Erster Weltkrieg
#16
@Quintus
Habe nur ein paar allgemeine Informationen zu den Sturmtruppen, die diversen Angriffsdivisionen sollten einzelne Sturmbataillone bereitstellen, die eine leichte Infanterie, die mit Handgranaten und Karabinern, aber auch dem neuen leichten Maschinengewehr 08/15, ausgerüstet waren, bildeten. Diese sollten schmale, aber tiefe Schneisen in die gegnerische Stellung hineintreiben und sie in isolierte Abschnitte aufbrechen, die dann durch die nachfolgenden Wellen konventioneller Infanterie in langsamerem Tempo erobert werden sollten.
Das Hauptgewicht der Angriffsplanung lag auf dem Aspekt der Schnelligkeit. Vorgesehen war auch in die Stellungen des Gegners "einzusickern" und Widerstandsnester zu umgehen. Betont wurde rasches Vordringen unter Vernachlässigung der Flankensicherung. Endziel war eine Umfassung.
So eine Art Blitzkrieg ohne Panzer.

Ein wichtiger Offizier war der bayrische Hauptmann i.G. Hermann Geyer hinsichtlich der Entwicklung der Taktik.

Wichtiges Element der neuen dt. Angriffstaktik war die Artillerie. Der führende Experte auf diesem Gebiet war Bruchmüller. Die dt. Geschütze wurden auf dem Schiessplatz eingeschossen, wobei für jedes Geschütz die Trefferabweichung ermittelt, diese dann mit meteorologischen Werten kombiniert, was die Treffgenauigkeit der dt. Geschütze wesentlich erhöhte.

Erstmals getestet wurde die neue Angriffstaktik im September 1917 vor Riga.
Zur Anwendung kamen sie dann bei den verschiedenen Angriffsoperationen im Westen Decknamen: Michael, Georgette, Blücker-Yorck, Marne- Reims, Gneisenau.

Zum Einsatz kamen die meisten Eliteverbände des Heeres, die Gardedivisionen, die Jäger, die preußischen und württembergischen Divisionen und die besten der Bayern; das XIV Armeekorps umfasste z.B. die 4. Gardedivision, die 1.Preußische, die 228. Reservedivision (während des Krieges aus brandenburgischen und ostpreußischen Regimentern aufgestellt) und die aus Leibregimentern kleinere Fürstenstaaten bestehende 25. Division.

Quelle ist überwiegend John Keegan, der erste Weltkrieg

Zitat:Und diese Erfahrungen wurden sehr wohl berücksichtigt und man hat davon gelernt ! Man kann nicht sagen, daß die Europäer diese Kriegsbeispiele ignoriert hätten, im Gegenteil
Durchaus, die Entscheidung zum Stellungskrieg wurde im Herbst 1914 von den Dt. bewusst getroffen, die dt. waren durch ihren zahlreichen Pionierbataillone darauf gut vorbereitet, die Soldaten mit Spaten ausgerüstet und im Schanzen geübt. Die Briten war die Bedeutung tiefer Schützengraben ebenfalls klar. Am schlechtesten waren wohl die Franzosen vorbereitet.
Zitat:den Generalen war durchaus klar daß es nicht so kommen würde
Kann man drüber streiten, ich sehe es eher so, daß den Generälen weitestgehend nicht bewusst war, wie groß die Feuerkraft war, die ihnen zur Verfügung stand. Joffre setzte ja auch einen Haufen Generäle ab.

Zitat:Das Infanteriefeuer dagegen konnte man mit ausreichendem Offensivgeist unter Zugestehung entsprechender Verluste durchaus queren, daran änderten auch die MG nichts. Die Strategie und Taktik richteten sich daher auf das Ertragen der Verluste zugunsten des Erfolgs als Lehre des Russisch-Japanischen Krieges. Wie gesagt negierte erst die Artillerie diese Strategie
Beschreibungen von der Somme 1916 lesen sich anders, die Briten blieben an den Stacheldrahtverhauen hängen und wurden von den MGs massakriert. Die dt. Artillerie leistete bei der Abwehr dieses Angriffs keinen Beitrag. Das Artilleriefeuer spielte m.E. nicht die entscheidende Rolle, entscheidend waren tiefe Unterstände aus denen nach Ende des Sperrfeuers die Grabenbesatzung auftauchte und die Angriffe regelmäßig mit Infanteriefeuer aufhielt.
Die Abwehrtaktik änderte sich während des Krieges aber mehrmals.
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#17
Zum japanisch-russischen Krieg:

Jo, es stimmt, was Quintus Fabius sagt. Der amerikanische Bürgerkrieg mag wirklich nicht so viel als Vorbild taugen und wurde so auch vor dem Ersten Weltkrieg gar nicht so angesehn. Man schaute durchaus auch auf die aktuellen Zusammenstöße, wie eben jenen japan.-russ. Krieg. und jener trug tatsächlich schon deutliche Züge jenes indutrialisierten Abschlachtens, dass die Völker Europas gut 10 Jahre später ausbluten lassen sollte.
Allein bei der Belagerung von Port Arthur durch die Japaner erlitten die Japaner an einem einzigen Tag (!!)Verluste in Höhe von gut 15.000 Mann. Und dies nur an einer einzigen strategisch wichtigen Höhe, der legendären Höhe 203. Durchaus vergleichbar mit den Kämpfen um und in Verdun im ersten Weltkrieg an Intensität. Immerhin hatten die Russen ihre Stellungen gut befestigt und die Japaner stürmten ständig an, da sie die Offensivtatktik der Deutschen übernommen hatten.
Letztlich aber fiel Port Arthur und dies zusammen mit einer schon traditionellen Beharrlichkeit am Alten festzuhalten, ließ doch so manchem Kommandeur die Augen nicht wirklich auf gehen. Immerhin stürmten die Deutschen noch in guter alter Manier in Langemarck auf die feindlichen belgischen Linien und wurden zusammengeschossen.
ich denke, dass es viele warnende Stimmen gab betreffs des industrialisierten krieges. Allerdings ging dies im nationalistischen Getümmel und auch in den jeweils starken Überlegeneheitsgefühlen unter.
Und man sah ja an Port Arthur, dass die Offensive bei entsprechender Opferbereitschaft doch noch was brachte.
Port Arthur war abe rnur ein weit abgelegener Außenposten gewesen und hier der Krieg konzentriert, Nachschub und Versorgung schwierig.
In Mitteleuropa sollte dies ganz anders aussehen, wenn sich Millionen auf hunterte Kilometer langen Fronten sich gegenüberstanden....
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#18
Werter bastian : Vielen Dank erstmal.

