(Zweiter Weltkrieg) A. Roberts: Mit einem starken Afrikakorps hätte Hitler den Krieg gewinnen können
#1
https://www.welt.de/geschichte/zweiter-w...ennen.html

Ich finde die These recht interessant.

Zitat:„Wenn man bedenkt, dass Rommel Tobruk (die größte britische Festung in Libyen; d. Red.) einnahm und bis zum Oktober 1942 mit dem nur zwölf Divisionen starken Afrikakorps bis auf 100 Kilometer an Alexandria heranrückte, hätte wohl ein Bruchteil der gegen die Sowjetunion eingesetzten Streitmacht bereits lange zuvor genügt, um die Briten aus Ägypten, Palästina, dem Irak und dem Iran zu vertreiben“, schreibt Roberts.

Von Kairo aus hätten sich den deutschen Truppen „vier glänzende Möglichkeiten eröffnet: [...] “

Meinungen dazu?
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#2
Die Versorgungslinien wären nicht aufrecht erhaltbar gewesen. Man hätte zuerst Malta, Gibraltar und Zypern besetzen müssen. Das war aber praktisch de facto kaum machbar.

Allein schon die britische Präsenz auf Malta hätte jeden weiteren Vorstoß in den Orient hinein verhindert.

Man muss die Sache in Nordafrika eigentlich umdrehen: es ist geradezu irreal wie weit Rommel dort mit seinem Genie entgegen allen Widrigkeiten gekommen ist. Mehr Truppen in diesen Kriegsraum zu werfen hätte die Briten dazu gebracht entsprechend ihre Luft- und Seestreitkräfte im Mittelmeer auszubauen.

Schlußendlich wäre die angedachte Zahl von deutschen Truppen in Ägypten und im Orient daher nicht versorgbar gewesen.

Also meiner Meinung nach völlige Phantasiegespinste. Das wäre in jedem Fall an der Logistik gescheitert. Und dann hätte die Gefahr bestanden, erhebliche deutsche Verbände in dieser Region für de facto nichts zu verlieren.

Und das die Sowjets selbst 43 noch die Füße stillgehalten hätten halte ich ebenfalls für ein ziemliches Wunschdenken. Mit Abschluss der Umrüstung der Roten Armee aufgrund der Erfahrungen aus dem Winterkrieg gegen Finnland hätte man die Chance dass der Gros der deutschen Truppen im Orient herumspringt von sowjetischer Seite sicher genutzt. Alles andere wäre ein schwerstwiegender Fehler der Sowjets gewesen. Aber selbst wenn Stalin einen derart eklatanten Fehler begangen hätte (nehmen wir es mal rein theoretisch an), hätte die britische Vormacht zu See und in der Luft hier den Ausschlag gegeben, die deutschen Bodentruppen wären daher im Orient zugrunde gegangen.
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#3
(23.04.2022, 21:10)Quintus Fabius schrieb: Die Versorgungslinien wären nicht aufrecht erhaltbar gewesen. Man hätte zuerst Malta, Gibraltar und Zypern besetzen müssen. Das war aber praktisch de facto kaum machbar.

Allein schon die britische Präsenz auf Malta hätte jeden weiteren Vorstoß in den Orient hinein verhindert.

Man muss die Sache in Nordafrika eigentlich umdrehen: es ist geradezu irreal wie weit Rommel dort mit seinem Genie entgegen allen Widrigkeiten gekommen ist. Mehr Truppen in diesen Kriegsraum zu werfen hätte die Briten dazu gebracht entsprechend ihre Luft- und Seestreitkräfte im Mittelmeer auszubauen.

Schlußendlich wäre die angedachte Zahl von deutschen Truppen in Ägypten und im Orient daher nicht versorgbar gewesen.

Also meiner Meinung nach völlige Phantasiegespinste. Das wäre in jedem Fall an der Logistik gescheitert. Und dann hätte die Gefahr bestanden, erhebliche deutsche Verbände in dieser Region für de facto nichts zu verlieren.

