(Zweiter Weltkrieg) Die, die nicht (mehr) mitmachen wollten
#16
Zitat:pseunym postete
Ahh.... Das ist also das Problem..... Keine Problem scheint es aber zu sein, dass ehemaligen KZ Wächtern und sonstigen "Verbrechern" aus der damaligen Zeit lange Jahr Pensionen etc. gezahlt wurden.......
Ja, man hätte sie verhungern lassen sollen.

Zitat:Darauf läuft es eben nicht hinaus, wenn man diejenigen, die von der damaligen Unrechtsjustiz (und die Wehrjustiz des 3. Reiches war auch nach den damaligen Grundsätzen genau das) jetzt rehabilitiert und diese Vorkommnisse nicht verschweigt, sondern offensiv anspricht.
Weiss ich nicht. Zunächst mal ist ja jede ausführende Behörde der Nazis eine Unrechtsorganisation und ihre höheren Repräsentanten waren meist auch Ziehkinder oder Günstlinge der Partei. Nach Knoppschem Schema reicht das für eine, moralisch nachvollziehbare, Bewertung.

Nimmt man sich die Zeit und vergleicht verfügbare Unterlagen zu Prozessen gegen Mannschaften, dann denke ich, ohne das jetzt direkt geprüft zu haben, dass etwa 90% durchaus mit denen in anderen Streitkräften "vergleichbar" sind. Höhere Unteroffiziersgrade und vor allem Offiziere wurden aber weitaus stärker gegängelt und bestraft. Das Chaos in den letzten Kriegsmonaten selbstverständlich ausgenommen.
Das legitimiert das System nicht, ist aber einer dieser kleine Bausteine, die man kennen sollte, um nicht in den Glauben zu verfallen, dieser Nazi-Rechtsapperat sei von heute auf morgen aus dem Hut gezogen worden. Sie tauschten die Spitzen aus und fütterten das bestehende System von oben mit fragwürdigen Richtlinien, die, je nach dem, wie der Kriegsgerichtsrat bei der einzelnen Einheit so war, mehr oder minder scharf ausgelegt und in wenigen Fällen auch ignoriert wurden.

Wir reden hier in der Masse ja nicht über Prozesse wegen "politischen" Verstössen, sondern über Dienstvergehen, Verbrechen wie Schlafen auf Posten, Befehlsverweigerung, unerlaubte Abwesenheit, Vergehen gegen Zivilisten (Diebstahl, Vergewaltigung usw.).

Ich denke aber, dass, zumindest in der Summe, die Russen mehr Todesurteile vollstreckten.
Zitieren
#17
Zitat:Ich denke aber, dass, zumindest in der Summe, die Russen mehr Todesurteile vollstreckten.
Mal für einen kurzen Moment angenommen, dass das richtig wäre (ohne, dass ich Zahlen dazu kenne): Ich finde es merkwürdig bzw. interessant, dass du jetzt so etwas schreibst. Was hat das mit der Diskussion um den Umgang mit Wehrmachtsdeserteuren zu tun? Mir fällt auf, dass immer wieder, wenn es darum geht, das Dritte Reich bzw. einzelne Institutionen "in Schutz" zu nehmen, irgendwann die lieben Relativierungen auftauchen, nach dem Schema "Na gut, es war schlimm, aber da gabs andere, die waren noch viel schlimmer!" Erinnert mich sehr an das Schema auch um die Konzentrationslager-Diskussionen, wenn dann am Stammtisch der Satz fällt "Aber guck doch mal, wieviele Menschen die Russen in den Gulags umgebracht haben!"
Soll nun so der Eindruck vermittelt werden, dass das Justizsystem also deswegen doch gar nicht so schlimm gewesen ist und dass (in Verlängerung dieses Arguments) also auch die Deserteure offenkundig falsch handelten? So eine Denkrichtung führt exakt in die von pseunym angesprochene Richtung, nämlich, dass man die Verfehlungen unter Hinweis auf andere, die noch schlimmer waren, letztendlich verschweigt. Relativierung ist in dieser Hinsicht nach meiner Wahrnehmung der Versuch der Marginalisierung.
Zitieren
#18
Jeder Versuch der Relativierung bei diesem Thema ist, auf Deutsch gesagt, herzlich albern. Wer versucht die Verbrechen die während der NS-Diktatur verübt wurden, egal ob an deutschen "Wehrkraftzersetzern", Minderheiten oder russischen Soldaten, in irgend einer Form zu relativieren, herunter zu spielen oder ungeschehen zu machen der hat weder die Brutalität des Regimes erkannt, noch hat er verstanden, dass die (eigenen) Taten nicht dadurch besser werden, dass andere schlimmeres getan haben. Abgesehen davon haben die Russen in keinster Weise mehr Todesurteile vollstreckt, zumindest nicht standrechtlich, dem sei auch noch hinzu zu fügen, dass man letztendlich nur prozentual diese Sache betrachten kann, setzten die Russen im Kriegsverlauf doch weit mehr Soldaten ein als die Wehrmacht und SS während des "Unternehmen Barbarossas" und dem anschließenden Rückzug bis nach Berlin.
Zitieren
#19
Zitat:Turin postete Was hat das mit der Diskussion um den Umgang mit Wehrmachtsdeserteuren zu tun?
Es hat mit dem Umgang mit getöteten Deserteuren und dem Zwang zu differenzieren zu tun. Den Ansatz nur von denen zu sprechen "die nicht mehr mitmachen wollten" fand ich merkwürdig.

