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@Schneemann
Dieser Meinung war ich auch - bis ich das Buch von Shlomo Sand (einem israelischen Historiker) "Die Erfindung des Landes Israel - Mythos und Wahrheit" *) gelesen habe. Er beschreibt und belegt recht eindringlich, wie unter Federführung zionistischer Siedler schon lange vor dem UN-Teilungsplan und der Gründung des Staates Israel die heimischen Araber verdrängt und vertrieben wurden.
Seither beobachte ich die Situation dort mit anderen Augen und stelle fest, dass die Siedlerbewegung immer noch die Ausdehnung des jüdisch-israelischen Siedlungsgebietes unter Vertreibung der ortsansässigen und heimischen Palästinenser vorantreibt, aktiv unterstützt von den israelischen Sicherheitskräften.
*) Propyläen-Verlag, ISBN 978-3-549-07434-3 2.Auflage, 2012
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(23.12.2024, 23:05)Kongo Erich schrieb: @Schneemann
Dieser Meinung war ich auch - bis ich das Buch von Shlomo Sand (einem israelischen Historiker) "Die Erfindung des Landes Israel - Mythos und Wahrheit" *) gelesen habe. Er beschreibt und belegt recht eindringlich, wie unter Federführung zionistischer Siedler schon lange vor dem UN-Teilungsplan und der Gründung des Staates Israel die heimischen Araber verdrängt und vertrieben wurden.
Seither beobachte ich die Situation dort mit anderen Augen und stelle fest, dass die Siedlerbewegung immer noch die Ausdehnung des jüdisch-israelischen Siedlungsgebietes unter Vertreibung der ortsansässigen und heimischen Palästinenser vorantreibt, aktiv unterstützt von den israelischen Sicherheitskräften.
*) Propyläen-Verlag, ISBN 978-3-549-07434-3 2.Auflage, 2012
Es kommt eben darauf an zu welchem Jahr man sozusagen mit der eigenen Zeitrechnung/Betrachtung beginnt.
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Schwabo Elite schrieb:Die Juden betrachten ihre Nachbarn als Mindermenschen, sie ernähren sich vom Land und den Bodenschätzen ihrer Feinde. Und sind der größte Bezieher von Entwicklungshilfe. Und sie vermehren sich wie die Karnickel. Genau das ist die Grundidee der jüdischen Siedlerbewegung. Da machen die selbst auch keinen Hehl raus, insofern brauchen wir hier auch nicht so zu tun, als wäre dem nicht so.
(22.12.2024, 08:51)Quintus Fabius schrieb: Genau genommen hat der Iran in den ganzen Ereignissen der letzten Monate bewiesen, dass er ein rationaler Spieler ist, dass er auch Rückschläge sinnvoll und logisch verarbeiten kann, dass er sich zurückhalten kann, und wieder einmal mehr, dass er ein vernünftiger, ja man könnte sagen westlicher Feind ist. Und eben keine von einer apokalyptischen Weltuntergangssekte gelenkte Entinität welche unkontrollierbar wäre.
Wieso sollte es auch nicht so sein.
Zitat:Jede Aktion und Reaktion des Iran in der letzten Zeit beweist, dass man mit diesem Land in einer durch Logik und Ratio gelenkten Feindschaft leben könnte, und diese zu einer Koexistenz führen könnte, wenn man es denn selbst wollte. Natürlich ist der Iran ein Land wie die USA oder andere westliche Länder auch, welches versucht Macht und Einfluss in seinem Umfeld zu generieren, aber darin liegt weder eine besondere Gefahr noch ein besonderes Problem. Sehr leicht könnte man in einer gepflegten Feindschaft mit sehr wenigen gegensetiigen Übergriffen einfach nebeneinander weiter machen.
Aber das ist seitens bestimmter Gruppen / Staaten nicht gewünscht, und so vertut man diese Chance auf eine Koexistenz und sucht durchaus seitens des Westens künstlich einen schärferen Konflikt als dieser notwendig wäre.
