Requiem für eine europäische Armee
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Litauen

Requiem für eine europäische Armee

Ein Massengrab öffnet den Blick auf eine europäische Katastrophe: Den Untergang der Grande Armée Napoleons im Winter 1812. In Vilnius starben 35000 Soldaten einen fürchterlichen Tod. Jetzt rekonstruieren Anthropologen die Tage des Schreckens

Zitat:Vilnius, im Sommer 1812. Am 28. Juni, einem Sonntagnachmittag, ritt Napoleon in der Stadt ein, die damals zu den größten des russischen Reiches gehörte. Quartier bezog der Empereur im Erzbischöflichen Palais – dem jetzigen Präsidentenpalast. Schon als sie Vilnius im Sommer erreichten, waren Zehntausende Soldaten wochen- oder monatelang anmarschiert aus Portugal und Spanien, Italien und der Schweiz, Österreich und Kroatien, Belgien, Baden und Hessen, Preußen und Bayern, Westfalen, Mecklenburg und Sachsen. Nicht wenige hatten ihre Stiefel bereits hier durchgelaufen und mussten barfuß weitermarschieren. Auf dem Papier hatte Napoleon fast 600000 Mann und 160000 Pferde für die Invasion aufbringen lassen.

Es war eine Koalition der Willigen und der Unwilligen, verbündete und unterworfene Staaten mussten ihre Kontingente stellen. Die willigsten waren die Polen mit 95000 Mann. Ihnen hatte Napoleon die Befreiung vom russischen Joch verheißen. Sie selbst erträumten sich von Moskaus Untergang einen Staat, ähnlich mächtig wie ihr altes Jagellonenreich. Verlassen konnte sich der französische Kaiser besonders auf die 24000 Bayern. Die Truppen des Rheinbundes zogen die Franzosen den Preußen vor, die Preußen waren durch den Tilsiter Frieden zur Entsendung eines Hilfskorps gezwungen. Insgesamt wünschten zwei Drittel der beteiligten Völker alles andere als einen Krieg mit Russland.

Vilnius war das große Fort für den Feldzug der zwangsvereinigten Staaten von Europa. Napoleon blieb hier bis weit in den Juli hinein und überwachte die Befestigung der Versorgungsbasis. Von Norden her war die Stadt verwundbar. Die Soldaten hoben im Vorfeld Gräben zur Verteidigung aus. Sie konnten nicht ahnen, dass sie damit die eigenen Massengräber schaufelten, zu denen sechs Monate später die froststarren Toten der verlorenen Armee gekarrt wurden..............
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#2
NUn ja, Vilnius oder eben auch polnisch Wino eignete sich sehr gut als basis für den Feldzug. Alsd einstige Hauptstadt des großfürstentums Litauen und damit dann später als eine der größten und wichtigsten Städte der alten polnisch.litauischen Adelsrepublik war Vilnius gut geeignet als Ausgangspunkt, insbesondere da die Einheimischen und insbesondere die ausschlaggebenden Oberschichten allesamt noch starke Innere Verbundenheit zum alten polnisch-litauischen reich hatten und jenes gerade mal erst vor 17 jahren ja untergegangen war.
Daher wurden die napoleonischen Truppen zuerst freudig begrüßt in Vilnius, insbesondere natürlich auch die polnischen Truppen des damaligen Großherzogtums Warschau, das damals als Satellit Napoleons eine ARt verkleinertes Ersatzpolen war und wohl zum Kernstück bzw. zum Grundstein eines neuen polnischen reiches werden sollte.
Inbesondere die polnishce kavallerie wurde von Napoleon geschätzt und anch dem Vorbild seiner polnischen Ulanen ließ er die kaiserlichen Lanciers auch mit lanzen ausrüsten.
Wobei ja POlen in den Reihen der französischen Armee seit 1797 schon Dienst taten.
Veteranen der polnischen REvolutionbskämpfe und der des großen Unabhängigkeitskampfes von 1794 hatten sich nach Westeuropa geflüchtet und hatten dort unter Dombrowski eine polnische legion formiert.
jene Einheiten wurden dann vergrößert durch die Gründung des Großherzogtums Warschau.
Also kann man sagen, dass ausländishce Truppen nicht erst im großen Feldzug von 1812 eine große Rolle spielten für Napoleon. Schon 1809 kämpfen polnische Einheiten sowohl mit in Spnaien als auch gegen Österreich.
Daher kann man schon eher davon sprechen dass europa oder zumindest einige teile davon für napoileon kämpften.
Ebenso die Rheinbundtruppen. Jener wurde ja 1807 nach der sieg gegen Preußen aus der taufe gehoben zusammen mit seinem herzstück dem Königreich westfalen.
Insgesamt waren die Deutschen Rheinbundtruppen und die polnischen Einheiten auch die loyalsten.
Die Preußen setzten sich schnell ab nach, nachdem ihr Oberbefelshbaer Yorck mit den Russen bei Tauroggen eine KOnvention ( Übereinstimmung) geschlossen hatte.
Die Österreicher sprangen erst später ab.
Insgesamt blieben die Polen die loyalsten. Selbst noch in der Vielvölkerschlacht bei Leipzig blieben sie an der seite napoleons obwohl einige wie die sachsen oder die würtemberger überliefen.
Selbst noch 1814 in der schlacht um Frankreich kämpften polnische kavallerieeinheiten weiterhin auf franz. Seite.
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#3
Dombrowski Truppen kämpften doch auch in Italien ( Nationalhymne ? ) ...