Zitat:Mir fällt auf, dass immer wieder, wenn es darum geht, das Dritte Reich bzw. einzelne Institutionen "in Schutz" zu nehmen, irgendwann die lieben Relativierungen auftauchen, nach dem Schema "Na gut, es war schlimm, aber da gabs andere, die waren noch viel schlimmer!" Erinnert mich sehr an das Schema auch um die Konzentrationslager-Diskussionen, wenn dann am Stammtisch der Satz fällt "Aber guck doch mal, wieviele Menschen die Russen in den Gulags umgebracht haben!"
Über diesen Zustand bin ich lange hinaus - beide Systeme waren in ihrer praktischen Umsetzung indiskutabel. In der histrorischen Aufarbeitung sind sie es nicht, ja dürfen sie es nie sein.
Wenn jede Parallele als "Relativierung" gilt, tut es mir leid. Ich weiche hier ganz bewusst vom Knoppschen Schema ab und streue mir nicht alle zwo Zeilen Asche aufs Haupt. Wenig produktiv und realitätsfremd, wenn man bedenkt welche Summe an Erfahrungen, ohne bundesdeutsches zutun, von Russland, den USA u.a. nach dem Krieg in allen Bereichen adaptiert wurden - z.B. in der Seenotrettung von Piloten. Solch ein Thema liesse sich beispielsweise nie ohne Relativierungen besprechen.

Zitat:Soll nun so der Eindruck vermittelt werden, dass das Justizsystem also deswegen doch gar nicht so schlimm gewesen ist und dass (in Verlängerung dieses Arguments) also auch die Deserteure offenkundig falsch handelten?
Es gibt nicht "die Deserteure", wie ich bereits erschöpfend ausgeführt habe. Deine Relativierungen sind hier fehl am Platze... (Justiz - siehe letzter Teil der Antwort)

Zitat:... dass man die Verfehlungen unter Hinweis auf andere, die noch schlimmer waren, letztendlich verschweigt. Relativierung ist in dieser Hinsicht nach meiner Wahrnehmung der Versuch der Marginalisierung.
Darum ging es nicht. Die Verfehlungen der BRD im Aufarbeiten der Einzelschicksale sind unstrittig, denn nur so wäre eine differenzierte Betrachtung möglich.

