(Zweiter Weltkrieg) Die Regia Aeronautica - die königlich italienische Luftwaffe
#1
Die italienische Luftwaffe bis 1943 steht ziemlich im Schatten der Reichsluftwaffe. Dabei hatte Italien eine florierende Industrie für Kampfflugzeuge, und einige ihrer Flugzeuge waren vielleicht gar nicht mal so schlecht, auch wenn italienische Flugzeuge teilweise den Ruf hatten untermotorisiert zu sein. Doch die MC.200 Saetta war ein hervorragendes Jagdflugzeug, während die SM.79 Sparviero unglaublich vielseitig war.
Wo lagen also die Stärken und Schwächen der Regia Aeronautica und der von ihr eingesetzten Flugzeuge?
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#2
Die Regia Aeronautica litt unter einigen entscheidenen Punkten, auch wenn es in der Tat einige wenige recht gute Maschinen gab, etwa die SM-79 ''Sparviero'' (die als Torpedobomber im Mittelmeer sich ziemlich achtbar schlug) oder auch die Macchi MC-202 ''Folgore'' (von der aber viel zu wenige Exemplare gebaut wurden), vor allem unter...

- gering ausgeprägten Produktionskapazitäten,
- keinen richtig leistungsfähigen Motoren,
- die Zahl der geringen Ausbildungsstunden,
- eine anfangs zu schwache Bewaffnung (MG, 7,62 mm),
- einer zu großen Typenvielfalt.

Aus Not, weil keine moderneren Typen bereit standen, verwendeten die Italiener sogar noch bis 1943 Doppeldecker, etwa die Fiat CR-42 ''Falco''.

Erst nach der Nutzung deutscher DB-Motoren und diverser 15-mm- und 20-mm-Bordkanonenmodelle der Deutschen besserten sich die Leistungs- und Kampfdaten der Jagdflugzeuge. Allerdings war der Krieg schon sehr weit fortgeschritten und diese Zugänge besserten die Lage nicht mehr wirklich. Die neuen, leistungsfähigen Maschinen, etwa die ''Folgore'' oder die Reggiane Re-2005, wurden nur noch in sehr geringen Stückzahlen gebaut und bewirkten nicht mehr viel.

Schneemann.
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#3
Hatten die Italiener eigentlich ein brauchbares Schlachtflugzeug bzw. einen Jagdbomber? Mir sind eigentlich nur Jäger und Bomber bekannt.

Was die Schwächen angeht: es ist den Italienern nicht gelungen, die Royal Navy im Mittelmeer zu besiegen. Das muss zwar nicht auf die Regia Aeronautica zurückzuführen sein, aber wenn man vergleicht, wie entscheidend Flugzeuge im Kampf gegen Schiffe anderswo waren (Pazifikkrieg), hätte man da durchaus mehr machen müssen. Ein grosser Aktionsradius dafür war ja vorhanden. Daher frage ich mich, ob die italienischen Jäger gegen die britischen Jäger im Mittelmeergebiet unterlegen gewesen sind (bzw. krass unterlegen).
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#4
Zitat:Hatten die Italiener eigentlich ein brauchbares Schlachtflugzeug bzw. einen Jagdbomber? Mir sind eigentlich nur Jäger und Bomber bekannt.
Die Italiener hatten in der Tat kein richtiges Erdkampfflugzeug (bzw. eines, das sich mit anderen Mustern messen kann). Es gab zwar einige Versuche, ein eigenes Schlachtflugzeug zu bauen, dies führte aber zu keinen großen Erfolgen und auch zu einigen Fehlentwürfen (etwa die Breda Ba-88 ''Lince'', die man wegen zu schlechter Leistungsdaten gar nicht richtig nutzte und sie als "Köderflugzeuge" auf Flugplätzen stehen ließ). Einzig und alleine die Caproni Ca-313/14 wurde mit etwas Erfolg eingesetzt, allerdings war das eher ein leichter Bomber wie z. B. die Bristol ''Blenheim'' und kein richtiges Schlachtflugzeug. Dies führte auch dazu, dass man später deutsche Ju-87-Sturzkampfbomber in einigen Gruppen nutzte oder schlichtweg Jäger als Jagdbomber einsetzte.
Zitat:Was die Schwächen angeht: es ist den Italienern nicht gelungen, die Royal Navy im Mittelmeer zu besiegen. Das muss zwar nicht auf die Regia Aeronautica zurückzuführen sein, aber wenn man vergleicht, wie entscheidend Flugzeuge im Kampf gegen Schiffe anderswo waren (Pazifikkrieg), hätte man da durchaus mehr machen müssen. Ein grosser Aktionsradius dafür war ja vorhanden.
Genau genommen machten die Italiener schon das, was machbar war, bzw. was ihre Flugzeugindustrie letztlich liefern konnte. Und einige ihrer Kampfflugzeuge schlugen sich denn auch recht achtbar. Der Aktionsradius wiederum war im Mittelmeer nicht ganz so extrem wichtig, wie über dem Pazifik. Als die Italiener wirklich mal größere Strecken zurücklegen mussten (wie 1941, als man Flugzeuge in Äthiopien benötigte), schraubte man Jäger kurzerhand auseinander und transportierte sie mit SM-82-Transportflugzeugen (die der Ju 52 ähnelten) zum Bestimmungsort. So wurden u. a. 50 CR-42-Jäger im Februar/März 1941 im zerlegten Zustand nach Äthiopien geschafft und dort mit einigem Erfolg gegen Commonwealth-Truppen eingesetzt (was aber auch daran lag, dass dort deren Luftdeckung recht schwach war).
Zitat:Daher frage ich mich, ob die italienischen Jäger gegen die britischen Jäger im Mittelmeergebiet unterlegen gewesen sind (bzw. krass unterlegen).
Teils ja. Selbst gegen ältere Hawker ''Hurricane''-Modelle (Mk. I) oder langsame, trägergestützte Jäger (Fairey "Fulmar") hatten manche italienische Jäger alle Hände voll zu tun. Während des Griechenland-Abenteuers der Italiener 1940/41 etwa konnte die kleine und mit veralteten Maschinen (Gloster "Gladiator", PZL-24, PZL-11) ausgerüstete griechische Luftwaffe den Italienern Parolie bieten. Das Fehlen einer Kanonenbewaffnung machte zudem die Bekämpfung von Bombern recht schwer.