Der Iran und alle anderen Staaten die ähnliche Wege verfolgen stehen diametral zu den von den USA kontrollierten Macht- und Kontrollstrukturen. Das hat "historisch gewachsenen Hintergrund". Es ist außerdem zweifelsohne der Westen, der seine Nase dort fernab seiner eigenen Heimat in den Vorgarten des Iran hineinsteckt, dem Iran aber vorwirft er würde seine Machtbereiche ausweiten. Die Außenpolitik des Iran ist aus meiner Sicht bereits im Ansatz deutlich rationaler und weniger ideologisch dominiert als die westliche Außenpolitik. Wir sollten nicht vergessen, dass ein gewichtiger Grund, warum man das Land destabilisieren will ja öffentlich darin besteht, weil Frauen dort genötigt werden Kopftücher in der Öffentlichkeit zu tragen. Da der rein rationale Energiehunger nicht abnehmen wird, der Iran aber ganz objektiv Energie hat und zudem selbst über alle Maßen verschwenderisch damit umgeht, werden die sozialethischen Ideologen, die wirtschaftlichen Ideologen und die Gewaltideologen schon dafür Sorgen, dass alles andere als eine Zerstörung oder Kontrolle des Iran zunehmend als inakzeptabler Zustand wahrgenommen wird, obwohl er sich zurückzieht. Um die Zerstörung oder Kontrolle zu erreichen, würde man auch glatt mit der Al-Kaida und dem IS ins Bett steigen, im Rahmen der eigenen ideologischen Flexibilität. Und damit alle ihr das Leben ihrer Nachbarn führen können, wäre es auch gutmenchlich begründet sinnvoll, das Land in 5-8 kleinere Happen zu verteilen. Nein. Das wird so nichts mit einer friedlichen Koexistenz.
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@KheibarShekan
Zitat:Der Iran und alle anderen Staaten die ähnliche Wege verfolgen stehen diametral zu den von den USA kontrollierten Macht- und Kontrollstrukturen. Das hat "historisch gewachsenen Hintergrund".
Nein, es ist kein "historisch gewachsener Hintergrund", sondern eher eine "historische Anomalie". Und sie ist bewusst gewollt von denjenigen, die 1979 den Umsturz herbeigeführt haben. Ohne diesen Umsturz wäre der Iran heute vermutlich noch eine Monarchie (auch wenn der schwer erkrankte Shah in den 1980ern verstorben wäre), aber würde nicht nur eines der stärksten - militärisch gesehen -, sondern auch reichsten Länder am Golf sein, denn die ganzen Dollars, die nach 1979 an die Saudis und die Golfemirate gingen (die man, vor allem die letztgenannten, ja dann nach dem Zerfall der Beziehungen zum Iran hofierte), wären zu einem erheblichen Teil an Iran gegangen. Hinzu käme, dass die Saudis heute eher eine zweitklassige Rolle spielen würden und der ganze Nahost-Konflikt einen anderen Verlauf genommen hätte. Aber man wollte es eben nicht.
Zitat:Es ist außerdem zweifelsohne der Westen, der seine Nase dort fernab seiner eigenen Heimat in den Vorgarten des Iran hineinsteckt, dem Iran aber vorwirft er würde seine Machtbereiche ausweiten.
Ich erinnere an deine Aussagen von der "Achse des Widerstandes", die der Iran ja fleißig bemüht aufgebaut hatte. Dieser Aufbau von Proxys vom südlichen Arabien über den Irak bis nach dem Libanon, unabhängig davon, wie leistungsstark sie nun letztlich waren und sind, ist sehr wohl eine gezielte Ausweitung des Machtbereiches und in gewisser Weise auch eine Destabilisierung der Nachbarn, zumindest sorgt diese Art des Ausbaus des Einflusses bei den Anrainern für sorgenvolle Blicke.
Etwas anderes zu behaupten, d. h. wonach es keine Versuche einer Machterweiterung geben würde, ist ein Verschleierungsversuch und der Versuch, sich selbst in eine Art Opferrolle zurückzuziehen. Und selbst das Argument, wonach man diese Proxys ja benötigen würde, da man sich bedroht sieht, ergibt nur bedingt Sinn, denn die Bedrohungsszenarien haben die fundamentalistischen Machthaber in Teheran durch ihre aggressive und hasserfüllte Politik/Rhetorik gegen Dritte jenseits ihrer Grenzen selbst maßgeblich mit herangezüchtet. Und da helfen auch keine Ausreden und ausweichenden Beschuldigungen dahingehend, dass die Gegenspieler mit sunnitischen Extremistengruppen angeblich gemeinsame Sache machen würden.
