11.07.2022, 16:10
Werter Nightwatch:
Ich stimme dir zu, dass man diesen Krieg hätte verhindern können, und exakt dies habe ich ja auch genau so Ende 2021 und die letzten Monate vor dem Krieg geschrieben, dass man vor Kriegsbeginn massiv Waffen auf der Stelle liefern muss und offen und schriftlich vertraglich festgelegt Zusagen geben muss, dann hätte Russland evenutell von einem Angriff dieser Größenordnung abgesehen.
Auch meiner Einschätzung nach war das einer der schwersten Fehler der westlichen Regierungen, diesen Krieg nicht im Vorab mit allen Mitteln zu verhindern, den der daraus erwachsene Schaden war ja auch damals schon absehbar. Ebenso teile ich deine Einschätzung der verantwortlichen Politiker und insbesondere von Biden, den ich schon vor seiner Wahl als katastrophale Fehlbesetzung betrachtet habe (was jetzt nicht im Umkehrschluss heißt, dass Trump besser wäre).
Ebenso bin ich der gleichen Meinung, dass die Sanktionen jetzt keinen Sinn mehr machen, und dass man jetzt sogar ganz im Gegenteil diese abbauen sollte. Ich schrieb ja explizit von einem vollständigen Stopp gleich zu Beginn des Krieges. Aber so wie es jetzt gelaufen ist, ist das halt weder noch, und hat entsprechend diese Chance vertan, und es wäre eine Chance gewesen, hätte man sie gleich ergriffen und dann entschlossen und schnell gehandelt. Womit wir wieder bei den Politikern wären. Jetzt ist auch dieser Zug im Endeffekt abgelaufen, zu viel Zeit wurde vertan.
In Bezug aber auf die Frage wie man den Krieg selbst weiter führen soll, möchte ich zu bedenken geben, dass dies insgesamt eine wesentlich diffizilere und komplexere und instabilere Situation ist, als dies die meisten überhaupt nachvollziehen können. Und meiner rein persönlichen Erfahrung nach ist es sehr problematisch in einem derart hochkomplexen und derart dynamischen System zu starke Eingriffe vorzunehmen, weil exakt dies immer unkalkulierbare Fernwirkungen nach sich zieht. Deshalb halte ich deine Ideen darüber, was dann passieren würde für nicht gesichert genug, für zu risikoreich, für zu gewagt in Bezug auf unkalkulierbare Fernwirkungen.
Wenn wir den Krieg auf diesem Niveau weiter laufen lassen, wird man uns das Gas keineswegs sicher abstellen. Denn die Einnahmen daraus sind für die innenpolitische Stabilität in Russland immens wichtig, weil sie als "Bestechung" der Eliten verwendet werden und deren Pfründe sichern. Gerade dadurch wäre bei einem sofortigen Gasstopp gleich zu Kriegsbeginn ja der Witz gewesen, dass dies dann zum innenpoltischen Umsturz in Russland geführt hätte bzw. die Regierung dort um diesen zu vermeiden zum Handeln getrieben hätte.
Jetzt aber, wo man gerade mit Hochdruck auch anfängt weitere Pipelines auch in der Mongolei zu bauen etc. ist das natürlich alles zu spät und zu wenig, weil die Umstände sich geändert haben und man sich zunehmend an die Veränderungen anpasst. Diese kämen also nicht mehr schockartig genug. Deshalb ist der wahre Schwerpunkt meiner rein persönlichen Meinung nach jetzt die Feinsteuerung dieses Krieges durch unsere Waffenlieferungen. Und hier ist es rein egoistisch betrachtet für uns nur von Vorteil, wenn Russland den Osten der Ukraine nach im Idealfall mehreren Jahren als totale Trümmerwüste nachhaltig halten würde. Dieses Endergebnis ist für uns besser.
Verbleibt natürlich die von dir berechtigt aufgeworfene Frage, ob wir diese Feinsteuerung durchstehen können?! Ich würde das gar nicht an der materiellen Seite festmachen, ganz im Gegenteil. Wenn Russland rasch verliert, wird uns umgehend vollständig das Gas abgestellt werden. Wenn wir aber gezielt falsche Hoffnungen schüren, dann haben wir noch eine gewisse Übergangszeit, welche wir nutzen könnten - so wie es ja seit Monaten der Fall ist (ohne dass wir diese Übergangszeit richtig genutzt hätten). Diese Übergangsphase bis hin zum Ausfall der russischen Gaslieferungen so weit wie möglich zu strecken ist nur dann möglich, wenn wir bei den Lieferungen nicht so weit gehen, dass die Russen jede Hoffnung den Krieg in einer begrenzten Form noch weiter führen zu können verlieren, denn dann steigen sie entweder aus oder eskalieren. Es muss daher noch für etliche Zeit für die Russen so aussehen, als könnten sie unter Nicht-Einspannung aller Kräfte dennoch Ziele in der Ukraine erreichen. Dann haben wir eine längere Übergangsphase und der Schaden für Russland ist wesentlich größer und damit Russland dann wesentlich schwächer.