Zitat:Kann man drüber streiten, ich sehe es eher so, daß den Generälen weitestgehend nicht bewusst war,
Man (ich) muß/sollte natürlich differenzieren. Das war natürlich je nach General und auch dessen Truppe/militärischer Herkunft stark unterschiedlich.

Zitat:die Entscheidung zum Stellungskrieg wurde im Herbst 1914 von den Dt. bewusst getroffen,
Ergänzend noch : 1 weil man Verbände zur Ostfront abzog 2 weil der Nachschub überdehnt war und 3 weil die Truppen durch die ständigen Gewaltmärsche von im Schnitt 50 km am Tag völlig erschöpft waren.

Zitat:Beschreibungen von der Somme 1916 lesen sich anders, die Briten blieben an den Stacheldrahtverhauen hängen und wurden von den MGs massakriert. Die dt. Artillerie leistete bei der Abwehr dieses Angriffs keinen Beitrag.
Also nicht überall und die ganze Zeit. Die deutsche Artillerie führte da ja auch heftige Artilleriegefechte mit britischer Artillerie und mußte z.B. an einigen Stellen zurück genommen werden. Oder einen Vormittag lang ging die Munition aus etc

Natürlich war das MG auch wichtig und entscheidend, daß wollte ich nicht bestreiten. Im Infanteriekampf eine entscheidende Waffe, aber der Infanteriekampf war ja nicht alles damals, darauf wollte ich hinaus.

Wenn man sich Toten- und Verwundetenzahlen genauer ansieht dann hält die Artillerie die Spitze vor den Infanteriewaffen, besonders wenn man sich die jeweiligen Prozentualen Anteile in denen Artillerie und Infanterie vorhanden waren ansieht.


Weil Falcon von Gewissensbissen der Briten wegen Giftgas gegen die Türken geschrieben hat, an solche Gewissensbisse glaube ich nicht. Ich kenne Aussagen britischer Offiziere die das Giftgas sogar als Humaner preisen, weil es z.B. als Schwefellost nicht tötet sondern nur verstümmelt und blind macht.

An irgendwelche Gewissensbisse gerade von Engländern glaube ich nicht, da gab es damals auf allen Seiten keine. Das Problem war viel eher die praktische Einsetzbarkeit wie ja dann auch die gescheiterten Versuche zeigen.
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#19
Zitat:Ergänzend noch : 1 weil man Verbände zur Ostfront abzog 2 weil der Nachschub überdehnt war und 3 weil die Truppen durch die ständigen Gewaltmärsche von im Schnitt 50 km am Tag völlig erschöpft waren.
Zu 1; Übrigens gegen den Willen der Befehlshaber an der Ostfront, zu 3; kenne geringere Marschzahlen von gut über 30km, was mit 20kg Gepäck aber ebenfalls körperlich extrem strapaziös ist. Würde als 4. noch hinzufügen, daß die Dt. einfach zu schwach waren, die 1.Armee unter von Kluck östlich an Paris vorbeizog, statt es westlich zu umgehen (so der Schlieffenplan) und dann in der Flanke angegriffen wurde.

Zitat:Natürlich war das MG auch wichtig und entscheidend, daß wollte ich nicht bestreiten. Im Infanteriekampf eine entscheidende Waffe, aber der Infanteriekampf war ja nicht alles damals, darauf wollte ich hinaus.

Wenn man sich Toten- und Verwundetenzahlen genauer ansieht dann hält die Artillerie die Spitze vor den Infanteriewaffen, besonders wenn man sich die jeweiligen Prozentualen Anteile in denen Artillerie und Infanterie vorhanden waren ansieht.
Das ist natürlich richtig. Das oft tage- oder wochenlange Trommelfeuer, das Angriffen oftmals vorausging oder die häufigen Artillerieduelle verursachten wesentliche Teile der Verluste. Oftmals erlitten Verbände mehr als 50% Verluste, ohne den Feind jemals gesehen zu haben, so vor Verdun.
Der Durchbruch scheiterte aber im Regelfall an eingegrabener, durch Stacheldraht geschützte und mit Schnellfeuerwaffen ausgerüstete Infanterie.
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#20
Ich hab noch eine Buchempfehlung und zwar :

Taktik und Strategie der Millionenheere

Waffen der Millionenheere

Darin werden modernen Armeen von 1871 bis 1914 (einschließlich des 1 Kriegsjahres) beschrieben in ihrer Entwicklung, Struktur und Bewaffnung und das ganze durch viele Kriegsbeispiele erläutert.

Desweiteren könnt ihr unter folgendem Link eine große Sammlung zu dem Thema finden : es ist zwar eine Spieleseite, die Geschichtssammlung ist aber sehr gut und umfangreich :

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#21
Der Schlieffen Plan - Geschichte und Kritik

Der folgende Text ist eine zusammengefasste Darstellung der Entstehung der Entstehung des Schlieffen Planes, der ursprünglich von Siegfried Fiedler stammt (mit eigenen Worten ergänzt und umgeschrieben).

