(Kalter Krieg) Vietnamkrieg
#46
Zitat:Warum gab es eigentlich nie eine groß angelegte Offensive auf den Norden in Kombination von USA+Südvietnam?
Mit 1,5 Millionen Südvietnamesen + 500k Amerikanern hätte man das doch eigentlich wuppen können?
Wie schon umrissen wurde: Die südvietnamesische Armee war quasi auf den falschen Krieg vorbereitet worden. D. h. sie wurde nach US-Doktrin ausgestattet und ausgebildet, und hier ging man von einem Konflikt nach europäischem Schema aus - Panzereinsatz, Artillerie, CAS und Feuerkraft. Man traf dann aber auf einen asymmetrisch vorgehenden Gegner, der in den eigenen Städten und Feldfluren aktiv und kaum zu erkennen war. Das hat dann zu einer ziemlichen Erschütterung der Moral beigetragen (ebenso wie bei den US-Truppen).

Im Kern waren die Südvietnamesen allerdings nicht feige oder unfähig, es war eher ein desillusioniertes und auch politisch "inspiriertes" Verzagen an den Umständen. Als später bzw. nach 1972/73 die Nordvietnamesen aber zu einer eher konventionellen Kriegführung übergingen, haben sich die Südvietnamesen in einigen Gefechten durchaus gut geschlagen, während sie zuvor gegen die Vietcong meistens passiv blieben oder sich hinter der Anforderung von Luftschlägen "versteckten".

Bei den Amerikanern war es zuletzt ähnlich, d. h. als man den Peak der Truppenstärke erreichte. In den letzten Kriegsjahren wollte auch niemand mehr sein Leben für Vietnam einsetzen und man zog sich mehr und mehr aus den Kämpfen heraus ("Vietnamisierung"). Hinzu kommt, dass von der halben Million US-Soldaten nur weniger als vermutl. 20% wirklich Kampftruppen waren, der Rest bestand aus Support, Logistik, Beobachtern oder Schiffscrews vor der Küste oder den Lieferanten für die PX-Kaufhäuser. Und spätestens nach 1968 war der Krieg in den Staaten so unpopulär, dass jedwede Großoffensive politisch nicht durchsetzbar gewesen wäre.

Rein militärisch sind die USA nicht besiegt worden, das wäre technisch gar nicht möglich, es war eher so, dass sie einfach psychologisch zermürbt wurden und waren und innenpolitisch von massivsten Protesten erschüttert wurden. Der Krieg war politisch nicht mehr verkaufbar. Auch wirtschaftlich standen die USA vor einem Scherbenhaufen, denn der Krieg hatte enorme Summen verschlungen, woraus auch der Nixon-Schock von 1971 resultierte, als die USA ankündigten, die Verpflichtung aufzugeben, Dollar in Gold zu tauschen (es war faktisch das Ende des Währungssystems der Nachkriegszeit). Hinzu kamen noch viele andere Themen (Drogen, Bürgerrechtsthemen), die die USA innenpolitisch massiv beeinträchtigten.

Schneemann
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#47
Die Frage wie man die südvietnamesische Armee ausgebildet und ausgerüstet hat ist eine sehr komplexe. Den es bestand ja immer parallel zum Vietcong eine unmittelbare Bedrohung durch eine Invasion konventioneller Truppen aus Nordvietnam. Von daher war es zwingend notwendig die südvietnamesische Armee so auszurichten, dass sie eine solche Invasion abwehren kann.

Und man sollte immer im Auge behalten, dass Südvietnam eben nicht vom Vietcong überwunden wurde, nicht dem Vietcong in die Hände gefallen ist, sondern dass der Vietcong weitestgehend geschlagen wurde und fast alle Vietcong tot waren und dass Südvietnam dann einer ganz normalen konventionellen Invasion regulärer Streitkräfte zum Opfer fiel, welche vollständig konventionell kämpften und ebenfalls so ausgerüstet und ausgebildet waren.

Nach dem Eingreifen der USA wäre es aber dennoch strategisch richtig gewesen die Abwehr eines konventionellen Angriffes allein den US Truppen zu überlassen, diese hätte man entsprechend im Norden konzentrieren können und die Südvietnamesen hätte man flächendeckend dann spezifisch nur für COIN ausbilden und befähigen können. Dies geschah nicht, so dass beide Seiten weiterhin sowohl für den konventionellen Bereich Kräfte stellten, als auch parallel dazu im Bereich COIN herum stocherten.