Und das die Sowjets selbst 43 noch die Füße stillgehalten hätten halte ich ebenfalls für ein ziemliches Wunschdenken. Mit Abschluss der Umrüstung der Roten Armee aufgrund der Erfahrungen aus dem Winterkrieg gegen Finnland hätte man die Chance dass der Gros der deutschen Truppen im Orient herumspringt von sowjetischer Seite sicher genutzt. Alles andere wäre ein schwerstwiegender Fehler der Sowjets gewesen. Aber selbst wenn Stalin einen derart eklatanten Fehler begangen hätte (nehmen wir es mal rein theoretisch an), hätte die britische Vormacht zu See und in der Luft hier den Ausschlag gegeben, die deutschen Bodentruppen wären daher im Orient zugrunde gegangen.

Meiner Meinung nach scheiterte das schon allein am Willen. Für Hitler hatte der Krieg gegen GB meines Erachtens keine hohe Priorität. Ganz im Gegenteil sogar hätte man mit GB gerne Frieden geschlossen um sich in Zukunft voll auf die SU konzentrieren zu können. Aber nehmen wir mal an der Wille wäre da gewesen um die Entscheidung mit GB zuerst zu suchen, dann hätte man Gibraltar, Malta und Zypern natürlich zwingend besetzen müssen. Um dies etwas zu vereinfachen hätte aber massiver Druck auf Spanien ausgeübt werden müssen, um einen Kriegseintritt gegen GB zu erzwingen. Spanien schreckte vor diesem Schritt allerdings hauptsächlich aus Angst davor zurück seine Kolonien dabei teilweise einzubüßen. Wäre massiv daraufhin gearbeitet worden hätte sich Spanien dem Kriegseintritt wohl nicht sehr lange verweigern können. Aufbauen darauf wäre sicher ein Szenario wie im Artikel beschrieben möglich gewesen. Es hätte vermutlich sogar nicht einmal so viel mehr Divisionen dafür gebraucht.
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#4
Oder Spanien tritt auf der Seite Großbritanniens in den Krieg ein. So was wurde per Geheimdiplomatie durchaus angedroht und war schließlich sogar einer der Gründe die zur Aufgabe des Unternehmen Felix führten.
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#5
Andrew Roberts hat Recht.
Das wäre, bei einer Schwerpunktverlagerung Ende 41, für 1942 möglich gewesen. Weder 1941 noch 1942 wären "ganzen Wehrmacht" nötig gewesen.
Ab Mitte Dezember 1941 wurde Malta von der deutschen Luftwaffe massiv bombardiert, die britischen Marinestreitkräfte mußten bald abgezogen werden, die RAF war nicht mehr in der Lage die Nachschublinien der Achse zu bekämpfen.
Der Durchmarsch Rommels im Frühjahr / Sommer 1942 scheiterte weil größere Teile der deutsche Luftwaffe, in Nordafrika, erst zur Vorbereitung der Operation Herkules (Malta) nach Sizilien abgezogen wurden dann, als sich Hitler gegen Herkules entschieden hatte, an die Ostfront verschoben wurden.
Daraufhin konnten die Briten ihren Stützpunkt auf Malta wieder auffrischen / verstärken und gegen die Achsen-Nachschublinien vorgehen. Dementsprechend stiegen die deutschen / italienischen Schiffsverluste stark an.
Durch Enigma war es den Briten auch möglich sich die wichtigsten Schiffe (zb. Tanker) herauszusuchen.
Ohne entsprechenden Nachschub kamen die deutschen Verbände sehr materiell / personell geschwächt in Ägypten an.

Gibraltar war für die Versorgungslinien Italien / Griechenland -> Nordafrika irrelevant. Auf Zypern gab es keine britischen Stützpunkte, daneben lagen im Dodekanes Achsenstützpunkte.
Die Briten hatten keine weiteren Truppen zur Verfügung. Zur Erinnerung, im Dezember 1941 begann der Krieg im Pazifik der starke Ressourcen band.

