27.06.2021, 13:30
(27.06.2021, 03:54)Quintus Fabius schrieb: Das die "normale" F-35 nicht mit einer Growler mithalten kann, habe ich ebenso geschrieben, aber meiner Meinung nach wird die F-35 in dieser Rolle dennoch unterschätzt.
Ganz einfache Antwort: nein, nicht von mir und nicht in dieser Diskussion bisher (soweit ich das sehen kann).
Und etwas länger, aber alles schon erwähnt: Die F-35 bringt die fortschrittlichsten EloKa-Fähigkeiten aller aktuellen Kampfflugzeuge mit, das steht außer Frage, in einer über mehrere Ebenen integrierten Luftverteidigung aber hauptsächlich in der untersten Schicht, in der absehbar unbemannte Systeme die besseren Lösungen darstellen werden. Deshalb bleibt das EloKa-System der F-35 zum Eigenschutz natürlich trotzdem weiter sinnvoll (aus dem Grund werden bei allen aktuellen Kampfflugzeugen immer fortschrittlichere EloKa-Systeme integriert), aber nicht für die im Rahmen der Tornado-Nachfolge gestellten aufgaben. Mehr gibt es dazu von meiner Seite aus nicht zu sagen, denn es würde nur auf Wiederholungen hinaus laufen.
Zitat:Das ist eben der Punkt den ich allgemein nicht so nachvollziehen kann, warum Stealth und EloKa als Gegensätze betrachtet werden und/oder warum man Stealth zu sehr auf SEAD/DEAD beschränkt sieht (...) Meiner Kenntnis nach nimmt die Effektivität von EloKa Maßnahmen, insbesondere wenn man Jammt sehr stark zu wenn man näher am Ziel ist. Nun ist das Problem meiner Ansicht nach, dass EloKa keineswegs einfach jede Form von feindlicher Sensorik ausschaltet, insbesondere im IR Bereich könnte das Flugzeug durchaus weiter erfasst und dann angegriffen werden. Die Aufklärungsreichweite und die Bekämpfungsmöglichkeiten steigen zudem immer weiter an. Eine zweimotorige Maschine ohne Stealth könnte in der EloKa Rolle meiner rein privaten Einschätzung nach in Zukunft nicht mehr so nahe an ihr Ziel heran, und zwar völlig unabhängig von SEAD, dass gilt für alle Formen von EloKa.
Zunächst einmal ist es schon ein völlig falscher Gedanke, von aktuellen Maschinen "ohne Stealth" zu sprechen. Die gibt es nicht, bei allen aktuellen Mustern werden signaturreduzierende Maßnahmen ergriffen, sie sind nur unterschiedlich stark ausgeprägt. Deswegen ist "Stealth" ohne weitere Definition auch ein Kampfbegriff ohne argumentative Kraft, sofern nicht klar aufgezeigt wird, welche konkreten Unterschiede zwischen zwei Mustern bestehen.
Natürlich sind Stealth und EloKa keine Gegensätze per se, ersteres unterstützt letzteres natürlich als Fähigkeit für den Eigenschutz. Aus dem Grund wird die F-35, gegebenenfalls mit ECR-Pod, das vermutlich beste bemannte Flugzeug für die unterste Schicht im Bereich DEAD sein, und deswegen werden diese Fähigkeiten in dem Bereich auch besonders hervor gehoben. Warum aber steigen, wie du selbst sagst, Aufklärungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten immer weiter an? Das ist EloKa, und dafür braucht es immer komplexere Systeme, die zwangsläufig in entsprechenden größeren Maschinen untergebracht werden müssen. Gerade weil diese Sensorik auf größere Distanz wirken soll, reduziert sich der Vorteil extensiver Stealthmaßnahmen bis hin zu dem Maß, dass auch "normale" Zivilflugzeuge als Basismuster tauglich sind (Abstandsstörer). So wird das ja auch schon seit Jahrzehnten praktiziert.
Die F-35 ordnet sich ganz klar in dem System ein, sehr ausgeprägte Stealthfähigkeiten, aber primär auf den Eigenschutz ausgelegte EloKa-Fähigkeiten kennzeichnen sie als System der untersten Schicht in dieser integrierten EloKa-Struktur. In den höheren Schichten mit den größeren Abständen reduziert sich der Vorteil von Stealth, dafür wird der Nachteil bei der EloKa-Ausstattung gegenüber anderer Muster (bspw. Growler) deutlich.
Die Luftwaffe sucht kein Muster für die unterste Schicht, zum einen werden in Zukunft sehr viele Kampfflugzeuge dafür in Europa bereit stehen, zum anderen werden diese Fähigkeiten zunehmend auf unbemannte Luftfahrzeuge bzw. weiterreichende Effektoren verlegt werden. Vielmehr geht es exakt darum, ausgeprägte Aufklärungs- und Kampffähigkeiten im Bereich EloKa über längere Distanzen zur Verfügung zu stellen, zum Schutz der eigenen Aktivitäten in der Luft, aber natürlich auch im Rahmen der Bündnisverteidigung.
Zitat:Vielleicht schätze ich da aufgrund der extremen Beschränktheit meiner Informationen die Lage falsch ein, aber ich glaube, dass wir eher noch eine F-35 ECR fertig "auf dem Hof" stehen haben werden als dass wir einen einsatzfähigen EF ECR haben würden, abgesehen davon dass ich sehr skeptisch bin ob das FCAS erfolgreich sein wird. Meiner Ansicht nach fehlt irgendwie da jeder Plan B und jede Form von Absicherung für den Fall dass es hier zum Scheitern oder, nicht unwahrscheinlich: zu erheblichen Verzögerungen kommt.
