Kriegerkulturen
#1
In einem anderen Strang hat Samun die interessante Frage nach der Kultur des Krieges in der Geschichte aufgeworfen. Leider habe ich so wenig Zeit, daher kann ich auf seine Ausführungen erst in den nächsten Tagen detaillierter eingehen. Daher zunächst mal nur zur Römischen Republik, mit der ich mit etwas beschäftigt habe:

Zitat:1. Die Römische Republik passt überhaupt nicht.

Ganz im Gegenteil, sie passt als extrem militaristische Kultur mit einem Milizsystem ganz vortrefflich, ist sogar wie ich meine ein Präzedenzbeispiel.

Zitat:Krieg wurde in Rom immer als Verteidigung gesehen. Selbst in späteren Zeiten, wo es factisch nicht mehr wahr war, hat man sich als Verteidiger dargestellt und nie als Angreifer.

Auch in den frühesten Zeiten war es nie wahr. Rom war von Beginn an fast immer der Angreifer. Die Umdefinierung von reinen Angriffskriegen in Verteidigunskriege hatte primär Religiöse Gründe, man fürchtete ein Negatives Eingreifen der Götter bzw magisches Unheil für den Ausgang des Krieges, wenn man nicht der Verteidiger war. Deshalb wurden alle Kriege auch mit Ritualhandlungen gestartet, insbesondere einem magisch/religiösen/symbolischen Angriff auf den Feind. Faktisch aber war Rom bis auf wenige Ausnahmen immer der Agressor und die Eroberung aller anderen sahen die Römer dabei auch als ihre Geschichtliche Aufgabe und Bestimmung an.

Zitat:Und die Menschen sind überhaupt nicht gern in den Krieg gezogen, weil zumindest die kleinen Grundbesitzer dadurch oft ihre gesamte Lebensgrundlage verloren haben.

Dazu eine Buchempfehlung: Rome at War von Rosenstein

Krieg war in der frühen und mittleren römischen Republik Alltag, allgegenwertig. Er war Standard-Gesprächsthema gerade der Kleinbauern, er prägte die Kultur gerade eben der Kleinbauern absolut und er war gerade eben für die Kleinbauern Ökonomisch oft Überlebenswichtig. Das römische Kleinbauerntum konnte sich gerade eben durch die Kriege überhaupt erst so lange halten.

Vieles was in Geschichtsbüchern in Bezug auf den negativen Einfluss der ständigen Kriege auf die Kleinbauern behauptet wird stimmt schlicht und einfach nicht. Selbst die historischen Überlieferungen stimmen schlicht und einfach nicht, weil sie durch archäologische Funde widerlegt worden sind.

Ein Musterbeispiel dafür sind die Reformen der Gracchen, die eine Reaktion auf eine Krise des Kleinbauerntums gewesen sein sollen (so steht es in den historischen Quellen). Eine solche Krise hat es aber in dem Ausmaß in dem sie behauptet wird nie gegeben. Es gab weder eine Agrarkrise noch einen Niedergang des Kleinbauerntums zu dieser Zeit, der setzte erst mit Ceasar und dem Ende der Republik im frühen Kaisertum ein. Solange das Beutesystem funktionierte, solange die Republik verhältnismäßig rasant expandierte, konnte das Kleinbauerntum überleben. Die Kosten für die Ausrüstung waren im weiteren bei weitem nicht so groß wie die erzielbare Beute, und es stand ein ständiger Strom überflüssiger Söhne bereit, der ansonsten aufgrund des mangels an Ackerland rasch ein wirtschaftliches Problem geworden wäre.

Die überflüssigen Söhne mit Waffen auszustatten und in Kriege zu senden war ökonomisch sinnvoller, als sie daheim zu lassen wo sie Nahrung verbrauchten die die flächenmäßig geringen Äcker nicht hergaben. Zugleich brachten diese Söhne dann eventuell Beute heim womit man Dürren und Mißernten überstehen konnte, ohne Kriegsbeteiligung hätten die meisten römischen Kleinbauern nicht einmal überleben können.

Erst die Einführung einer Berufsarmee unter Augustus bei zeitgleicher drastischer Reduzierung der Streitkräfte (was zunächst rein machtpolitische Gründe hatte) führte dann zu einem beispiellosen Niedergang der italischen Kleinbauern.

In der frühen und mittleren Republik zogen gerade die Kleinbauern sehr gerne in den Krieg, weil er ein Ausweg aus ihrer Subsidenzwirtschaft und der Überbevölkerung war, weil er Beute versprach, weil sie von der ganzen Sozialkultur Ultramilitaristische Charaktere waren, weil ihre Sozialkultur extrem kriegerisch war.

Die praktischen Folgen der Römischen Kulturellen Grundströmung kann man in der ganze Zeit der Republik in ständigen Massakern und Völkermorden sehen die weit über das hinaus reichten, was andere Völker in dieser Zeit so anstellten. Die Römer dieser Zeit fielen über andere Menschen mit unvergleichlicher Brutalität her, was von anderen Völkern dieser Zeit als Beweis ihrer Barbarei gesehen wurde. Viele Völker waren von der Römischen Brutalität soweit verstört, dass sie sich in den historischen Quellen kritisch dazu äußerten.

Krieg war in der frühen und insbesondere in der mittleren Römischen Republik schlicht und einfach das Römische an sich. Die ganze Sozialkultur definierte sich darüber, was nicht zuletzt an der Milizstruktur der römischen Armee lag. Die Armeen der Republik waren Kriegs- und Beutesüchtige Milizen, der Krieg für den ganzen Staatsaufbau der Dreh- und Angelpunkt, auch in insbesondere in den Zivilen Strukturen.

