(Allgemein) Bundeswehr – quo vadis?
#1
Ein Universalthread über den Zustand und die Ambitionen der Bundeswehr (im nationalen und internationalen Kontext).

Deutschland kann seine Zusagen an die Nato nicht einhalten

Zitat: Wie steht es um die deutsche Befähigung zur Verteidigung Europas? Das bevorstehende Wahljahr und ungewisse politische Konstellationen lassen die dringende Reform der Bundeswehr in weite Ferne rücken.

Ein Gastbeitrag von Hans-Peter Bartels.

https://www.nzz.ch/meinung/deutschland-k...XYtywnkvuE
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#2
(20.11.2020, 01:16)GermanMilitaryPower schrieb: Ein Universalthread über den Zustand und die Ambitionen der Bundeswehr (im nationalen und internationalen Kontext).

Deutschland kann seine Zusagen an die Nato nicht einhalten

Zitat: Wie steht es um die deutsche Befähigung zur Verteidigung Europas? Das bevorstehende Wahljahr und ungewisse politische Konstellationen lassen die dringende Reform der Bundeswehr in weite Ferne rücken.

Ein Gastbeitrag von Hans-Peter Bartels.

https://www.nzz.ch/meinung/deutschland-k...XYtywnkvuE

Zu 95% kommt meines Erachtens Schwarz-Grün und damit kann es eigentlich nur noch schlechter werden. Die Grünen werden ihr Klientel ja im Koalitionsvertrag bedienen müssen. Selbst wenn man davon ausgeht dass Merz Kanzler wird dürfte es auch nicht viel besser aussehen, denn die politische Kraft eines Kurz hat er in Deutschland nicht. Hier sind die Grünen viel stärker und die Option Schwarz/Blau gibt es hier auch nicht.
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#3
Auf der anderen Seite kann es nicht so weitergehen wie in den letzten Jahren. Du hast mit all deinen Aussagen und Vermutungen Recht, aber Deutschland zerstört das letzt bisschen an militärischer Reputation wenn wir den aktuellen Weg nicht weitergehen, geschweige denn weiter Fahrt aufnehmen.

Es steht viel auf dem Spiel.
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#4
Die Politiker, die Parteien, die aus diesen heraus aus - in Wahrheit also aus parteiinternen Prozessen resultierende Politik, die militärische Kultur dieser Bundeswehr und eines Gros ihrer Angehörigen, die systemische Korruption der höherrangigen Offiziere wie der übergeordneten Behörden, die alles erstickende und vollkommen versteinerte Bürokratie, die Vorherrschaft der Anwälte, das Primat des Juristischen vor allem anderen, die nur noch eigenen Interessen dienenden Behörden welche in beachtlichen Teilen zum Selbstzweck geworden sind, die systemische Korruption der Rüstungsindustrie, der unheilvolle Einfluss welchen selbige auf die Entscheider nimmt, usw usw usw

- all dies ist nur ein Symptom.

Die eigentliche Ursache dahinter ist diese Gesellschaft selbst, ist ihre sozialkulturelle Grundströmung. Den meisten die sich für militärische Belange interessieren ist nicht im Ansatz klar wie extrem weit weg sie von der Mehrheit der im Gebiet dieser Bundesrepublik lebenden Menschen sozialkulturell entfernt sind. Eine Mehrheit der Menschen in diesem Staat hat eine völlig andere Einstellung, völlig andere Ansichten und eine völlig andere Auffassung von der Realität.

All das was wir daher als falsch wahrnehmen ist nur die Position einer Minderheit, resultiert aus einer anderen Wahrnehmung der Begebenheiten im Unterschied zur Mehrheit. Deshalb nehmen wir zur Zeit auch nicht Fahrt auf, gehen hier keinen Weg hin zu militärischer Reputation (welche zuvorderst notwendig ist da sie die Grundlage glaubhafter Abschreckung bildet - und Abschreckung zuvorderst die Aufgabe von Streitkräften im Friedenszustand ist) - nein wir werden militärisch nur immer noch weiter verfallen und immer mehr selbst gegenüber drittklassigen Schwellenländern zurück fallen.

De facto ist diese Gesellschaft selbst kriegsunfähig. Nun kann man mehr Geld in die Hand nehmen, mehr Ausrüstung beschafffen, wir könnten wieder 3 % des BIP ausgeben wie 1985 - es würde rein gar nichts ändern. Wir hätten dann nur sehr viel mehr Waffen, wären aber trotzdem weitestgehend kriegsunfähig. Am Ende würden wir wie Frankreich 1940 trotz einer von Quantität wie Qualität der Ausrüstung überlegenen Armee dennoch in kürzester Zeit vernichtend geschlagen werden.