Deutschland und auch Österreich-Ungarn zählen zu den Ländern, deren Geographische Lage eine Strategie der reinen Defensive ausschließt. Die langen, offenen Grenzen rundum können unmöglich passiv verteidigt werden; keines der lebenswichtigen Zentren des Reiches befand sich damals weiter als 200 km vom Gebiet der zahlreichen potentiellen Feinde entfernt.
Deshalb entschied man sich früh schon für eine primär Offensive Strategie. Dazu kam die zeittypische Offensivdoktrin die sich zwischen 1871 und 1914 immer mehr auf die Offensive hin orientierte und wegen der Sachzwänge der Geographie in Deutschland besonders starken und frühen Anklang fand.

Für Deutschland kamen noch das Problem des Zweifrontenkrieges und die numerische Unterlegenheit gegenüber den potentiellen Kriegsgegnern hinzu. Daraus ergab sich automatisch nur eine mögliche Lösung, nämlich eine möglichst frühe Offensive mit zusammengefassten Kräften auf der einen Front, Abwehr auf der anderen, dann die Hauptmacht nach raschem Sieg dorthin zu einem zweiten Angriff herumwerfend. Diese Lösung war im Prinzip eine reine Notlösung weil keine andere Option möglich war. In seiner Denkschrift vom 27.April 1871 bezeichnete vMoltke den gleichzeitigen Krieg mit Frankreich und Russland bereits als wahrscheinlich und zugleich als "gefährlichste Probe, welche der Fortbestand des neuen deutschen Reiches auszuhalten hat."

Seit der Krieg-in-Sicht Krise 1875, als Frankreichs militärisches Wiedererstarken erkannt wurde, kam vMoltke zu dem Schluß, daß eine Teilung der Kräfte in einem Zweifrontenkrieg für das Reich zur höheren Wahrscheinlichkeit zu einer Niederlage führen würde. Die Operationen der Inneren Linie wurden in der Folge zur Grundlage der strategischen Überlegungen. 1877 entwarf vMolkte den ersten Plan der das obig beschriebene schnelle Zuschlagen an einer Front, dann das Herumwerfen der Streitkräfte an die andere beinhaltete. Das war während des Balkankrieges, der Schwerpunkt sollte hier im Westen liegen, und vMoltke sah hier die unverzügliche Schlacht in Lothringen als vordringliches Ziel an. Der Sieg sollte aber nicht bis nach Paris ausgebeutet werden, sondern nur den Status Quo sichern, die Operationsarmee sollte dann in den Osten transportiert werden wo bis dahin defensive Heeresteile die Weichsellinie schützen sollten.

Im Fall eines mißglückten Schlachverlaufs gegen die Franzosen sah vMoltke den Rückzug bis zum Rhein vor, um sich dann primär gegen die Hauptmacht der Russen zu wenden. vMoltke ging auch davon aus, daß in dem kommenden modernen Krieg wie er es nannte eine kriegsbeendende Entscheidungsschlacht nicht mehr möglich sein würde. Er hielt es für unmöglich, daß neue nationale Volksheer Frankreichs in einem einzigen schnellen Feldzug zu schlagen. Seine Strategie die er hier, 1877 entwarf entspricht im Endeffekt dem Verlauf, den dann die Deutschen Operationen gezwungenermaßen 1914 genommen haben. vMoltke sah primär in der Niederringung Russlands und dann der Fortführung eines Ermattungskrieges mit den russischen Ressourcen die einzige Chance Frankreich niederzuringen. Dabei sollte Deutschland im Westen nach Schaffung einer Sicherungszone durch die Kämpfe in Lothringen eben defensiv bleiben, ja sogar ev sich Stück für Stück ohne Offensive zum Rhein zurückdrängen lassen.

Der pessimistischen Strategischen Planung vMoltkes entsprach die "cauchemar des coalitions" von Bismarck. Beide waren der Überzeugung, daß man Deutschland vor einem Zweifrontenkrieg bewahren müsse. Ließ sich ein potentielles Zweifrontenbündniss nicht auflösen, so gab es nach Meinung vMoltkes nur die Zerlegung der Militäraktion bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, also zuzuschlagen wenn der eine Partner dem anderen keine Waffenhilfe leisten könne.
Aus diesen Plänen wurde 1879 die Grundstrategie für den Fall der Fälle weiter in Richtung einer Primären Offensive im Osten abgewandelt. Mit dem Ausbau der großen Festungskette in Lothringen hielt vMoltke seine ursprüngliche Idee einer Offensive in Lothringen mit dem Ziel der Schaffung eines Vorraumes zum Reich nicht mehr für durchführbar. Er setzte daher in seinen Überlegungen auf eine reine Defensive im Westen und eine Schwerpunktoffensive im Osten. Dabei sollte zusammen mit Österreich zwischen Weichsel und Masurischen Seen über den Narew und von Süden her zwischen Bug und Weichsel nach Nordosten die Russischen Hauptstreitkräfte in die Zange genommen werden, noch ehe der vollständige Feindaufmarsch aus der Tiefe des Hinterlandes vollendet sein würde. Dazu waren vier Deutsche Armeen vorgesehen, wobei die stärkste Angriffsgruppe zwischen Thorn und Ortelsburg Aufstellung nehmen sollte.

vMoltkes Nachfolger seit 1888, General dKav Graf vWaldersee (seit 1882 mit der Stellvertretung beauftragt) hielt an dieser Grundsätzlichen Idee fest, begann aber die Idee einer Offensive in Lothringen erneut zu diskutieren. Aber erst Graf Alfred vSchlieffen (1833 bis 1913) löste sich von Moltke und führte den völligen Umschwung der Strategie für den Zweifrontenkrieg herbei. vSchlieffen kam zu dem Entschluß, daß der stärkste Gegner, also Frankreich als erstes bezwungen werden müsse. Daher war er der Auffassung, daß man einen solchen Krieg mit einer gewaltigen deutschen Offensive im Westen möglichst früh eröffnen müsse, während man im Osten mit möglichst geringen Kräften an der Seite Österreichs die Abwehr durchhalten könne.

