MacArthur-Kontroverse
#1
Mal wieder was aus dem Bereich alternative / kontrafaktorische Geschichte: In Bezug auf den Koreakrieg und insbesondere in Bezug auf die Absetzung von MacArthur durch den Präsidenten Truman:

Hätte MacArthur den Koreakrieg gewinnen können, wenn er den Oberbefehl behalten hätte?

Hätte er dann Nuklearwaffen eingesetzt bzw. einsetzen können?

Wie wäre eine Eskalation des Krieges gegen die Chinesen ausgefallen?

Was, wenn es ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren gegen Truman gegeben hätte? Nach der Absetzung wurde ein solches von etlichen amerikanischen Politikern gefordert. Und dem folgend MacArthur Präsident der USA gewesen wäre, also noch bevor der Koreakrieg zu Ende war?

Nehmen wir einmal an, MacArthur hätte seine Pläne gegen China und zum Einsatz von Atomwaffen, und auch von der Verseuchung breiter Landstriche mit Nuklearabfällen als Sperre umgesetzt, was für Folgen hätte dies gehabt?

Hätte es in der Folge eines Angriffes auf China einen dritten Weltkrieg gegen die Sowjetunion gegeben oder hätte die Sowjetunion angesichts der damals noch bestehenden Verhältnisses von mehr als 500 US Atombomben auf gerade mal maximal ungefähr 20 Sowjetische Atombomben zurück geschreckt ?

Hätten die Sowjets bei einem Angriff auf China in Westeuropa angegriffen?

Wie wäre ein dritter Weltkrieg zu diesem Zeitpunkt ausgefallen?
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#2
Zitat:Hätte MacArthur den Koreakrieg gewinnen können, wenn er den Oberbefehl behalten hätte?
Das hinge davon ab, welche Ressourcen man ihm noch bereit gewesen wär zur Verfügung zu stellen.
Zitat:Hätte er dann Nuklearwaffen eingesetzt bzw. einsetzen können?
Nein, zumindest eher nicht. Es gab weder in der Politik noch im Militär die Ambition, wegen Korea einen Atomkrieg zu führen oder gar einen dritten Weltkrieg zu riskieren. Für die Politik galt, dass ein neuer großer Krieg fünf Jahre nach dem letzten Weltkrieg innenpolitisch und gegenüber den Wählern nicht zu verkaufen gewesen wäre. Die Senatoren wären auf die Barrikaden gegangen. Und im Militär gab es die klare Linie, dass ein Atomkrieg wegen Korea nicht im Interesse des Landes ist - die Joint Chiefs of Staff haben überaus deutlich klargemacht, dass es der falsche Krieg am falschen Ort und zur falschen Zeit und gegen den falschen Feind wäre und dass man kein Interesse habe, in Korea weiter zu eskalieren. D. h. auch im Pentagon hatte MacArthur mit seinen Atom-Plänen keine Mehrheit.
Zitat:Wie wäre eine Eskalation des Krieges gegen die Chinesen ausgefallen?
Wie gesagt: Hängt davon ab, was man noch hätte aufbieten wollen. Und da war die Begeisterung eher eingeschränkt.
Zitat:Was, wenn es ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren gegen Truman gegeben hätte? Nach der Absetzung wurde ein solches von etlichen amerikanischen Politikern gefordert. Und dem folgend MacArthur Präsident der USA gewesen wäre, also noch bevor der Koreakrieg zu Ende war?
MacArthur war als Kriegsheld durchaus sehr populär, aber er war kein Politiker - er hatte mit einigen markigen Sprüchen und einer gewissen Theatralik auch für Irritationen gesorgt, im Senat und im Kongress. Er hätte sich zumindest innenpolitisch und innerparteilich auch gegen Eisenhower, der deutlich saturierter, seriöser und zurückhaltender auftrat, nicht durchsetzen können - wenn wir die Wahlen 1952 als Maßstab nehmen.
Zitat:Nehmen wir einmal an, MacArthur hätte seine Pläne gegen China und zum Einsatz von Atomwaffen, und auch von der Verseuchung breiter Landstriche mit Nuklearabfällen als Sperre umgesetzt, was für Folgen hätte dies gehabt?
Zunächst einmal hunderttausende Opfer, vielleicht sogar Millionen. Da viele Nordkoreaner nach Norden an die Grenze zu China geflüchtet waren, wären auch sehr viele Zivilisten unter den Opfern gewesen. Es wäre sicherlich zu einer Unterbrechung der Nachschubwege gekommen und die UN-Truppen hätten Teile des Nordens wieder erobern können, das Rad der Geschichte zurückzudrehen (was MacArthur hinsichtlich seiner Ambitionen unterstellt wurde) wäre aber nicht gelungen, Peking wäre nicht gefallen. Und vermutlich hätte Mao wegen ein "paar hunderttausend Mann" an Ausfällen auch nicht so schnell aufgegeben und es wären wieder Chinesen durch die verseuchte Zone eingesickert - die Verseuchung seiner Truppen hätte ihn vermutlich auch wenig gestört (zumindest nicht, wenn man sich anschaut, wie wenig er erschüttert war, als einer seiner Söhne bei einem US-Luftangriff in Korea getötet wurde), allerdings wären es weniger "Freiwillige" gewesen und man hätte seitens der UN die Front eben weiter im Norden und nicht am 38. Breitengrad einfrieren können.
Zitat:Hätte es in der Folge eines Angriffes auf China einen dritten Weltkrieg gegen die Sowjetunion gegeben oder hätte die Sowjetunion angesichts der damals noch bestehenden Verhältnisses von mehr als 500 US Atombomben auf gerade mal maximal ungefähr 20 Sowjetische Atombomben zurück geschreckt ?
Stalin wusste von der atomaren Unterlegenheit, und er wusste auch, dass die Sowjetunion nach den fürchterlichen Opfern des Zweiten Weltkrieges und den Verwüstungen im westlichen Teil Russlands nicht wirklich in der Lage gewesen wäre, einen neuerlichen großen Krieg gegen den Westen zu führen. Er hatte sein "Reich" gerade halbwegs wieder stabilisiert und seinen Satellitenvorbau in Europa errichtet (wobei der zu diesem Zeitpunkt noch wackelig war und die Völker dort ebenso noch unter den Kriegsfolgen litten - und daran, dass sie Abgaben an die UdSSR leisten mussten).