Es fragt sich ob die Operation Herkules, bei einem schnellen Durchmarsch nach Ägypten, nötig war.
1.) War ein schneller Durchmarsch / bzw. schnellerer Ablauf der Operation Theseus überhaupt möglich.
Ja. Es wäre ab Januar 1942 möglich gewesen das Afrikakorps mit mindestens 1 möglicherweise auch 2 Panzerdivisionen zu verstärken. Diese wären verfügbar gewesen (zb. 6., 7., 10.PzDiv). Tripolis, als Haupthafen hatte eine tägliche Kapazität von 40.000 to, er war nicht ausgelastet. Es gab einige Probleme, diese waren lösbar.
2.) Durch diese Verstärkung wären die Kämpfe im Mai 1942 schneller zugunsten des Afrikakorps abgelaufen.
Das bedeutet schnellerer Vorstoß nach Ägypten.

Die Schiffs-Nachschublinien hätten von Tripolis nach Tobruk (real) dann nach Alexandria verschoben werden können.
Von Ägypten aus wären Angriffe Richtung Süden und Norden möglich gewesen, nicht nach Osten denn dort war Wüste, inkl. Schulterschluß mit der Türkei. Möglicherweise Kriegseintritt der Türkei auf Seiten der Achse.

Natürlich hätten diese Angriffe, mit erreichen von Ägypten durch weitere Heeresverlegungen genährt werden müssen.

Anmerkungen zu dem Artikel
"So hätte sich der Krieg anders entwickelt, wenn Hitler nicht die Produktion des Düsenjägers Me 262 1943 verzögert, seine Panzer 1940 beim Vormarsch auf Dünkirchen zurückgehalten oder die 6. Armee nicht in die Falle von Stalingrad getrieben hätte."
Hitler hat die Produktion der Me 262 nicht zurückgehalten. Siehe Schabel "Die Illusion der Wunderwaffen"
" seine Panzer 1940 " - richtig. wären die deutschen PzVerbände nicht gestoppt worden hätten diese vor den Briten die Kanalhäfen erreicht. Die Briten hätten höchstens kleine Teile übersetzen können, wahrscheinlich nicht mal die.
6.Armee - auch richtig. Tatsächlich waren die operativen Ziele in diesem Frontabschnitt erreicht. Die 6.Armee hätte ab August 42 in eine Verteidigungsstellung übergehen können.

Ein paar Worte zu Rommel. Er war ein taktisches Genie, operativ durchaus ok, strategisch ein Versager und letztlich auch ein Befehlsverweigerer weil er, 1941, klare Befehle ignorierte.
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#6
stef:

Die Überschrift des Stranges aber lautet, dass mit einem starken Afrikakorps der Krieg hätte gewonnen werden können.

Deine ganzen Ausführungen sind nicht per se falsch, ja, man hätte Ägypten einnehmen können. Aber die Einnahme von Ägypten hätte eben nicht den Krieg gewonnen. Und die zusätzlichen Truppen hätten längerfristig versorgt werden müssen, über eine längere Distanz.

Im ursprünglichen Artikel wurde zudem folgende These von Roberts aufgestellt:

Zitat:die Briten aus Ägypten, Palästina, dem Irak und dem Iran zu vertreiben“, schreibt Roberts.

Wir schreiben hier also keineswegs nur über die Einnahme von Ägypten, was noch machbar gewesen wäre. Sondern über die Einnahme des Irak und sogar des Iran. Also hättest du Versorgungslinien bis in den Iran.

Deshalb schrieb ich ja explizit von Vorstoß in den Orient und nicht von Ägypten für sich allein.

Zitat:Die Briten hatten keine weiteren Truppen zur Verfügung. Zur Erinnerung, im Dezember 1941 begann der Krieg im Pazifik der starke Ressourcen band.

Bei einer solchermaßen ungünstigen Entwicklung in Europa hätte Großbritannien sich für einen Schwerpunkt entscheiden müssen und dann hätte man sich in jedem Fall für den Europäisch / Afrikanischen Kriegsschauplatz entschieden, schließlich liegt dieser ja näher an der Heimat.

Das hätte also nur in einer gegenseitigen Aufhebung gemündet, und stärkere deutsche Truppen hätten stärkere britische Truppen zur Folge gehabt.