Das hatte primär den Grund, dass absolut jede römische Familie mit Besitz regelmäßig Mitglieder im Krieg verlor und Mitglieder absolut jeder römischer Familie mit Besitz regelmäßig in den Krieg zog.

Die römische Republik führte de facto ununterbrochen Krieg, ohne Pause und ohne Unterlaß, und aufgrund des Milizsystems war die gesamte besitzende römische Gesellschaft darin involviert. Die Herrschende Oberschicht der Republik sah Krieg als Normalzustand an, es war für die republikanischen Eliten der Normalzustand, dass sich die Republik im Krieg befand.

Und insbesondere in der Frühen und Mittleren Republik beteiligten sich Mitglieder der Eliten auch als Kämpfer direkt im Krieg. In der frühen Republik führten Teile der römischen Eliten sogar Privatkriege, wie beispielsweise die Gens der Fabier gegen die Etruskische Stadt Veji, unabhängig von der Republik.


Dein Fehler ist meiner Ansicht nach, daß du von deiner Grundeinstellung, deiner Haltung dem Krieg gegenüber fälschlicherweise auf die Einstellung anderer zum Krieg schließt. Die Betrachtung der Geschichte sagt fast immer mehr über die Person des Betrachtenden aus als über die objektive geschichtliche Wahrheit, von daher ist auch meine Sichtweise der Geschichte sicher tendenziös. Aber beweisbar tendenziös ist die heutige angeschwulte, primär plutokratische Sichtweise, die die ganze Geschichte im Sinne des Kapitalismus und der Plutokratie umschreiben will.

Es gibt aber einfach nun mal Menschen, die eine ganze andere Einstellung zum Krieg haben als die deine. Und die gab es früher auch schon. Ob und wie nun eine Gesellschaft zum Krieg steht, hängt dann primär davon ab, was für eine Einstellung ihre Eliten dazu haben. Die Ethische Grundhaltung zum Krieg war früher einfach eine andere als heute und daher wird das reine Kriegertum in der Geschichte heute eben so fehlinterpretiert, nicht verstanden.

Man interpretiert alles als auf Gewinn materieller Güter hin ausgerichtet, Kapitalistisch. Gerade deine Ausführungen wie das was ich in vielen Geschichtsbüchern gelesen habe zeigen klar auf, dass diese These von mir stimmen muß, alles Denken dreht sich um die Frage der Materiellen Güter, um wirtschaftliche Fragen, all deine Ausführungen interpretieren das Kriegertum selbst der extremsten Kriegergesellschaften als im Kern Kapitalistisch, also auf die Erringung von Gütern hin ausgerichtet.

Das ist meiner Meinung nach eine Fehlinterpretation die schlicht und einfach aus dem Nichtverständnis dieser Kulturen herrührt. Es gab immer wieder Kulturen, für die die Frage der Güterverteilung nachrangig war, Kulturen des Verzehrs und der Negierung, Kriegerkulturen in denen es eben so viele Menschen gab die schlicht und einfach Krieg führen wollten, daß dies diese Kulturen massiv prägte. Ein gutes Beispiel dafür sind der Faschismus und der Nationalsozialismus. Hier zeigt sich klar auf, wie eine Minderheit ihre Weltsicht der Gesellschaft aufdrängen konnte, und wie weit der Kulturelle Einfluss von Kriegern in eine Gesellschaft hineine reichen kann.


Eine Gesellschaft kann auch eine kulturelle Voreingenommenheit zugunsten des Krieges haben. Wenn diese Gesellschaft dann wie die römische Republik Kriege als Normalzustand sieht, Kriege als notwendig und vermeidbar, dann ist das einfach eine von deinem Denken abweichende Sozialkultur. Eine solche Gesellschaft unterscheidet dann nicht mehr zwischen Krieg und Politik und um Clausewitz aufzugreifen: Für sie ist Krieg dann nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern es gibt keinen Unterschied zwischen diesen beiden bzw die Aussage von Clausewitz dreht sich um:

Ich definiere deshalb eine Kriegerkultur dergestalt:

Das für sie Politik nur die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist, was insbesondere für die römische Republik gilt.
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#2
Kultur des Krieges?
Seit wann herscht auf dem Schlachtfeld Kultur?
Wenns ums überleben geht, ist Kultur wohl das letzte was einen intressiert...
Es sei denn man ist Politiker oder General und weit weg von Blut und Tod....
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#3
Zitat: Ein Musterbeispiel dafür sind die Reformen der Gracchen, die eine Reaktion auf eine Krise des Kleinbauerntums gewesen sein sollen (so steht es in den historischen Quellen). Eine solche Krise hat es aber in dem Ausmaß in dem sie behauptet wird nie gegeben. Es gab weder eine Agrarkrise noch einen Niedergang des Kleinbauerntums zu dieser Zeit...
Dem möchte ich widersprechen. Eine solche Problematik hat es schon gegeben. Die Tatsache, dass immer mehr Bauern dem Heer angehörten, und die Felder nicht mehr bestellen konnten, führte dazu, dass Rom immer mehr Sklaven zur Bearbeitung der Felder brauchte (insofern: Ja, es gab keine Landwirtschaftskrise, aber nur, weil die Sklaven viele Bauern quasi ersetzten, insofern gab es also eher eine "Bauernkrise"). Die Folgen waren u. a. die ersten Sklavenaufstände, wie die Revolte des Eunus (vermutlich ein syrischer Sklave) von 136 – 132 v. Chr.; er führte die Erhebung der Sklaven auf den sizilianischen Großgütern ("latifundia") an; zeitweise gab es bis zu 200.000 Aufständische. Die Erhebung wurde bis 132 v. Chr. niedergeschlagen, 20.000 Sklaven wurden gekreuzigt. Der von 133 – 121 v. Chr. teilweise bürgerkriegsähnlich ausgetragene Machtkampf zwischen den Großgrundbesitzern im Senat, die große Gebiete an sich bringen konnten, und der Reformbewegung der beiden Gracchen, waren auch eine Folge davon. In der Folgezeit, nach dem Tode der beiden Gracchen, versuchen immer wieder Tribune, die Großgüter zu enteignen, was neue innere Kämpfe mit sich brachte.

