der Schwerpunkt von Doge in der jetzigen Iteration.
Zitat:Deine These, dass die Technologie es der Bürokratie überhaupt erst ermöglicht hat derart zu wachsen teile ich nicht.
Ohne Technologie wäre das jetzige Niveau an Bürokratie überhaupt nicht aufrechtzuerhalten. Jedes Unternehmen, jede Privatperson und natürlich auch die bürokratischen Strukturen selbst würden ohne moderne Datenverarbeitung unter der Last der Bürokratie zusammenbrechen. Ergo kann die Bürokratie im aktuellen Ausmaß nur dank Technologie existieren.
Was wir dabei aber nicht verstehen bzw. verdrängen ist, dass wir zwar die dank Technologie krass gestiegenen Bürokratische Anforderungen dank Technologie bewältigen können, sie jedoch trotzdem ihre lähmende und zersetzende Wirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft entfalten. Insofern wäre ein Agieren mit Stift, Papier und Schreibmaschine vielleicht zeitaufwändiger aber der angerichtete Schaden wesentlich geringer.
Zitat:Nun räumst du beschließend ein, dass die beschriebene Methode durchaus nur das Ziel hat, maximalen Schaden anzurichten. Maximaler Schaden ist aber zum Abbau von Bürokratie in Wahrheit nicht sinnvoll, weil er zu ungezielt ist und weil er nur zerstört, ohne das zerstörte mit sinnvollem zu ersetzen. Entsprechend erzeugt diese Methode keine Schöpfung von Neuem, sondern nur Abwärtsspiralen.
Maximaler Schaden ist die einzige Möglichkeit Effekte in relevanten Größenordnungen erzielen zu können. Die Bürokratischen Strukturen müssen, wenn man sie denn beseitigen möchte, direkt angegriffen und zerstört anstatt fürsorglich pseudoreformiert zu werden. Sie durch genau nichts zu ersetzen ist dabei der Sinn der Übung.
Der Staat soll nichts Neues, Besseres, Effizienteres schaffen. Er soll überhaupt nichts schaffen, sondern sich als interventionistische Kraft aus dem Leben der Bürger und dem Handeln der Unternehmen zurückziehen.
Dabei gibt es zweifellos Grenzen die man nicht unterschreiten sollte. Es wird immer staatliche Aufgaben und Eingriffe geben die einfach notwendig sind um die gesellschaftliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber wir sind davon so weit entfernt, dass das Geraune von Abwärtsspiralen Käse ist.
Zitat: Und der blinde rein religiöse Glaube daran, dass dann aus der Schlacke und den verbrannten Aschefeldern irgendwie etwas neues besseres erwachsen wird, ist eben nichts als dies: ein bloßer Glaube. Bloße Hoffnung statt einer Methode.
Tatsächlich ist Asche ein fantastischer Dünger.
Beiträge: 2.504
Themen: 20
Registriert seit: Mar 2023
Zitat:Die Organisation und Verwaltung eines Staates wie den USA nun im weiteren einfach salopp mit Twitter zu vergleichen ist ein recht eigentümlicher Vergleich.
Ganz so abwegig ist das nicht , was die Anforderungen zumindest betrifft. Die Leistungskurve knickt doch bei uns ein in dem Moment wo die Beamten Urkunde überreicht wird. In den USA werden Polizisten , Feuerwehrleute , Soldaten , FBI Beamte usw. jährlich überprüft , und wer nicht abliefert der fliegt . Außerhalb großer Städte sind die Beamten in Swat Teams hauptsächlich streifenpolizisten und leisten das zusätzlich noch ( riesige stundenbelastungen). Noch dazu haben die jederzeit dienstfähig zu sein. Das erinnert schon mehr an leistungsbezogene freie Wirtschaft wie die staatliche Hängematte bei uns.
Zitat:Dabei gibt es zweifellos Grenzen die man nicht unterschreiten sollte. Es wird immer staatliche Aufgaben und Eingriffe geben die einfach notwendig sind um die gesellschaftliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber wir sind davon so weit entfernt, dass das Geraune von Abwärtsspiralen Käse ist.
Die öffentliche Sicherheit ist es in den USA aber nicht . Eine Stadt oder Bezirk der kein Geld hat hat halt auch nicht genügend Polizisten und Feuerwehrleute z.B. .
Beiträge: 15.359
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
alphall31:
Und diese Strukturen welche du hier beschreibst, die also dich mehr an die freie Wirtschaft erinnern, sind es also, die man zerschlagen muss um effizienter zu sein und Bürokratie abzubauen ?! Meiner Ansicht nach ist deine Wahrnehmung hier ein Widerspruch zu dem worauf DOGE angeblich (!) hinaus will.
Werter Nightwatch:
Zitat:Auch ein moderner Staat muss nicht zwingend als Maximalstaat strukturiert sein. Minimalere Strukturen sind möglich, ohne das in einer ach so überkomplexen Gesellschaft Sicherheit und Ordnung zusammenbrechen.
Darin sind wir uns ja beide absolut einig. Es geht mir also in keinster Weise um das Ziel, sondern nur um die Frage wie man dieses erreicht und ob hier tatsächlich eine solche minimalere Struktur das Ergebnis sein wird, oder nur noch dysfunktionales Stückwerk, dass dann für das was es nicht mehr leisten kann schlussendlich immer noch viel zu umfangreich ist. Am Ende stehen alle schlechter dar, und die Bürokratie läuft noch dysfunktionaler, weil sie nur noch als bloßes Stückwerk vollkommen ins Leere läuft.
Und ich halte das aktuelle Vorgehen von DOGE etc. für nicht geeignet das von uns beiden als erstrebenswert erkannte Ziel überhaupt erreichen zu können. Das Ende wird es sein, dass der Staat sehr viel weniger reduziert wird als es möglich wäre, sehr viel weniger reduziert wird als dies nötig wäre, die überlebenen Strukturen aber weitgehend dysfunktional sind, und damit eigentlich auch keine Berechtigung mehr haben und schlussendlich lauter nicht weiter funktionierende Teile noch sinnloser Steuergelder vergeuden als dies bereits jetzt der Fall ist.
Um das absolut richtige Ziel zu erreichen, müsste man anders vorgehen. Und ja, auch massiver eingreifen. Vor allem aber auch gezielter eingreifen und sinnvoller.
Beiträge: 2.504
Themen: 20
Registriert seit: Mar 2023
Wo hab ich den geschrieben das man diese zerschlagen muss ?
Der Pflegefall ist eher unser beamtentum
Beiträge: 15.359
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Da hast du recht, da habe ich dich falsch verstanden. Du bist also der Ansicht, dass diese Strukturen nicht so bürokratisch und verkrustet sind wie dies hier von anderen behauptet wurde ? Dann wäre das ja gerade eben ein Argument gegen das Vorgehen von DOGE.
Allgemein:
https://www.fr.de/wirtschaft/elon-musks-...78832.html
https://www.fr.de/politik/hin-und-her-um...81077.html
|