Zitat:Von Ägypten aus wären Angriffe Richtung Süden und Norden möglich gewesen, nicht nach Osten denn dort war Wüste

Roberts schreibt aber über Irak und Iran.

Noch darüber hinaus stellt sich mir die Frage, was konkret du hier mit Süden meinst? Den Sudan ? Äthiopien? Was sollte das alles für den Kriegsausgang denn bringen ?
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#7
Der 2. WK konnte von H. zu diesem Zeitpunkt (Erfolge Rommels in Afrika) nicht mehr gewonnen werden, da bereits im August 1939 die USA die ersten Planungsschritte für das Manhattan-Projekt unternahmen (Brief A. Einsteins, ein "positives Wirkmittel" mit dem das Projekt "gezündet" wurde). Genaugenommen war damit der 2. WK bereits für Deutschland verloren, bevor er überhaupt begonnen hatte.

Im Fall grösserer militärischer Erfolge Deutschlands hätte es eben 1945 eine A-Bombe auf das Ruhrgebiet, und die zweite auf Berlin gegeben. H. wäre dann genauso tot und zusätzlich die deutsche Hauptstadt und ein riesiger Ballungsraum verstrahlt worden.
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#8
Schon die Idee auch nur Ägypten einnehmen zu können ist doch völliger Humbug. Das Afrikakorps hat funktioniert, weil der Feldzug zu großen Teilen irgendwo im Niemandsland ausgetragen wurde. Dagegen gestaltete sich schon die Einnahme der kleinen Hafenstadt Tobruk gelinde gesagt schwierig.
Wie hätte dann ein Vorstoß des Afrikakorps ins Nildelta hinein aussehen sollen?
Hinter El Alamein liegt Alexandria, damals wohl so eine Million Einwohner. Sprich Häuserkampf an der Küste gegen erhebliche Kräfte der Royal Navy und Air Force. Am Ende einer 600km Versorgungslinie ausgehend aus Tobruk.

Wie viele Panzerdivisionen lassen sich über erfolgreich durchgeführt worden und die Royal Navy aus dem westlichen Mittelmeer weitgehend verdrängt worden wäre sind das viel zu lange Versorgungslinien, die einen massierten Einsatz deutscher Divisionen kaum zulassen.
Am Ende des Tages fehlt es and Häfen, Schiffen und Fahrzeugen um die nötigen Betriebsmittel nach vorne zu bringen. Erst recht, wenn die Alliierten ihre Angriffe gegen die überdehnten Versorgungslinien aufrechterhalten hätten.

Aber gut, postulieren wir einfach, dass das Afrikakorps nach einem Sieg in El Alamein noch relativ frisch und in doppelter Stärke vor den Resten der 8. Armee in Alexandria steht.
Die Stadt in einem direkten Angriff zu nehmen ist unrealistisch. Hätte man es versucht wäre es wohl geglückt, hätte aber immens Zeit und Kampfkraft gekostet.

Wahrscheinlicher hätte man es umgehen wollen und wäre südlich daran vorbeigezogen. Nur was dann?
Am südlichen Ende des Deltas liegt der Großraum Kairo mit mehreren Millionen Einwohnern. Völliger Käse hier etwas zu versuchen. Man könnte noch tiefer nach Süden ausweichen und irgendwo nördlich von Fajum den Niel queren und versuchen durch die unwirtliche Wüste Suez zu erreichen. Das ist aber großer Käse, 400km Distanz ausgehend von El Alamein durch unerschlossenes Gebiet mit völlig schutzlosen Flanken.
Ein Stoß südlich von Alexandria durch das Delta hätte nur zur Folge, dass die Briten schlicht verzögernd zurückgewichen wären. Selbst wenn man hier einen strategischen Durchbruch der Panzerkräfte annimmt (in dem intensiv landwirtschaftlich genutzen Gebiet halte ich das allerdings für schwierig) ergibt sich halt eine Situation in dem das Afrikakorps nach einen intensiven Kampagne ausgelaugt vor Port Said und Kairo steht. Mit einer Festung Alexandria ganz ähnlich wie es Tobruk in der Realität gewesen ist.