Diese Klientelkämpfe gipfelten dann auch im Bundesgenossenkrieg, als 91 v. Chr. der Volkstribun Livius Drusus, aus dem plebejischen Geschlecht der Livier, die Erneuerung der Agrarreformen der Gracchen, die Verbilligung der Getreideabgaben an römische Bürger und gleichzeitig die Besetzung der Richterstellen mit 300 Rittern forderte. Außerdem forderte er, dass die römischen Bundesgenossen in Italien die Bürgerrechte erhalten sollten. Der Senat lehnt diese Forderungen aber unumwunden ab (bedingt durch die Nobilität). Kurze Zeit später wird Drusus ermordet. Die Verweigerung der vollen Bürgerrechte und die Ermordung des Drusus führen um 91 v. Chr. zur offenen Erhebung der im römischen Kernland lebenden Stämme vor allem der Marser und der Samniten. Rom kann sich zwar letztlich in wechselhaften Kämpfen behaupten, es muss aber Zugeständnisse machen und die Bürgerrechte verleihen (u. a. 89 v. Chr.: "lex Plautia papiria" → ein Gesetz, das jedem Aufständischen die Bürgerrechte gewährte, wenn er sich innerhalb von 60 Tagen den Römern stellte; es wurde nach dem Volkstribun Marcus Plautius Silvanus benannt). In der Folgezeit erhalten deshalb zumindest alle italienischen Städte südlich des Po die Bürgerrechte ("foederati"). Die Bundesgenossen erreichen somit, auch wenn sie im Krieg unterliegen, ihre Ziele. Obwohl insofern ein Machtkrieg war der Bundesgenossenkrieg auch eine Folge des Agrarstreits.

Die scheinbare „schwache“ innere Verfassung und die innere Zerstrittenheit des römischen Staates veranlasst äußere Feinde zu der Annahme, dass Rom nun leichter zu bekämpfen sei. Dies gipfelte dann im Mithridatischen Krieg und in einem erneuten Bürgerkrieg (89/88 – 63 v. Chr.).
Zitat: Erst die Einführung einer Berufsarmee unter Augustus bei zeitgleicher drastischer Reduzierung der Streitkräfte (was zunächst rein machtpolitische Gründe hatte) führte dann zu einem beispiellosen Niedergang der italischen Kleinbauern.
Hmm, ich würde da früher ansetzen, genau genommen war die alte "Bauernarmee" bereits ab der Heeres-Reform des Marius ab 104 v. Chr. Geschichte. Dabei verpflichtete er, angesichts des Kimbern- und Teutonen-Desasters, den jeweiligen Feldherren zur Veteranenversorgung (Landzuteilungen) seiner Soldaten sowie zur Abgabe eines Teils der Kriegsbeute an die Soldaten. Zudem wurde die Dienstzeit eines Soldaten auf 16 Jahre oder 16 Feldzüge festgelegt. Ferner wurden die Legionäre einheitlich bewaffnet und ausgebildet und erhielten ihre Ausrüstung vom Staat (davor brachte ja jeder seine Ausrüstung selbst mit). Außerdem wurden die Gliederung einer Legion auf zehn Kohorten zu je 600 Mann angeordnet und die Ränge des Heeres auch für die Standeslosen ("capite censi") geöffnet. Mit diesen Maßnahmen wurde das römische Heer einerseits enorm schlagkräftig, da die Truppen motivierter an einen Heerführer gebunden waren und technisch sowie mental kampfesfähiger gemacht wurden.

Zugleich trug diese Reform andererseits aber das Problem in sich, dass eine "Heeresklientel" entstand; die Heerführer banden ihre Truppen an sich und gewannen großen Einfluss, vor allem aber forderten sie vom Staat das Recht, ihre Truppen versorgen zu dürfen mit eigenen, ausgewählten Ländereien (um sich der Unterstützung sicher zu sein). Es entstand somit nicht die Berufsarmee eines Staates, sondern die eines jeweiligen Feldherren, der quasi seinen eigenen Machtfaktor in Form einer Armee erhielt.

Schneemann.
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#4
@Quintus Fabius:
Ich habe die Frage nicht aufgeworfen. Das warst du selbst. Ich habe nur darauf geantwortet.

Vorweg, deine Prämisse ist ziemlich seltsam. Du behauptest im Prinzip, dass alle anderen falsch liegen, nur du nicht. Weil du die "Kultur" der Römer richtig verstehst und alle anderen - einschließlich der Geschichtswissenschaft - nicht.

Über deine Interpretation von kapitalistisch wollen wir lieber nicht reden. Du meinst vermutlich materialistisch.

Außerdem kommst auch du hier nicht drum herum, dass es sich jeweils nur um einen kleinen Teil der Bevölkerung handelte, der in den Krieg zog. Du versuchst das sogar umzudrehen indem du sagst, dass sogar die Oberschicht in den Krieg zogen. Ist es nicht viel mehr so, dass hauptsächlich die Oberschicht in den Krieg zog?