Eine Spezialisierung der Südvietnamesen auf COIN hätte aber zur Folge gehabt, dass man die konventionelle Invasion Südvietnams längerfristig durch US Truppen hätte verhindern müssen. Ganz allgemein hat man beim Krieg in Südvietnam ein oft falsches Bild vor Augen. Sehr viele Aktionen der Nordvietnamesen waren vergleichsweise konventionell, auch schon in den frühen Jahren.

Ein wesentlicher Aspekt in Bezug auf die südvietnamesische Armee den man zu wenig berücksichtigt war zudem die grassierende Korruption und Kriminalität in den südvietnamesischen Streitkräften. Nepotismus, systemische Korruption und allgemeiner Verrat (gegen Geld) waren an der Tagesordnung. Wo immer Südvietnamesen mit den USA zusammen arbeiteten hatte Nordvietnam jede Menge Spione und Agenten untergebrahct, nicht weil diese Verräter überzeugte Kommunisten gewesen wären, sondern einfach für schnödes Geld. Etliche südvietnamesische Verbände waren zudem reine Papiertiger. Man veruntreute Unmengen der US Militärhilfe und stahl und veruntreute auch sonst alles nur denkbare.

Die Korruption des südvietnamesischen Regimes war einer der wesentlichsten Faktoren, warum sich die Bevölkerung dann den Nordvietnamesen zuwandte. Der zweite wesentliche Faktor war Terror. Die Bevölkerung wurde schlicht und einfach gezwungen sich dem Kommunismus anzuschließen. Der rote Terror gegen die Zivilbevölkerung und die Unmengen von Morden, Folter und Verschwinden lassen seitens der Kommunisten in Vietnam werden heillos unterschätzt und wurden auch von den USA viel zu weitgehend ignoriert.

Schlußendlich kam die Zivilbevölkerung zu dem zwingenden Schluss, dass die südvietnamesische Regierung und die USA ihre persönliche Sicherheit nicht garantieren können und dass die südvietnamesische Regierug zudem / zugleich hochkorrupt und verkommen ist. Aus dieser Kombination heraus war das Endergebnis de facto unvermeidbar.
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#48
Hinzu zur Korruption, die zwar eh schon vorhanden war, aber durch die US-Finanzleistungen sicher nochmals einen Schub erhielt, kam auch noch, dass nie so richtig ein Vertrauensverhältnis bestand.

Die meisten GIs sprachen kein vietnamesisch und auch nur recht wenige französisch und hatten teils auch einen abwertenden Blick auf die Vietnamesen ("Gooks"). Umgekehrt wollten die wenigsten Vietnamesen sich auf englisch unterhalten und nahmen sehr oft striktere US-Vorgaben zur Geld- oder Waffenverwendung zum Anlass, sich über angeblich pseudokoloniales Gebaren der Amerikaner zu beschweren. Kurz: So richtig warm wurde man nicht untereinander.

Dazu kam, dass es keine richtige charismatische Führungspersönlichkeit im Süden gab. Diem war alles andere als beliebt (Bodenreformen, Sektenkampf etc.) und zudem hochkorrupt, was dann soweit ging, dass ihm Washington nicht sonderlich nachweinte, als er 1963 weggeputscht wurde. Auch die nachfolgenden Militärs (Minh, Khanh, Thieu und wie sie alle hießen) hatten kein Standing unter den Menschen wie etwa die Kommunisten im Norden.

Es gab also weder ein Vertrauen der Menschen in ihre eigene Führung, noch ein großes Vertrauen zwischen dieser Führung und dem großen Verbündeten.

Schneemann
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#49
Auch die deutsche Beteiligung am Vietnamkrieg ist den wenigsten bekannt. Die Bundesregierung schickte 1966 das Lazarettschiff Helgoland nach Südvietnam. Dieses verblieb mehr als 5 Jahre im Kriegsgebiet . Als US-Verteidigungsminister McNamara erklärte: "Berlin wird am Mekong verteidigt“ und US-Präsident Johnson Bundeswehrsoldaten für Vietnam forderte, sah sich Bundeskanzler Ludwig Erhard genötigt, mehr als nur Kredite für Südvietnam bereitzustellen.

Auch im anderen Teil Deutschlands wurde von der sowjetunion die Ostblockstaaten aufgefordert eine Art internationale Brigaden aufzustellen . Den größten Teil sollten die Kubaner stellen . Zum Einsatz dieser sollte es nicht kommen .
Allerdings wurde ein Leiter eines malteser Hilfsteams vom Vietcong verschleppt und unter anderem wohl von DDR Offizieren verhört . Ob diese vom MfS oder NVA waren ist mir allerdings nicht bekannt. Ansonsten ist mir nur noch eine Teilnahme der Handelsmarine bekannt.
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