Noch vor dieser gravierenden Schwerpunktverlagerung änderte vSchlieffen die bisherigen Pläne einer Ostoffensive ab. Um möglichst früh den Rücken für die große Schlacht gegen die Franzosen frei zu haben, drängte Schlieffen aus Mißtrauen gegen die Kampfkraft der Österreicher auf einen engeren Anschluß. Er schlug daher die Offensive Schulter an Schulter aus Schlesien vor. Die von Norden greifende Zange gab er zugunsten eines geballten deutschen Angriffs aus dem Raum Posen gegen die Weichsel hin auf. Es ist die Frage, inwieweit dieser Plan von Schlieffen überhaupt noch ernst gemeint war. Notgedrungen war der Plan für den Osten offensiv, da eine reine Defensive für Deutschland im Osten gar nicht, für Österreich allenfalls in den Karpaten möglich war. vSchlieffen schätzte die Österreicher militärisch nicht und ging von dem Grundsatz, daß sich Deutschland primär auf sich selbst verlassen müsse.

Im völligen Gegensatz zu Feldmarschall vMoltke war Schlieffen von der Idee der Zerschlagung des Feindes in einer einzigen gewaltigen Vernichtungsschlacht geradezu besessen. Schlieffen ging davon aus, daß die moderne Waffentechnologie jeden Ermattungskrieg wie von Moltke vorgesehen extrem verlustreich machen würde, selbst wenn man im Westen in der reinen Defensive bleiben würde. Anfänglich teilte der die Idee einer Primäroffensive im Osten, kam jedoch aus Gründen der sich immer weiter verschlechternden Macht-Raum-Zeit Relation davon ab. Wegen des sumpfigen Vormarschgeländes und der zunehmenden Festungsbautätigkeit der Russen an Narew und Njemen hielt er eine Offensive im Osten zwar für möglich, aber für zu Zeitraubend. vSchlieffen ging davon aus, daß die Erste Offensive in viel kürzerer Zeit als man bisher angenommen hatte zum Zusammenbruch eines der beiden Gegner führen mußte.

Der Angriff zuerst gegen Russland würde nach der Meinung vSchlieffens zu viel Zeit kosten, in der Folge dessen müßte Deutschland Truppen in beträchtlicher Stärke im Westen einsetzen müssen um die zu erwartende Französische Offensive auffangen zu können und den Übergang über den Rhein zu verhindern. Dann würde in der Folge an beiden Fronten ein ungünstiges Zahlenverhältnis bestehen.
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#22
Bis zur vollständigen Ausarbeitung eines neuen Offensivplanes im Jahre 1905 arbeitete nun vSchlieffen unermüdlich an einer völlig neuen Lösung. Schon im Ersten Entwurf 1894 war die Überzeugung klar zu erkennen, daß der Gegner nicht aus der Nachhand zu schlagen sei, eine solche Strategie also die Niederlage des Reiches zur Folge haben würde. vSchlieffen setzte also auf eine Hauptoffensive im Westen, die Notwendigkeit des extrem raschen Sieges schied aber das zeitraubende frontale Durchbrechen des französischen Festungsgürtels aus, was zwangsläufig die Idee einer Umgehung ergab.

1897 entwarf vSchlieffen die ersten Pläne einer Umgehung der Feindstellung vor allem an der Maas. Dabei sollte ein großer Teil der Westarmeen um Verdun herumschwenken und schließlich die französische Front bis Lille in ganzer Breite angreifen. Das Vorgehen erforderte aus schieren Platzgründen den Marsch durch Teile Belgiens. Schlieffen ging davon aus, daß der rechte Flügel dazu siebenmal so stark sein müßte, wie der linke Flügel und das Zentrum in Lothringen zusammen. Nach der Vernichtung des regulären Linienheeres sollte dann der Krieg gegen die Territorialtruppen (levee en masse) in einem Vorstoß direkt hinter Paris fortgeführt werden. Die Aufgabe der schwachen Kräfte in Lothringen bestand dabei in einem Ansaugen der französischen Angriffe. vSchlieffen verwendete das Bild einer Drehtür, je stärker die Franzosen die Deutschen zum Rhein zurückdrängen würden, um so stärker würde sie der Stoß von Norden in den Rücken treffen. Dabei war in dieser ursprünglichen Konzeption die sofortige große Umgehung von Paris nicht vorgesehen, das bekannte Bild einer Kaffeemühle deren Griff weitausholend an der Küste entlang über die Seine schwingt, der Drehbolzen in Verdun-Metz, war so nicht, bzw nur für den eigentlich unerwünschten Fall einer großen Flügeloperation gedacht.

Vollständig stand der Plan mit der Dezemberdenkschrift 1905 die vSchlieffen kurz vor seinem Ruhestand fertig stellte. Sie trug den Titel :"Krieg gegen Frankreich" und stand im Zusammenhang mit dem Plan für den großen Westaufmarsch 1905 der schon am 1 April in Kraft trat. vSchlieffen forderte für das Jahr 1905 wegen des Russsich-Japanischen Krieges den sofortigen Angriff auf Frankreich und wollte dafür das ganze deutsche Operationsheer zum Ansatz bringen. Dabei sollten 7 Armeen den rechten Heeresflügel bilden, und nur eine verstärkte Armee ostwärts von Metz operieren. Dennoch kam es nicht zum Angriff.

Der Schlieffenplan erweckt den Eindruck, daß hier Aufmarsch, Operation und Hauptschlacht in einer einheitlichen, gleichsam uhrwerkhaften Gesamtaktion systematisch vorausdisponiert wurden. Das täuscht jedoch, bis auf den Kräfteansatz im Aufmarsch und die operative Grundidee war nichts genauer festgelegt. Der ganze Feldzugentwurf enthielt nur die Markierungen der voraussichtlichen Vormarschabschnitte, er enthielt keine Kampfaufträge und auch keine Dispositionen über das Zusammenwirken der Armeen. vSchlieffen ging davon aus, daß sich ein derart kühner Plan nur durch überlegene Führungskunst umsetzen ließe, er war sich der Bedeutung des Planwidrigen Erfolges und Mißerfolges, der Friktionen durchaus bewußt. Deshalb setzte vSchlieffen alles auf die Schulung des Generalstabes und des Offizierkorps.

vSchlieffens Operationsentwurf der Westoffensive wurde nun von seinen Anhängern als makelloses Siegesbrevier für die schnelle Niederwerfung Frankreichs kanonisiert, von seinen Kritikern jedoch als rein technisch Unmöglich eingestuft. Hätte der Schlieffenplan also überhaupt zum Erfolg führen können bzw warum tat er dies nicht?