Außerdem ist deine Prämisse des Bevölkerungsdruckes seltsam, da sie mal geflissentlich ignoriert, dass der gleiche Bevölkerungsdruck auch bei jedem Volk geherrscht haben müsste. Was auch dort überschüssige Bevölkerung produziert hätte. Damit taugt es als Erklärungsmodell wenig. Tatsächlich ist die Annahme falsch, dass hauptsächlich die Überschüssigen gekämpft haben. Was du beschreibst charakterisiert teilweise eher die Germanischen und Keltischen Stämme als die Römer. Dort zogen die "überschüssigen" Männer aus um sich durch selbst organisierte Beutezüge überhaupt erst ein Überleben zu sichern.
Rom ist eher vergleichbar mit den griechischen Städten. Tatsächlich unterscheidet sich auch das Militärsystem der Anfangszeit in Rom nicht von dem Griechischen. Das gleiche gilt für die Rekrutierungspraxis aus den Landbesitzern, die sich die Ausrüstung leisten konnten.
Und je mehr sich Rom als Staat vergrößerte, desdo aufwendiger wurden die Kriegszüge und die Bauern vernachlässigten die Felder, sie selbst konnten sich den Unterhalt nicht mehr leisten und verkauften an Großgrundbesitzer, die die Felder von Sklaven bearbeiteten ließen. Die ehemeligen Bauern mussten dann in die Städte ziehen und dort ihr Auskommen suchen. Um Aufstände zu verhindern wurden sie später vom Staat alimentiert. Dummerweise hat das das Problem vergrößert, da es immer weniger selbstständige Bauern gab, die sich die Ausrüstung selbst leisten konnten und es kam zu einer Armeereform, wie Schneemann schon schrieb, wo die Soldaten ihre Ausrüstung vom Staat bekamen. Schon hier wird deine Argumentation ad absurdum geführt. Zumal, wenn erst jetzt explizit ein Teil der Beute an die Soldaten verteilt wurde, was haben sie denn vorher bekommen? Anscheinend sind sie entgegen deiner Meinung nicht für Beute in den Krieg gezogen oder konnten sich sogar am Krieg bereichern, sondern offenbar haben sie mit jedem Krieg verloren. Das spricht kaum dafür, dass mittellose Bauernsöhne in den Krieg zogen und als gemachte Männer zurückkamen.

Ich glaube nicht, dass ich es bin, der voreingenommen ist, sondern du. Du versuchst deinen Ansicht auf andere Kulturen zu übertragen ohne zu fragen, wie deren gesellschaftliche Wirklichkeit war.
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#5
Hapy:

Gerade auf dem Schlachtfeld ist die Kultur ein entscheidender Faktor, der oft und gerne übersehen wird. Sie ist auf dem Schlachtfeld genau so wesentlich wie Taktik, Strategie, Ausrüstung usw

Schneemann:

Zitat:ie Tatsache, dass immer mehr Bauern dem Heer angehörten, und die Felder nicht mehr bestellen konnten, führte dazu, dass Rom immer mehr Sklaven zur Bearbeitung der Felder brauchte (insofern: Ja, es gab keine Landwirtschaftskrise, aber nur, weil die Sklaven viele Bauern quasi ersetzten, insofern gab es also eher eine "Bauernkrise")

Das ist ein klassisches Mißverständnis, dass schon seit Mommsen in den Geschichtsbüchern herum geistert. Es ist eben nicht so, dass die Felder nicht mehr bestellt wurden weil die Männer im Militär waren, im Gegenteil, es herrschte in der Republik auf dem Land eine erhebliche Überbevölkerung.

Die Sklaven bestellten also nicht der Felder der vormaligen Kleinbauern, sondern Felder die auf dem Ager Publicus lagen. Die großen landwirtschaftlichen Betriebe lagen allesamt nicht auf Feldern die früher Kleinbauern gehört hatten, sondern primär auf dem Ager Publicus.

Die Sklaven ersetzen also keine Bauern, sondern ihre Zahl nahm deshalb so stark zu, weil der Ager Publicus durch die Eroberungen so stark zu nahm.

Und gerade weil man den Ager Publicus an Großgrundbesitzer verpachtete die diese Flächen mit Sklaven bewirtschafteten, verschärfte sich das Problem der Überbevölkerung bei den Kleinbauern noch da diese keine Flächen hatten auf die sie hätten ausweichen können.

Zitat:ich würde da früher ansetzen, genau genommen war die alte "Bauernarmee" bereits ab der Heeres-Reform des Marius ab 104 v. Chr. Geschichte

Das stimmt durchaus, die klassische Milizarmee endete mit Marius, die neue Armee rekrutierte sich aber primär aus Capite Censi, und diese waren primär Landbevölkerung die aufgrund der Überbevölkerung keinen Besitz und keine Möglichkeit Felder zu bestellen mehr hatte.

Samun:

Zitat:Du behauptest im Prinzip, dass alle anderen falsch liegen, nur du nicht. Weil du die "Kultur" der Römer richtig verstehst und alle anderen - einschließlich der Geschichtswissenschaft - nicht.

Mitnichten behaupte ich dies. Im Gegenteil, meine Ausführungen entsprechen dem neuesten Stand der Geschichtswissenschaft. Die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft, also der Wissenschaftlichen Aufarbeitung der Erkenntnisse die wir über die Geschichte haben, unterscheidet sich aber oft von dem was im Populärwissenschaftlichen Bereich oder in den Schulgeschichtsbüchern steht. Die Geschichtswissenschaft steht zudem nicht still, wir gewinnen fortlaufend neue Erkenntnisse durch die Archäologie, durch die Quellenkritik usw

Ob ich die Kultur der Frühen- und Mittleren Republik wirklich verstehe weiß ich nicht, aber ich beschäftige mich immerhin seit mehr als 20 Jahren mit der Frühen und Mittleren Republik.

Zitat:Außerdem kommst auch du hier nicht drum herum, dass es sich jeweils nur um einen kleinen Teil der Bevölkerung handelte, der in den Krieg zog. Du versuchst das sogar umzudrehen indem du sagst, dass sogar die Oberschicht in den Krieg zogen.