Da eine echte F-35 ECR weder projektiert ist (und nein, einfach einen Pod anhängen reicht dafür wie dargelegt nicht aus) noch überhaupt die Basis für ein solches Muster besteht, ist das eine "kühne" Vermutung. Generelle Verzögerungen sind beim Eurofighter ECR bzw. dem FCAS mit all seinen Komponenten aber natürlich nicht ausgeschlossen, aus dem Grund wurde ja auch (auch weil man es verpasst hat, früher aktiv zu werden) die Super Hornet bzw. Growler als Lösung ausgewählt, weil beides quasi kein Risiko birgt. Die Entwicklung des Eurofighter ECR erfolgt parallel dazu, was durchaus auch Vorteile mit sich bringt (auch wenn das mehr ein "Schönreden" der Gesamtsituation ist): die Growler ist nicht einfach nur ein Plan B, sondern kann kontinuierlich als Referenz hinsichtlich der Leistungsfähigkeit betrachtet werden und erhöht damit den Leistungsdruck auf den Eurofighter ECR. Der Plan B für FCAS bzw. dem NGWS liegt nicht bei aktuellen Mustern, da werden die möglichen Alternativen ebenso gerade entwickelt.
Zitat:Was ich aber bei deiner Argumentation nicht verstehe ist, dass du mehrfach davon geschrieben hast dass die F-35 ja nicht Teil des FCAS werden kann - das lese ich auch bei vielen anderen so. Aber gleichzeitig vertritt man die Growler, als ob die leichter als die F-35 Teil des FCAS sein könnte. (...) Ich kann es nicht so ganz nachvollziehen warum man gegen die F-35 argumentiert weil diese nicht FCAS kompatibel sein soll und zugleich für Growler und F/A-18 argumentiert?
Oder vertrittst du ausschließlich einen EF ECR als einzige Lösung?
Ich persönlich hätte es vorgezogen, wenn man bereits zur Mitte der letzten Dekade den Entwicklungsauftrag für den Eurofighter ECR erzeilt hätte. Man hätte dann im Sinne einer Zwei-Muster-Lösung für die Luftwaffe die F-35 in zwei Geschwadern für die nukleare Teilhabe und als Jagdbomber beschaffen können, um diese dann nach zwanzig Jahren mit dem Zulauf des NGF durch eben diesen zu ersetzen.
Das hat man nicht gemacht, und nun steckt man im Dilemma. So gern ich die F-35 auch als zweites Muster in der Luftwaffe gesehen hätte (meines Erachtens ergänzen sich Eurofighter und F-35 in vielerlei Hinsicht perfekt, eine Erkenntnis, die ja inzwischen auch wieder etwa bei der USAF aufkommt), für mich hat EloKa eine wesentlich höhere Priorität als NT, aus dem Grund bevorzuge ich die Ideallösung EloKa über der Ideallösung NT, auch wenn dadurch die Leistungsfähigkeit NT geringer ausfällt als im umgekehrten Fall die Leistungsfähigkeit EloKa.
Was die Integration in das FCAS angeht, natürlich bezieht sich das auf den Eurofighter ECR. Auch wenn Growler/Super Hornet tendenziell tatsächlich einfacher zu integrieren wären (weil Hardware-Anpassungen leichter möglich sind), das ist für mich kein Argument.
(27.06.2021, 04:31)Quintus Fabius schrieb: Der Tornado war/ist ein Jagdbomber (9000 kg Waffenlast, kann viele verschiedene gelenkte und ungelenkte Luft-Boden Waffen und Kernwaffen einsetzen). Die F-35 ist ein Jagdbomber (8165 kg Waffenlast, kann viele verschiedene gelenkte und ungelenkte Luft-Boden Waffen und Kernwaffen einsetzen). Der EF ist kein Jagdbomber (bisher nur Freifallmunition, deutlich geringere Maximallast der Außenlaststationen, beschränkte Luft-Boden Fähigkeiten, gerade mal eine geringe Zahl GBU-48 und GBU-54, keine Kernwaffen), um es mal so einfach und plakativ wie möglich nebeneinander zu stellen.
So plakativ, so falsch, denn der Eurofighter hat sogar bereits gelenkte Luft-Boden-Wirkmittel im tatsächlichen Einsatz verwendet. Das Problem ist nicht die Maschine oder die Fähigkeit, sondern die Integration und Beschaffung der Waffen seitens der Luftwaffe. Und diesen Aspekt betone ich, wenn es um Fremdbeschaffungen geht, immer, weil es eben keine Anzeichen gäbe, dass im Fall einer solchen sich etwas ändern würde.
Zitat:Ebenfalls dazu:
https://dgap.org/de/forschung/publikatio...do-komplex
https://dgap.org/de/forschung/publikatio...-nachfolge
Über den einen Bericht haben wir schon vor über einem Jahr gesprochen, der andere fügt auch nichts substanziell neues hinzu. Ich will hier meine damalige Kritik (hatte ich hier ja schon verlinkt) nicht komplett wiederholen (wir landen sonst in der Endlosschleife), deshalb nur soviel: beide Berichte fokussieren sie sich auf einen Ersatz in der Rolle NT - und das ist meines Erachtens der größte Schwachpunkt. Aus dieser Warte (NT) heraus ist die Argumentation, auch wenn sie teilweise schlampig und oberflächlich erfolgt, durchaus nachvollziehbar.