Meine Anmerkungen zur Wehrjustiz (nicht "Justiz") im dritten Reich sollten nur darlegen, dass es nicht ohne weiteres immer möglich war, als kleiner Schütze, o.ä., das beispiellos grausame Justizsystem als das zu erkennen. Keine Transparenz und selten offensichtlichen Hinweise, wie etwa ein Nazi-Richter auf einem Tron von blutigen Schädeln (wie es einige Ausführungen von euch nahelegen zu scheinen).
Zitieren
#20
Echt interessant wie die Diskussion abgekommen ist:

Also, den meisten war durchaus bewußt, was das für ein Regime war, nämlich ein Unrechtsregime. Gerade die Soldaten an der Ostfront mußten, was da für Schweinerei passierten, immerhin waren sie teilweise auch daran beteiligt.
Daher kann man kaum davon sprechen, dass der Soldat als „kleiner Mann" nicht ungefähr wußte, was los war. Nicht umsonst gab es soviel Bespitzelung und Überwachung; in einem freieren Land wäre dies derart nicht möglich/nötig gewesen, auch im Kriege.

Daher fällt für mich, ohne langes Ausdifferenzieren, Desertation als Form des legitimierten Widerstandes gegen ein Unrechtsregime nicht in die Kategorie Verbrechen.
Unabhängig nun davon, wie genau die Motive waren, ob nun rein persönlich oder politisch bzw. wie ich ausgeführt habe, ob es ein Mix war daraus.
An sich recht egal.

Für mich zählt eben der Unrechtscharakter des Regimes und daher auch das Recht des Widerstandes gegen ihn, egal auf welche Weise.
Daher hätt man, nach kurzer Prüfung der Fälle, schneller die Deserteure von ihrem Makel befreien müssen. Natürlich dürften Leute, die einen Mord gegangen haben oder ähnliche Verbrechen, nicht befreit werden. Doch sind solche Fälle sicher die absolute Minderzahl, denn Mord und Verbechen wurden ja von staatlicher Stelle befohlen. Also fällt diese Einschränkung aufgrund der historischen Sitaution auch weg.

Die Diskussion, die sich dann hier weiterentwickelt hat, ist da erkenntnistechnisch eher irrelevant bzw. Frage ich mich, wie die zustande gekommen ist.

Weierthin, es gag sein, dass gerade Wolf den Herrn Knoop nicht mehr sehen und hören kann ( dann einfach solche Dokus nicht gucken Wink ), aber manche Sachen bleiben ja trotzdem "wahr", auch wenn Leute sie übertrieben darstellen.

Ob nun Russen oder ähnliches wieviele Urteile auch immer vollstreckt haben, ist da irrelevant.Denn hier geht es primär darum, ob Desertation damals legitimiert war und ich sehe dies durch die Schwere der Staatsverbechen durchaus gegeben.
Zitieren
#21
Zitat:Erst wenn der Bundeskanzler und der Verteidigungsminister einen Kranz am Grab des unbekannten Deserteurs nieder legen, statt die "Opfer der nationalsozialistischen Gewalt" um Vergebung zu bitten, werden die Deserteure als das anerkannt sein, was sie wirklich waren: Widerstandskämpfer, die sich einem Mordapparat verweigert haben.
Es geht mir hierbei nicht darum ob das Desertieren im Dritten Reich legitimiert war oder nicht, letztendlich muss man feststellen, dass jeder der nicht mehr kämpfte, half den Krieg früher zu beenden, es geht mir darum, ob jemand der zum Deserteur wurde weil er zu seiner liebsten wollte oder was auch immer als Wiederstandskämpfer gewürdigt werden sollte. Meiner Meinung haben sich das nur die Deserteure verdient die sich tatsächlich und ganz bewusst gegen den Nationalsozialismus und gegen das NS-Regime entschieden und nicht die jenigen die sich für ihr privates Wohl entschieden.

Greetz
Zitieren
#22
Nicht unbedingt.
Wenn ein Staat in seinen Handlungen nicht legitimiert ist, seine von ihm befohlenen Aktionen nicht rechstens sind und er sich nur auf direkten Zwang, also auf Zwangs- und Gewaltherrschaft stützt, dann bricht er im Prinzip seine Fürsorgefunktion für den Bürger, also die Sicherstellung von Sicherheit, Frieden und Recht. Alles Funktionen des Staates, für die er besteht und für die er Macht über seine Bürger erhält mittels Recht und Gesetz.