Römische Armeen waren verhältnismäßig groß. In der Zeit der Frühen- und Mittleren Republik standen zudem sehr viel mehr Milizen unter Waffen als Legionen tatsächlich im Felde standen. Da die Legionen immer wieder neu aufgestellt wurden, kamen auf diese Weise verblüffend viele Römer in den Genuß in den Krieg zu ziehen. Die lebendige Wehrkraft der Römischen Republik wird zudem oft drastisch unterschätzt, da man sich nur auf die Legionen konzentriert die im Feld operierten, die tatsächliche Zahl der Bewaffneten Milizen war immens viel größer. Dazu mal ein paar Zahlen:

Bei Beginn des Zweiten Punischen Krieges standen im Herrschaftsgebiet der Republik 280 000 römische Bürger und Bürger ohne Stimmrecht unter Waffen. Davon 250 000 Mann Infanterie und 30 000 Mann Kavallerie. Die Bundesgenossen hatten weitere 200 000 Mann unter Waffen, und davon allein die Latiner mit 80 000 Mann Infanterie und 5000 Mann Kavallerie.

Das sind für die damalige Zeit gigantische Zahlen. Warum aber gab es in Italien derart viele Bewaffnete? Die Antwort liegt in der Geschichte dieses Landstriches vor der Einigung durch die Römer. Gewalt war an der Tagesordnung, ständige endlose Kriege jeder gegen jeden und ein über Jahrhunderte andauernder Grenz- und Kleinkrieg zwischen allen Italischen Stämmen hatte Italien zu dieser Zeit extrem militarisiert.

Diese Militarisierung von Unten hatte dann das gigantische Militärpotential geschaffen, aus dem die römische Macht entstand.

Wenn du nun schreibst, dass ich sage, daß immer nur ein kleiner Teil der römischen Bevölkerung im Feld stand, dann bezieht sich das auf diese immense Zahl Bewaffneter die Gesamt da war. Davon wurde nur ein kleiner Teil auf Feldzüge geschickt, schlicht und einfach aus logistischen Gründen.

Die große Masse diente nun als Reserve. Da aber die Legionen jedes Jahr neu aufgestellt wurden und zwar nicht immer aus der gleichen Ecke sondern aus immer neuen Teilen dieser Bewaffneten Masse, tauschten sich die Milizen der Reihe nach durch und da immer und ständig Krieg herrschte, kamen auf diese Weise der Reihe nach große Teile der Milizen eben in den Genuß eines echten großen Krieges.

Darüber hinaus herrschte auch noch zu dieser Zeit in Italien Mord- und Totschlag, selbst noch zu Beginn der Späten Republik gab es in Italien an vielen Stellen Kleinkriege, Fehden und Aufstände. Viele Geschichtsbücher produzieren einfach ein falsches Bild der Republik als das eines im Inneren relativ stabilen ruhigen organisierten Staates. Tatsächlich war Italien ein Pulverfaß in dem über Jahrhunderte hinweg Krieg Alltag und Normalzustand war, was wiederum die gesamte Italische Bevölkerung von Unten her extrem militarisierte.

Zitat:Ist es nicht viel mehr so, dass hauptsächlich die Oberschicht in den Krieg zog?
In Bezug auf die Römische Republik nein, es zog nicht nur die Oberschicht in den Krieg. Aber es ist eben bemerkenswert, dass die Oberschicht sich nicht schonte, sondern das Prozentual zu ihrem Anteil an der Bevölkerung mehr Mitglieder der Oberschicht im Krieg als Kämpfer fielen als von den Unteren Klassen.

Zitat:Tatsächlich ist die Annahme falsch, dass hauptsächlich die Überschüssigen gekämpft haben. Was du beschreibst charakterisiert teilweise eher die Germanischen und Keltischen Stämme als die Römer. Dort zogen die "überschüssigen" Männer aus um sich durch selbst organisierte Beutezüge überhaupt erst ein Überleben zu sichern.

Die republikanischen Römer unterschieden sich gerade in diesem Punkt eben nicht sehr von den Kelten und Germanen. Die Expansion der Republik ist primär durch ständigen Bevölkerungsdruck ausgelöst worden.

Zitat:Rom ist eher vergleichbar mit den griechischen Städten. Tatsächlich unterscheidet sich auch das Militärsystem der Anfangszeit in Rom nicht von dem Griechischen

Zwar ist Rom ein Stadtstaat wie die griechischen Polis auch, aber es gibt gerade in der Anfangszeit erhebliche Kulturelle Unterschiede zu den Griechen. Und insbesondere das Militärsystem der Römer hat in der Zeit der Republik bestimmte Unterschiede zum Griechischen, auch wenn es auf den ersten Blick (Milizen, die Bürger stellen ihre Waffen selbst, Phalanx usw) ähnlich erscheint.

Zitat:Und je mehr sich Rom als Staat vergrößerte, desdo aufwendiger wurden die Kriegszüge und die Bauern vernachlässigten die Felder, sie selbst konnten sich den Unterhalt nicht mehr leisten und verkauften an Großgrundbesitzer, die die Felder von Sklaven bearbeiteten ließen.

Und das ist eben nicht der Fall gewesen, auch wenn man es seit Mommsen immer wieder und wieder in Büchern liest. Das etwas immer wieder abgeschrieben wird, macht es auch nicht wahrer.

Die Bauern vernachlässigten ihre Felder in der Mehrzeit eben nicht und verkauften auch nicht an die Großgrundbesitzer. Der Großgrundbesitz entstand vielmehr aus der Aneigung von Ager Publicus durch Mitglieder der römischen Oberschicht. Es wurden eben nicht Felder die früher Kleinbauern gehört hatten nun von Sklaven bewirtschaftet, sondern es wurde der Ager Publicus von Sklaven bewirtschaftet.