Ich möchte diese Aussage von mir frei von jeder moralisch-ethischen Bewertung verstanden wissen. Das Ausmaß der Kriegsunfähigkeit dieser Gesellschaft ist vor allem auch ein Resultat ihres hohen Bildungsstandes, ihrer Zivilisiertheit, ihres moralisch-ethischen hohen Standes der seinesgleichen in der Menschheitsgeschichte sucht und auch heute weltweit einzigartig ist.

Dieses Alleinstellungsmerkmal hat meiner Meinung nach ebenfalls sozialkulturelle Gründe. Deutsche neigen aufgrund ihrer Kultur dazu übertrieben konsequent zu sein. Nun will eine Mehrheit in diesem Land übertrieben konsequent die propagierten Werte tatsächlich leben und fordert diese radikal ein. Das daraus eine Unfähigkeit zu ernsthafter organisierter Gewalt resultiert und entsprechend alle damit betrauten Stellen unfähig zur Ausübung derselben werden, wird aus dem gleichen Grund dann auch noch als gut betrachtet.

Kurz und einfach (ich merke gerade dass ich wieder viel zu lange schwafele):

Die Kriegsunfähigkei dieser Gesellschaft resultiert aus einer Übersozialisierung einer Mehrheit der Menschen in diesem Land. Deshalb kann kein Geld der Welt und kein Kriegsmaterial dies ändern, solange sich nicht die vorherrschende Sozialkultur ändert. Frei von richtig oder falsch sei diese These mal so dahin gestellt.
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#5
Hervorragender Beitrag Quintus, objektiv, sachlich und rational.

Ich bringe da gerne mehr Emotionalität herein, indem ich von einer Verweichlichung der Gesellschaft und der Abkehr ihrer von Werten, Tugenden und Prinzipien spreche. Da meine Wurzeln preußisch sind, habe ich von jeher eine andere Wahrnehmung und Emotion gegenüber unseren Streitkräften. Und dies gilt für alle deutschen Heere der Geschichte.

Ich teile deine Einstellung, da das Grundproblem gesellschaftlich verankert ist. Dementsprechend bedarf es dieser Nation einer starken Führungskraft, die diese Verwässerung von Werten und die Verweichlichung unserer Gesellschaft revidiert. Politiker wie bspw. Merkel, AKK, Seehofer und de Maizière sind hierfür nicht in der Lage.
Die Geschichte lehrt uns vieles und hierbei gilt es in Dankbarkeit der aktuellen Zeit auch nach vorne zu schauen und an den richtigen Schrauben zu drehen.

Si vis pacem para bellum
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#6
Immer wenn etwas nicht konkret greifbar ist wird von Werten, Kultur, Tradition im Allgemeinen gesprochen, das hätte ich gern etwas näher erläutert. QF sprach sachlich von der Konsequenz als ein besonderes Merkmal der deutschen Kultur, GMP hingegen emotional von einer Verweichlichung (was ich auch als wertend verstehe) sowie einer Abkehr von Tugenden, Werten und Prinzipien. Was ist damit konkret gemeint, eurer Ansicht nach?
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#7
Meiner Meinung nach ist die Gesellschaft nicht verweichlicht, sie vertritt halt nur ganz andere Werte und Normen und ist bereit für diese immense Leistungen zu erbringen. Nehmen wir mal nur die Flüchtlingsfrage und was hier von uns dafür geleistet wurde. Und eine starke Führungskraft kann diese Werte und Normen auch nicht ändern, ja sie kann nicht einmal entstehen und selbst wenn sie entstünde die Macht nicht erlangen, gerade weil dem so ist. Die Hoffnung auf die Rettung von Oben durch eine Art Erlöserfigur verkennt zudem den Mangel an tatsächlichen Möglichkeiten von Einzelnen. Es ist eben nicht möglich als Einzelner oder auch nur als kleine Gruppe ein derart großes, derart komplexes und dynamisches System ausreichend fein zu steuern, zu lenken und zu beeinflussen. Früher habe ich das auch nicht verstanden.

Das System ist größenteils ein Selbstläufer, es ist in Wahrheit kaum lenkbar und Eingriffe jeder Art ziehen immer unwägbare Neben- und Fernwirkungen mit sich, umso mehr je stärker diese Eingriffe ausfallen. Dazu treten immer Rebound-Phänomene und Rückkoppelungseffekte und Pufferungen aller Art, zudem ist das System nicht linear, sondern höchst nicht-linear.

