(Zweiter Weltkrieg) Imperiale Japanische Armee
#1
Ich wollte schon seit längerem einen Sammelstrang über die Imperiale Japanische Armee eröffnen, die hier im Westen mit vielen falschen Vorstellungen verbunden ist . Wenn jemand etwas wissen will, werde ich gerne jede Frage eingehend beantworten.

Etliche meiner Ansichten über die Japanischen Streitkräfte der Meji-, Taisho- und Showa-Zeit bis 1945 sind zum Teil etwas eigen und eignen sich daher durchaus zur Diskussion. Das fängt schon beim Titel des Stranges an, wird doch diese Streitmacht im deutschen Sprachraum üblicherweise Kaiserliche Japanische Armee genannt. Und wenn man die scheinbare Fixierung ihrer Armeekulturauf die Idee des Tenno betrachtet, scheint der Name gar nicht so falsch. Auf der anderen Seite lässt sich der japanische Begriff:

Dai-Nippon Teikoku Rikugun

meiner Meinung nach eben doch am besten mit Armee des vergrößerten (sich ausbreitenden) japanischen Reiches übersetzen. Also mit: Armee des japanischen Imperiums. Und der Begriff eines Imperiums, die Idee eines Imperators ist nun eben etwas anders als der bloße Begriff des Tenno für sich alleine. In dem Namen lag also schon zu Beginn ein über die Idee des Tenno hinaus gehender Anspruch im Selbstverständnis.

Zudem muss man klar zwischen der Propaganda und Selbstdarstellung dieser Streitmacht und dem wahren Selbstverständis vieler ihrer hohen Offiziere sowie der von der Propaganda zum Teil klar unterscheidbaren inneren Armeekultur klar trennen. Die Idee des Tenno war meist mehr ein Mittel zum Zweck, als ein wirklicher Inhalt, im Gegensatz zu den einfachen Wehrpflichtigen, die sie unter anderem mit dieser Idee bewusst manipulierten.

Auch die scheinbare "Samurai"-Kultur dieser Armee hatte mit dem was die Kultur der Samurai ausgemacht hatte in Wahrheit nur wenig zu tun. Hier wurden nur bestimmte Elemente aus dem Zusammenhang gerissen gezielt von oben her implementiert um dadurch Defizite in anderen Bereichen auszugleichen. Es gab daher in Wahrheit gerade eben keine durchgehende Linie von der militärischen Kultur des Tokugawa-Shogunats hin zu dieser Armee, im Gegenteil: war ihr Ursprung doch die gezielte und vollständige Abwendung von allem, was die traditionelle japanische Kriegerkultur ausmachte.

Später, viel später erst sogar - wurden dann zusammenhangslos bestimmte Ideen in dieser Armee von oben implementiert, verbreitet und verankert, die uns heute als logische Nachfolge und Konsequenz aus dem erscheinen, was früher da gewesen war, die es aber in Wahrheit gerade eben nicht waren.

Damit stellt gerade die Imperiale Japanische Armee eine kulturell völlig eigene, einzigartige Streitmacht dar, die in Wahrheit eben keinen direkten Vorgänger hatte, nichts worauf sie in Wahrheit aufbaute und die nach ihrer vollständigen Niederlage kulturell auch so gut wie nichts nichts von sich hinter ließ. Sie bildet daher innerhalb der japanischen Geschichte eine vollständig eigene Entität.

Dabei entwickelte diese Streitkraft eine Kultur des Krieges, die in der Menschheitsgeschichte einzigartig ist und die unvorstellbare militärische Leistungen hervor brachte, sich am Ende aber als Anachronismus heraus stellte. Nicht weil sie in der Nachfolge der traditionellen japanischen Kriegskultur gestanden wäre (das war sie gerade eben nicht). Nicht weil sie der Versuch von Kriegern war, im Materialkrieg weiter zu bestehen. Sondern weil sie eine völlig von den Gegnern losgelöste, egozentrische militärische Kultur evolutionär hervor brachte, die im Endeffekt autistisch agierte, also nicht als Anpassung an einen Feind oder eine bestimmte Form der Kriegsführung statt fand, sondern sich nur aus rein inneren Gründen heraus so und nicht anders entwickelte.

Für das Verständnis der Entwicklung der Imperialen Japanischen Armee ist daher mehr das Verständnis der Inneren Vorgänge in dieser Armee, ihrer Herkunft und ihrer Inneren Kultur wesentlich, als die bloße äußeren Ereignisse, da keine andere moderne Armee sich derart der Anpassung an den jeweiligen Gegner regelrecht verweigerte und sich derart der Egozentrie widmete.
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#2
Bei meinen weiteren Ausführungen will ich vor allem vermeiden, einfach nur Wiki wieder zu käuen, weshalb ich mich auf weniger bis nicht bekannte Aspekte konzentrieren werde.

Der Ursprung

Eines der ältesten Adelsgeschlechter Japans, dass seine Geschichte bis in die Zeit vor den Samurai, bis zu den Anfängen des Kaisertums sogar zurück verfolgen konnte, waren die Mori. Zur Zeit des Tokugawa Shogunats beherrschten sie noch einen geringen Teil Japans, die Küste direkt gegenüber Korea und die westlich davor gelegenen Inseln. Während der Reichseinigung waren die Mori erbitterte Feinde der Tokugawa gewesen, und hatten nach der für sie verlorenen Schlacht von Sekigahara erhebliche Einbußen an Land und Macht hinnehmen müssen. Darüber hinaus galt dieses Adelsgeschlecht selbst in der Zeit des Tokugawa Shogunats als besonders kriegerisch und ultrakonservativ. Aufgrund dessen war der Einfluss der Familie in der Militärregierung des Shogunats gleich Null. Für die Mori stellte dies eine ständige Kränkung dar, da sie aufgrund ihrer Geschichte einen höheren Rang für sich beanspruchten und die meiste Zeit der Geschichte Japans eine viel bedeutendere Position inne hatten. Etliche Angehörige der Mori hielten sich jedoch ständig in Kyoto auf und erlangten dort im Laufe der Zeit einen erheblichen Einfluss auf den Kaiser und den Hofadel. Aufgrund des ihnen von den Tokugawa verliehen Lehens Choshu, wurden und werden die Mori in vielen Büchern fälschlicherweise auch als Choshu bezeichnet.

Nach der gewaltsamen Öffnung des Landes durch die USA im Jahre 1853 versuchten die Tokugawa ihre Armeen zu modernisieren und holten zu diesem Zweck ausländische Militärberater ins Land. Erste Arsenale wurden geschaffen und die Tokugawa und der Klan der Aizu in Nordjapan begannen damit, erste moderne Geschütze herzustellen. War schon die zwangsweise Öffnung für die grundsätzlich fremdenfeindlichen Mori ein Schock, so empfanden sie die Anwesenheit von ausländischen Militärberatern in Japan auf Seiten der Tokugawa als unerträglich. Sie nutzten daher ihren Einfluss am Hof und brachten den Kaiser Komei dazu, im Januar 1863 ein Edikt zu erlassen, dass dem Shogun befahl, bis zum Juni 1863 alle Ausländer aus Japan zu vertreiben. Ende Juni griffen darauf hin Streitkräfte der Mori in der Straße von Shimonoseki ausländische Schiffe an, und beschädigten dabei ein franzöisches Kriegsschiff sowie ein holländisches Handelssschiff schwer.

Am 26 Juli kam es dann zu einem Seegefecht zwischen dem US Kriegsschiff Wyomig wobei dieses die Schiffe der Mori versenkte. Einige Tage später wurden Küstenbatterien und eine Festung der Mori an der Südspitze von Honshu durch französische Kriegsschiffe bombardiert. Dabei blieben die Franzosen mit Leichtigkeit außerhalb der Reichweite der veralteten Kanonen der Mori und sandten schließlich sogar Marineinfanterie an Land, die dort ein in der Nähe der Festung gelegenes Dorf trotz erbittertem Widerstand einnahm und niederbrannte. Bei diesen Kämpfen zeichnete sich ein junger Samurai der Mori aus, der Yamagata Aritomo hieß und später als Oberbefehlshaber die IJA entscheidend prägen würde. Trotz dieser Rückschläge ließen die Mori nicht davon ab, sämtliche ausländischen Schiffe die in ihre Gewässer eindrangen anzugreifen. Darüber hinaus begannen Samurai der Mori bei jeder sich bietenden Gelegenheit Ausländer zu ermorden.

Mitte August erschien wegen eines solchen Vorfalls ein britisches Geschwader vor der Bucht von Kagoshima, die zum Lehen Satsuma der Adelsfamilie der Shimazu auf der Insel Kyushu gehörte. Die Briten forderten die sofortige Auslieferung eines Samurai der Mori, der vor kurzem einen Briten brutal ermordet hatte. Als ihnen dies verweigert wurde, bombardierten die Briten die Stadt und die Festung Kagoshima. Dabei gerieten sie aufgrund starker Winde in die Reichweite japanischer Küstenbatterien und mussten einige Verluste hinnehmen. Im Gegenzug schossen sie die Stadt Kagoshima mit Raketen in Brand und zerstörten sie dadurch vollständig. Die Shimazu waren von den britischen Kriegsschiffen und Kanonen begeistert und heuerten kurz nach dem Zwischenfall britische Militärberater an um ihre Streitkräfte zu modernisieren.