Schneemann
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Schneemann:
Wie extrem negativ die Herrschaft dieses Shah zu beurteilen ist, und zwar nach jedem Maßstab und aus jedweder Perspektive, ist dir aber schon klar ?!
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OT on - am Beispiel Iran, aber damit auch den Hintergrund Israel vs. Syrien beleuchtend
Der Iran - das alte "Persien" - ist nun einmal eine Regionalmacht im Mittleren Osten, deren Macht oder Stärke sich unmittelbar bis zum Mittelmeer auswirkt. Das war schon in der Antike so - ich erinnere an die "babylonische Gefangenschaft" (Sie beginnt 597 v. Chr. mit der ersten Eroberung Jerusalems und des Königreiches Juda durch den babylonischen König Nebukadnezar II. und dauert bis zur Eroberung Babylons 539 v. Chr. durch den Perserkönig Kyros II.), an das Perserreich um 500 v. Chr. und den sogenannten Alexanderzug und die Eroberung des Achämenidenreichs durch den Mazedonier Alexander d. Großen, oder das Gerangel der Römer mit dem Seleukidenreich.
Da können "tagesaktuelle Schwankungen" nicht darüber hinweg täuschen. Und auch bei vorübergehender Schwäche dieser Regionalmacht gilt - das sind vorübergehende Phasen.
Deshalb tut man gut daran, den Iran genauso wie die arabischen Staaten in ihrem Potential ernst zu nehmen und zu respektieren. Alles andere, auch der Versuch, eine solche Regionalmacht "klein zu halten", sind auf Dauer gesehen zum Scheitern verurteilt und daher Ressourcenverschwendung.
Und mit Respektieren meine ich:
die Bevölkerung und Gesellschaft blickt auf eine mehrtausendjährige Genese zurück. Die Gesellschaft hat sich entwickelt, ist von ihrer Geschichte geprägt - und es zeugt von Hochmut, einer solchen Gesellschaft mit Gewalt einen fremden Lebensstil überstülpen zu wollen. Daran ist letztendlich auch der Schah gescheitert.
Eine Entwicklung muss vielmehr aus der örtlichen Tradition heraus von sich aus geschehen. Nur so ist sie anhaltend und nachhaltig.
Ja, im Islam herrscht z.B. ein anderes "Frauenbild" als im sogenannten christlichen Abendland. Aber vergessen wir bitte nicht, dass die "Emanzipation" auch in Deutschland streng genommen erst eine Nachkriegsentwicklung ist. Schaut Euch nur das "Idealbild der sorgenden Hausfrau" in den frühen Werbesendungen der Bundesrepublik an. Diese tradierte Geschlechterrolle ist doch soziologisch gesehen erst in's Wanken geraten, als die Frauen in unmittelbarer Auswirkung der beiden Weltkriege auch "zuhause ihren Mann stehen" mussten.
Das "westliche Frauenbild" findet auch im Orient seinen Anklang - es führt aber im Kontrast mit tradierten Geschlechterrollen zu einem innergesellschaftlichen Konflikt, der zunehmend auch mit Gewalt ausgetragen wird.
OT out
Und damit komme ich zum aktuellen Thread-Thema:
Syrien war und ist - wie die ganze arabische Welt - noch bis Mitte des letzten Jahrhhunderts tief in der orientalischen Tradition verankert. Die paar Jahrzehnte Kolonialherrschaft zwischen dem osmanischem Empire und der staatlichen Selbständigkeit ändern daran nichts.
Und dann kamen - auch in Folge der shoa, aber schon Jahrzehnte vorher durch zionistische Ideologien eingeleitet - Menschen nicht nur jüdischen Glaubens, sondern aus einer völlig anderen Gesellschaftsstruktur und haben sich im späteren Land Israel niedergelassen.
Da sind zwei völlig unterschiedliche gesellschaftliche Ansätze aufeinander geprallt. Das kann eigentlich nur schief gehen.
Assad (wie übrigens auch sein Counterpart im Irak) haben mit der Baath-Partei einen scheinbar sehr säkularen Ansatz angestrebt, und (wie seinerzeit der Schah) der orientalisch tradierten Gesellschaft übergestülpt oder aufgezwungen. Das erweckt Widerstand, der mit immer härteren Terrormaßnahmen niedergebügelt wurde. Und da ist es völlig egal, ob das jetzt "unser Gewaltherrscher" oder "der Verbrecher der anderen Seite" tätig war - die Methoden ähnelten sich oft.