Hinzu kommt, dass man zwar ein paar Bomben hatte, aber (noch) keine wirklichen Trägersysteme. Dahingehend wären die USA in der Lage gewesen, zwischen 20 und 30 Großstädte in der Sowjetunion mit einer Angriffswelle zu treffen (und das Strategic Air Command hatte nicht nur Pläne hierfür, sondern auch die Flugzeuge). Und Stalin war sich darüber durchaus im Klaren.
Zitat:Hätten die Sowjets bei einem Angriff auf China in Westeuropa angegriffen?
Nein, zumindest nicht, wenn es nach den Militärs ginge. Es wäre zwar die Frage gewesen, inwieweit Stalin bereit dazu gewesen wäre, über seine Militärs hinweg zu entscheiden (Skrupel hatte er bekanntlich kaum), aber gerade die Marschälle wussten, dass die Rote Armee nach 1945 auch stark im Umfang zurückgefahren wurde (ca. 5 Millionen Mann um 1950) und dass es nachwievor eklatante Versorgungsprobleme gab und sie waren wenig begeistert, einen neuen Krieg zu beginnen.

Hinzu kam, dass man in Moskau erstaunlich wenig darüber wusste - was eigentlich bei der russischen HUMINT-Befähigung seltsam erscheint -, wie stark die Westmächte tatsächlich waren (sie waren in Wirklichkeit gar nicht mal so stark, da auch sie ihre Armeen nach 1945 drastisch geschrumpft hatten und überall Budgetkürzungen und - v. a. in Europa - noch starke Belastungen durch den Wiederaufbau und Kriegskredite vorherrschten).

Im Rahmen der Berliner Blockade 1948/49 war man im Kreml und auch im Generalstab der Streitkräfte der UdSSR völlig überrascht gewesen, dass es den Westmächten recht problemlos gelungen war, eine Millionenstadt aus der Luft zu versorgen. Man sah es als kapitale eigene Fehleinschätzung an (damals waren die Militärs bei den Russen noch selbstkritischer als heute). Das hat dazu geführt, dass man den Westen wiederum überschätzte (nicht hinsichtlich der Luftstreitkräfte, wohl aber hinsichtlich der Gesamtstärke). Da man sich also in mehrfacher Hinsicht als unterlegen ansah und atomar noch wenig zu bieten hatte, wäre man wegen China oder Korea wohl nicht in Westeuropa angetreten.
Zitat:Wie wäre ein dritter Weltkrieg zu diesem Zeitpunkt ausgefallen?
Das müssten wir ein wenig eingrenzen...

Schneemann
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