Was hätte man dann gewonnen? Der Punkt ist da einfach: Die Distanzen sind für das Afrikakorps zu groß und die Kampfräume im Nildelta exponentiell zu weiträumig als das man mit schnellen, radikalen Vorstößen Entscheidungen erzwingen könnte. Die Angriffe wären über kurz oder lang im Delta am Ende einer viel zu langen Versorgungslinie kulminiert und hätten erst nach Monaten der Regeneration wieder aufgenommen werden können. Die Realität ist kein Computerspiel in dem eine Panzerdivision über tausende Kilometer launig über Karten fährt.

Großbritannien hätte insofern bei einem erfolgreichen Einbruch der Achsenmächte ins Nildelta schlicht weitere Truppen aus dem Kolonialreich zusammengezogen. Es war schließlich längst nicht so, dass nach der 8. Armee Ende gewesen wäre. Die Humanressourcen waren vorhanden, genauso im immer größeren Maße auch Wehrmaterial. Die Briten haben in der Realität ihrer Kräfte in Afrika nach massiven Verlusten der Kampftruppen mehrmals regeneriert, nochmals 50k Verluste nach einem verlorenen El Alamein hätten ihnen das Rückgrat dezidiert nicht gebrochen.

Am Ende des Tages tickt dann die Uhr. Operation Torch fand bereits im November 1942 statt, völlig ungeachtet ob das Afrikakorps den Suezkanal erreicht hätte oder nicht. Wenn wirklich alles kollabiert hätte, hätte man diese Kräfte auch in den Osten verlegen können. Aber wozu? Das Afrikakorps kapitulierte keine 6 Monate nach den Landungen, bis dahin waren eine halbe Million alliierter Soldaten in Nordwestafrika aktiv, die Materialüberlegenheit war zunehmend drückend. Mit substantielleren Kräften in Nordostafrika zum Zeitpunkt der Landungen wäre der Krieg dort vielleicht einige Monate länger gelaufen, aber am Ende hätten trotzdem alle deutschen Divisionen kapituliert.
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#9
Und selbst wenn (mal rein theoretisch). Die Deutschen nehmen Ägypten ein und dann? Ist dadurch der Krieg gewonnen wie es Roberts hier behauptet ? Ganz sicher nicht. Selbst wenn Ägypten gefallen wäre, so hätte sich praktisch gesehen wenig geändert und insbesondere nichts am Kriegsende. Man hätte halt dann vorübergehend Ägypten gehabt.

Was in dem Kontext Ägypten noch interessant wäre ist die Frage der Loyalität der Ägypter. Die Briten befürchteten damals, dass es bei einer Präsenz deutscher Truppen dort zu einem Aufstand der Ägypter kommen könnte, dann wären auch die Großstädte durchaus einnehmbar gewesen. Deshalb forschte der britische Geheimdienst sehr besorgt die Bevölkerung aus. Es gab auch Aktivitäten deutscher Agenten in Ägypten in diese Richtung etc. Das Ergebnis war, dass die Bevölkerung dort recht neutral war und eben nicht wie befürchtet zu den Deutschen neigte. Aber selbst wenn und mal rein theoretisch: das Afrikakorps dringt in Ägypten ein, dort bricht der allgemeine pro-deutsche Aufstand los, die Großstädte fallen dadurch in deutsche Hand.

Auch dann wäre damit weder etwas entschieden noch der Krieg siegreich.
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#10
Mit was hätte man diese Offensive denn durchführen sollen? Die drei angegebenen verbände wurden alle drei ab Mai 1942 in Frankreich neu aufgestellt weil sie durch die russische winteroffensive so gut wie aufgerieben wurden .
Wenn man den Gefreiten zum Feldherren macht kommt sowas halt bei raus .
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#11
Hier wird meiner Meinung nach die Stärke des British Empire deutlich unterschätzt. Bereits im Rahmen des für die Deutschen erfolgreich verlaufenden Unternehmens "Theseus" im Sommer 1942, das Rommel dann letztlich bis vor El Alamein führte, hatten das DAK bzw. die Panzerarmee Afrika beträchtliche Verluste zu verzeichnen gehabt. Grob gingen 50% des Materials verloren, auch wenn man dann nochmals weiter vorrücken konnte.