Im Iran, im Irak - und jetzt auch in Syrien - hat sich die tradierte islamische Gesellschaft letztendlich gegen diesen säkulären Ansatz durchgesetzt, mit Gewalt - das säkulare Regime ist wie ein Kartenhaus zusammen gebrochen.
Jetzt schwingt das Pendel gerade massiv in die Gegenrichtung. Jetzt sind es national-religiöse Kräfte, die das Ruder übernommen haben. Und das lässt für die Koexistenz mit dem immer noch westlich geprägten Israel nicht unbedingt optimistische Hoffnung erwarten.
Israel wird aus seiner nationalen Sicht nichts besseres tun können, als die Oppositionskräfte in Syrien zu fördern - also die kurdischen Kräfte so massiv wie möglich zu unterstützen, und damit den Einfluss der israelkritischen Türkei und ihrer syrischen Verbündeten soweit möglich zu neutralisieren.
Die Vernichtung der Arsenale der ehemaligen syrischen Streitkräfte geht genau in diese Richtung.
Das heißt aber nicht, dass Israel den gesellschaftlichen Einflüssen seiner Nachbarn nicht ausgeliefert wäre.
Im Gegenteil, die Art und Weise, wie Bibi sich trotz massiver Korruptionsvorwürfe an der Macht hält - zeigt, dass auch in Israel eine "orientalische Winkelzugpolitik" zusehends an Stärke gewinnt.
Irgendwann werden sich die gesellschaftlichen Ansätze zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn angleichen. Ob das zum Vorteil der israelischen Bevölkerung sein wird, kann man erst in Zukunft sehen.
Aber was heißt schon "Vorteil" bei einer gesellschaftlichen Entwicklung?
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@Kongo Erich
Zitat:Der Iran - das alte "Persien" - ist nun einmal eine Regionalmacht im Mittleren Osten, deren Macht oder Stärke sich unmittelbar bis zum Mittelmeer auswirkt. Das war schon in der Antike so...
Das ist kein Argument, wir leben in der Moderne und der Jetztzeit. Und erstens hat der heutige Iran, rein bzgl. der Verhältnismäßigkeit und den Möglichkeiten betrachtet, nicht die regionale Gewichtung wie das vorchristliche Persien und zweitens kann ich mich auch nicht hinstellen und sagen, dass alle Staaten von Krakau über Kiew und Bagdad bis nach Delhi sich gefälligst daran gewöhnen müssen, dass die Mongolei eben früher eine "regionale" Großmacht war.
@Quintus
Zitat:Wie extrem negativ die Herrschaft dieses Shah zu beurteilen ist, und zwar nach jedem Maßstab und aus jedweder Perspektive, ist dir aber schon klar ?!
Sie ist aus unserer demokratischen Warte negativ zu bewerten, da es letztlich eine absolute Monarchie war. Gleichwohl aber war die Herrschaft des Shah keineswegs nach jedem Maßstab und aus jedweder Perspektive negativ. Das haben uns jene Leute versucht so zu erklären, die a) entweder - so würden wir wohl heute sagen - einer "woken" Denke anhängen oder aber b) eben Anhänger der Mullahkratie sind.
Schneemann
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(25.12.2024, 08:43)Schneemann schrieb: @Kongo Erich
Das ist kein Argument, wir leben in der Moderne und der Jetztzeit. Und erstens hat der heutige Iran, rein bzgl. der Verhältnismäßigkeit und den Möglichkeiten betrachtet, nicht die regionale Gewichtung wie das vorchristliche Persien und zweitens kann ich mich auch nicht hinstellen und sagen, dass alle Staaten von Krakau über Kiew und Bagdad bis nach Delhi sich gefälligst daran gewöhnen müssen, dass die Mongolei eben früher eine "regionale" Großmacht war.
Ahh so, verstehe! Man kann sich hinstellen und sagen man habe in vorchristlicher Zeit -laut Altem Testament- für ein paar Dekaden einen Staat besessen und sich daraus 3500 Jahre später Gebietsansprüche ableiten und Leute vertreiben, welche seitdem dort leben. Aber dass der "heutige Iran" sich auf seine Geschichte beruft, ist dagegen natürlich völlig abwegig. Bin voll im Bilde.