Sind all diese Bindungen zwischen Bürger und Staat aber verletzt, ist letztlich der Einzelne ausgeschaltet und zum Kollektivteil bzw. Rädchen im Vernichtungswerk des Unrechtsstaates degradiert, so verliert der Staat auch seinen Herrschaftsanspruch. Daher steht es dem Bürger auch frei seine persönlichen Vorstellungen zu verwirklichen und so dem Staat abzuschwören.

Um diese abstrakte Staatslegitimation mal zu veranschaulichen:
Die Wahrscheinlichkeit ist doch viel höher für Desertation, wenn du als Soldat schon fast bis in den Kaukasus gezogen bist, Zivilisten massenweise getötet wurden, du das alles gesehen hast und nun du wieder an die Oder und weiter zurück getrieben wirst. In solch eienr Situation ist Desertattion viel wahrscheinlicher, als wenn du ein amerik. Soldat bist, der nach Europa kommt, einen "gerechten Krieg" führt und es befreien willst.
Da liegt schon ein gewisser Unterschied drin.
Zitieren
#23
Du hast recht, ich sehe es aber so, dass Soldaten die aus reinen persönlichem Interesse desertieren nicht als Widerstandskämppfer "gehandhabt" werden sollten. Das Deseutere im Dritten Reich gernerell nicht mehr offiziell als solche bbehandelt werden sollten ist meiner Auffassung nach schon richtig.
Zitieren
#24
Gut, ok, diese Feinunterscheidung kann man ja ruhig machen...Alle Desertateure nun posthum zu ehrvollen Widerstandskämpfern zu machen, ist ja auch von der Sache her etwas übertrieben, immerhin hätte man ja auch anders und effektvoller Widerstand leisten können.
Also Widerstandskämpfer sind unsere Deserteure nicht unbedingt in "reiner Definition", vielleicht -sagen wir mal- indirekte Widerstandskämpfer, passive Widerstandskämpfer. Je nach Motivlage meinetwegen unterschiedlich stark.
Aber, darum ging es mir, sind ihre Desertattionen in der überwiegenden Mehrheit der Fälle legitimiert im Nachhinein ( bis auf die marginalen Einschränkungen, die ich in nem obigen Post gemacht habe)
Zitieren
#25
Zitat:Thomas Wach postete
Echt interessant wie die Diskussion abgekommen ist:

Also, den meisten war durchaus bewußt, was das für ein Regime war, nämlich ein Unrechtsregime. Gerade die Soldaten an der Ostfront mußten, was da für Schweinerei passierten, immerhin waren sie teilweise auch daran beteiligt.
Daher kann man kaum davon sprechen, dass der Soldat als „kleiner Mann" nicht ungefähr wußte, was los war. Nicht umsonst gab es soviel Bespitzelung und Überwachung; in einem freieren Land wäre dies derart nicht möglich/nötig gewesen, auch im Kriege.
Damit sind wir wieder am Anfang. Nur, dass du jetzt nicht mehr latent unterstellst die Leute hätten richtig Bescheid gewusst - sondern offen. Ich habe schon einige Jahre mehr auf dem Buckel als der Forumsdurchschnitt und hatte so das Glück meine Grossväter noch vom Krieg erzählen zu hören. Von einem habe ich gar die Tagebuchaufzeichnungen des Russlandfeldzuges gelesen, die er, verbotenerweise, damals im Feld geschrieben hat.

Zusammengefasst: Die gesamte Wahrnehmungsart, unabhängig vom Wissensstand, der normalen Soldaten damals unterscheidet sich derart von unserer/meiner heutigen, dass ich nicht glaube dass diese, teils hoch philosopischen Ansätze, die du vorgebracht hast, anwendbar sind.
Das ist als wolltest du Windows XP auf einem C64 laufen lassen - oder umgekehrt: eine Datasette mit einem CD Laufwerk abspielen.