Russland wäre dann sogar wesentlich schwächer als wenn es diesen Krieg rasch verloren hätte !
Nehmen wir mal das von dir beschriebene Szenario: wir liefern gleich zu Kriegsbeginn so massiv, dass die Russen eine vernichtende Niederlage erleiden und hinter ihre Landesgrenzen zurückgeworfen werden bevor es auch nur Juni wird. Was wäre das Ergebnis? Das Ergebnis wäre ein dann in diesem Fall militärisch stärkeres Russland als im Vergleich zu der von mir skizzierten Strategie. Darüber hinaus wäre dann trotzdem kein nachhaltiger langfristiger Friede erreicht, sondern ganz im Gegenteil, ein Folgekrieg wäre unvermeidlich. Das ist meine These in diesem Kontext aus meinem Verständnis der russischen Kultur und Denkweise hier: es wäre dann ein Revanche-Gedanke da der zwinged zeitnah in den nächsten Krieg führen würde.
Das heißt, bei dem von dir beschriebenen Szenario schneller und massiver Waffenlieferungen etc wäre die Situation nicht nachhaltig entschärft, sondern sie würde zu einem Folgekrieg führen, der dann noch wesentlich heftiger ausfällt.
Russland darf daher keineswegs schnell aus diesem Krieg geworfen werden. Der Idealfall ist es, wenn die Russen einen möglichst langsamen Tod in schleppender Agonie sterben, so langsam und qualvoll wie nur irgendwie möglich und dabei ihr militärisches Potential so weit wie möglich verbrauchen. Statt bei einer raschen Niederlage ihrer Teilstreitkraft in der Ukraine militärisch wie wirtschaftlich wie gesellschaftlich wesentlich weniger geschädigt aus dem 1. Krieg hervor zu gehen um dann gestärkt einige Jahre später den 2. Krieg zu versuchen. Deshalb muss man sie ausbluten die Russen und ihnen die Folgekosten in Form der zerstörten Gebiete einschließlich Guerilla aufs Auge drücken, nur so kann man sie langfristig wirklich nachhaltig schädigen und zugleich für Dekaden in der Ukraine festlegen.
Ich stimme dir zu, dass man diesen Krieg hätte verhindern können, und exakt dies habe ich ja auch genau so Ende 2021 und die letzten Monate vor dem Krieg geschrieben, dass man vor Kriegsbeginn massiv Waffen auf der Stelle liefern muss und offen und schriftlich vertraglich festgelegt Zusagen geben muss, dann hätte Russland evenutell von einem Angriff dieser Größenordnung abgesehen.
Auch meiner Einschätzung nach war das einer der schwersten Fehler der westlichen Regierungen, diesen Krieg nicht im Vorab mit allen Mitteln zu verhindern, den der daraus erwachsene Schaden war ja auch damals schon absehbar. Ebenso teile ich deine Einschätzung der verantwortlichen Politiker und insbesondere von Biden, den ich schon vor seiner Wahl als katastrophale Fehlbesetzung betrachtet habe (was jetzt nicht im Umkehrschluss heißt, dass Trump besser wäre).
Ebenso bin ich der gleichen Meinung, dass die Sanktionen jetzt keinen Sinn mehr machen, und dass man jetzt sogar ganz im Gegenteil diese abbauen sollte. Ich schrieb ja explizit von einem vollständigen Stopp gleich zu Beginn des Krieges. Aber so wie es jetzt gelaufen ist, ist das halt weder noch, und hat entsprechend diese Chance vertan, und es wäre eine Chance gewesen, hätte man sie gleich ergriffen und dann entschlossen und schnell gehandelt. Womit wir wieder bei den Politikern wären. Jetzt ist auch dieser Zug im Endeffekt abgelaufen, zu viel Zeit wurde vertan.
In Bezug aber auf die Frage wie man den Krieg selbst weiter führen soll, möchte ich zu bedenken geben, dass dies insgesamt eine wesentlich diffizilere und komplexere und instabilere Situation ist, als dies die meisten überhaupt nachvollziehen können. Und meiner rein persönlichen Erfahrung nach ist es sehr problematisch in einem derart hochkomplexen und derart dynamischen System zu starke Eingriffe vorzunehmen, weil exakt dies immer unkalkulierbare Fernwirkungen nach sich zieht. Deshalb halte ich deine Ideen darüber, was dann passieren würde für nicht gesichert genug, für zu risikoreich, für zu gewagt in Bezug auf unkalkulierbare Fernwirkungen.
Wenn wir den Krieg auf diesem Niveau weiter laufen lassen, wird man uns das Gas keineswegs sicher abstellen. Denn die Einnahmen daraus sind für die innenpolitische Stabilität in Russland immens wichtig, weil sie als "Bestechung" der Eliten verwendet werden und deren Pfründe sichern. Gerade dadurch wäre bei einem sofortigen Gasstopp gleich zu Kriegsbeginn ja der Witz gewesen, dass dies dann zum innenpoltischen Umsturz in Russland geführt hätte bzw. die Regierung dort um diesen zu vermeiden zum Handeln getrieben hätte.
Jetzt aber, wo man gerade mit Hochdruck auch anfängt weitere Pipelines auch in der Mongolei zu bauen etc. ist das natürlich alles zu spät und zu wenig, weil die Umstände sich geändert haben und man sich zunehmend an die Veränderungen anpasst. Diese kämen also nicht mehr schockartig genug. Deshalb ist der wahre Schwerpunkt meiner rein persönlichen Meinung nach jetzt die Feinsteuerung dieses Krieges durch unsere Waffenlieferungen. Und hier ist es rein egoistisch betrachtet für uns nur von Vorteil, wenn Russland den Osten der Ukraine nach im Idealfall mehreren Jahren als totale Trümmerwüste nachhaltig halten würde. Dieses Endergebnis ist für uns besser.
Verbleibt natürlich die von dir berechtigt aufgeworfene Frage, ob wir diese Feinsteuerung durchstehen können?! Ich würde das gar nicht an der materiellen Seite festmachen, ganz im Gegenteil. Wenn Russland rasch verliert, wird uns umgehend vollständig das Gas abgestellt werden. Wenn wir aber gezielt falsche Hoffnungen schüren, dann haben wir noch eine gewisse Übergangszeit, welche wir nutzen könnten - so wie es ja seit Monaten der Fall ist (ohne dass wir diese Übergangszeit richtig genutzt hätten). Diese Übergangsphase bis hin zum Ausfall der russischen Gaslieferungen so weit wie möglich zu strecken ist nur dann möglich, wenn wir bei den Lieferungen nicht so weit gehen, dass die Russen jede Hoffnung den Krieg in einer begrenzten Form noch weiter führen zu können verlieren, denn dann steigen sie entweder aus oder eskalieren. Es muss daher noch für etliche Zeit für die Russen so aussehen, als könnten sie unter Nicht-Einspannung aller Kräfte dennoch Ziele in der Ukraine erreichen. Dann haben wir eine längere Übergangsphase und der Schaden für Russland ist wesentlich größer und damit Russland dann wesentlich schwächer.
Russland wäre dann sogar wesentlich schwächer als wenn es diesen Krieg rasch verloren hätte !
Nehmen wir mal das von dir beschriebene Szenario: wir liefern gleich zu Kriegsbeginn so massiv, dass die Russen eine vernichtende Niederlage erleiden und hinter ihre Landesgrenzen zurückgeworfen werden bevor es auch nur Juni wird. Was wäre das Ergebnis? Das Ergebnis wäre ein dann in diesem Fall militärisch stärkeres Russland als im Vergleich zu der von mir skizzierten Strategie. Darüber hinaus wäre dann trotzdem kein nachhaltiger langfristiger Friede erreicht, sondern ganz im Gegenteil, ein Folgekrieg wäre unvermeidlich. Das ist meine These in diesem Kontext aus meinem Verständnis der russischen Kultur und Denkweise hier: es wäre dann ein Revanche-Gedanke da der zwinged zeitnah in den nächsten Krieg führen würde.
Das heißt, bei dem von dir beschriebenen Szenario schneller und massiver Waffenlieferungen etc wäre die Situation nicht nachhaltig entschärft, sondern sie würde zu einem Folgekrieg führen, der dann noch wesentlich heftiger ausfällt.
Russland darf daher keineswegs schnell aus diesem Krieg geworfen werden. Der Idealfall ist es, wenn die Russen einen möglichst langsamen Tod in schleppender Agonie sterben, so langsam und qualvoll wie nur irgendwie möglich und dabei ihr militärisches Potential so weit wie möglich verbrauchen. Statt bei einer raschen Niederlage ihrer Teilstreitkraft in der Ukraine militärisch wie wirtschaftlich wie gesellschaftlich wesentlich weniger geschädigt aus dem 1. Krieg hervor zu gehen um dann gestärkt einige Jahre später den 2. Krieg zu versuchen. Deshalb muss man sie ausbluten die Russen und ihnen die Folgekosten in Form der zerstörten Gebiete einschließlich Guerilla aufs Auge drücken, nur so kann man sie langfristig wirklich nachhaltig schädigen und zugleich für Dekaden in der Ukraine festlegen.