Das Problem das die Gracchen lösen wollten, war nicht, dass die Kleinbauern ihre Felder verloren, sondern das die Kleinbauern nicht am Ager Publicus partizipierten. Die Gracchen wollten daher den Ager Occupatorius auflösen und an überzählige Kleinbauernsöhne vergeben, die sonst zu Capite Censi wurden. Damit hätten sie zugleich ihre Klientel gewaltig vergrößtert, was im übrigen in Wahrheit der Grund für ihre Reformbemühungen war.

An dieser Stelle möchte ich auf die Arbeiten der Historiker Rosenstein, Bleicken und Bringmann verweisen. Insbesondere Rostenstein und Bleicken haben sich auch mit Archäologischen Funden zu diesem Thema befasst. Es ist schlicht und einfach Fakt, dass sich archäologisch kein Rückgang der Kleinbauern feststellen läßt.

Und wenn man die historischen Quellen genauer ließt, dann stellt man fest, dass es bei den Agrarreformen immer um die Verteilung des Ager Publicus ging. Warum aber den Ager Publicus verteilen und an wen denn ? wenn die Kleinbauern so stark abgenommen hätten?!

Gerade die Versuche einer Agrarreform zeigen doch klar auf, dass es zu viele Menschen gegeben hat, die kein eigenes Land hatten, gerade deshalb wollte man ja den Ager Publicus an diese verteilen. Die Zunahme der Capite Censi in den Städten ist also keine Folge eines Niedergangs der Kleinbauern sondern eine direkte Folge der Überbevölkerung.

Zitat:Zumal, wenn erst jetzt explizit ein Teil der Beute an die Soldaten verteilt wurde, was haben sie denn vorher bekommen? Anscheinend sind sie entgegen deiner Meinung nicht für Beute in den Krieg gezogen oder konnten sich sogar am Krieg bereichern, sondern offenbar haben sie mit jedem Krieg verloren. Das spricht kaum dafür, dass mittellose Bauernsöhne in den Krieg zogen und als gemachte Männer zurückkamen.

Das Gegenteil ist der Fall. In der Frühen Republik gab es nicht einmal Sold, der Milizionär erhielt vom Staat für seinen Militärdienst gar nichts.

Von Beginn an durften die Römer jedoch Beute machen. Römische Heer plünderten daher von Beginn an in einem immensen Umfang. Die Ausplünderung eroberter Gegner durch römische Milizen ist auch archäologisch nachweisbar.

Gerade in der Frühen und Mittleren Republik bereicherten sich daher mittellose Bauernsöhne im Krieg immens, insbesondere noch in der Zeit als die Kriege primär in Italien statt fanden und daher eine regelrechte saisonale Arbeit waren. Man führte gerade deshalb ständig Krieg um sich zu bereichern, als Teil der Jahresarbeit war ein Teil des Jahres für den Krieg reserviert. Es gab daher insbesondere in der frühen Republik oft mehr Kriegswillige als benötigt wurden. Ad extremum führte das zu privaten Kriegszügen derjenigen die beim Kriegszug der Republik nicht mitgenommen wurden.

Krieg war aber zugleich eine angenehme Unterbrechung des sehr harten Alltags, der sehr harten Feldarbeit. Man kam aus seinem Tal heraus, vom Acker weg, und kehrte im Idealfall nach einem herrlichen Kriegszug mit Beute und Ruhm nach Hause zurück.
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#6
OK. Mal sehen ob wir das gleiche meinen....

Ich verstehe nichts von Römischer Krieger-Kultur. Kenne mich höchstens mit der jüngeren Geschichte aus.
Was ich aber verstehe, ist das auf dem Gefechtsfeld das Überleben und der Sieg zählt. Beides wird nicht mit Kultur oder einer bestimmten Gesellschaftsform ereicht.

Sondern mit rüksichtloser und menschenverachtendem handeln, gepaart mit professioneler Ausbildung und nicht vorhandener menschlicher Moral. (SS)
Um es mal extrem zu sehen.
Das schaft man nur mit einer entsprechenden Ausbildung.
Ansonsten ist der einzelne Soldat im Krieg wohl eher nur seinen Kameraden und seinem Überleben nahe.
Wenn man sich mit Vet`s der verschiedenen Kriege unterhält, wird man immer wieder/meistens zu diesem Ergebniss kommen.
Selbst die Afgahnen, die ja nun Jahrhunderte lang eine aktive "Kriegerkultur" leben, bringen kaum einen Vernünftigen Soldaten zu Tage.(Eigentlich nur Selbstmord-Atentäter, bzw. "Krieger" die aus Hinterhalten kämpfen)

Heißt für mich, selbst in einer Kultur/Gesellschaft/Volk in der Krieg/er Stilisiert wird, ist "Kriegerkultur" wohl nur eine von der Oberschicht gemachte künstliche Meinung die selten vom einfachen Soldaten wirklich vertreten wird.

Hoffe bin jetzt nicht am Thema vorbeigeschossen...
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#7
hapy:

Das von dir beschriebene notwendige Handeln auf dem Schlachtfeld kann aber ebenso auch durch die Kultur hervor gerufen oder befördert werden. Nur Ausbildung allein kann dieses Handeln nur mühsam herbei führen, während Kulturelle Grundlagen die in die gleiche Richtung führen das besagte Handeln viel leichter herbei führen können.