Zudem beschlossen die Shimazu, der zerstörerischen Politik der Mori entgegen zu treten und verbündeten sich dazu mit Teilen des Hofadels und den Aizu und gewannen so im September 1863 die Macht in Kyoto, worauf hin die radikalen Mori vom Hofe fliehen mussten. Unter diesen befand sich ein ultra- rechtsextremistischer junger Samurai namens Takasugi aus der Adelsfamilie der Hagi (welche Lehensleute der Mori waren), der eigentlich aus dem Lehen der Mori verbannt worden war, weil er ein britisches Konsulat niedergebrannt hatte. Im Gegensatz zu anderen rechtsextremistischen Anhängern der Mori war er jedoch kein entschiedener Verteidiger der Samurai-Klasse, sondern verachtete die Samurai weil sie in seinen Augen feige geworden waren und keinen offenen Krieg gegen die Ausländer führten. Der zu diesem Zeitpunkt erst 24 jährige Takasugi schnitt sich daher als Zeichen seiner Verachtung den Samurai-Knoten ab.

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Durch seinen Aufenthalt am Hof hatte er zudem neue Ideen für die staatliche Ordnung Japans entwickelt und war auf den Gedanken gekommen, die Macht des Kaisers wieder her zustellen. Und die Armeen des Kaisers in früherer Zeit hatten ja nicht aus Samurai bestanden, sondern aus allen Angehörigen der Gesellschaft. Im Endeffekt wurde Takasugi damit zum Begründer der IJA und beeinflusste durch seine Entscheidungen in den folgenden Jahren die gesamte weitere Geschichte Japans entscheidend.

Auch wenn Takasugi persönlich Bauern und Kaufleute ebenso verachtete, war er zu der Überzeugung gelangt, dass die Ausländer militärisch zu stark seien und deshalb das gesamte japanische Volk ihnen militärisch entgegen treten müsse. Nach dem Sieg über die Ausländer sollte dann eine neue Kriegerklasse entstehen, welche die Samurai vollständig ersetzen sollte, während die Bauern wieder entwaffnet würden. Mit diesen Hintergedanken stellte Takasugi noch Ende 1863 eine neue Art von Einheit auf, die Kiheitai. Den Namen entlieh sich Takasugi aus den Schriften Sun Tzus. Darüber hinaus studierte Takasugi übersetzte holländische Abhandlungen über moderne Kriegsführung, die er sich heimlich aus China bringen ließ, um dadurch die Ausländer besser verstehen zu können und Methoden zu finden, sie zu schlagen.

Die Kiheitai, deren Namen man am besten mit Sondereinheiten übersetzen kann, wurden von ihm dann im weiteren auch anhand dieser holländischen Schriften ausgebildet. Das wirklich neue an ihnen aber war, dass sie aus Samurai und Bauern gemischte Verbände darstellten. Dagegen gab es folglich erheblichen Widerstand aus den Reihen konservativer Mori, welches dieses Projekt wie jede Neuerung ablehnten. Takasugi sammelte daher gezielt radikale junge Samurai um sich, die sich in den ersten Kämpfen gegen die Ausländer durch besondere Todesverachtung ausgezeichnet hatten und die er für seine neuen Ideen begeistern konnte. Darunter waren unter anderem Maebara Issei (25 Jahre), Ito Hirobumi (18 Jahre), Yamagata Aritomo (21 Jahre) und Omura Masujiro (24 Jahre). Alle diese jungen Krieger schufen dann einige Jahre später aus den Reihen der ursprünglichen Kiheitai die Imperiale Japanische Armee und prägten diese nachhaltig. Auch innerhalb der Reihen der Kiheitai gab es jede Menge Probleme. Die Samurai in den Einheiten konnten die Anwesenheit von bewaffneten Bauern schon kaum ertragen, geschweige denn deren Gleichstellung. Takasugi musste daher die ständige Unruhe innerhalb seiner neuen Einheit mit drakonischer Disziplin und extremsten Strafen unterdrücken. Aufgrund der erheblichen militärischen Unterlegenheit der Armee der Mori gegenüber den Streitkräften des Shogunats wurden die Kiheitai aber zumindest vorübergehend toleriert.

Schon Mitte August 1864 griff die konventionelle Armee der Mori zusammen mit den Kiheitai von Takasugi an und marschierte nach Kyoto, um dort den Kaiser als rechtmäßigen Herrscher Japans einzusetzen und auf diese Weise das Handeln der Mori zu legitimieren. Es gelang den Kriegern der Mori zwar bis ans verbotene Tor von Kyoto vorzustoßen, dort trafen sie aber auf weit überlegene Streitkräfte der Tokugawa, Shimazu und Aizu. Die Schlacht dauerte einen ganzen Tag lang, aber am Schluss gelang es den Regierungstreuen Streitkräften sich wegen der modernisierten Artillerie der Shimazu (britische Kanonen – siehe oben) durchzusetzen. Sechzehn der besonders konservativen Mori begingen vor dem verbotenen Tor Selbstmord, was für Takasugi im Endeffekt die innere Opposition wegräumte. Den Kiheitai gelang es unter der Führung von Takasugi, sich relativ unbeschadet aus der drohenden Einschließung heraus zu schlagen und sie zogen sich in das Lehen der Mori zurück.

Am 04 September landete noch darüber hinaus eine Flotte von ausländischen Kriegsschiffen mehrere europäischer Nationen an den Küsten der Mori in der Shimonoseki Straße. Mehr als 5000 Mann Marineinfanterie versuchten eine wichtige Stellung der Mori einzunehmen, wobei die Kiheitai erbitterten Widerstand leisteten . Darüber hinaus gelang des den Kiheitai sogar, dass gegnerische Flaggschiff zu beschädigen. Diese Einheit führte Yamagata Aritomo. Schließlich mussten sich die Kiheitai zurück ziehen, da sie keine Munition mehr hatten und der Gegner übermächtig war. Die Marineinfanterie zerstörte das Küstenfort und sammelte Rüstungen und Helme der Samurai als Trophäen ein.

Ende 1864 erfolgte dann der Gegenangriff des Shogunats. Ein letztes Mal gelang es den Tokugawa, eine gewaltige Armee aller ihrer Lehensleute zu versammeln und gegen die Mori zu führen. Diese hatten dem Angriff nichts entgegen zu stellen und schoben daher alle Schuld auf Takasugi der mit den Kiheitai in die Berge floh Die Tokugawa ersetzten die radikalen unter den Mori durch gemäßigtere Adelige und bestraften etliche der Aufständischen. Zudem wurden den Mori Strafzahlungen auferlegt und Land abgenommen. Auch diese Maßnahmen spielten am Ende Takasugi in die Hände, da er nun als einziger noch Widerstand leistender Krieger zum natürlichen Sammelpunkt aller Mori wurde. Da es den Tokugawa nicht gelang, der hochmobilen Kiheitai Herr zu werden, löste sich die Armee im Januar 1865 auf und die feudalen Aufgebote zogen in ihre Lehen zurück.

Takasugi schloss aus den bisherigen Niederlagen, dass die Kiheitai als Konzept sich immens bewährt hatten. Er verweigerte daher den Befehl der neuen Machthaber im Lehen Choshu die Kiheitai aufzulösen und nahm Kontakt mit den Shimazu auf, da diese inzwischen sehr gute Kontakte zu den Briten hatten. Es gelang ihm über die Shimazu britische Gewehre in großer Zahl aus Shanghai einzukaufen. Aufgrund der Spannungen zwischen den inzwischen viel selbstbewussteren bewaffneten Bauern und den Samurai innerhalb der Kiheitai musste Takasugi eine immer strengere Disziplin einführen, bis zu dem Punkt, wo schon aufgrund von Nichtigkeiten die Todesstrafe angewandt wurde. Takasugi und Omura trainierten dann ihre Verbände nach holländischem Vorbild primär als leichte Infanterie und Plänkler.

Schon im März 1865 eroberten die Kiheitai in kürzester Zeit das gesamte Lehen Choshu und Takasugi setzte die wenigen verbliebenen radikalen Mori wieder in ihre alten Positionen ein. Die Besatzungstruppen der Regierung im Lehen wurden von den Kiheitai vollständig vernichtet. Da Takasugi sich bei diesen Kämpfen stets in vorderster Front aufhielt und alle Anstrengungen mit seinen Männern unmittelbar teilte, erkrankte er jedoch Mitte 1865 an Tuberkulose, die sich im Sommer 1865 in den Reihen seiner Truppen ausbreitete. Dadurch begann Omura hinter den Kulissen zunehmend an Einfluss zu gewinnen. Vor allem die anderen Adelsfamilien Japans nahmen ab diesem Zeitpunkt zunehmend Kontakt mit Omura auf, der im Gegensatz zu Takasugi und anderen Radikalen aus den Reihen der Mori für Diplomatie und rationale Argumente zugänglich war. In den Reihen der extremistischen Anhänger Takasugis war Omura im Endeffekt der am meisten gemäßigte. Zudem entwickelte Omura sehr gute Beziehungen zu den Shimazu im Süden, was für den Nachschub an Waffen und Munition von immenser Bedeutung war. Zu Beginn des Jahres 1866 gelang es Omura sogar, ein geheimes Militärbündnis mit den Shimazu zu schließen.