Der erste entscheidende Aspekt war hier das Versäumnis eines Präventivkrieges 1905 gegen Frankreich. vSchlieffen drängte den Kaiser nicht wie er es als Generalstabchef hätte tun müssen, er erteilte keinen vorantreibenden Rat oder gar eine Forderung, obwohl die strategisch herausragende Lage überdeutlich war. Mit der Verabschiedung vSchlieffens 1906 diente dann der Plan nur noch als Vermächtnis an den Nachfolger. Hier erfolgte nur der zweite, noch entscheidendere Fehler, die mangelnde Heeresrüstung. Deutschland versäumte es ab 1906, seine Wehrkraft für das Heer voll auszuschöpfen, der Schlieffenplan machte aber eine solche volle Ausschöpfung der Wehrkraft unumgänglich wenn er funktionieren sollte.

Der Nachfolger, Helmuth vMoltke nutzte den ohnehin nicht ausreichenden Zuwachs an mobilen Truppen dazu, den bisher sehr schwachen linken Flügel zu verstärken, ja sogar in eine Starke Angriffsgruppe umzuwandeln. Er schätzte dabei die Auswirkungen eines Einbruchs französischer Kräfte in das Reichsgebiet als zu große strategische Bedrohung für das Saargebiet ein, indem ein Zentrum der Industrie lag. Zur Verstärkung des rechten Flügels sah vMoltke hier nun 6 weitere Armeekorps vor, diese richtige Entscheidung war jedoch Makulatur weil bis zum Kriegsausbruch ein Gros dieser Einheiten nur auf dem Papier bestand. vMoltke versuchte zudem das strategische Konzept so abzuwandeln, daß es möglichst früh zu einer Schlacht der Hauptkräfte kommen würde, was für vSchlieffen gegenüber der Umfassung weniger Prioritär gewesen wäre. Auch diese Überlegung vMoltkes war nicht grundlegend falsch, es fehlten jedoch dazu die Kräfte.


Eine weitere Abwandlung war der Verzicht auf das Durchschreiten des holländischen Südzipfels von Maastricht, das der Plan Schlieffens noch vorgesehen hatte. vSchlieffen hatte dies aus Raumgründen vorgesehen, da seiner Meinung nach die immer weitere Vergrößerung der Streitkräfte Frankreichs ebenso eine weitere Verstärkung des rechten Flügels notwendig machen würde. Der Verzicht darauf um Holland nicht in den Krieg gegen Deutschland zu ziehen hatte jedoch zur Folge, daß der Vormarsch der 1 Armee am äußersten rechten Flügel technisch aus Raumgründen gar nicht mehr machbar war, darüber hinaus ein Handstreich auf Lüttich notwendig wurde.

Trotz all dieser Abweichungen hätte der abgeänderte Schlieffenplan nicht an der Marne und Aisne enden müssen (9 - 15 September) wenn gravierende Führungsfehler auf deutscher Seite vermieden worden wären. Das mangelnde Zusammenwirken der Armeen, unter viel zu losem Zügelgriff der Obersten Heeresleitung, der unbegreifliche Optimismus in den Direktiven zur Feindverfolgung, und die Durchbruchsversuche an der lothringischen Festungslinie durch deutsche Truppen der Mitte führten dazu. Es hätte sich bei Vermeidung all dessen eine viel günstigere Ausgangslage an der Seine ergeben. Noch anders wäre die Lage gewesen, wenn Deutschland die 600 000 felddienstfähigen Leute, die während der Operationen noch zu Hause saßen in Gestalt weiterer Armeekorps gezielt an den rechten Flügel geworfen hätte.

Der Schlieffenplan scheiterte also primär aus dem Wiederspruch der benötigten Mittel und dem tatsächlichen deutschen Rüstungsstand der im Gegensatz zu dem was man gemeinhin annimmt deutlich hinter seinen Möglichkeiten geblieben war. Das Mißverhältnis zwischen der Aufgabe und den dafür eingesetzten Kräften ist unbegreiflich. vSchlieffen wies in seiner letzten Denkschrift noch auf die nötigen, aber noch fehlenden Truppen hin, ihn trifft also kein Vorwurf. Zuletzt schrieb er dem Kriegsminister, dessen Ansicht über die abgeschlosssene Heeresentwicklung nicht teilen zu können, doch Konsequenzen wurden vom Kriegsministerium nicht daraus gezogen.

Selbst seine noch kurz vor dem Tode verfasste allgemeine Studie vom 28 Dezember 1912 forderte hinsichtlich der als mangelhaft bezeichneten Truppenstärke eine völlige Heeresumgestaltung. vSchlieffen äußerte auch die Sorge, der Vormarsch könnte in Belgien stecken bleiben und sah eine Verkleinerung der Divisionen vor, um die Beweglichkeit zu erhöhen und erneut den Durchmarsch durch Südholland mit starken Kräften. Die gesamte Landstreitmacht solle inklusive der Landwehr und den Ersatzdivisionen einen gigantischen Erstschlag ausführen, alles auf eine Karte setzend und die Russen ignorierend, bis hin zur Aufgabe Ostpreußens. Diese Planung entsprang der Erkenntnis einer mangelnden Truppenstärke des Reiches. Auch dies wurde als zu radikal beiseite geschoben. Erst vLudendorff gelang es 1913 seine Vorgesetzen von der Notwendigkeit einer Erweiterung des Heeres zu überzeugen. Die Kürze der Zeit reichte aber nicht mehr aus, von 1906 an hätte sie es.