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Rommel, der durchaus manchmal ein Hasardeur war, in der 1. Schlacht von El Alamein nochmals antrat mit Truppen, die eigentlich schon stark erschöpft waren. Selbst wenn man sich irgendwie nach Alexandria durchgewühlt hätte, wären die dort dann stehenden Achsentruppen völlig abgekämpft und ausgedünnt gewesen - auch mit Beutewaffen und -fahrzeugen (eine gewisse Beute hätte es ja in Ägypten durchaus gegeben) hätte man kaum mehr wirklich angriffsfähige Einheiten zusammenbekommen.

Im Gegensatz dazu hätten die Briten Verstärkungen durch das Rote Meer ohne Probleme heranbringen können, übrigens transportierte man da seit Sommer 1942 ganz eifrig die ersten Shermans direkt aus den USA nach Ägypten. Italienisch-Ostafrika war bereits 1941 von den Alliierten gesichert worden - die Truppen waren also frei geworden -, zudem war der restliche Nahe Osten bis nach Persien recht fest in britischer Hand. Da Japan sich im fernen Osten in Burma festgefressen hatte und seine Ambitionen nach Frühjahr 1942 auf den zentralpazifischen Raum umlenkte, hätte man also recht unproblematisch Südafrikaner, Australier, Rhodesier, Inder und andere Commonwealth-Kräfte nachführen können.

Die Achsentruppen hingegen hätten kaum nennenswert verstärkt werden können. Die Malta-Blockade war seit August 1942 faktisch aufgebrochen worden durch "Pedestal", die deutsch-italienischen Tonnageverluste waren sehr hoch. Da die ägyptischen Häfen kaum bis gar nicht nutzbar gewesen wären - zumal ein Frachter da erst mal ungeschoren hinkommen muss -, hätte man das Gros des Nachschubs über die Küstenlinie von libyschen Häfen nachführen müssen. Das ist äußerst schwierig, da die Küstenstraße zwar in Libyen vorhanden ist, in Ägypten aber gab es eine solche nicht, zumindest nicht zwischen der Grenze und El Alamein. (Grob reden wir von 200 bis 300 km "Rollbahn" quer durch die Wüste.) Dabei verbrauchen die Lastwagen aber einen erheblichen Teil des transportieren Sprits selber, ehe sie überhaupt in Ägypten ankommen.

Dieses Problem hatte schon Graziani 1940 angeführt, als sich der Duce im Dezember 1940 zur völlig miserabel geplanten Offensive gegen Ägypten mit noch schlechter versorgten italienischen Truppen hinreißen ließ.

Es wäre also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Achsentruppen in Ägypten wieder abziehen hätten müssen. Hätte man den Suezkanal erreicht, dann wäre man dort vielleicht zwei Monate mit ausgepumpten Kräften gestanden. Aber spätestens nach "Torch" und im Winter 1942/43, wenn die gegnerische Übermacht zugenommen hätte, hätte man die Koffer wieder packen können.

Schneemann
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#12
Quintus Fabius
Zitat:Deine ganzen Ausführungen sind nicht per se falsch, ja, man hätte Ägypten einnehmen können. Aber die Einnahme von Ägypten hätte eben nicht den Krieg gewonnen. Und die zusätzlichen Truppen hätten längerfristig versorgt werden müssen, über eine längere Distanz.
Wie schon vorher geschrieben. Die Einnahme Ägyptens hätte den Weg nach Süden (Horn von Afrika) und in den Sinai, "palästina" (gabs noch nicht) Libanon geöffnet, von dort wäre es möglich gewesen nach Osten Richtung Irak vorzustoßen.
Die Nachschublinien wären dann nicht mehr über Tripolis sondern nach Alexandria und später Haifa / Beirut /Tripoli gegangen. Wahrscheinlich wäre (wiederum später) eine Versorgung über türkische Eisenbahnen möglich gewesen, zumindest ein Teil.