Takasugi griff derweilen – stets an vorderster Front – mit den Kiheitai die Truppen der Tokugawa bei jeder sich bietenden Gelegenheit an. Trotz seiner Erkrankung gelang es ihm, den Tokugawa verheerende Verluste zuzufügen und bis Juni 1866 die Entsatztruppen der Tokugawa vernichtend zu schlagen. Auf Honshu überließ Takasugi daher den Oberbefehl im Juli 1866 Omura und dieser drang weiter in Tokugawa Gebiet ein. Derweilen unternahmen Takasugi und sein zu diesem Zeitpunkt engster Vertrauter Yamagata einen kühnen Vorstoß nach Süden über die Shimonoseki Straße. In amphibischen Überraschungsangriffen nahmen sie in kürzester Zeit und trotz erbittertem Widerstand sämtliche von der Zentralregierung gehaltenen Häfen und Festungsanlagen ein. Die wenigen überlebenen Truppen des Shoguns flohen nach Nagasaki. Der Shogun forderte darauf hin die Shimazu auf, gegen die inzwischen an ihren Grenzen stehenden Mori vorzugehen. Aufgrund des von Omura geschlossenen geheimen Militärbündnis unternahmen die Shimazu jedoch nichts.

Die Mori kontrollierten damit die Shimonoseki Straße vollständig und Takasugi wandte sich wieder den Kämpfen in Honshu zu. Dort hatten die Kiheitai aufgrund von Krankheiten, schlechter Versorgung und ständigen geringen Verlusten gegen die wesentlich größeren Truppen des Shogunats ihren Vormarsch inzwischen einstellen müssen. Aber auch umgekehrt waren die Truppen der Tokugawa in diesem Gebiet kaum noch einsatzfähig. Der Tod des Shogun im September 1866 bot daher beiden Parteien eine gesichtswahrende Möglichkeit, die Kämpfe vorüber gehend einzustellen. Eine Auswertung der Kämpfe durch Takasugi, Omura, Yamagata und Kido Koin kam zu der Schlußfolgerung, dass die Kiheitai das richtige Konzept darstellten, dass sie aber im Kampf gegen Ausländer aufgrund der fehlenden Artillerie nicht ausreichen würden. Daher beauftragte Takasugi Omura, für die Mori die modernste Artillerie Japans zu beschaffen. Im Januar 1867 erlitt Takasugi einen Rückfall seiner schon überwunden geglaubten Tuberkulose und er starb im April 1867. Als seinen Nachfolger ernannte er zur großen Überraschung aller ausgerechnet Omura, den er von all seinen Gefolgsleuten wegen seines mangelnden Fanatismus eigentlich am wenigsten gemocht hatte. Den Widerstand gegen diese Ernennung durch radikalere jüngere Samurai trat Takasugi als seine letzte Handlung noch persönlich entgegen und forderte von seinen Gefolgsleuten einen Schwur bedingungsloser Treue zu Omura, den diese aufgrund ihrer Loyalität zu Takasugi dann auch leisteten.

Omura begann umgehend mit dem Aufbau weiterer Kiheitai Verbände und der Schaffung einer modernen Artillerie, wofür er auf Militärberater aus den Reihen der Shimazu zurück griff. Umgekehrt waren auch die Tokugawa nicht untätig gewesen. Sie hatten eine französische Militrämission ins Land geholt und die franzöischen Militärberater hatten ab Januar 1867 bereits zwei modern ausgebildete und hervor ragend ausgerüstete Infanterie-Bataillone für die Tokugawa aufgestellt. Die Tokugawa und die Aizu kauften zudem moderne franzöische und italienische Artillerie ein. Anfang 1867 starb zudem auch noch Kaiser Komei und sein zu diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alter Sohn Mutsuhito bestieg den Thron. Die Hofadeligen hinter Mutsuhito hatten zu diesem Zeitpunkt schon seit Jahren enge Kontakte mit den Mori und hoffte auf eine Wiederherstellung ihrer früheren Macht und Pfründen, sollte der Shogun gestürzt werden. Auch die Shimazu waren nicht untätig gewesen und bauten ab Ende 1866 ihre Landtruppen mit Hilfe britischer Militärberater erheblich aus, um der ständig anwachsenden militärischen Landmacht der Mori etwas entgegen setzen zu können.

Ein endgültige Auseinandersetzung war daher nur eine Frage der Zeit.
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#3
Ich les deine Beiträge ganz durch wenn ich mal Zeit hab ... nur so viel vorne weg: Ich hasse Filme aus Japan mit diesem Ehrenkodex, mit Leuten die 20 Meter waagerecht durch die Luft fliegen, Leute die immer mit Schwertern kämpfen und der Gegner mit der Pistole in der Hand noch extra in den Wirkungsbereich der Hiebwaffe laufen, damit ihnen die Rübe abgeschlagen wird. Es wirkt alles so gekünstelt und voller vorgestrigen Traditionen.

Es ist schon ein seltsames Land/Leute, voller Gegensätze. Das moderne Japan find ich schon gut, man ist innovativ, entwickelt tolle Produkte, legt viel Wert auf Qualität. Ein Volk voller loyaler Mitarbeiter, vielleicht auch ein Vorurteil, so was kann sich eine Volkswirtschaft nur wünschen. Auf der anderen Seite, ist das Folgsame, Unterwürfige (Verneigen, Gesten) nicht das was die kreativsten Produkte hervor bringt. Aber das ja alles vermutlich aus der Geschichte entstanden.

Die USA mit ihren Siedler und im Prinzip alles Selbständigen Unternehmern/Personen zu Beginn (und auch Gangstern Wink), erzeugt auch eine aus der Geschichte gewachsene Kultur, die sich auch heute noch charakterprägend (in Verbindung mit dem gelernten Geschichtserbe) beim Durchschnitt (Tendenz) abzeichnet. So ist es auch bei den Japaner, Deutschen, Schweizern ... .

sorry, es geht ums Militär, ich weiss, wollte das trotzdem mal noch loswerden. Wenn ich an Japan denke, da kommen mir neben dem Samurai-Schwert eben primär völlig seltsamen Ehrenkodex, bedingungslose Selbstaufgabe, Selbstmörder und Hörigkeit in den Sinn. Alles Attribute die ich eher mit einer Einheit aus einer Heerschar Wespen oder Bienen gleichstellen würde und nicht mit einem selbständig denkenden Individuum.
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#4
phantom:

Das sind zum Teil auch Stereotype bzw Vorurteile und desweiteren muss man sehr klar zwischen der Kultur der Tokugawa-Zeit, der Meji-Zeit, der Showa-Zeit wie auch der des modernen Japan nach 1945 unterscheiden, und die Unterschiede sind wirklich erheblich. Die Armee der Meji-Zeit unterschied sich beispielsweise in vielen Punkten drastisch von der Armee der Showa-Zeit, ich werde dazu später noch kommen.

Gerade die Begründer der IJA zeichneten sich beispielsweise dadurch aus, dass sie aus überkommenen Vorstellungen gedanklich ausbrachen. Interessantererweise waren es ausgerechnet die rechtsextremistischsten Krieger, die aufgrund ihrer grenzenlosen Fremdenfeindlichkeit Japan dann kulturell in die moderne führten, auch wenn dass ursprünglich sicher nicht ihre Intention war.

Gerade die IJA war für große Teile der Modernisierung Japans verantwortlich. Ihre Gründer wollten aber ursprünglich gerade dieser Modernisierung entgegen treten und brachen für den dazu notwendigen Krieg gegen die Tokugawa gedanklich aus dem Korsett der japanischen Kultur dieser Zeit aus.

Die Person von Takasugi und die von ihm geschaffenen Kiheitai sind dafür das beste Beispiel. Takasugi verachtete Selbstmord und ging gegen diesen in den Reihen der von ihm kommandierten Truppen mit allen Mitteln vor (Ächtung des Toten, seiner Freunde und Familie, Bestrafung der Angehörigen der Einheit wie der Familie etc) Takasugi war zwar selbst ein sehr guter Schwertkämpfer, setzte aber für seine Truppen systematisch auf moderne westliche Gewehre und studierte holländische Schriften über die moderne Kriegsführung. Trotzdem kopierte er die westliche Kriegsführung nicht einfach, sondern schuf eigene Taktiken und Methoden. Ehre zählte ihm nichts, nur der Sieg zählte und das Töten von Ausländern und Ausländerfreunden.