Da das Kernproblem der Ursprungsdiskussion aber wohl ausreichend herausgearbeitet wurde, denke ich, können wir das an einem anderen Ort weiterbesprechen.
Zitieren
#26
Nun gut, man kann wohl darüber streiten, wie die Leute damals informiert waren und inwieweit sich die leute auch damals einen Kopf gemacht haben oder wie sie denn nun dachten damals, gerade im Hinblick auf unsere Deserteure.

Nur, bei der Diskussion ging es ja darum, dass jene Deserteure eben nicht nur verständlicherweise in der Nazizeit verfolgt wurden, sondern dass auch noch sehr lange in die bundesdeutsche Ära hinein, bis nach der Wende soagr jene weiterhin kriminalisiert blieben.

Daher spielt ja letztlich die Frage, über die wir uns streiten, nicht mal ne große Rolle für das spezielle Thema hier bzw. die Fragestellung.
Denn:Nach dem Krieg wußte man ja schon, was abging, man konnte daher im Nachhinein durchaus die Desertation anders betrachten, sie unter den von u.a. mir gebrachten Argumenten legitimieren und vorallem die Opfer rehabilitieren. Und das nicht erst nach der Wende!
Das ist ja der Punkt, der mir so aufstößt. Das noch lange in der bundesdeutschen Geschichte solchen Sachen eben unter die Decke gekehrt wurden, obwohl im Nachhinein die Aufrechterhaltung der Kriminalisierung eigentlich eine Schande war!
Zitieren
#27
Zitat:Wolf postete
Damit sind wir wieder am Anfang. Nur, dass du jetzt nicht mehr latent unterstellst die Leute hätten richtig Bescheid gewusst - sondern offen. Ich habe schon einige Jahre mehr auf dem Buckel als der Forumsdurchschnitt und hatte so das Glück meine Grossväter noch vom Krieg erzählen zu hören. Von einem habe ich gar die Tagebuchaufzeichnungen des Russlandfeldzuges gelesen, die er, verbotenerweise, damals im Feld geschrieben hat.

Zusammengefasst: Die gesamte Wahrnehmungsart, unabhängig vom Wissensstand, der normalen Soldaten damals unterscheidet sich derart von unserer/meiner heutigen, dass ich nicht glaube dass diese, teils hoch philosopischen Ansätze, die du vorgebracht hast, anwendbar sind.
Das ist als wolltest du Windows XP auf einem C64 laufen lassen - oder umgekehrt: eine Datasette mit einem CD Laufwerk abspielen.

Da das Kernproblem der Ursprungsdiskussion aber wohl ausreichend herausgearbeitet wurde, denke ich, können wir das an einem anderen Ort weiterbesprechen.
Nein, da sist so nicht richtig, man kann Unrecht und Verbrechen nicht mit Unwissenheit oder anderen Standpunkten bzw. Wahrnehmungen entschuldigen.
Auch ich konnte die Dokumente meines Großvaters lesen, Tagebucheinträge, verschiedenste Aufzeichnunungen etc. und dies lässt für mich nicht den Schluss zu, dass man von nichts wußte bzw. es damals einfach anders wahrnahm.
Sicherlich ist die geschichte des Zweiten WKs und des Holocaust im historischen Zusammenhang zu sehen, trotzdem existiert das Wort "Völkermord" nicht erst seit '45 und auch wenn damals eine anderer Zeitgeist herrschte, so reichte der Wissensstand des ganz normalen Deutschen, das ist wissenschaftlich belegt, um zumindest in Ansätzen zu wissen was los war und dieses Wissen hätte ausreichen müssen um dagegen zu sein. Dabei möchte ich "dagegen sein" nicht als aktiven Widerstand verstanden wissen, man stelle sich vor die gut 60 Mio. deutschen hätten sich absolut passiv verhalten, das NS-Regime hätte so nicht existieren können, eine Regierung, ein Machthaber, braucht immer ein Volk bzw. einen nicht unbeträchtlichen Teil eines Volkes, das auf unterster Ebene in exekutiver Weise tätig ist.
So, und bevor nun behauptet wird das der passive Wiederstand nicht möglich war:
1) der Staat konnte nur existieren wie es ausreichende Täter/Mitäter gab, wer hätte sonst Widerständler, ob aktiv oder passiv bedsstrafen sollen?
Daraus folgt das bei genügend "passiven" der Staat keine Gewalt mehr gehabt hätte.
2)Befehlsverweigerung wurde geduldet, als Stichwort: Hauptmann Wolfgang Hoffmann, 101. Polizeibataillon.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.rechtsgeschichte.jku.at/Lehrveranstaltungen/Allgemeines/Lernbehelfe/Goldhagen,%20Hitlers%20willige.pdf">http://www.rechtsgeschichte.jku.at/Lehr ... illige.pdf</a><!-- m --> Siehe Seite 7
Zitieren
#28
@Thomas