Zitat:Sie ist aus unserer demokratischen Warte negativ zu bewerten, da es letztlich eine absolute Monarchie war. Gleichwohl aber war die Herrschaft des Shah keineswegs nach jedem Maßstab und aus jedweder Perspektive negativ. Das haben uns jene Leute versucht so zu erklären, die a) entweder - so würden wir wohl heute sagen - einer "woken" Denke anhängen oder aber b) eben Anhänger der Mullahkratie sind.
Dass Du den Shah, zumal die nicht im geringsten als "adelig" zu bezeichnenden Hochstapler der Familie Pahlavi, also selbst wenn man ideologisch "royal" wäre, als die zu präferierende Führung dieses Staates betrachtest, ist mit Deiner Brille betrachtet sicherlich hoch sinnvoll. Und das ist Teil des Grundproblems. Soll mir doch eigentlich nur Recht sein, die eigenen Leute standen damals über den Gesetzen, welche lediglich für den Pöbel galten oder auch gar nicht. Wer ist schon bitte ein einfacher Ordnungshüter oder ein Lehrer? Weiß dieser denn nicht, mit wem er spricht? Ja, unbedingt sollte man als aufgeklärter Demokrat diesen wohligen Zustand, mit vielleicht sogar freundschaftlicher Hilfe aus dem demokratischen Vorzeigestaat Israel, wiederherstellen, um damit dem Land zu alter Größe zu verhelfen. Ach nein, das wäre ja auch vermessen (s.o.). Hehe, schon klar.
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(25.12.2024, 08:43)Schneemann schrieb: @Kongo Erich
Das ist kein Argument, wir leben in der Moderne und der Jetztzeit. Und erstens hat der heutige Iran, rein bzgl. der Verhältnismäßigkeit und den Möglichkeiten betrachtet, nicht die regionale Gewichtung wie das vorchristliche Persien
...
Schneemann ich spreche vom Potential des Landes, im Bezug etwa seiner Bevölkerungszahl und seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten. Das Verhältnis zu den Nachbarn ist heute nicht recht viel anderes als in der Antike.
Daher war, ist - und bleibt - der Iran eine regionale Macht. Daran wird auch eine unfähige Führung nichts ändern. Das Potential bleibt auch bei unfähigen Politikern erhalten, es wird nur nicht genutzt.
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@KheibarShekan
Zitat:Ahh so, verstehe! Man kann sich hinstellen und sagen man habe in vorchristlicher Zeit -laut Altem Testament- für ein paar Dekaden einen Staat besessen und sich daraus 3500 Jahre später Gebietsansprüche ableiten und Leute vertreiben, welche seitdem dort leben. Aber dass der "heutige Iran" sich auf seine Geschichte beruft, ist dagegen natürlich völlig abwegig. Bin voll im Bilde.
Du hast nicht verstanden, was ich sagen wollte. Das klassische alte Persien reichte von Thrakien bis nach Indien und Ägypten. DAS kann man heute nicht als Übertragung aus der antiken Perspektive heranziehen für eine wie auch immer geartete Politik von heute - und so sagte es Kongo Erich (bzw. so habe ich es verstanden) -, das Gebiet des heutigen Iran selbst ist davon aber unberührt, ebenso seine Einflussbereiche etwa zu den Schiiten im Ausland (Irak, Golfanrainer etc.).
Ich hatte aber beinahe schon befürchtet, dass das natürlich leider wieder eine Überleitung auf den Nahostkonflikt finden würde. Und deswegen: Hier sei erinnert, dass das Israel von heute quasi mit seinen 20.000 Quadratkilometern grob genauso klein ist wie seinerzeit das geeinte Reich König Salomos vor rund 3.000 Jahren. Insofern: Genauso, wie ich dem Iran sein Kerngebiet und seine Einflussbereiche zugestehe (nur eben nicht den halben Nahen Osten, wie unser Söldner-Urgestein Kongo Erich es tat... ), so gestehe ich es Israel zu, sein Kerngebiet zu erhalten und zu sichern.
Und das dürfte dann wohl tatsächlich der Unterschied zwischen uns beiden sein...