Der Iran war unabhängig, man hätte mit ihm sicherlich eine Vereinbarung treffen können.

Zitat:Deshalb schrieb ich ja explizit von Vorstoß in den Orient und nicht von Ägypten für sich allein.
Ja, ich hab dazu ja schon im ersten Post ausgeführt.

Zitat:Bei einer solchermaßen ungünstigen Entwicklung in Europa hätte Großbritannien sich für einen Schwerpunkt entscheiden müssen und dann hätte man sich in jedem Fall für den Europäisch / Afrikanischen Kriegsschauplatz entschieden, schließlich liegt dieser ja näher an der Heimat.

Man muß sich dazu grundsätzlich vergegenwärtigen das die Briten 1940/41/452 massiven Truppenmangel hatte, auf allen Ebenen - in allen Bereichen hatten. Nach der Zerschlagung der it. Kräfte in Nordafrika 1940 wurde die Einnahme Tripolis stark verschoben weil starke Truppenteile in Griechenland benötigt wurden, von dort kehrten dann nur Bruchstücke zurück.
Gleiches mit dem Beginn des Krieges im Pazifik. Alle indischen/ neuseeländischen, die Masse der australischen Truppen wurden auf diesen Kriegsschauplatz verlegt.

Wie willst du Neuseeland / Australien erklären das ihre Truppen nicht die Heimat verteidigen sondern in Nordafrika bleiben. Geht nicht. Was passiert mit Indien wenn auch die von dort stammenden Truppen in Nordafrika bleiben. Nein, dein Vorschlag führt im Zusammenbruch des Empires und resultiert mindestens im Verlust von Indien.

Zitat:Noch darüber hinaus stellt sich mir die Frage, was konkret du hier mit Süden meinst? Den Sudan ? Äthiopien? Was sollte das alles für den Kriegsausgang denn bringen ?
Nur ein Gedanke, kein Muß. Eine Öffnung der Straße von Hormus hätte evtl. einen Handelsweg nach Japan geöffnet, das irakische / saudische Erdöl hätte von dort ins Mittelmeer gelangen können. Richtig - ein großes Könnte - aber geostrategisches eine interessanter Gedanke.


@Zardo:

1.) das manhatten-projekt wurde 1942 begonnen.
2.) du überschätzt die wirkung von atomwaffen allgemein stark. die bomben auf japan waren, nach heutiger definition, taktische.
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#13
Zitat:Im Fall grösserer militärischer Erfolge Deutschlands hätte es eben 1945 eine A-Bombe auf das Ruhrgebiet, und die zweite auf Berlin gegeben. H. wäre dann genauso tot und zusätzlich die deutsche Hauptstadt und ein riesiger Ballungsraum verstrahlt worden.

Oder die Bomber wären beim Start abgeschossen worden .
In Bari kennt man sich ja aus wie schnell solche Spiele nach hinten losgehen
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#14
Nightwatch
Zitat:Schon die Idee auch nur Ägypten einnehmen zu können ist doch völliger Humbug. Das Afrikakorps hat funktioniert, weil der Feldzug zu großen Teilen irgendwo im Niemandsland ausgetragen wurde. Dagegen gestaltete sich schon die Einnahme der kleinen Hafenstadt Tobruk gelinde gesagt schwierig.
Rommel versuchte 1941 nur kurz Tobruk einzunehmen, sozusagen als Handstreich, das funktionierte nicht. Er stieß dann bis zur ägypt. Grenze vor.
Bei einem Schwerpunkt "Mittelmeer" wäre die Masse der Luftwaffe und Heeres zV gestanden. Die Versorgung wäre kein Problem gewesen. Der Vorstoß hätte dann nicht an der ägyp. Grenze geendet sondern wäre bis Ägypten gegangen.