Ok, das kann ich so unterschreiben.

Zitat:AcidJay postete '45 und auch wenn damals eine anderer Zeitgeist herrschte, so reichte der Wissensstand des ganz normalen Deutschen, das ist wissenschaftlich belegt, um zumindest in Ansätzen zu wissen was los war und dieses Wissen hätte ausreichen müssen um dagegen zu sein
Ich habe mich schon mal gefragt ob ich es gewusst hätte. Ich weiss es nicht, wenn die Umstände entsprechend gewesen wären (aus einem kleinen Ort, im Krieg nur mal jedes Jahr für ein-zwei Wochen zuhause) eher nicht - wenn man nicht gerade direkt Zeuge von Geisel-/ Judenerschiessungen wurde.

Zitat:AcidJay postete
So, und bevor nun behauptet wird das der passive Wiederstand nicht möglich war:
1) der Staat konnte nur existieren wie es ausreichende Täter/Mitäter gab, wer hätte sonst Widerständler, ob aktiv oder passiv bedsstrafen sollen?
Daraus folgt das bei genügend "passiven" der Staat keine Gewalt mehr gehabt hätte.
Jepp. So wie jeder andere gute/schlechte Staat auch.

Zitat:AcidJay postete
2)Befehlsverweigerung wurde geduldet, als Stichwort: Hauptmann Wolfgang Hoffmann, 101. Polizeibataillon.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.rechtsgeschichte.jku.at/Lehrveranstaltungen/Allgemeines/Lernbehelfe/Goldhagen,%20Hitlers%20willige.pdf">http://www.rechtsgeschichte.jku.at/Lehr ... illige.pdf</a><!-- m --> Siehe Seite 7
Äh, du hast das gelesen und verstanden - und bringst das trotzdem in diesem Zusammenhang? Der steht sicher nicht im wirklichen Zusammenhang mit den Deserteuren um die es geht. Seine verschrobene Befehlsverweigerung ist kein Widerstand, sondern geradezu eine Bestätigung des Systems. Eine solche Art der Befehlsverweigerung kam sicher prima an und wurde wohl eher als "schneidig" gewertet... Also ehrlich "Befehlsverweigerung wurde geduldet", was für ein Beispiel...
Ich hätte ja einen smilie an diesen Post geheftet, wenn dieser "Verweigerer" nicht so eine Arschkrampe (sorry) gewesen wäre.
Zitieren
#29
Nun, du hast recht, Johna Goldhagen zieht es zum Belg etwas anderem heran, worüber man auch sehr diskutieren könnte, ich bringe es aber deshlab mit Deserteuren und Widerstand, jegwelcher Form in Verbindung, da diese, sogar noch niedergeschriebene, Befehlsverweigerung möglich war. Darum geht es mir, das bedeutet nicht das ich Hauptmann Hoffmann für einen Wiederständler halte, ganz im Gegenteil, aber, da kann ich mich nur wiederholen, es zeigt das es möglich war sich gegen Befehle zu wehren. Nun, hätte man Befehlsverweigerung nicht geduldet, so wäre dieser Mann vor Gericht gekommen, und ich glaube nicht, dass sein verhalten als unbedingt schneidig empfunden wurde, man wird schon seine Gründe gehabt haben um diesen Befehl zu geben und wenn man Gründe hatte so wird man auch gewollt haben das diese ausgeführt werden, es war einen aber offentsichtlich zuviel Arbeit den Hauptmann zu bestrafen bzw. man hatte vielleicht auch gerade keinen zur Hand der seine Stelle hätte einnehmen können, also hat man es hingenommen.
Ein "Verweigerer", zumindest in der Form was ich unter "Verweigerer" verstehe, ist er aber deshalb nicht, vielmehr eine Arschkrampe die einen Befehl verweigerte Wink