Zitat:Dass Du den Shah, zumal die nicht im geringsten als "adelig" zu bezeichnenden Hochstapler der Familie Pahlavi, also selbst wenn man ideologisch "royal" wäre, als die zu präferierende Führung dieses Staates betrachtest, ist mit Deiner Brille betrachtet sicherlich hoch sinnvoll. Und das ist Teil des Grundproblems. Soll mir doch eigentlich nur Recht sein, die eigenen Leute standen damals über den Gesetzen, welche lediglich für den Pöbel galten oder auch gar nicht.
Nun, ich will nicht sagen, dass es per se eine präferierte Führung wäre. (Meine präferierte Lösung wäre eine ganz andere, aber diese ist im nahöstlichen Raum faktisch nicht wirklich erreichbar.) Aber ja, ehrlich gesagt: Wenn ich zwischen dem jetzigen Mullah-Staat und dem Pahlavi-Staat wählen müsste, würde ich letzteren wählen. Das muss ich wohl zugeben, es wäre in meinen Augen das kleinere Übel, national wie international.
Gleichwohl hatte der Schah (ob er es dann hätte erreichen können, sei dahingestellt und muss kritisch gesehen werden) nach der Weißen Revolution eine konstitutionelle Monarchie im Westminster-Stil ins Auge gefasst gehabt - das wird aber quasi auch totgeschwiegen oder die meisten wissen es wohl auch nicht; und er hat mit seinen Militärs wenigstens heftig gestritten bzw. hat ihnen widersprochen, als diese bei den Massenprotesten Ende der 1970er Jahre in die Menge schießen lassen wollten - ich bin mir nicht sicher, ob das die jetzigen Machthaber auch machen würden. Ich habe nun keine große Lust, die Opferzahlen der zahlreichen Proteste in Iran in den letzten Jahren auszurechnen - aber es dürften deutlich weniger Tote sein als durch die Sicherheitskräfte des Schah während der Umsturzphase. Interessiert aber eben niemanden, der Schah war ja der Bösewicht...
@Kongo Erich
Zitat:ich spreche vom Potential des Landes, im Bezug etwa seiner Bevölkerungszahl und seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten. Das Verhältnis zu den Nachbarn ist heute nicht recht viel anderes als in der Antike. [...] Daher war, ist - und bleibt - der Iran eine regionale Macht.
So gesehen kann ich dir dann zustimmen. Gut, dann war der Interpretationsfehler bei mir vorliegend.
Schneemann
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Zitat:Wenn ich zwischen dem jetzigen Mullah-Staat und dem Pahlavi-Staat wählen müsste, würde ich letzteren wählen.
Für dich, hierzulande, und für den Westen mag das sinnvoll sein, aber aus iranischer Perspektive hätte ich mich für Chomeini entscheiden.
Und ja, der Shah war ein Bösewicht. Seine Herrschaft unterschied sich in den praktischen Auswirkungen (Folter, Unterdrückung, Mord, usw usf) gar nicht so viel von dem aktuellen Mullah-Regime wie man meinen möchte.
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(25.12.2024, 20:32)Quintus Fabius schrieb: Für dich, hierzulande, und für den Westen mag das sinnvoll sein, aber aus iranischer Perspektive hätte ich mich für Chomeini entscheiden.
Haben die Iraner 1979 ja auch.
Und als sie wussten, wer und wie er wirklich war, war es zu spät.
Ist uns Deutschen auch schon passiert.
Ein fundamentaler Unterschied zwischen den Mullahs und dem letzten Schah ist der, dass der Schah die Opposition im Land nicht mit der gleichen Brutalität niederhalten liess wie dies heute die Mullahs tun.
Ansonsten hätte die iranische Revolution 1979 nie stattfinden können.
Aber meines Erachtens ist die Theokratie im Iran schon Geschichte.
Es würde mich nicht wundern, wenn der Umsturz bereits 2025 stattfindet.
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@Quintus
Zitat:Für dich, hierzulande, und für den Westen mag das sinnvoll sein, aber aus iranischer Perspektive hätte ich mich für Chomeini entscheiden.
Niemand ist perfekt.
Spaß beiseite: Du hast mich nicht richtig gelesen - es wäre nicht nur für uns im Westen so besser gelaufen, sondern auch für den Iran und die Menschen dort. Und der Nahost-Konflikt wäre sowieso so nie eskaliert. Aber gut, auch Robespierre hat man ja anfangs die "hochsozialen" Weltverbesserungsabsichten zugestanden. Nach vermutlich mehreren Millionen Opfern fand man dann doch wieder zur Monarchie zurück.