Noch darüber hinaus hat es in der Menschheitsgeschichte sehr oft Beschränkungen des Krieges gegeben, die sich bewussst gegen die von Clausewitz beschriebene Fortentwicklung des Krieges zum Totalen Krieg stellten. Auch heute beschränken wir den Krieg und damit das Handeln auf dem Gefechtsfeld. Die von dir beschriebene reine Haltung ist zwar überlegen, aber auch heute trotz aller Ausbildung aufgrund der eigenen Beschränkungen in Wahrheit nicht vorhanden. Diese Beschränkungen kann allein die Kultur überwinden, nicht die Ausbildung.

Das betrifft darüber hinaus dann insbesondere noch die Frage des Opferwillens, inwieweit man bereit ist sein Leben zu geben oder Verluste an Leben insgesamt zu tolierieren. Keine Ausbildung der Welt ermöglicht es, das eigene Leben und das der anderen gering oder für nichts zu achten. Die Verachtung des Lebens ist eine rein kulturelle Angelegenheit.

Die von dir genannten Ausbildung ist im übrigen auch nur eine Form von Kultur, vielleicht verstehst du den Begriff Kultur falsch. Auch ein enthemmter, fanatischer Krieger hat eine bestimmte Kultur durch das was er tut und denkt.

Zitat:Heißt für mich, selbst in einer Kultur/Gesellschaft/Volk in der Krieg/er Stilisiert wird, ist "Kriegerkultur" wohl nur eine von der Oberschicht gemachte künstliche Meinung die selten vom einfachen Soldaten wirklich vertreten wird

Genau das ist der Kernstreitpunkt zwischen mir und Samun. Es gab aber Kulturen bei denen diese Haltung eben nicht eine auf die Oberschicht beschränkte künstliche Meinung darstellte und gerade diese sind dadurch Kriegerkulturen.

Zitat:Selbst die Afgahnen, die ja nun Jahrhunderte lang eine aktive "Kriegerkultur" leben, bringen kaum einen Vernünftigen Soldaten zu Tage.(Eigentlich nur Selbstmord-Atentäter, bzw. "Krieger" die aus Hinterhalten kämpfen)

Also bitte, itzo laß mich lachen. Sowohl Selbstmordangriffe wie Hinterhalte sind eine sehr moderne vorzügliche Art und Weise wie man Krieg führt wenn man technologisch und materiell dem Feind derart unterlegen ist. Die Afghanen die auf diese Weise Krieg führen sind daher vortreffliche Krieger.

Sie sind jedem BW Soldaten der nur und allein durch die ihn umgebende Technik überleben kann weit überlegen. Gerade Afghanistan ist heute ein schönes Beispiel dafür, wie ein Volk durch die Ereignisse der letzten Jahrzehnte von Unten her weitgehend militarisiert werden kann. In Afghanistan ist Krieg Normalität, Menschenleben zählen nichts, und man kämpft ohne aufzugeben gegen einen Feind (also uns) der einem unendlich überlegen ist.

Das afghanische Kriegertum ist aufgrund seiner Kultur unserem Kriegertum weit überlegen.
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#8
Zur Frage der Bauern- Agrarkrise in der Republik:

Diese heute noch vorherrschende Ansicht resultiert im Endeffekt aus den historischen Schriften dreier römischer Autoren, und zwar: Plutarch, Cicero und Plinius der Ältere. Das Problem an diesen Schriften ist, dass sie einer Quellenkritik und einer Überprüfung durch die Ärchologie nicht standhalten.

Beispiel Plutarch: Dieser schreibt, dass die Gracchen deshalb zu Reformern wurden, weil sie durch Südetrurien reisten und dort keine Kleinbauern mehr vorfanden sondern nur noch Sklaven. Durch die Archäologie aber wissen wir, dass zur Zeit der Gracchen gerade Südetrurien noch absolut von Kleinbauern dominiert wurde und gerade dort noch besonders viele Klein- und Mittelbäuerlichen Betriebe bestanden.

Beispiel Cicero: Dieser schreibt, dass ganz massiv Kleinbauern aus Latium und Kampanien nach Rom gezogen wären, und das deren Felder nun an die Großgrundbesitzer gefallen wären. Cicero gibt übrigens einen ganz anderen Grund dafür an, nämlich das die Kleinbauern und das einfache Volk Faul und Arbeitsscheu geworden wären und die harte Arbeit auf dem Land gegen das Wohlleben in der Stadt eintauschen wollten, was im völligen Gegensatz zur sonstigen Darstellung steht, dass die Kleinbauern aufgrund übermässigen Kriegseinsatzes ihre Höfe verlieren würden. Nun verhält es sich aber so, dass auch und insbesondere in Kampanien archäologisch kein Niedergang der Kleinbauern feststellbar ist, im Gegenteil scheint deren Zahl gerade in Kampanien zugenommen zu haben. Es gab aber eine nachweisbare Abwanderung latinischer Kleinbauern, von der auch Livius berichtet.

Livius nennt aber wieder ganz andere Gründe, nämlich den Umstand, dass sich Latiner durch ein Leben in Rom das römische Bürgerrecht ersitzen konnten. Das ganze ging so weit, dass der römische Staat speziell gegen die latinischen Kleinbauern in Rom vorging und beispielsweise 187 v Chr 12000 ehemalige Kleinbauern aus Latium aus Rom ausweisen ließ.

Ein wirklicher Niedergang des Kleinbauerntums in Italien begann in Wahrheit erst mit der Ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts vor Christus, insbesondere ab 50 v Chr. Erst ab dieser Zeit verloren die Kleinbauern ihre Höfe zunehmend an die Großgrundbesitzer. Daneben gab es aber wohl tatsächlich auch eine Menge Wohlstandsflüchtlinge aufgrund der lex frumentaria des Clodius 58 v Chr.