Zitat:Ich habe mich schon mal gefragt ob ich es gewusst hätte. Ich weiss es nicht, wenn die Umstände entsprechend gewesen wären (aus einem kleinen Ort, im Krieg nur mal jedes Jahr für ein-zwei Wochen zuhause) eher nicht - wenn man nicht gerade direkt Zeuge von Geisel-/ Judenerschiessungen wurde.
Nun, die Frage habe ich mir auch schon gestellt, ich kam auch zu einer Lösung, was denk wohl ein Mensch wenn auf einmal ein Teil seiner Nachbarschaft deportiert wird?
Wenn du hingegen im Krieg bist, da hast du recht wird die sache schon schwieriger, es sei denn du bist direkt dran beteiligt oder Augenzeuge, was aber auf rund 3 Mio. deutsche Soldaten an der Ostfront auch zutrifft.
Ich glaube auch nicht, das man ein Lager wie z.B. Bergen-Belsen vor der lokalen Bevölkerung verbergen kann, Bergen-Belsen war vergleichsweise klein, Neuankömmlinge mussten jedoch immer Fußmärsche vom Bahnhof bis ins Lager zurüchlegen, mir ist zwar nicht bekannt wie sehr es "unwissenden" Deutschen möglich war die Deportierten zus ehen, aber ein Lager in dem Zehntausende starben, das kann man nicht einfahc verstecken.
Nur mal als Beispiel Wink
Ob man von den Gräultaten an der Ostfront wusste mag ich nur begrenzt zu beurteilen, da ich mich allerdings gerade intensiv mit dem UNternehmen Barbarossa beschäftige konnte ich Briefe finden, die so acuh in Deutschlan ankamen, in denen Frontsoldaten über das Vorgehen gegen die slavische Bevölkerung berichteten.
Zitieren
#30
Mhm, bei allem sollte man aber eins wiederum nicht vergessen:
Ich mach vielleicht die damaligen Deutschen damit etwas runter,
aber das waren alles keine aufrechten Demokraten!
Selbst heute ist er Demokratiesinn der Deutschen nicht sonderlich groß... und ziviler Ungehorsam und Widerstand ist eher selten, auch wenn er heute sicher mehr Teil unserer Gesellschaftskultur ist.
Als Beispiel: Studentenproteste, wie sie Ende 2003, Anfang 2004 stattgefunden haben wäre so damals kaum möglich gewesen, in der Weimarer Republik so nicht und unter den Nazis sowieso nicht.

Desweiteren: Der KOrporalsgeist war einfach größer als heute, die Obrigkeitsteue war um vieles größer als heute. Auch ein durch Menschenrechte und Freiheit und Demokratie inspiriertes Rechts- bzw. Unrechtsbewußtsein gab es so nicht damals bei den meisten.
Und selbst wenn, die Aufrechten waren leider nur eine Minderheit und jene wurden durch die dumpfe, dumme Gefolgschaft und Treue der Anderen zur Obrigkeit, zu den Nazis sowieso durch deren brutale Methoden eingeschüchtert.
Letztlich wollten daher auch viele gar nichts wissen: UNter dem Motto: Nichts sehen, nicht sprechen, nichts hören....

Man kann den heutigen Menschen eher nicht so einfach in die damaligen Verhältnisse übertragen....
Zitieren


Gehe zu: