30.06.2022, 16:55
Zitat:Die anfängliche "flüssige" Situation wurde übertroffen und durch die verkürzte Front ist man nun näher an den Argonnen im Jahr 1915 als an der von Guy Brossolet theoretisierten "Nicht-Schlacht", die man von Februar bis April erlebte.
Ein Beweis übrigens dafür, dass man in ein und demselben Konflikt mehrere Phasen haben kann, die sich in Bezug auf die Dichte der Kräfte und die Organisation des Kampfes stark unterscheiden, was eine große Anpassungsfähigkeit der Generalstäbe und der Streitkräfte voraussetzt.
Diese Erkenntnis ist wesentlich: Krieg nimmt immer phasenweise neue Formen an, wenn die bisher vorliegende Form scheitert, oder ihren Zweck erfüllt hat, oder sich sonstwie die Umstände ändern. Der Krieg schwankt daher ständig von einer Form zur nächsten und zwar fast jeder Krieg. Es ist kriegsgeschichtlich extremst selten dass ein Krieg nur in einer Form geführt wird. Seitens westlicher (europäischer) Militärs aber wird hier ein viel zu gleichbleibendes Geschehen angenommen. Man stellt daher ganz spezifische Streitkräfte auf, die auf eine bestimmte Weise kämpfen sollen. Wenn diese Art und Weise aber scheitert, und auch wenn sie erfolgreich ist, dann ändert sich eventuell die Form des Krieges so drastisch, dass die für eine andere Form konzipierten Streitkräfte dann erhebliche Nachteile darin haben.
Insgesamt also benötigt man Wehrstrukturen, welche wesentlich vielseitiger sind und die sich vor allem anderen sehr schnell und sehr weitgehend anpassen können. Entsprechend muss diese Anpassungsfähigkeit sich durch die ganze Armee ziehen, von der Beschaffung der Ausrüstung über die Ausbildung hin zur Doktrin und zur Strategie usw usw. Meiner Ansicht nach fehlt vielen westlichen TM (europäischen) Armeen aber genau diese Anpassungsfähigkeit weitgehend.
Armeen, insbesondere die Soldaten, die Offiziere selbst, sind querschnittlich meiner Meinung nach zu konservativ, neigen zu sehr zu Strukturextrapolierung und hängen zu sehr in den von ihnen selbst gezüchteten geistigen Inzuchtstrukturen fest. All dies wäre schon negativ genug, wird aber dann durch die Bürokratie und den Umstand dass viele europäische Streitkräfte, insbesondere diese Bundeswehr, mehr eine Art Verwaltung sind, die ganz nebenbei noch wie rein zufällig auch ein paar Kriegswaffen haben, drastisch verschlimmert. Die völlige (vor allem auch geistige) Erstarrung, die Unfähigkeit also sich anpassen zu können, wird dieser Bundeswehr in einem ernsthaften Krieg das Genick brechen und dies selbst dann, wenn sie in einer Eingangs-Phase (aus welchen Gründen auch immer) erfolgreich wäre.