Das alles zeigt auch klar, daß das Bild, die stereotypische Anschuldigung des rücksichtslos zum Krieg aufrüstenden deutschen Reiches so nicht stimmt. In Hinblick auf das Heer kann davon für den Zeitraum zwischen 1892 (russische-französisches Militärbündniss) und 1913 schon rein quantitativ gesehen überhaupt nicht die Rede sein. Die Ausgaben für die Armee lagen selbst 1913 noch, als man begann hektisch nachzuziehen in Deutschland bei 23,2 Mark pro Kopf, während sie in Frankreich bei 32,8 Mark pro Kopf zu liegen kamen. Deutschland stellte dabei nur 52 bis 54% der Wehrpflichtigen ins Heer ein, während die Ausschöpfungsquote in Frankreich bei 82% lag. Dazu kam die in Frankreich dann 3Jahre währende Wehrdienstzeit wodurch ab 1912 die jährliche Rekrutenquote nochmal um 50 000 Mann gesteigert wurde. Bis 1916 wollte Frankreich dann sein Heer nochmal um weitere 40% verstärken, um 11 772 Offiziere und 468 200 Mann. Präsident Poincare forderte angesichts der Zweifel der Franzöischen Militärs an den Russen die eigene Rüstung bis zum äußersten zu führen, er setzte seit 1912 auch alles auf eine Verkürzung der Mobilmachungszeit und stellte dazu bis 1914 13 neue Eisenbahnlinien mit 21 Gleisen fertig. Die deutschen Militaristen hatten dagegen die weitere Aufrüstung bis 1913 zwar erörtert, aber nie ausreichend ausgeführt, darin liegt der Hauptgrund für das schlußendliche Scheitern ihrer Strategie.

Beschließend der französische General Buat, währen des Krieges dann Generalstabchef dazu : "Die Feindliche Armee war bei Kriegsbeginn viel zu schwach für ihre tollkühnen Pläne und gelangte erst im weiteren Verlauf dann zu einer erschreckenden Stärke. Hätte Deutschland aber ein dem unseren entsprechendes Opfer gebracht und alle ausgebildeten Mannschaften bis zum Alter von 32 Jahren mobilisiert, so hätte es mit einem um eine halbe Millionen Mann stärkeren Heer den Feldzug eröffnet und seine Pläne realisiert."
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#23
Zitat:Der Schlieffenplan scheiterte also primär aus dem Wiederspruch der benötigten Mittel und dem tatsächlichen deutschen Rüstungsstand der im Gegensatz zu dem was man gemeinhin annimmt deutlich hinter seinen Möglichkeiten geblieben war. Das Mißverhältnis zwischen der Aufgabe und den dafür eingesetzten Kräften ist unbegreiflich. vSchlieffen wies in seiner letzten Denkschrift noch auf die nötigen, aber noch fehlenden Truppen hin, ihn trifft also kein Vorwurf. Zuletzt schrieb er dem Kriegsminister, dessen Ansicht über die abgeschlosssene Heeresentwicklung nicht teilen zu können, doch Konsequenzen wurden vom Kriegsministerium nicht daraus gezogen.
Würde hier widersprechen wollen, der Schlieffenplan scheiterte nicht am Mangel der benötigten Mittel, sondern an dem logistischen Problem ausreichend Truppen durch Belgien zu bringen. Nach Schlieffen selber, in seinem letzten Nachtrag, führte jeder Versuch, die Anzahl der Marschverbände zu erhöhen, möglicherweise schon der Aufmarsch der derziet vorhandenen Anzahl, zu einem sinnlosen Stau.
Zwar schreibt Schlieffen von 8 zusätzlichen Armeekorps, die man auf oder hinter dem rechten Heeresflügel benötige, doch enthält der Plan keinerlei Angaben dazu, wie diese Einheiten dort hinkommen sollten oder auf welchen Strassen sie marschieren sollten, da diese schon durch marschierende Korps besetzt waren. Allerdings konnte nur mit diesen 8 Armeekorps ein Erfolg erreicht werden. Der Schlieffenplan war daher im Kern verfehlt.

Hinzukam die Fixierung Moltkes auf ein Cannae, so daß der linke Flügel nach dem Abwehrerfolg gegen den nach Plan XVII vorgetragenen Angriff, selber angriff, statt Truppen an den rechten Flügel abzugeben. Wichtig war auch die Führungsschwäche Moltkes, der zuließ daß von Kluck rechts statt links an Paris vorbeiziehen wollte und so die dt. Flanke entblößte.

Der Verzicht der Dt. auf den Truppenausbau war nicht grundlos, die Generalität hatte Angst, daß man durch den Einzug von Städtern, die man für unzuverlässige sozialistische Elemente, die Kampfkraft und Zuverlässigkeit des Heeres mindern würde.
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#24
Zitat:Zwar schreibt Schlieffen von 8 zusätzlichen Armeekorps, die man auf oder hinter dem rechten Heeresflügel benötige, doch enthält der Plan keinerlei Angaben dazu, wie diese Einheiten dort hinkommen sollten
Das hatte ich ja erwähnt. Durch Holland. Der ursprüngliche Plan sah den Durchmarsch durch Südholland vor, Moltke änderte das ab und deshalb schrieb ich ja extra :