Erst im frühen Prinzipat begann dann der beispiellose und rasche Niedergang des Kleinbauerntums in Italien. Zu einer Zeit also, in der es keine Milizen mehr gab. Ich finde diesen Punkt besonders auffällig: Erst als es keine Milizarmee mehr gab, die Expansion zum Ende kam, das Reich saturiert war, erst dann begann der rasche Niedergang der Kleinbauern. Zu dieser Zeit verloren die Kleinbauern aus wirtschaftlichen Gründen alles, sie konnten gegen die Großgrundbesitzer nicht konkurrieren und wurden an vielen Orten von diesen auch gegen ihren Willen enteignet. Im Gegensatz zu früher, zur Zeit der Republik als sie noch freie Männer und Bewaffnete waren, als es allenorten Milizen gab, hatten die Kleinbauern nun keine Waffen mehr und keine Rechte.

Dazu zwei Buchempfehlungen die absolut wesentlich sind für das Verständnis des Bauerntums der Republik:

Rome at War von Rosenstein

Plebs rustica von Evans
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#9
Ok, jetzt begreife ich euren Streitpunkt so langsam...
Zu Afgahnistan, ich meinte nicht die Effizienz der afgahnischen Kriegerkultur, sondern den Vergleich zu regulären Soldaten in einem regulären offenen Krieg. (Partisanen-Krieg auf afgahnischer Art/Geschichte, ist wohl ein Sonderfall)
Mit Krieger-Kultur kommt mir bei genauerem überlegen immer wieder die Waffen-SS in den Sinn.
Die wohl am ehesten mit Drill, Ideologischer-Schulung(Erziehung zum Fanatismus) und ja, ihrem eigenen "Todes-Kult"(Verachtung des eigenen Lebens und des Lebens Allgemein)
zum Ideal des totalen Kriegers wurden/waren....
Was aber wohl zum Glück einmalig bleiben wird.
Sollte mich jetzt aber auch aus eurer Diskusion zurückziehen.
Wird mir zu Theoretisch(Vieleicht kommt ihr ja noch auf Athen/Sparta/Sokrates zu sprechen und dann kann ich nicht mehr mit "Geschichtswissen" mithalten...
PS: Viel Spaß!
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#10
hapy:

Zitat:Zu Afgahnistan, ich meinte nicht die Effizienz der afgahnischen Kriegerkultur, sondern den Vergleich zu regulären Soldaten in einem regulären offenen Krieg.

In einem konventionellen Krieg müsste unsere Leichte Infanterie ihre Kampfweise verändern, anpassen, und zwar in Richtung dessen was die Afghanen aufgrund ihrer Unterlegenheit jetzt schon tun. Die Kampfweise der Afghanen ist nicht unähnlich der Kampfweise die wir selbst in einem konventionellen Krieg bei der Leichten Infanterie betreiben müssten (Hinterhalte, Tarnung usw)

Wie die Afghanen jetzt stünde unsere Leichte Infanterie in einem konventionellen Krieg gegnerischer Luftwaffe, Artillerie, und zumindest temporär und/oder partiell überlegenen feindlichen Streitkräften gegenüber (und sei es nur aufgrund Schwerpunktbildung). Wenn wir dann so zu kämpfen versuchen würden wie wir es jetzt tun, würden wir vernichtet werden.

Die afghanische Kampfweise entspricht einfach der modernen Kampfweise der Leichten Infanterie in einem Dreidimensionalen Schlachfeld.

Zitat:Vieleicht kommt ihr ja noch auf Athen/Sparta/Sokrates zu sprechen und dann kann ich nicht mehr mit "Geschichtswissen" mithalten...

Sehr gerne, sprechen wir über Lakedaimon:

Ein Extrembeispiel, aber ein Beispiel dafür, wie eine ganze Gesellschaft völlig einseitig auf den Krieg hin ausgerichtet wurde, und die Zivilgesellschaft sich in die Armee integrierte hin zur völligen Auflösung der Trennung zwischen beiden Bereichen.

Besonders interessant an Lakedaimon ist das ständige Streben nach Autarkie und das bewusste Aussteigen dieser Gesellschaft aus dem Handel bzw normalen Wirtschaftsgeschehen.

Die Spartiaten fielen aber nicht einfach irgendwann mal vom Himmel, sondern es handelte sich um ein gewachsenes System, das primär aus den Kriegen gegen Messenien und Argos heraus entstand. Wir haben es also hier mit einer Militarisierung durch einen sehr harten und sehr zähen Krieg zu tun, wobei die Militarisierung hier sowohl von Oben (aufgrund von Gesetzen und vom Staat aufgerichteten Einrichtungen) als auch von Unten (aufgrund des Kriegseinsatzes der Bürger) erfolgte. Interessant in diesem Kontext ist, dass Argos anfangs weit überlegen war, und die Spartiaten anfangs verheerende Niederlagen gegen Argos erlitten. In der Folge dessen übernahm Sparta viele der militärischen Errungenschaften, Taktiken und Kampfweisen von Argos und setzte sich mit diesen dann auch gegenüber den Messenern durch.

Die Entwicklung Spartas hin zum absoluten Militärstaat resultierte also aus einer Notwendigkeit, eine anfängliche miltärische Unterlegenheit gegenüber seinen Gegnern zu überwinden. Man wurde deshalb ultramilitaristisch, weil man auf andere Weise nicht siegen konnte, und der militärische Druck des Gegners zu groß war.
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#11
Mal ehrlich, du hast Politik/Geschichte studiert.... :wink:
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#12
Weder noch. Ich habe nicht mal ein Abitur. Und man sollte meine Ausführungen zur Geschichte immer kritisch überprüfen, ich schreibe oft nicht objektiv sondern emotional.
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#13
Quintus, Du schwelgst mal wieder in Deinem Lieblingsfach - hau druff, von der Keule zur Atombombe .... :wink:
und vergisst, dass sich die Welt weiter entwickelt und wandelt.
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