Auch mit der Loyalität war es zu dieser Zeit nicht weit her. Jeder veriet jeden, und von Unterwürfigkeit keine Spur, im Gegenteil wurden fortlaufend Befehle missachtet, eigenmächtige Aktionen vom Zaun gebrochen und wenig Selbstaufgabe gezeigt. Primär agierten alle höchst selbstsüchtig und machtgierig, mit der Ausnahme von Takasugi und vielleicht auch noch Yamagata als seinem geistigen Erben, die aber ebenfalls nicht von selbstlosen Motiven, sondern von ihrer grenzenlosen Xenophobie getrieben wurden.

Bei aller militärischen Genialität war daher der frühe Tod von Takasugi für Japan insgesamt ein Segen, weil seine radikale Haltung Japan zu früh in den offenen Krieg mit den Westmächten getrieben hätte. Vielleicht verstand er aber auf dem Sterbebett diese Konsequenzen seiner Einstellung auch noch, immerhin ernannte er ja ausgerechnet Omura zu seinem Nachfolger. Der von all seinen Gefolgsleuten am wenigsten Ausländerfeindlich war, und für vergleichsweise gemäßigte Positionen eintrat.

Zitat:Alles Attribute die ich eher mit einer Einheit aus einer Heerschar Wespen oder Bienen gleichstellen würde und nicht mit einem selbständig denkenden Individuum.

Gerade Takasugi war beispielsweise das genaue Gegenteil: er war höchst selbstständig denkend. Er kopierte auch nicht einfach die westlichen Methoden sondern entwickelte komplett neue eigene (primär weil sein Ausländerhass ihm das bloße Kopieren westlicher Methoden unmöglich machte). Takasugi schnitt sich als einer der allerersten Samurai seinen Haarknoten ab, ermordete unter dem persönlichen Schutz seines Lehensherrn stehende Ausländer (wofür er eigentlich Seppuku hätte begehen müssen), steckte trotz ausdrücklichem Befehl auf dem Lehen seiner Familie zu bleiben und Ruhe zu geben ein britisches Konsulat an und wollte eine neue Kriegerkaste schaffen, welche die Samurai ersetzen sollte.

Im Kampf setzte er primär auf moderne westliche Gewehre, den Kampf auf maximale Distanz, Partisanen-Taktiken, hochmobile leichte Infanterie die überwiegend aus Bauern rekrutiert wurde und in der Bauern und Samurai gleichgestellt waren. Er setzte in der Armee der Aufständischen eine noch nie dagewesene Disziplin mit extremster Gewalt durch. Die heutige "Unterwürfigkeit" der Japaner ist nicht zuletzt ein Erbe dieser Disziplin, die damals aber nur eine zwingend notwendige Maßnahme war, um Samurai und Bauern mit Gewalt in einer Einheit zusammen zu nageln.

Es ist eben eine besondere Ironie der Geschichte, dass das moderne Japan im Ursprung von Leuten begründet wurden, die sich nur aus extremsten Ausländerhass dazu durchrangen, die bestehende Kultur zu zerschlagen, weil sie erkannten, dass andernfalls Japan den Ausländern zum Opfer fallen würde. Dieser Ursprung prägte dann im weiteren die gesamte weitere Geschichte der Imperialen Japanischen Armee. Man könnte sogar das Ende des japanischen Kaiserreichs 1945 im Endeffekt auf diesen Ursprung zurück führen.
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#5
Das es vielfach Betrug, Mord, Verrat usw. gab war auch für die Japaner nichts neues - einer der drei Reichseiniger ( müsste Nobunaga gewesen sein) wurde von einem seiner Generale abgemurkst, Tokugawa war eigentlich dem Sohn des Hidejoshi verpflichtet und hat dann durch List die Festung Osaka (damals in der "Hitliste" der Festungen Weltweit ziemlich weit vorne) genommen und damit selbigen Sprössling seines großen Wohltäters abgemurkst.

Tatsächlich erinnert mich die Adaption moderner britischer Gewehre (anbei - waren das vergleichsweise "alte" Minie-Gewehre oder bereits Hinterlader?) und die daneben existierende Fremdenfeindlichkeit an das Vorgehen der Reichseiniger - sobald deren Ziel mithilfe der neu erlernten Technik erreicht war, hieß es dann ja: Schotten dicht und Feuerwaffen bestenfalls als Dekoration.

Die allgemeine japanische Disziplin würde ich allerdings weniger auf die militärischen Formationen als solche beziehen, denn auf die brutalen japanischen Strafen - mag sein, das es übertrieben ist, aber der Kopf eines Bauern soll doch ziemlich schnell gerollt sein.
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#6
Quintus Fabius schrieb:Es ist eben eine besondere Ironie der Geschichte, dass das moderne Japan im Ursprung von Leuten begründet wurden, die sich nur aus extremsten Ausländerhass dazu durchrangen, die bestehende Kultur zu zerschlagen, weil sie erkannten, dass andernfalls Japan den Ausländern zum Opfer fallen würde. Dieser Ursprung prägte dann im weiteren die gesamte weitere Geschichte der Imperialen Japanischen Armee.
Dass das in einer imperialen Armee mündest, ist extrem widersprüchlich. Wenn du Angst hast, erobert zu werden, überfällst du dann mehr oder weniger alle Nachbarstaaten. Auf mich macht das wenig Sinn, zumal Japan ja eine sehr isolierte und gut zu verteidigende Lage hat.

Aber es ist wahrscheinlich wirklich so, je isolierter man ist, desto mehr fürchtet man sich vor dem Fremden. Wer könnte das nicht besser wissen als ein Schweizer. Big GrinWink
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#7
Nelson:

Zitat:anbei - waren das vergleichsweise "alte" Minie-Gewehre oder bereits Hinterlader?

Es handelte sich um Minie-Gewehre. Insbesondere ab 1866 kamen solche Gewehre massenhaft aus den USA nach Japan - über britische Zwischenhändler. Die ersten Hinterlader Japans wurden dann bereits von den Japanern selbst entwickelt.

Zitat:Die allgemeine japanische Disziplin würde ich allerdings weniger auf die militärischen Formationen als solche beziehen, denn auf die brutalen japanischen Strafen - mag sein, das es übertrieben ist, aber der Kopf eines Bauern soll doch ziemlich schnell gerollt sein.

Das stimmt aber eben nur für die Bauern (im übertragenen Sinne, so typisch war Köpfen nicht). Gerade die Samurai zeichneten sich im späten Tokugawa Shogunat durch eine sehr geringe Disziplin aus, was regelmäßig der primäre Grund für die Niederlagen der eigentlich überlegenen Armeen der Tokugawa gegen die Aufständischen Mori war. Im späten Shogunat kam es allgemein in vielen Teilen des Landes zu einem Zerfall der Gesellschaft, massiver Kriminalität, Mord- und Totschlag waren an der Tagesordnung. So war Kyoto in dieser Zeit beispielsweise ein extrem gefährliches Pflaster und eine der kriminellsten Städte der Welt. Von einer allgemeinen Disziplin konnte damals überhaupt keine Rede sein, die entstand im Endeffekt erst in der Meji- und Showa Zeit.

Die heutige allgemeine japanische Disziplin ist im Endeffekt ein Erbe dieser Zeit und nicht der Zeit der Samurai. Die Meji und Showa Zeit haben das heutige Japan geprägt, die Zeit der Samurai davor hingegen in Wahrheit viel weniger als man gemeinhin glaubt. Der Unterschied zwischen dem Tokugawa-Shogunat und dem späteren Kaiserlichen Japan ist eben in Wahrheit immens.

Die allgemeine Disziplin in der Gesellschaft entstand erst durch ihre radikale Militarisierung von Oben in der Meji-Zeit, in der die besonderst strikte militärische Disziplin der IJA die Gesellschaft durchdrang. Und diese hatte ihren Ursprung eben wieder in den Problemen die Takasugi hatte, als er gemischte Verbände aus Bauern und Samurai aufstellte, da er ohne strikteste Disziplin diese aufgrund der Inneren Spannungen nicht unter Kontrolle halten konnte.

Zitat:Tatsächlich erinnert mich die Adaption moderner britischer Gewehre und die daneben existierende Fremdenfeindlichkeit an das Vorgehen der Reichseiniger - sobald deren Ziel mithilfe der neu erlernten Technik erreicht war, hieß es dann ja: Schotten dicht und Feuerwaffen bestenfalls als Dekoration.

Und hier war eben einer der enormen Unterschiede zu damals: die Radikalen die da die Macht ergriffen, lehnten nur die Ausländer ab, nicht aber die ausländische Technik und legten diese daher nach erreichen ihrer Ziele gerade eben nicht ab, sondern bauten sie systematisch aus und stülpten sie dem japanischen Volk mit Zwang über. Das reichte weit über Feuerwaffen hinaus: über die Kleidung bis hin zu den Adelstiteln wurde die gesamte Gesellschaft durchreformiert. Die erste Generation der Radikalen gab sogar die klassischen japanischen Schwerter auf und führte einhändige Säbel nach französischem Vorbild ein, mit der Begründung, dass zweihandschwerter für die moderne Kriegsführung sinnlos seien, weil man dann in der zweiten Hand keinen Revolver führen könne.