Erst in späteren Kriegsjahren (1943) konnten diverse Reggiane- und Macchi-Modelle mit zwei oder drei 20-mm-Kanonen bewaffnet werden, was dann einigen Abschüsse von B-24-Bombern über Italien ermöglichte - und was diese Maschinen auch neueren britischen "Spitfire"-Modellen durchaus ebenbürtig machte.

Schneemann.
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#5
@Schneemann
Zitat:Aus Not, weil keine moderneren Typen bereit standen, verwendeten die Italiener sogar noch bis 1943 Doppeldecker, etwa die Fiat CR-42 ''Falco''
Allerdings setzten noch viele Staaten kurz vor oder zu Beginn des 2.Weltkriegs noch Doppeldecker ein. Sogar Großbritannien setzte noch die Gladiator ein, und die Sowjetunion die I-15 Tschaika.
Die CR-42 Falco war bei den italienischen Piloten zudem beliebt, was zu einer Produktionsverzögerung bei der MC.200 Saetta führte. Diese Beliebtheit erklärt sich wohl auch dadurch, das italienische Jagdflieger Wert auf Wendigkeit legten.
Tatsächlich konnte die CR-42 Falco in den Händen eines fähigen Piloten sogar der Hurricane gefährlich werden, und häufig dürfte sie eher auf die Gladiator getroffen sein.
Ich kann mir zudem vorstellen, das die Produktion von moderneren Jagdflugzeugen nicht nur durch den Eigensinn der italienischen Piloten, sondern auch durch Kompetenzgerangel behindert wurde.
Die Typenvielfalt war dagegen wohl kein Problem, die gab es in noch ausgeprägterer Form bei der Reichsluftwaffe, und auch die britische und französische Luftwaffe wiesen eine Vielfalt von Typen aus. Bei der Regia Aeronautica war sie imho sogar vergleichsweise wenig ausgeprägt.
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#6
Im Axishistory forum habe ich mal vor einiger Zeit gelesen, daß die Italienischen Piloten einfach nicht das Können ihrer Gegenüber hatten. Angeblich war die Ausbildung schlechter. Persönlich habe ich allerdings Zweifel an dieser These.

Interessant im Zusammenhang mit der Italienischen Luftwaffe finde auch den starken Einfluss den die Italiener auf die Theorie und Entwicklung des Bombenkrieges hatten. Die Italiener waren die ersten die Bomben praktisch einsetzten und die ersten die nach den Theorien eines Douhet auch praktisch Flächenbombardements versuchten.

Gelesen habe ich, daß die Italiener in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eher führend in der Frage der Luftwaffe waren und das erst ab dem spanischen Bürgerkrieg die Italienische Luftwaffe zunehmend hinter her hinkte. Angesichts der Kriegsrüstung der anderen Nationen spricht das meiner Ansicht nach klar für ein Problem bei der Produktion, die Italienische Industrie war schlicht und einfach nicht in der Lage mitzuhalten, sowohl was die Zahlen angeht als auch was die Technische Entwicklung angeht. Insbesondere die Entwicklung neuer Motoren ging nur langsam vonstatten.

Zitat:Hatten die Italiener eigentlich ein brauchbares Schlachtflugzeug bzw. einen Jagdbomber?

Die Italiener hatten eigentlich als erste überhaupt brauchbare Schlachtflugzeuge die dann auch in Spanien und zum Teil noch in Afrika eingesetzt wurden.

Diese Schlachtflugzeuge hatten einen sehr guten Entwurf, und genau genommen nur ein echtes Problem: ihr Motor reichte bei weitem nicht und die Italiener hatten schlicht und einfach keinen Motor der leistungsfähig genug gewesen wäre so schweren Flugzeugen die notwendige Geschwindigkeit und Beweglichkeit zu geben.

Es ist wenig bekannt, aber die Sowjets importierten Italienische Schlachtflugzeuge und verwendeten viele der dort umgesetzten Ideen dann für ihre eigenen sehr erfolgreichen Modelle.

Alle Italienischen Schlachtflugzeuge krankten schlicht und einfach am Motor.

Dieses überall auftauchende Problem bei den Motoren zeigt meiner Meinung nach auch, daß das primäre Problem der Italienischen Luftwaffe bei der Produktion und in der Industrie zu suchen ist.
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#7
@Quintus Fabius
Bei der Regia Aeronautica gab es viele Anhänger der Theorie des "akrobatischen Luftkampfes", nach der im Luftkampf allein die Manövrierfähigkeit des Kampfflugzeugs und die Willensstärke des Piloten entscheidend seien.
Daraus erklärt sich wohl auch die Beliebtheit der CR-42 Falco, die ja sehr manövrierfähig war.
Eine ähnliche Haltung scheint übrigens auch bei der polnischen Luftwaffe geherrscht zu haben, die mit ihren sehr wendigen Kampfflugzeugen der Reichsluftwaffe erhebliche Probleme und hohe Verluste bereitete.
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