Zitat:Eine weitere Abwandlung war der Verzicht auf das Durchschreiten des holländischen Südzipfels von Maastricht, das der Plan Schlieffens noch vorgesehen hatte. vSchlieffen hatte dies aus Raumgründen vorgesehen, da seiner Meinung nach die immer weitere Vergrößerung der Streitkräfte Frankreichs ebenso eine weitere Verstärkung des rechten Flügels notwendig machen würde. Der Verzicht darauf um Holland nicht in den Krieg gegen Deutschland zu ziehen hatte jedoch zur Folge, daß der Vormarsch der 1 Armee am äußersten rechten Flügel technisch aus Raumgründen gar nicht mehr machbar war,
Zitat:Zwar schreibt Schlieffen von 8 zusätzlichen Armeekorps,
waren es nicht 6 Armeekorps ?! Ich habe aber nur indirekte Quellen, von daher kann ich Schlieffens Schriften nicht direkt zitieren.
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#25
Okay zum Marsch durch Südholland, machen wir doch mal ein kleines Gedankenspiel, zu Anfang hätte das sicherlich was gebracht, den Zipfel Südholland in den Aufmarsch einzubeziehen, da dann mehr Marschwege zur Verfügung gestanden hätte, beim Vormarsch nach Westen wäre man dann wieder direkt auf belgisches Gebiet gestoßen und hätte dann das alte Problem.
Durch Südholland selber zu stoßen, hätte sicherlich Erleichterung gebracht, aber spätestens beim Schwenk nach Süden müsste man dann wieder durch Belgien. Desweiteren hätte diese Truppen einen noch weiteren Weg zu marschieren, wobei die Märsche auch so schon extrem belastend waren.
Weiterhin hätte auch der Rest Hollands besetzt werden müssen, was aus der Hand geschüttelt ungefähr 4 Armeekorps erfordert hätte, die man nicht anderweitig hätte verwenden können. Die hätten auch irgendwo herkommen müssen.
Die Einbeziehung Hollands hätte dem Schlieffenplan mE nicht zum Erfolg verholfen.

Zitat:waren es nicht 6 Armeekorps ?! Ich habe aber nur indirekte Quellen, von daher kann ich Schlieffens Schriften nicht direkt zitieren.
Habe auch nur eine indirekte Quelle, kann daher auch nicht mit einem Direktzitat dienen.
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#26
Zitat:beim Vormarsch nach Westen wäre man dann wieder direkt auf belgisches Gebiet gestoßen und hätte dann das alte Problem.
Aber schon von Anfang an auf größerer Breite. Belgie hat im Endeffekt eine Keilform, so blieben die deutschen Armeen sich gegenseitig behindernd in dem engeren Anfangsteil hängen, im Fall eines Durchmarsches durch Südholland wäre man dagegen auf ganzer Breite von Anfang an durch Belgien gezogen, genug Platz für 2 weitere Armeen.

Dazu kommt die Möglichkeit einer schnelleren Nachführung von Truppen hinter den Frontverbänden.

Desweiteren hätte diese Truppen einen noch weiteren Weg zu marschieren, wobei die Märsche auch so schon extrem belastend waren.

Man hätte aber z.B. Teilweise Eisenbahnen nutzen können die man so nicht nutzte. Im weiteren wäre die Geschwindigkeit nicht so wichitg gewesen, da die Truppen die den Frontverbänden folgten als vergleichsweise frische Reserven (ohne Kampfeinsätze, nur marschierend) an der Marne dann an die Front geworfen hätten werden können. Sowohl in Belgien in seiner ganzen Breite wie in Frankreich ist genug Platz für die Truppen, das Problem ist nur das Herein kommen nach Belgien, der Anfang.

Eine spätere Aufspreitung der Truppen hätte einen kurzzeitigen Umweg nach Norden bedeutet nach der Eröffnung was mehr Zeit gekostet hätte als direkt durch Südholland zu marschieren.

Zitat:Weiterhin hätte auch der Rest Hollands besetzt werden müssen, was aus der Hand geschüttelt ungefähr 4 Armeekorps erfordert hätte, die man nicht anderweitig hätte verwenden können.
Das ist die Frage. Von Schlieffen ging übrigens von 2 Armeekorps aus, wollte aber auch eine diplomatische Lösung noch zusätzlich versuchen. Kontakte mit dem holländischen Geheimdienst ergaben, daß die Chance nicht schlecht war, daß die Holländer ev ruhig halten würden. Trotz der Verletzung der Neutralität hätte das nicht automatisch Krieg mit Holland bedeutet.

Aber ich glaube wir verzetteln uns wenn wir nur zu sehr auf den Platz starren :

Deutschland hatte allgemein einfach zu wenig Truppen in der Eröffnung. Man hätte bei stärkerer Rüstung z.b. auf dem Niveau von Frankreich !! eine Menge Reserven gehabt, mit diesen Reserven die man dann auch per Eisenbahn hätte nachziehen können hätte man 1914 dann die Einsetztende Erstarrung der Front noch verhindern und weiter vorstoßen können womit der Schlieffenplan aufgegangen wäre.

Die Franzosen z.B. der zitierte General Buat (Generalstabschef) sind z.B. genau dieser Meinung gewesen und sind es noch heute.

Fakt ist und bleibt : Deutschland hat zu Lande unter seinen Möglichkeiten gerüstet !! und damit weniger Truppen gehabt als es hätte haben können. Wie auch immer das dann im Detail an dieser einen Stelle ausgesehen hätte, so hätten mehr Truppen im ersten Kriegsjahr für Deutschland in jedem Fall etwas gebracht. Ob nun im Osten oder im Westen ist dabei schon gar nicht mehr so entscheidend.

Mehr Truppen im Westen, und wir hätten die Franzosen schon irgendwie im Ersten Kriegsjahr geworfen, die konnten ja gerade so unter Anspannung der letzten Kräfte die Front halten, mehr Truppen und wir wären durchgebrochen und bis hinter Paris gekommen. Womit schon alles viel freundlicher ausgesehen hätte.
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#27
Zitat:Aber ich glaube wir verzetteln uns wenn wir nur zu sehr auf den Platz starren
Fakt ist und bleibt : Deutschland hat zu Lande unter seinen Möglichkeiten gerüstet !! und damit weniger Truppen gehabt als es hätte haben können. Wie auch immer das dann im Detail an dieser einen Stelle ausgesehen hätte, so hätten mehr Truppen im ersten Kriegsjahr für Deutschland in jedem Fall etwas gebracht. Ob nun im Osten oder im Westen ist dabei schon gar nicht mehr so entscheidend.