Dabei waren die Ziele dieser Radikalen genau genommen extrem rückwärts gewandt: man wollte im Endeffekt in die frühe Kaiserzeit Japans "zurück", in der es keine Samurai gegeben hatte und der Kaiser der uneingeschränkte Herrscher Japans gewesen war. Und im Bestreben dies zu erreichen, schuf man etwas völlig neues, nicht gewollt, sondern aus den Zwängen der Umstände heraus.
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#8
phantom:

Zitat:Dass das in einer imperialen Armee mündest, ist extrem widersprüchlich. Wenn du Angst hast, erobert zu werden, überfällst du dann mehr oder weniger alle Nachbarstaaten. Auf mich macht das wenig Sinn, zumal Japan ja eine sehr isolierte und gut zu verteidigende Lage hat.

Japan war und ist eben nicht gut zu verteidigen. Japan hat eine extrem lange Küstenlinie und grenzte schon damals an bedeutende Großmächte (China, Russland) während zugleich bedeutende Seemächte (Großbritannien, USA) in seinen Gewässern aktiv waren. Daher kamen die Radikalen aus den Reihen der Mori schon früh zu der Schlußfolgerung, dass man umliegende Länder erobern müsse, um sich auf diese Weise eine Peripherie schaffen zu können, die dann als Verteidigungswall Japan selbst schützen würde. Zudem waren gerade die Mori der Überzeugung, dass die Ressourcen Japans nicht ausreichen würden, Japan vor den Ausländern zu retten. Daher waren die Mori der Überzeugung, dass man sich die Ressourcen anderer Länder aneignen müsse, um Japan ausreichend stark für den Kampf gegen die Ausländer zu machen.

Der japanische Imperialismus hatte daher von Anfang an eine zwar vom Grundgedanken her defensive Zielsetzung, mündete aber aufgrund seiner Intention natürlich zwingend in einer offensiven Umsetzung seiner Ziele. Dieser Widerspruch, dieser Zwiespalt zog sich in der japanischen Strategie noch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein wo es ebenfalls die gleiche Zielsetzung war, eine Peripherie zu erobern und diese dann als Bollwerk für die Verteidigung zu verwenden und zugleich die Rohstoffe dieses Gebietes für die Weiterführung des Kampfes zu verwenden. Diese grundlegende strategische Ausrichtung hatten aber bereits schon die Mori als sie noch in Japan selbst kämpften.

Zitat:Aber es ist wahrscheinlich wirklich so, je isolierter man ist, desto mehr fürchtet man sich vor dem Fremden

So isoliert war Japan eigentlich gar nicht. Die Isolation entstand erst durch die künstliche Abschließung des Landes durch die Tokugawa. Davor war Japan ein im Osten eng vernetzter Akteur, versuchte schon in der frühen Neuzeit Korea zu erobern und hatte enge Beziehungen nach China, sowie zu den Spaniern, Portugiesen usw, es gab sogar eine erhebliche und rasant wachsende Anzahl von Christen in Japan die dann erst die Tokugawa ausrotteten. Die Isolation des Tokugawa Shogunats war daher eine Ausnahmesituation in der japanischen Geschichte.

Zudem ist der Begriff Furcht meiner Meinung nach nicht ganz richtig: man fürchtete die Ausländer nicht. Man hasste sie. Und man fühlte sich ihnen zugleich weit überlegen. Dieser Umstand wird oft nicht richtig verstanden. Die Japaner waren zu jedem Zeitpunkt der Überzeugung, dass sie als Nation anderen Nationen, auch den westlichen weit überlegen seien. Gerade deshalb enstand der Aufstand gegen die Tokugawa, weil diese offensichtlich vor den Ausländern einknickten und aufgrund ihrer Fehler die vom Selbstverständnis her unterlegenen Ausländer in eine vorteilhafte Position gegenüber Japan gebracht hatten. Die Nachahmung der Ausländer in der Meji-Zeit täuscht darüber hinweg, dass selbst die entschiedensten Befürworter der Modernisierung nach westlichem Vorbild insgeheim die Ausländer selbst verachteten oder hassten, aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus, so wiedersprüchlich und merkwürdig das auch klingen mag.
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#9
Die Neue Armee

entstand dann ab 1867 aus den oben erläuterten Ursprüngen heraus im Bürgerkrieg um die Macht. Dieser Krieg wird Boshin-Krieg genannt, da er im Jahr des Drachen stattfand, die Details des Krieges findet man überall im Netz, ich will mich daher mehr auf die Aspekte konzentrieren, die für die Entstehung und weitere Militärkultur der IJA wesentlich waren.

Im November 1867 stießen starke Militärverbände der Mori und der Shimazu nach Zentraljapan vor. Das vorher geheime Militärbündnis zwischen den beiden Adelsfamilien wurde nun allgemein bekannt. Darauf hin schloßen sich auch noch die Tosa den Aufständischen an. Die Tokugawa zogen darauf hin aus taktischen Gründen ihre Truppen aus Kyoto ab und konzentrierten diese in Osaka und in einem Gewaltmarsch nahmen die Truppen der beiden Verbündeten Kyoto ein. Obwohl offiziell Verbündete, konnten sich die beiden Adelsfamilien gegenseitig nicht ausstehen und achteten stritk darauf, dass keine der beiden Seiten in Kyoto irgendeinen Vorteil erlangte. Diese Konkurrenz der beiden primären Träger des Aufstandes sollte für die weitere Militärgeschichte Japans drastische und langandauernde Folgen haben.

Im Dezember 1867 zwangen die Mori darauf hin den erst 14 Jahre alten Kaiser ein Edikt zu unterschreiben, mit denen er den Aufständischen befahl, den Shogun zu stürzen, dessen ganzes Land an sich zu nehmen und eine neue kaiserliche Regierung zu bilden. Am 03 Januar 1868 besetzten darauf hin Truppen der Mori und Shimazu den kaiserlichen Palast.

Zeigleich stießen die Truppen der Tokugawa bereits wieder nach Kyoto vor, und die Heere aller Beteiligten stießen ein Stück südlich von Kyoto, um die Ortschaft Fumishi aufeinander. Die Truppen der Mori wurden dabei von Omura kommandiert, auf der Seite der Shimazu führte deren befähigster Feldherr Saigo Takamori. Die Schlacht lief längere Zeit ohne Entscheidung hin und her und langsam aber sicher begann das zahlenmäßige Übergewicht der Tokugawa sich durchzusetzen. Am 28 Januar sah es dann so aus, als ob die Tokugawa durchbrechen würden, als genau zu diesem Zeitpunkt der erst 21 Jahre alte kaiserliche Prinz Ninnaji mit dem Banner des Kaisers persönlich auf dem Schlachtfeld erschien. Eine Schockeinheit der Mori unternahm darauf hin einen vernichtenden Angriff inmitten der vorstoßenden Truppen der Tokugawa wodurch die Schlacht kippte. Die Mori erlitten dabei jedoch entscheidende Verluste.

Die Shimazu hatten sich während der Kämpfe weitgehend zurück gehalten und verfügten daher noch über die Reserven, die fliehenden Feinde zu verfolgen und es gelang ihnen dabei sogar, bis nach Osaka vorzustoßen und eine Sammlung des Gegners so weit zu verhindern, dass die Festung von Osaka in die Hände der Aufständischen fiel.

Mit dieser Eröffnungsschlacht des Boshin-Krieges war der Sieg der Aufständischem im Endeffekt schon gesichert worden. Da die Mori die höchsten Verluste zu beklagen hatten, gelang es ihnen nicht, sich machtpolitisch in Kyoto so durchzusetzen, wie sie es ohne diese Verluste hätten tun können. Daher mussten sie zähneknirschend die Macht mit den Shimazu teilen. So entstand hier in dieser Schlacht die Teilung und andauernde Konkurrenz zwischen der späteren Armee und der Marine, mit allen Konsequenzen die diese Konkurrenz dann hervor brachte. Beide Parteien der Aufständischen mussten daher in Verhandlungen treten und so kam es im März 1868 dazu, dass die neu ernannte kaiserliche Regierung verschiedene Ministerien und Verwaltungsbüros gründete, darunter auch ein Kriegsministerium. Diesem wurden die Truppen der Aufständischen als kaiserliche Armee unterstellt.

Diese Unterstellung unter nur einen im Endeffekt gemeinsamen Oberbefehl führte sofort zu massiven Spannungen zwischen den Mori und Shimazu, da die Mori einen solchen gemeinsamen Oberbefehl nicht akzeptieren wollten. Dasselbe Problem ergab sich bei der Aufstellung einer kaiserlichen Leibwache, welche als Eliteeinheit und Kaderschmiede für die neu geschaffene Armee dienen sollte.

Aufgrund der Querelen zwischen den beiden Parteien wurde daher im April 1868 ein sogenanntes vorläufiges gemeinsame Direktorat für die Kriegsführung geschaffen, dass wiederum in zwei völlig getrennte und eigenständige Unterstrukturen geteilt wurde: eine für die Armee und eine für die Marine. Dabei rissen die Mori die Kontrolle über die Armee an sich, und die Shimazu die über die Marine. Das Direktorat für die Armee teilte dann das Land willkürlich in bestimmte Bereiche ein, von denen jeder eine bestimmte Zahl Truppen zu stellen hatte. Dabei wurde eine gewisse Rücksicht auf bestehende Lehen oder Adelsfamilien genommen. Jedes Lehen hatte als Minimum 10 Mann für je 10 000 Koku Reis zu stellen (in der Praxis wurde aber dann im Endeffekt völlig willkürlich und auch mit Gewalt eingezogen). Die neue Armee war nach Ideen von Omura zunächst als Wehrpflichtarmee angedacht und sollte sich aus Bauern und Samurai zusammen setzen, nach dem Vorbild der Kiheitai. Diese neue Armee wurde Choheigun genannt. Die Veteranen der Kiheitai Verbände bildeten einen Gros der Offiziere und Ausbilder.

Auch wenn noch etliches an Chaos und Durcheinander das Vorgehen der Neuen Armee im Boshin-Krieg behinderte, konnten die Aufständischen die Zahl ihrer Truppen rasant vergrößern und den Krieg für sich entscheiden. Als Erbe dieser Begründung der IJA verblieb aber die nie mehr überwundene strikte Teilung und andauernde Konkurrenz von Armee und Marine, die auf die de facto Feindschaft der Mori und Shimazu zurück reicht und auf den Umstand, dass sich die Mori aufgrund ihrer Verluste nicht allein an der Macht durchsetzen konnten.
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#10
Quintus Fabius schrieb:Japan war und ist eben nicht gut zu verteidigen. Japan hat eine extrem lange Küstenlinie und grenzte schon damals an bedeutende Großmächte (China, Russland) während zugleich bedeutende Seemächte (Großbritannien, USA) in seinen Gewässern aktiv waren.
Das Argument ist einfach unsinnig. Die Gefährdung ist viel grösser wenn du die gleiche Grenze an Land hättest. Da kann man mit den Panzern und allem bodengestützen Zeug das man ja braucht wenn man was erobern will, direkt über die Grenze rollen. So wie die Lage in Japan sich darstellt wäre da ein riesiger amphibischer Apparat von Nöten, der zudem noch mit einem noch grösseren Nachschubproblem zu kämpfen hat. Für mich gehört das zu dem typischen Militärquark von rechter Seite, der periodisch immer wieder vorgetragen wird. Japan ist ein Land mit keinerlei Landgrenzen und ist deshalb nur sehr schwer zu erobern.

Zitat:Daher kamen die Radikalen aus den Reihen der Mori schon früh zu der Schlußfolgerung, dass man umliegende Länder erobern müsse, um sich auf diese Weise eine Peripherie schaffen zu können, die dann als Verteidigungswall Japan selbst schützen würde.
Nach der Logik müsste sich die ganze Welt in permanentem präemptiv Strike befinden. Wie man diese Gesinnung entschuldigen kann, ist mir schleierhaft. Diese Logik ist der beste Weg in einen ständigen Kriegszustand.

Zitat:Zudem waren gerade die Mori der Überzeugung, dass die Ressourcen Japans nicht ausreichen würden, Japan vor den Ausländern zu retten. Daher waren die Mori der Überzeugung, dass man sich die Ressourcen anderer Länder aneignen müsse, um Japan ausreichend stark für den Kampf gegen die Ausländer zu machen.
Eieiei, wir haben auch keine Ressourcen, sollen wir jetzt Deutschland oder Italien angreifen. :mrgreen:

Zitat:Der japanische Imperialismus hatte daher von Anfang an eine zwar vom Grundgedanken her defensive Zielsetzung, mündete aber aufgrund seiner Intention natürlich zwingend in einer offensiven Umsetzung seiner Ziele.
Nein, das ist reiner Imperialismus und hat gar nichts mit Defensive zu tun. Wenn man für sich die besten Bedingung einfordert, findest du immer noch ein schwachsinniges Argument, aus dem du angeblich aus der Defensive agieren würdest. Das ist alles Quatsch, diese Ausreden gibt es immer wieder und keine einzige taugt was. Nirgends wurden die Japaner um Unterstützung gebeten, sie haben all diese Länder aus völlig egoistischen Gründen überfallen.

Zitat:Dieser Widerspruch, dieser Zwiespalt zog sich in der japanischen Strategie noch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein wo es ebenfalls die gleiche Zielsetzung war, eine Peripherie zu erobern und diese dann als Bollwerk für die Verteidigung zu verwenden und zugleich die Rohstoffe dieses Gebietes für die Weiterführung des Kampfes zu verwenden.
Aha Pearl Harbor haben sie aus Ressourcengründen überfallen. Wahrscheinlich gabs da rundherum so viel Salzwasser.

Zitat:So isoliert war Japan eigentlich gar nicht. Die Isolation entstand erst durch die künstliche Abschließung des Landes durch die Tokugawa. Davor war Japan ein im Osten eng vernetzter Akteur, versuchte schon in der frühen Neuzeit Korea zu erobern und hatte enge Beziehungen nach China, sowie zu den Spaniern, Portugiesen usw, es gab sogar eine erhebliche und rasant wachsende Anzahl von Christen in Japan die dann erst die Tokugawa ausrotteten. Die Isolation des Tokugawa Shogunats war daher eine Ausnahmesituation in der japanischen Geschichte.

Ist mir nicht klar wieso du dann das verteidigst.

Zitat:Dieser Umstand wird oft nicht richtig verstanden. Die Japaner waren zu jedem Zeitpunkt der Überzeugung, dass sie als Nation anderen Nationen, auch den westlichen weit überlegen seien. Gerade deshalb enstand der Aufstand gegen die Tokugawa, weil diese offensichtlich vor den Ausländern einknickten und aufgrund ihrer Fehler die vom Selbstverständnis her unterlegenen Ausländer in eine vorteilhafte Position gegenüber Japan gebracht hatten. Die Nachahmung der Ausländer in der Meji-Zeit täuscht darüber hinweg, dass selbst die entschiedensten Befürworter der Modernisierung nach westlichem Vorbild insgeheim die Ausländer selbst verachteten oder hassten, aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus, so wiedersprüchlich und merkwürdig das auch klingen mag.
Das ist doch ein Problem dass es in jedem Land gibt. Es gibt eine konservativen Anteil der Bevölkerung, der alles bewahren will und sich vor jedem ausländischen Einfluss verschliessen will. Meistens ist es dann gepaart mit der Verherrlichung der eigenen Rasse und Kultur. Enden kann es mit dem Überfallen der Untermenschen und deren Länder, die nur aus niederen Motiven, die wahre Stärke des auserwählten Volks (Japan, Deutschland, u.s.w.) zu verhindern versuchen. Und es gibt dann für die Auserwählten nur noch die eine Lösung, dass man die Untermenschen überfällt und die Pseudogründe die man für den Kriegseintritt propagandistisch benutzt, bereinigt.
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#11
@Phantom
Pearl Harbour wurde tatsächlich den Ressourcen wegen überfallen. Man suchte den Erstschlag gegen die amerikanische Marine, um sich damit freies Fahrwasser für die eigenen Eroberungspläne in Südost-Asien zu verschaffen - insbesondere hatte man es auf die die Ressourcen britisch-Ostinidiens und holländisch-Ostindiens abgesehen.
Die Amerikaner hatten deutlich gemacht, das sie schon mit dem Krieg gegen China nicht gerade glücklich waren, also wollte man sich ihr Eingreifen schlichtweg vom Leibe halten, indem man eine möglichst große Anzahl möglichst weit von den eigenen Inseln entfernte Kette aus Inselstützpunkten zu Defensivzwecken einrichten wollte.

Zur Verteidigung Japans würde ich anmerken wollen, das Japan recht gebirgig ist, aber vergleichsweise nur sehr wenig Nutzfläche für die Bevölkerung hat. Also konzentriert(e) sich viel auf einige wenige Regionen. In der Geschichte Japans etwa war Kyoto ein bevorzugtes Angriffsziel, da hier der Tenno residierte. In der späteren Tokugawa-Zeit wäre das Ziel logischerweise Edo gewesen, da sich hier die Verwaltung und auch ein Gutteil der Menschen konzentrierten.
Außerdem steht und fällt die Verteidigung einer Inselgruppe mit der eigenen Seemacht. Ist diese nicht (mehr) vorhanden (wie es in Japan bis wenigstens 1880 der Fall war), dann eröffnet eine Inselwelt dem entsprechen ausgestatteten Angreifer perfekte Möglichkeiten. Er kann zuschlagen, wann, wo und mit so vielen Mitteln wie er es will, seine Versorgung ist besser, da er die Verkehrswege zwischen den Inseln beherrscht und den gegnerischen Nachschub von Insel zu Insel abschneiden kann.
Die wichtigsten Städte seit der späten Tokugawa-Zeit sind meiner Ansicht nach Kyoto (heute eher weniger), Osaka und natürlich Tokyo/Edo-Yokohama.
Tokyo und Osaka liegen direkt am Wasser, sind also für Landungen und Küstenbeschießungen anfällig. Kyoto ist 50 Kilometer vom Meer entfernt, für einen Landungstrupp also gut zwei Tagesmärsche zu Fuß. Bringt man auch nur Tokyo-Yokohama unter seine Kontrolle, kontrolliert man bereits etwa die hälfte der japanischen Bevölkerung.

@ Quintus
Das Samurai zum Schluss so undiszipliniert waren wusste ich nicht, da haben die Jungs den Bushido wohl etwas schleifen lassen. Ist aber nicht gerade untypisch für untergehende Kriegergesellschaften, den Mamlucken oder Janitscharen ging es da nicht besser, die "Ritter" haben sich etwas besser aus der Affäre gezogen.
Die Argumentation, das Schwert dem Revolver und einem Säbel zuliebe aufzugeben ist mir neu - zumindest später kehrte man doch wieder zum Schwert zurück, zumal diese auch einhändig geführt werden kann. Es sollen sogar einige der alten Meisterklingen in entsprechenden Armeemontierungen von Offizieren im 2. Weltkrieg geführt worden sein.
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#12
phantom:

Zitat:Die Gefährdung ist viel grösser wenn du die gleiche Grenze an Land hättest.

Eine solche Grenze kannst du an Land de facto gar nicht haben, weil Japan aus mehreren Inseln besteht und die Küste daher jeweils rundherum um die Inseln geht. Die Küstenlinie Japans ist viel länger als alle Landgrenzen vergleichbarer Länder. Nelson hat zudem ja schon ausgeführt, dass die Bevölkerung und die wenigen industriellen Zentren dieser Zeit sich an wenigen Stellen an der Küste konzentrierten. Und dass Japan keine nennenswerte eigene Seemacht hatte, ausländische Seemächte daher jederzeit und überall einen Schlag gegen eine Stelle an der Küste führen konnten. Und tatsächlich ist ja exakt das in der Anfangszeit den Mori durch Europäische Schiffe und Marineinfanterie passiert (ebenso den Shimazu), ich hatte dafür ja sogar explizite Beispiele benannt.

Zitat:So wie die Lage in Japan sich darstellt wäre da ein riesiger amphibischer Apparat von Nöten, der zudem noch mit einem noch grösseren Nachschubproblem zu kämpfen hat.

Lies vielleicht noch mal den ersten Beitrag von mir dazu: der Aufstand der Mori gegen das Shogunat welcher der Beginn der Restauration des Kaiserreiches wie der IJA war, begann mit Kämpfen gegen Europäische Schiffe und europäischen Landungen an den Küsten der Mori.

Zitat:Nach der Logik müsste sich die ganze Welt in permanentem präemptiv Strike befinden. Wie man diese Gesinnung entschuldigen kann, ist mir schleierhaft. Diese Logik ist der beste Weg in einen ständigen Kriegszustand.

Ich entschuldige sie ja nicht. Ich stelle sie einfach nur fest. Die Japaner hatten damals diese Gesinnung - und die Folge war im weiteren exakt das was du schreibst: ein ständiger Kriegszustand.

Zitat:das ist reiner Imperialismus und hat gar nichts mit Defensive zu tun. Wenn man für sich die besten Bedingung einfordert, findest du immer noch ein schwachsinniges Argument, aus dem du angeblich aus der Defensive agieren würdest.

Das ist ja exakt das was ich kritisiere: man wirft üblicherweise den Japaner vor, sie hätten den Europäischen Imperialismus einfach kopiert und dann ebenso angewendet. Das verkennt aber eben die Unterschiede. Der japanische Imperialismus unterschied sich eben vom Europäischen in gewissen Punkten.

Zitat:Nirgends wurden die Japaner um Unterstützung gebeten, sie haben all diese Länder aus völlig egoistischen Gründen überfallen.

Das ist zwar rein formaljuristisch nicht richtig, ändert aber nichts an den hinter diesen Überfällen stehenden Gesinnung und Logik, und diese resultierte aus der Furcht, als Land den Europäern zum Opfer zu fallen (eine im Anfang berechtigte Sorge).

Zitat:Ist mir nicht klar wieso du dann das verteidigst.

Ich verteidige gar nichts. Ich stelle nur fest, dass die eben auf eine bestimmte Weise gedacht haben. Und wenn man schon gar nicht versteht warum die damals so gehandelt haben, erklärt sich einem vieles gerade eben nicht, weil es dann unlogisch erscheint.
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#13
Nelson:

Zitat:da haben die Jungs den Bushido wohl etwas schleifen lassen.

Der BushiDO war auch immer mehr eine Fiktion, eine romantisierende aber falsche Vorstellung von etwas, was in Wahrheit ganz anders gehandhabt wurde. Selbst er Begriff Bushido bekam erst sehr viel später die weite Verbreitung und hohe Bedeutung, durch die IJA selbst, als diese nach dem Ersten Weltkieg eine neue Ideologie für die Armee suchte, um deren Kampfwert durch psychologische Faktoren zu erhöhen.

Zitat:Die Argumentation, das Schwert dem Revolver und einem Säbel zuliebe aufzugeben ist mir neu - zumindest später kehrte man doch wieder zum Schwert zurück, zumal diese auch einhändig geführt werden kann. Es sollen sogar einige der alten Meisterklingen in entsprechenden Armeemontierungen von Offizieren im 2. Weltkrieg geführt worden sein.

Eine echte Katana kann zur Fuß nicht ernsthaft einhändig geführt werden - dazu ist sie zu schwer und zu klobig. Die Rückkehr zum alten japanischen Schwert fand erst einige Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg statt, aus eben den oben gerade genannten Gründen auf die ich später bei meinen Einträgen noch eingehen würde. In der Folge wurden diese neuen Schwerter dann eben auch zweihändig eingesetzt (wenn sie eingesetzt wurden). Dafür wurde sogar ein eigenes neues Kampfsystem von der IJA extra geschaffen, weil die traditionellen Schwertkampfstile als zu schwierig und zeitraubend galten und viele davon auch als ineffektiv bzw untauglich für den Einsatz im Krieg.

Das war primär eine Maßnahme der psychologischen Kriegsführung, diente also der Erhöhung des Kampfwertes durch bestimmte immaterielle Werte die man auf diese und viele andere Weisen implementierte. Daher beispielsweise die Bindung vieler dieser neuen Schwerter an den Yasukuni Schrein (Offizierschwerter).

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.jp-sword.com/files/yasukuni/yasukunito.html">http://www.jp-sword.com/files/yasukuni/yasukunito.html</a><!-- m -->

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Zitat:Es sollen sogar einige der alten Meisterklingen in entsprechenden Armeemontierungen von Offizieren im 2. Weltkrieg geführt worden sein.

So etwas kam nur extrem selten vor, da die meisten der Klingen für die vorgeschriebenen Schwertscheiden nicht passten (wegen der Klingenform, Klingenlänge etc). Tatsächlich waren viele der Neuschmiedungen die für (höhere) Offiziere angefertigt wurden von sehr hoher Qualität (siehe oben Yasukuni Schwerter). Während niedrige Offiziere und Unteroffiziere sich mit schlechten Klingen (Massenware) zufrieden geben mussten.

Die meisten (Shin) Gunto (neue Schwerter) wurden sogar nur als Stahl gestanzt und dann angeschliffen. Die Klingen waren meistens etwas kürzer und leichter als die der historischen Schwerter. Gerade das führte oft zu unnötigem Gehacke, weil die Wirkung der Schwerter drastisch schlechter war als die früherer Exemplare aus der Tokugawa Zeit. Beispielsweise versuchten Japaner durchaus mal öfter mit solchen Schwertern Köpfe abzuschneiden, was dann aber deswegen oft in einem üblen Abhacken endete wobei mehrfach zugeschlagen werden musste bis der Kopf ab war. Die Klingen der meisten Schwerter stumpften auch schnell ab.

<!-- m --><a class="postlink" href="http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/83/Sabre-seconde-guerre-mondiale-p1000712.jpg">http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... 000712.jpg</a><!-- m -->

Die ursprünglichen japanischen Säbel nach europäischem Vorbild (einhändige Säbel) hatten demgegenüber meist bessere Klingen. Hintergrund für den Verfall der Qualität der Klingen war der geringe praktische Nutzen der Schwerter (dienten ja primär psychologischen Faktoren) und dass man aufgrund der immensen Vergrößerung der Armee riesige Mengen an Schwertern benötigte. Hier Bilder der ursprünglichen einhändigen Säbel der IJA:

Kavalleriesäbel:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.collegehillarsenal.com/shop/images/P/EWSK-1089-Product.jpg">http://www.collegehillarsenal.com/shop/ ... roduct.jpg</a><!-- m -->

Infanteriesäbel unter Katana:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d4/Sabres-armee-20e-p1000710.jpg">http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... 000710.jpg</a><!-- m -->
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#14
Ich kann keine fünf Worte japanisch aber, soweit ich der mir vorliegenden Übersetzung von Hagakure trauen darf, steht dort in der ersten Zeile: "Ich habe herausgefunden: Bushido, der Weg des Kriegers, liegt im Sterben". Da Tsunetomo das Buch so um 1700 herum verfasst hat, dürfte zumindest seine Form des Bushido halbwegs "authentisch" für die Situation der Samurai in der "mittleren" Tokugawa-Zeit sein.

Ich würde ein Katana allerdings als eine Waffe betrachten, die einhändig geführt werden kann. Die gesamte "Aufhängung" eines Katanas für Fußkämpfer (Schneide nach oben) dient meines Wissens nach dazu, nach dem ziehen in der gleichen Bewegung sofort einen einhändigen Schlag ausführen zu können. Für einen Kavalleristen ist auch keine andere Kampfesweise als die einhändige möglich.
Außerdem ist ein Katana mit etwa einem Kilogramm Gewicht nicht schwerer, sondern eher leichter als z.B. ein Pallasch oder ein Entermesser. Man hört auch ab und an von Schwermeistern, die den gleichzeitigen Kampf mit Taichi und Tanto bzw. Katana und Wakizashi beherrscht haben sollen.
Natürlich ist ein Katana eher auf die Führung mit beiden Händen ausgelegt, allerdings hat dies, so spekuliere ich, eher etwas mit dem Ideal des Schwertes als Zweikampf-Waffe zu tun, sowie damit, das die übrigen "Standart-Waffen" (Yari, Yumi, Naginata) beidhändig geführt werden mussten - hatte man keine davon zur Hand, hatte man eben beide Hände für das Schwert frei, da es scheinbar keine Schilde gab (was wieder mit dem offenen, ehrenhaften Zweikampf zusammenhängen könnte... spekulier...)
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#15
Nelson:

Zitat:soweit ich der mir vorliegenden Übersetzung von Hagakure trauen darf, .... Da Tsunetomo das Buch so um 1700 herum verfasst hat, dürfte zumindest seine Form des Bushido halbwegs "authentisch" für die Situation der Samurai in der "mittleren" Tokugawa-Zeit sein.

Gerade das Hagakure ist ein sehr gutes Beispiel: während des Tokugawa Shogunats hatte diese Schrift in keinster Weise die Bedeutung die sie dann später nach dem Ersten Weltkrieg in romantisierender Verklärung der Samurai-Kultur durch die IJA erst erhielt. Das Hagakure war eine Schrift, deren Wirkung und Bedeutung während der Tokugawa Zeit gering war, bzw die in dieser Zeit als das Werk eines Extremisten eingestuft wurde, die aber dann später - erst nach dem Untergang der Samurai-Kultur dann überhöht und als für diese typisch wahrgenommen wurde.

Zitat:Die gesamte "Aufhängung" eines Katanas für Fußkämpfer (Schneide nach oben) dient meines Wissens nach dazu, nach dem ziehen in der gleichen Bewegung sofort einen einhändigen Schlag ausführen zu können.

Natürlich gibt es dafür im Batto Jutsu, Iai-Jutsu, Iai-Do usw Techniken dafür, aber man beachte wie diese dann nach dem ersten Ziehen immer fortgeführt werden: nämlich fast immer mit einem zweihändigen Griff. Desweiteren ist die Frage der Wirkung entscheidend: du kannst einhändig aufgrund des Gewicht der Waffe nur unter sehr speziellen Umständen einen Hieb setzen, der ausreichend schnell und ausreichend wuchtig ist.

Zitat:Außerdem ist ein Katana mit etwa einem Kilogramm Gewicht nicht schwerer, sondern eher leichter als z.B. ein Pallasch oder ein Entermesser.

Die meisten historischen Katana waren durchaus etwas schwerer. Ganz allgemein gilt, dass das Gewicht bei Katana stark geschwankt hat (bei ungefähr gleicher Größe bzw gleicher Länge). Die später im Zweiten Weltkrieg von der IJA neu eingeführten "Katana" waren allerdings im Schnitt viel leichter als die historischen Originale.

Das historische Katana und Tachi leichte Waffen waren ist ein typisches Missverständnis, dass Gegenteil war der Fall. Im Vergleich zur Größe waren sie vergleichsweise schwer und sollten dies ja auch gerade eben sein, um dadurch Rüstungen durchschlagen zu können.

Zitat:Für einen Kavalleristen ist auch keine andere Kampfesweise als die einhändige möglich.

Von einem Pferd aus ist die ganze Kampfweise eine völlig andere, da hier primär das Pferd und seine hohe Geschwindigkeit die Wirkung der Waffe erzeugt. Von einem stehenden Pferd aus ist eine Katana hingegen einem europäischen Säbel so unterlegen, dass dieser selbst nach dem Wiederaufleben der Katana in der IJA bei der Kavallerie weiter in Gebrauch blieb.

Zitat:Man hört auch ab und an von Schwermeistern, die den gleichzeitigen Kampf mit Taichi und Tanto bzw. Katana und Wakizashi beherrscht haben sollen.

Es gibt eine von Musashi persönlich begründete Schwertkampfschule, welche diese Kampfweise noch heute trainiert. Dazu einige Anmerkungen: Musashi war für einen Japaner außergewöhnlich groß und kräftig. Desweiteren dient hier die Katana oft nur zum Parieren bzw Abfangen des feindlichen Angriffs in einer vergleichsweise passiven wenig beweglichen Rolle während dann blitzschnell mit dem Kurzschwert zugestoßen wird. Allgemein wird mehr gestochen und viele der Techniken bzw Kata sind nicht praxistauglich und haben sich vom realen Schwertkampf unter militärischen Bedingungen immens weg entwickelt.

Die IJA hat diverse historische Schwertkampfschulen getestet für einen Einsatz unter Kampfbedingungen und kam beispielsweise zu der Schlußfolgerung, dass trotz allen Ruhmes den Musashi aufgrund eines gewissen Romans in Japan hatte die scheinbar von ihm stammenden Schwertechniken für einen realen Kampf auf Leben und Tod untauglich waren/sind.

Zitat:Natürlich ist ein Katana eher auf die Führung mit beiden Händen ausgelegt, allerdings hat dies, so spekuliere ich, eher etwas mit dem Ideal des Schwertes als Zweikampf-Waffe zu tun, sowie damit, das die übrigen "Standart-Waffen" (Yari, Yumi, Naginata) beidhändig geführt werden mussten - hatte man keine davon zur Hand, hatte man eben beide Hände für das Schwert frei, da es scheinbar keine Schilde gab (was wieder mit dem offenen, ehrenhaften Zweikampf zusammenhängen könnte... spekulier...)

Das hatte eher etwas damit zu tun, dass man Rüstungen zu durchschlagen hatte und dafür mehr Wucht brauchte. Die Katana (oder genauer genommen das Tachi) war zudem eine reine Sekundärwaffe und ein Statussymbol und nicht die primäre Kampfwaffe. Primär führte man Lanzen, Schwertlanzen usw du hast die ja schon entsprechend genannt. Auch diese wurden wegen der Länge, dem Gewicht und den vorhandenen Rüstungen eben zweihändig geführt um so mehr Durchschlagswirkung und mehr Mannstoppwirkung zu haben. Das Fehlen von Schilden war ein Resultat der Rüstungen und des Ursprungs der Samurai als berittene Bogenschützen, und hatte wiederum mit offenen ehrenhaften Zweikampf nichts zu tun.

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Für das Bogenschießen vom Pferd aus braucht man zwei freie Hände und auch die Lanze kann man vom Pferd aus beidhändig viel flexibler, wendiger und zur Seite hin auch wuchtiger einsetzen als mit einem Schild zusammen. Die Japaner setzten ihre Lanzen vom Pferd aus ähnlich ein wie die Byzantiner beispielsweise den Contus,

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also mit beiden Händen gegriffen fechtend, aber auch schlagend und schneidend und durch den zweihändigen Griff konnte man trotz hoher Geschwindigkeit, Beweglichkeit und Flexibilität die Länge der Lanze voll ausnutzen. Dafür waren die Stöße (Hiebe, Schnitte) weniger wuchtig, was aber angesichts der kleineren und leichteren japanischen Pferde und der Konzentration auf das Bogenschießen ohnehin nicht so relevant war.

Der Tachi diente dann primär als Sekundärwaffe wenn alle anderen Waffen ausgefallen waren und die noch im Krieg verwendeten historischen Schwerter waren deutlich schwerer als späterere "zivile" Ausführungen für den every-day-carry, ja sogar der Unterschied zwischen Tachi und Katana kann oft abgesehen von der Aufhängung/Trageweise der Scheide am Gewicht gemessen werden, wobei das höhere Gewicht der älteren Schwerter wie auch der zweihändige Griff gerade eben dem Durchschlagen der Rüstungen diente. Die Fechtweise von Musashi mit zwei Schwertern war da schon eine artifizielle die mit dem Kriegseinsatz bzw Einsatz unter Kriegsbedingungen nichts mehr zu tun hatte.

Anbei: Schilde wurden in Japan von manchen Kämpfern durchaus verwendet, ebenso gab es geradklingige Schwerter (nein, nicht "ninja"schwerter sondern von Samurai verwendete Typen)

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