Zitat:Und ja, der Shah war ein Bösewicht.
Nein.
Zitat:Seine Herrschaft unterschied sich in den praktischen Auswirkungen (Folter, Unterdrückung, Mord, usw usf) gar nicht so viel von dem aktuellen Mullah-Regime wie man meinen möchte.
Richtig, auch der SAVAK war keine angenehme Organisation. Und dem gefolterten Oppositionellen ist es relativ egal, ob ihm der SAVAK- oder der VEVAK-Mitarbeiter das heiße Bügeleisen auf den Hintern presst, aber während es die Mullahs insgeheim guthießen, wenn der SAVAK die linke Opposition auseinandernimmt, sahen sie es als verwerflich an, wenn sich der SAVAK an ihresgleichen vergriff. Dass sie nun ihrerseits alles niederdrücken, interessiert sie natürlich nicht. Und dass es auch deswegen eine MEK gibt - die man heute als böses Konstrukt des Westens definiert - wird natürlich verschwörerisch mit den USA und den "Zionisten" negiert.
Und wer erinnert sich schon, dass die ach so patriotischen Mullahs 1953 das Geld der CIA annahmen, als selbige den linkssozialistischen Mossadegh auf Bitte der überforderten Briten absägte? Wer weiß heute noch, dass in Qom und Schiras die Mullahs zum Sturze Mossadeghs "als gottlosem Atheisten" aufriefen?
Wieso? Weil dem strenggläubigen Mullah die sowjetische, pseudosozialistische Gottlosigkeit - der anglo-sowjetische Angriff auf Persien 1941 spielte auch noch eine gewisse Rolle - noch schlimmer erschien als alles andere. Aber sage heute mal einem Mullah, dass er (im stillschweigenden Taqīya-Verständnis) froh über die Absetzung Mossadeghs durch die CIA war, ja, dass die Mullahs es mitgetragen haben? Da wird das heuchlerische Geschrei groß sein, wird doch Mossadegh heute gerade von den Mullahs (!) auch als Bsp. für die "finsteren, imperialen und bösen Machenschaften von Uncle Sam" bemüht.
Kurzum: Dieses Mullah-Regime ist eine Ausgeburt der boshaften, verlogenen Heuchelei. Leider hat es eben gewisse Machtoptionen.
Schneemann
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(25.12.2024, 23:41)Schneemann schrieb: Spaß beiseite: Du hast mich nicht richtig gelesen - es wäre nicht nur für uns im Westen so besser gelaufen, sondern auch für den Iran und die Menschen dort. Und der Nahost-Konflikt wäre sowieso so nie eskaliert.
Das stimmt natürlich. Wenn der Shah an der Macht geblieben wäre, wären die Iraner heute frei und wohlhabend. Und die Juden würden sich mit den Arabern vertragen. Der Grund warum die Juden, die Araber abschlachten sind die Mullahs. Dem ist quasi nichts mehr hinzuzufügen. Auch ISIS und die Al-Kaida. Und die Taliban. All diese Schlimmlinge, die den mittleren Osten destabilisieren, würden dann schlicht nicht (mehr) existieren, denn die Perser wären ja dann wohlhabend und auch militärisch mächtig genug, um diese zu vernichten oder zum Guten zu bekehren. Schlimm, dass alles anders kam und die armen, armen iranischen Mädchen jetzt (also inzwischen seit 1979) mit solchen Schlimmlingen, Mullahs auch noch, in der eigenen Regierung konfrontiert sind. Ich verstehe Dein Anliegen, aber habe Bedenken bei Deiner Fürsorge.
Zitat:Richtig, auch der SAVAK war keine angenehme Organisation. Und dem gefolterten Oppositionellen ist es relativ egal, ob ihm der SAVAK- oder der VEVAK-Mitarbeiter das heiße Bügeleisen auf den Hintern presst, aber während es die Mullahs insgeheim guthießen, wenn der SAVAK die linke Opposition auseinandernimmt, sahen sie es als verwerflich an, wenn sich der SAVAK an ihresgleichen vergriff. Dass sie nun ihrerseits alles niederdrücken, interessiert sie natürlich nicht. Und dass es auch deswegen eine MEK gibt - die man heute als böses Konstrukt des Westens definiert - wird natürlich verschwörerisch mit den USA und den "Zionisten" negiert.