Jan-Hendrik
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#4
Jep, da haste recht.

Sie formierten sich zuerst in Italien und kämpften dort für die Franzosen bzw. zeitweise für die franz. Vasallen und Verbündeten dort bis sie dann später in die Armee des neuen Großherzogtums Warschau miteingegliedert worden zum größten teil.
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#5
Ich frage mich, ob der Feldzug von Napoleon gegen Rußland nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Denke, daß diese Masse an Truppen und die großen Entfernungen, die sie zurücklegten, die Logistik des Empire eindeutig überfordert haben dürfte. Mir ist bekannt, daß sich die Grande Armee schon auf dem Marsch nach Moskau aus dem Land versorgen mußte.
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#6
Zitat:Ich frage mich, ob der Feldzug von Napoleon gegen Rußland nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Denke, daß diese Masse an Truppen und die großen Entfernungen, die sie zurücklegten, die Logistik des Empire eindeutig überfordert haben dürfte. Mir ist bekannt, daß sich die Grande Armee schon auf dem Marsch nach Moskau aus dem Land versorgen mußte.
Das mit der Versorgung war so geplant, soweit ich weiss, insbesondere gegen Ende, als es auf Moskau zuging, da sonst die Versorgungslinien zu lang geworden wären. Napoleon ist ja bekanntlich in einer geraden Linie direkt nach Moskau marschiert (anders als die Deutschen später) und bereits dabei ist seine Armee sukzessive zusammengeschmolzen. Das Problem war allerdings, dass gerade die Versorgung aus dem Land nicht funktioniert hat, da die sich zurückziehenden Russen (Militär wie Bevölkerung) so gut wie nichts verwertbares dagelassen haben.
Fehlgeschlagen ist die ganze Sache im Prinzip deswegen, weil sich Napoleon insofern verkalkuliert hat, dass er annahm, mit der Einnahme Moskaus würde Russland kapitulieren, was es ja bekanntlich nicht tat. Sein Plan an sich hat ja ganz gut geklappt (trotz der Verluste), nur war dieser Plan halt im Ansatz schon falsch.