Das schlichte Ergebnis ist, dass es keine starke Führungsperson geben kann, oder wo es sie gibt diese nichts ausrichten kann oder wo diese es versucht die Sache mehr Schaden als Nutzen bringt. Die Sozialkulturelle Grundströmung von Oben steuern zu wollen ist in der heutigen Zeit Hybris. Und heute im Zeitalter des Internet und der Smartphones noch viel mehr.

Preußen ist tot. Es ist ja nicht einmal mehr auf einer Landkarte zu finden. Und diese Bundesrepublik wird nie mehr Preußen sein. Von daher muss man mit dem arbeiten was man hat. Söldner können auch militärische Höchst-Leistung bringen. Eine professionelle Berufsarmee (als de facto Söldnertruppe) passt daher viel eher zur Gegenwart und zu den Menschen wie sie zur Zeit nunmal hierzulande sind.

Helios:

Zitat:QF sprach sachlich von der Konsequenz als ein besonderes Merkmal der deutschen Kultur,

Es ist mein rein persönlicher Eindruck, aufgrund meiner langjährigen Beschäftigung mit der deutschen Geschichte und Kultur, dass wir seit der französischen Revolution und daraus resultierend dem Aufkommen des deutschen Natonalgedankens mehr als alle anderen Völker immer besonders konsequent sind, also radikaler als andere in der tatsächlichen Umsetzung von Dingen, in der Sichtweise auf Dinge, in den Auffassungen usw. Wir neigen dazu zu übertreiben - der Drang zum Perfektionismus, das ausgeprägte Gerechtigkeitsdenken, der Drang dazu die eigenen Ansichten über andere zu stellen, die Besserwisserei, die Arroganz, das am Deutschen Wesen wird die Welt genesen sind immer gleich, gleichgültig ob hierzulande rechte oder linke politische Strömungen vorherrschten. Heute halt als Form von Pazifismus, Umweltschutz und Flüchtlingsrettung. Das dahinter stehende kulturelle Grundprinzip ist meiner Aufffassung nach das gleiche wie schon vor 100 Jahren, ungeachtet seiner aktuellen Ausprägung.
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#8
Problem mit vielen facetten, mein "centime" zur globalen Frage DE in Europa
* Ich glaube nicht das DE verachtet wird, ich glaube eher das DE kein Vetrauen erweckt, weder innerhalb, noch ausserhalb seiner Grenzen.
* Ich glaube nicht das GR Geld von DE will, um fragwürdige amerikanische F35 zu kaufen, auch dort wird eher Vertrauen erwartet. Und ob dann noch amerikanische Ware gekauft wird;

Leider glaube ich auch das solange, wie DE auf seinen Bauchnabel schaut und philosphiert, Europa nicht weiter kommt. Eventuelle Verbesserungen in x Jahren bringen da gar nichts, es geht darum heute Vertrauen zu erzeugen.
Es geht nicht um die Bundeswehr, es geht um die geographische Lage DE. Ohne DE gibt es das heutige Europa nicht mehr, schon allein aus logistischer Sicht.
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#9
Was wir hier bezüglich der Wahrnehmung der Bundeswehr in der Bevölkerung diskutieren, entspricht dem Bild, das die Massenmedien wiederspiegeln. Natürlich haben junge Menschen heute in der Regel nichts mit dem Militär am Hut. Sie bekommen am Rande mit, dass die Bundeswehr Probleme hat. Aber egal, sie wollen ja keinen Krieg führen. Selbst einfachste Zusammenhänge internationaler Politik werden nicht mehr verstanden. Wichtig ist für sie, was in den Medien Priorität hat. Das sind Klima, Corona, Rassismus, etc. Presse und TV berichten entweder gar nicht oder eher abfällig über die Bundeswehr. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, aber nachvollziehbar, dass die Masse der Bürger das Thema nicht auf dem Schirm hat. Es ist einfach so: was nicht im Fernsehen läuft, findet im Bewusstsein der Menschen nicht statt.

Obgleich ich der Meinung bin, dass sich große Teile unsere Gesellschaft immer weiter in Richtung Verweichlichung und Oberflächlichkeit bewegen, möchte ich das so nicht für die Gesamtheit stehen lassen. Preußische Tugenden würde ich auch nicht unbedingt im hippen Berlin suchen. Aber im lokalen Mikrokosmos des Bäckers von nebenan, dem Unternehmer mit seinen Mitarbeitern, dem kleinen Architektenbüro, findet man überraschend oft alte Tugenden, wie Pünktlichkeit, Fleiß, Ehrlichkeit usw. Das ist auch nicht verwunderlich, denn ohne Fleiß und Disziplin kann man in den meisten Bereichen der Privatwirtschaft keinen Erfolg haben.

Nicht verzagen. Genauso, wie man anscheinend Gymnasiasten dazu bringen kann Freitags für das Klima zu hüpfen, wären andere Inhalte ja genauso denkbar. Die Jugend ist begeisterungsfähig wie eh und je. Und das wird wie eh und je missbraucht.
Fazit: Ich sehe einerseits eine fortschreitende Wohlstandsverwahrlosung. Ich sehe auf der anderen Seite, dass sich die Menschen in ihrem Wesen mehrheitlich nicht wesentlich geändert haben und natürlich auch ihre Heimat verteidigen würden.
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#10
Zitat:Ich sehe auf der anderen Seite, dass sich die Menschen in ihrem Wesen mehrheitlich nicht wesentlich geändert haben und natürlich auch ihre Heimat verteidigen würden.

Schon vor ungefähr 5 Jahren hat eine sehr umfangreiche Umfrage von Gallup ergeben, dass nur 18 % der wehrfähigen deutschen Männer ihr Land militärisch verteidigen würden wenn dieses angegriffen wird. Und da waren etliche ältere Jahrgänge dabei die noch Wehrpfliicht hatten.

Bei den für die Zukunft relevanten Jahrgängen von 18 bis 28 Jahre würden nur noch um die 10 bis 15% dieses Land militärisch verteidigen wenn es angegriffen wird. Die absolute Mehrheit der jungen Erwachsenen stimmt der Aussage zu, dass es in diesem Fall besser wäre sofort zu kapitulieren und nicht zu kämpfen.

Und diese Grundhaltung ist in den letzten 5 Jahren nicht besser geworden, im Gegenteil.

Jeder der bereits wäre auch nur in den Verteidigungs-Krieg zu ziehen muss realisieren, dass er einer absoluten Minderheit in dieser Gesellschaft angehört. Nun wird das gerne mit dem Wohlstand erklärt:

Zitat:fortschreitende Wohlstandsverwahrlosung

Die Schweiz, Schweden und Finnland sind allesamt wohlhabende Länder. In allen diesen genannten Ländern würde eine Mehrheit der wehrfähigen Bevölkerung für ihr Land kämpfen. In Finnland ad extremum 74% aller wehrfähigen Männer. Selbst Länder wie Dänemark mit immerhin noch 37% liegen meilenweit vor uns.

Es ist also nicht der Wohlstand allein. Daraus ergeben sich zwei zwingende Schlußfolgerungen:

1 die Bundeswehr ist bereits hier und heute ihrem Charakter nach überwiegend eine Söldnertruppe und das ist nicht grundsätzlich falsch -man könnte auch darauf aufbauen.

2 Eine automatisierte Kriegsführung mit einem möglichst hohen Anteil von Robot-Systemen ist vorteilhaft, ebneso eine möglichst weitgehende technische Abstraktion des Tötens aus großem Abstand.

Beides ist zwingend notwendig, da unser sozialkultureller Sonderweg vom Gros der Menschheit nicht geteilt wird. Im globalen Mittel sind ca 60 % der jeweiligen Bevölkerung bereit für ihr Land in den Krieg zu ziehen, da sind wir Europäer aber mit eingerechnet.

In der Europäischen Union sind demgegenüber gemittelt nur ca 25 % der Bevölkerung bereit in den Verteidigungs-Krieg zu ziehen, da sind aber wiederum Länder wie Dänemark mit 37%, Schweden mit 60 % und Finnland mit 74 % inkkludiert. Entsprechend übel sieht die Sache in dieser Bundesrepublik und anderen westeuropäischen Staaten aus (Niederlande 15% sinkend, Belgien 19% sinkend, Italien 20% sinkend, Spanien 21% sinkend, Österrech 21% sinkend, Bulgarien 25% sinkend, England 27% sinkend, Frankreich 29% steigend etc etc
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#11
Ja, diese Gallup-Umfrage ist mir bekannt. Das liegt einerseits daran, dass ich mit bestimmten Entwicklungen auch nicht mehr identifizieren kann. Was erfahren Junge Männer heute Positives über ihre Heimat? Alles wird schlecht geredet. Für was steht Deutschland in unseren Medien? Ja, auch in der Schweiz wird mittlerweile ordentlich Dreck gegen das eigene Land geworfen (das bedeutet nicht, dass man Missstände unter den Teppich kehren sollte, im Gegenteil). Aber das ewige Lamento, das wir unsere Nachbarn mit unseren Produkten überschwemmen, das Klima zerstören, überhaupt böse-böse sind, kann nur dazu führen, dass man wenig sieht, was man verteidigen wollte. In Frankreich ist die Bereitschaft laut Gallup steigend(!). Welche politischen Strömungen sind dort stärker als z.B. in Holland oder Deutschland?