Danke für die Relativierung im Umgang mit Oppositionellen. Sie hätte glatt von mir stammten können.
Und ja, die guten Freiheitskämpfer der MEK mit ihrem Hang zum Personenkult-Sozialismus und den besonders eng sitzenden Kopftüchern für ihre Frauen. Ein iranisches Nordkorea mit politischer Rückendeckung aus USA und Frankreich. Wenn man den gesamten Mittleren Osten in eine Waschmaschine schmeißt und bei 90 Grad einmal ordentlich durchschleudert, kommt wahrschenlich exakt das dabei raus. Spannendes Projekt! Sowohl die Royals als auch diese Sekte würden einfach alles tun. Wirklich alles.
Zitat:Und wer erinnert sich schon, dass die ach so patriotischen Mullahs 1953 das Geld der CIA annahmen, als selbige den linkssozialistischen Mossadegh auf Bitte der überforderten Briten absägte?
Diese geschäftstüchtigen "Mullahs" würden auch heute noch gern viel Geld von USA und den Europäern bekommen. Sie würden dafür auch Energie liefern. Aber es gibt da Ideologen, weniger im Iran, die das gar nicht wollen. Denn dann würde man die "Mullahs" auch noch belohnen und das will man nicht. Das will auch die MEK nicht, die Israelis nicht und die das Land so liebenden Royals auch nicht. Denen geht bei ihrem Lebenstil auch langsam die Kohle aus, nachdem sie lediglich 500 Mio, - 1 Mrd. $ an Reichtümern ins Ausland geschafft haben. Mit dem heutigen Restvermögen bist Du als "Prince of Persia" in Monaco eine arme Wurst.
Zitat:Wieso? Weil dem strenggläubigen Mullah die sowjetische, pseudosozialistische Gottlosigkeit - der anglo-sowjetische Angriff auf Persien 1941 spielte auch noch eine gewisse Rolle - noch schlimmer erschien als alles andere. Aber sage heute mal einem Mullah, dass er (im stillschweigenden Taqīya-Verständnis) froh über die Absetzung Mossadeghs durch die CIA war, ja, dass die Mullahs es mitgetragen haben?
Ein bewusstes oder unbewusstes Problem in diesem Dialog besteht aus meiner Sicht darin, dass Du das iranische Staatswesen immer wieder auf die Mullahs reduzierst. Das machen die Iraner natürlich sehr oft selbst und verwenden diesen Begriff als verächtliches Synonym, sobald die Regierung kritisiert wird. Läuft irgendwas gut, dann waren es die mächtigen IRGC, oder der geniale General oder Außenminister. Diese Simplifizierung auf, "die Mullahs" hier und "die Mullahs" dort, mag in einer flapsigen Diskussion als Randbemerkung dazugehören, aber bei dieser ständigen Wiederholung, insbesondere auch im Kontext Deiner experimentalgeschichtlichen und auf die aktuelle Politik bezogenen Thesen, muss ich hier von getrübten Grundannahmen ausgehen. Das ver- und unterschätzt die Komplexität, Aufgaben- und Machtverteilung im iranischen Staatswesen.
Zitat: Da wird das heuchlerische Geschrei groß sein, wird doch Mossadegh heute gerade von den Mullahs (!) auch als Bsp. für die "finsteren, imperialen und bösen Machenschaften von Uncle Sam" bemüht.
"Mullahs" waren Teil von Mossadeghs Nationaler Front. Aber egal. Scheinbar sind sich die Mullahs über die Strategien im Diesseits selbst nicht immer einig? Das wäre ja mal eine ganz neue Idee.
Zitat:
Kurzum: Dieses Mullah-Regime ist eine Ausgeburt der boshaften, verlogenen Heuchelei. Leider hat es eben gewisse Machtoptionen.
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(26.12.2024, 12:52)KheibarShekan schrieb: Wenn der Shah an der Macht geblieben wäre, wären die Iraner heute frei und wohlhabend. Und die Juden würden sich mit den Arabern vertragen.
Nichts anderes schreiben die meisten Foristen hier.
Wenn die Jubelperser hier im Forum ebenfalls zu dieser Einsicht gelangt sind, was sich hier andeutet, dann kann man das nur begrüssen.
Manchmal führt eine Diskussion eben doch zu einer Abkehr vom Radikalen.
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