Zitat:Wie hätte dann ein Vorstoß des Afrikakorps ins Nildelta hinein aussehen sollen?
Hinter El Alamein liegt Alexandria, damals wohl so eine Million Einwohner. Sprich Häuserkampf an der Küste gegen erhebliche Kräfte der Royal Navy und Air Force. Am Ende einer 600km Versorgungslinie ausgehend aus Tobruk.

Deutsche Panzertaktik basiert auf dem Umgehen und Abschneiden des Gegners. So auch in Alexandria.
Im übrigen überschätzt du die britischen Möglichkeiten massiv, das zeigt sich auch beim Rest deines Posts.

Aus der Antwort an Quintus Fabius
"Man muß sich dazu grundsätzlich vergegenwärtigen das die Briten 1940/41/452 massiven Truppenmangel hatte, auf allen Ebenen - in allen Bereichen hatten. Nach der Zerschlagung der it. Kräfte in Nordafrika 1940 wurde die Einnahme Tripolis stark verschoben weil starke Truppenteile in Griechenland benötigt wurden, von dort kehrten dann nur Bruchstücke zurück.
Gleiches mit dem Beginn des Krieges im Pazifik. Alle indischen/ neuseeländischen, die Masse der australischen Truppen wurden auf diesen Kriegsschauplatz verlegt. "

Zitat:Wahrscheinlicher hätte man es umgehen wollen und wäre südlich daran vorbeigezogen. Nur was dann?
Am südlichen Ende des Deltas liegt der Großraum Kairo mit mehreren Millionen Einwohnern.
Du irrst , schau dir damalige Karten an.

Zitat:Am Ende des Tages tickt dann die Uhr. Operation Torch fand bereits im November 1942 statt, völlig ungeachtet ob das Afrikakorps den Suezkanal erreicht hätte oder nicht.
nö. Die Operation Torch hätte nicht stattgefunden wenn montgomery bei El Alamein im Okt 42 nicht siegreich gewesen wäre.
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#15
@stef

Erst einmal noch: Willkommen im Forum.

Aber:
Zitat:Der Iran war unabhängig, man hätte mit ihm sicherlich eine Vereinbarung treffen können.
Der Iran war mitnichten unabhängig. Es gab zwar in der Führung gewisse Sympathien für Deutschland, aber das Land wurde im August 1941 von Briten und Sowjets erobert. Einerseits um den "persischen Korridor" zwecks Nachschublieferungen an die UdSSR zu öffnen, andererseits auch, um jedweden deutschen Versuchen einer Einflussnahme entgegenzuwirken.

Übrigens hat London das Königreich Irak ebenso (nach dem achsenfreundlichen Putsch von al-Gailani) im April 1941 für das British Empire unter Kontrolle gebracht.
Zitat:Die Einnahme Ägyptens hätte den Weg nach Süden (Horn von Afrika) und in den Sinai, "palästina" (gabs noch nicht) Libanon geöffnet, von dort wäre es möglich gewesen nach Osten Richtung Irak vorzustoßen.
Zur Erinnerung: Es gab ein französisches Mandatsgebiet (Völkerbundmandat für Syrien und Libanon), das noch unter der Herrschaft von Vichy stand. Dieses Gebiet wurde ebenso 1941 von Briten und Freifranzosen (FFL) erobert, es stand also auch unter alliierter Kontrolle. Genau genommen - nehmen wir unsere Zeitleiste 1942 - hatte das British Empire das Gebiet zwischen dem Libanon über Syrien, den Irak und Persien und bis nach Indien unter seiner Kontrolle.

Dazu kommt im Süden Ägyptens die alliierte Kontrolle über den Sudan (Anglo-Egyptian Sudan), Äthiopien (seit November 1941, seitdem die Italiener dort besiegt worden waren), das Horn von Afrika (Somalia, British Somaliland, seit 1941 wieder unter britischer Kontrolle nach zeitweiliger ital. Besetzung), die Kolonie Aden in Südarabien usw. usf.

Kurzum: Unser abgekämpftes Häuflein Achsentruppen in Ägypten ist in der Spieltheorie hier zwar siegreich am Suezkanal, aber zugleich umgeben von gegnerisch kontrollierten Gebieten...

Schneemann
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