Übrigens waren die Preußen (soweit ich weiss auch die Österreicher) ja am cleversten, denn sie haben den Großteil ihrer Truppen zu den Garnisonseinheiten abgeordnet, die nicht bis nach Moskau marschieren würden, sondern den Weg abzusichern hatten. Dadurch hatte Preußen seine Schlagkraft nach dem desaströsen Feldzug fast nicht vermindert, anders als Napoleon. :evil:
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#7
@Turin
Kurz: Napoleon war nicht auf den Gedanken gekommen, daß sich Rußland zu einer Taktik der verbrannten Erde entscheiden könnte?
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#8
Zitat:@Turin
Kurz: Napoleon war nicht auf den Gedanken gekommen, daß sich Rußland zu einer Taktik der verbrannten Erde entscheiden könnte?
Ja, das würde ich so sagen. Und vermutlich konnte er nicht glauben, dass ein Gegner nach dem Verlust seiner Hauptstadt und dem Zentrum seiner Macht weiterkämpfen würde. Schließlich wurde ein Krieg traditionell so geführt, dass man versucht, das Machtzentrum des Gegners als strategisches Ziel einzunehmen. 1871 z.B. hat das wieder ganz gut geklappt (auch wenn da vorher die Entscheidungsschlachten gegen die französische Armee dazukamen, soweit ich weiss, gab es sowas gegen die Russen nicht). Die Russen haben eben ihren größten Vorteil (den sie eigentlich bis heute haben) excellent ausgespielt, nämlich Land gegen Zeit zu tauschen.
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#9
@Turin
Zitat:Die Russen haben eben ihren größten Vorteil (den sie eigentlich bis heute haben) excellent ausgespielt, nämlich Land gegen Zeit zu tauschen.
Zudem haben die Russen keine starre Front aufgebaut, sondern quasi eine Art Guerillakrieg mit hochbeweglichen Einheite - Kavallerie - geführt. Das dürfte die Grande Armee ebenso ausgeblutet haben wie die Kälte und der Mangel an Nachschub.
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#10
Jep. Kann man alles gut und gerne so sagen.
Die große Stärke der russen war eben ihre zähigkeit, von Soldaten wie auch von der Zivilbevölkerung.
Die von Marschal Kutusow durchgesetzte Rückzugstaktik traf die Franzosen eben doch recht unvorbereitet und empfindlich da die Franzosen und deren Allierten viel eher allein durch die Aufgeblähtheit ihrer Verbände und der schwierigen Versorgungslage an einem schnellen sieg hätte liegen müssen.

Dieser sollte eben durch den direkten marsch auf moskau erreicht werden.
Wobei die Siege von Smolensk und Borodino für die franz.-allierten Truppen zwar deutlich waren, jedoch gelang es nie die geschlagenen russ. Truppen gänzlich zu umfasen und zu vernichten.

Zudem stellten eben die Guerillataktik ein großes probelm für die Franzosen dar... die russ. Kosaken setzten den allierten extrem zu......
wobei gerade diese dinge mich doch extrem nachdenklich machen.
Und vorallem zeigen, dass napoleon doch extrem verblendet war.

Und gerade hier hätte er auf die kampfweise und die erfahrungen seiner engsten und loyalsten Verbündeten setzen müssen: auf die polen.

Auch den Polen gelang es nicht Rußland zu unterwerfen, obwohl fast genau 200 jahre eher , 1610, polnische Truppen ebenso Moskau besetzten und für zwei jahre eine polnische garnison im kreml zu finden war: der fehler der polen damals aber militärisch: zu wenige truppen wurden nachgeführt ( wobei die pol. truppen damals immer gering an zahlen war), eine lange belagerung von smolensk wurde durvchgeführt und man versäumte mit den mobilen und autonom operierenden polnischen kavellerieverbänden (an sich eigentlich auch eine alte polnische miliotärstategie, einen an zahlüberlegenen gegner mit überlegener kavellerie zu attackieren und das imm und immer wieder)ins landesinnere vorzustoßen und dort möglichen widerstand zu unterbindne oder zu stören, auch erhielt die kremlgarnison beim eintrefen russ. truppen vor moskau keine verstärkung....

da es aber den polen eben so schmählich erging und 100 jahre später die schweden unter karl XII sogar schon in der ukraine bei poltawa scheiterten, also sogar noch weit vor den polen und einem möglichen marsch gen moskau, hätte napoleon eigentlich schon mehr von den russen erwarten müssen und seine schieren truppenmassen bei den unvorhersehbaren unwägbarkeiten eines solchen einmarsches nicht sinnlos und planlos einfah so gen moskau werfen dürfen...
es würde mich sowieso mal interessieren, warum napoleon, der doch so sehr die poln. Kavellerie geschätzt hat nicht auch deren alte taktik übernommen hat ( denn auch wenn die poln. Armee nach 1700 mehr ein schatten war, so lag das nicht an den truppen an sich oder deren taktik, es waren eher andere gründe die da für den niedergang verantwortlich waren) und den vormrsch hat sichern lassen mit entsprechend selbstständig operierenden kavellerieeinheiten, die auch weit im feindesland selbst ablenkungs- und umfassungsmänover, sowieso störangriffe hätten fahren können, auch hätte man versuchen müssen die kosakeneinheiten zu neutralisieren...
mhm :misstrauisch:
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