Mehr Truppen im Westen, und wir hätten die Franzosen schon irgendwie im Ersten Kriegsjahr geworfen, die konnten ja gerade so unter Anspannung der letzten Kräfte die Front halten, mehr Truppen und wir wären durchgebrochen und bis hinter Paris gekommen. Womit schon alles viel freundlicher ausgesehen hätte.
Ich wage immer noch zu bezweifeln, daß mehr Truppen etwas genützt hätten, wenn für diese einfach kein Platz zum Marschieren vorhanden gewesen wäre.
Mir fehlt allerdings die Generalstabsausbildung und die Zeit um das jetzt anhand von belgischen Straßenkarten des Jahres 1914 nachvollziehen zu können.

Auch daß die Franzosen mit mehr Truppen hätten "geworfen" werden können, wage ich zu bezweifeln. Die Franzosen hätten sich einfach etwas weiter hinten eingegraben und ihr Gegenangriff wäre nicht soweit vorgestoßen.
Für entscheidender halte ich aber, daß bereits Mitte Oktober in der ersten Ypernschlacht, die von schon während des Krieges eingezogenen Freiwilligen und reservisten geschlagen wurde, trotz massiven Kräfteinsatz keinerlei Erfolg erzielt wurde. Und schon vorher bereitgestellte Vebände hätten auch erst einmal durch Belgien marschieren müssten.
Die logistischen Probleme, die den Deutschen schon der Marsch der vorhandenen Truppen durch Belgien brachte, zeigt sich gut daran, daß Korps von der Westfront gegen den Willen der Kommandeure an der Ostfront (!) verlegt wurden.
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#28
bastian postete
Zitat:Die Franzosen hätten sich einfach etwas weiter hinten eingegraben und ihr Gegenangriff wäre nicht soweit vorgestoßen.
Hm. Sowohl 70/71 als auch im Zweiten Weltkrieg zeigte sich der Generalstab der Franzosen sehr schwerfällig beim Anpassen an schnelle Durchbrüche durch ihre Front. Warum sollte es zwischen diesen beiden Perioden anderes gewesen sein?
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#29
Habe mich vielleicht ungeschickt ausgedrückt, meinte den Angriff der 6. Armee der Franzosen auf die 1. Armee von Klucks in der Flanke aus der die Marneschlacht und der dt. Rückzug resultierte.
Also nicht einen Durchbruch auf den ein schneller Gegenangriff folgt.

Desweiteren kann man die französische Armee von 1870 und die des 2.WK nicht mit der des 1. WK vergleichen, das französische Reservesystem versagte 1870, 1940 waren die Franzosen durch ihre Defensivstrategie und den monatelangen Drol' de guerre zermürbt, als die Dt angriffen. Desweiteren war der französische Angriffsgeist durch Maginot Mentalität und die horrenden Verluste des 1.WK erloschen.
Die französischen Truppen des 1.Wk waren da von ganz anderem Kaliber, Kommandeure wie Foch oder Magin besaßen einen immensen Offensiv- und Angriffsgeist-
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#30
Ich muss Bastian da schon zustimmen:
1870 herrschte zwar eine öffentliche Begeisterung sondergleichen zu Anfang, allerdings war die Armee nicht im gleichen Umfang moralisch udn geistig mobilisiert. Von der Imkompetenz der Führung ganz zu schweigen.
Auch war das Zweite Kaiserreich inzwischen innerlich sehr morsch, das Regime das Napoleon III war am Ende.
Als dann Napoleon kapitulierte und sich in Bordeaux (??) eine neue republikanische Regierung formierte, setzte diese den Widerstand fort... allerdings war das Land noch zu sehr gelähmt durch die Zeiten unter Napoleon und die unselige Pariser Kommune tat ein übriges um da Kräfte zu abstrahieren.

1940 war Frankreich eigentlich an allem interessiert, nur nicht an Krieg: Die Wirtschaftskrise war spät, aber dafür genauso stark über Frankreich hereingebrochen und das Land war erst dabei sich langsam zu erholen...
Auch war die Führung schlecht ( Gamelin... welch großes Genie) und war noch ganz und gar im militärischen Denken des Ersten Weltkriegs verhaftet.

1914 herrschte im Land aber Kriegswillen und Begeisterung und auch die militärische Führung war nicht so inkompetent wie 1870 oder 1940.
Schönes Beispiel: Die Pariser Kriegstaxis. Mögen sie vielleicht nicht so viel bewegt haben, doch zeigen sie deutlich, dass man zum Kämpfen entschlossen war.
Außerdem hätte Joffre am liebsten den Schlag gegen die Deutschen noch länger herausgeschoben, wenn er nicht von dem Militärbefehlshaber von Paris ( der name ist mir leider entfallen), dazu überredet worden wäre....

Letztlich hätte einfach die Lücke im deutschen Aufmarsch und beim Vorrrücken nie und nimmer so groß ausfallen dürfen. Weitere Truppen hätten vieleicht geholfen, nur hätten damit mehr Soldaten auf den langen Nachschublinien versorgt werden müssen. Dies wäre auch eine erhöhte Schwierigkeit, die zu mehr Problemen hätte führen können.
Interessant hierbei finde ich Bastians Einwand, dass vorallem städtische "Elemente" mit Vorsicht genussen wurden in der Armee. Dies muss man aus der damaligen Perspektive sehen und da ist solch ein Denken von autoritären-preuß. Offizieren nicht mal so abwegig.
Die Sozialdemokratie hatte unter dme städtischen Proletariat eine enge und starke Anhängerschaft, die gut organisiert war.
Letztlich bewahrheitete sich die Skepsis der Führung doch auch 1918
:evil:
Also, mehr Truppen hätte nicht automatisch mehr Erfolg gehießen. Diese Gleichung ist zu einfach. Selbst mit mehr Truppen hätte man dieselben strategischen Fehler begehen können und der franz. Widerstandwillen war groß in diesem Krieg...
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