Eine viel pragmatischerer Frage geht in die Richtung, ob man mit DIESER Bundeswehr in einen Krieg ziehen will. Seit Jahren werden Probleme nicht gelöst. Die Medien kolportieren ja ständig, dass nichts fährt, fliegt oder schwimmt. Hinzu kommt die von den eigenen Ministerinnen losgetretene Kampagne über das Führungs- und Gesinnungsproblem in der Truppe. Ich halte es eher für vernünftig, wenn junge Männer sagen, es macht keinen Sinn in einem aussichtslosen Kampf zu fallen. Ich selbst hätte durchaus Vertrauen in die Soldaten bis zum Bataillonskommandeur. Ich habe kein wirkliches Vertrauen mehr in das Gerät und in die Generalität.

Würde man mir die Frage stellen, ob ich kämpfen würde, wäre meine Antwort, so lange in vielen Bereichen weder die nötige Breite noch Tiefe für einen intensiven Krieg vorhanden ist, hätte ich auch das Gefühl mich nur sinnlos zu opfern.

Aber ich will nicht ausweichen. Dass die Verteidigungsbereitschaft gerade ich Deutschland so niedrig ist, frustriert und lässt sich nicht schönreden.

Zur Automatisierung des Krieges: Ja, auf den ersten Blick eine bestechende Lösung. Meiner bescheidenen Meinung nach können Robotersysteme nur zu einem gewissen Teil den Soldaten ersetzen. Ich wäre jedoch schon zufrieden, wenn die Bundeswehr die Möglichkeiten schaffen würde, Truppenkonzentrationen mit leistungsfähigem Steilfeuer auf großer Reichweite zu zerschlagen. Genug Infanterie wird es wohl langfristig nicht mehr geben. Aber eine leistungsfähige Flugabwehr, verbunden mit überlegener Artillerie könnte den Mangel an Freiwilligen vielleicht zum Teil ausgleichen.
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#12
Die Frage der Medialen Darstellung ist auch so eine Henne / Ei Frage. Schreiben die Medien also ständig schlecht über die Bundeswehr und hat dies Einfluss auf die Gesellschaft oder resultiert die negative Darstellung in Wahrheit aus der Gesellschaft und gerade weil diese die Streitkräfte ablehnt oder ihnen gleichgültig gegenübersteht wird die Bundeswehr schlecht dargestellt ?

Ist also die Gleichgültigkeit der absoluten Mehrheit der Bevölkerung der Bundeswehr gegenüber und zugleich die absolute Ablehnung alles ernsthaft Kriegerischen eine Folge von Medienmanipulation ? Oder schreiben die Journalisten das was von der Bevölkerung nachgefragt wird, hat die Darstellung also schlicht und einfach ökonomische Gründe und fragt die Bevölkerung das nach weil sie alles ernsthaft militärische ablehnt ?!

Berichte über nicht funktionierendes Material verkaufen sich gut. Und passen in das Vorurteil der Mehrheit. Gute Soldaten, schlechtes Material. Interessant finde ich in diesem Kontext, dass man die Bundeswehr selbst nicht ablehnt, sondern ihr gleichgültig gegenüber steht. Man lehnt jede ernsthafte Armee und jede wirkliche Gewaltanwendung ab.

Das bedeutet meiner Meinung nach, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Bundeswehr seit geraumer Zeit nicht als ernsthaft wahrnimmt. Also muss das mediale Bild zu dieser mangelnden Ernsthaftigkeit passen, also die Bundeswehr als Nicht-Armee dargestellt werden.

Zitat:In Frankreich ist die Bereitschaft laut Gallup steigend. Welche politischen Strömungen sind dort stärker als z.B. in Holland oder Deutschland?

Rechtsextreme. Die Front National und Le Pen haben in Frankreich einiges angeschoben, dazu kommt die stärkere Dialektik aufgrund der ständigen muslimischen Terroranschläge. Hätten wir in Deutschland vergleichbar viele vergleichbar schwere Anschläge wie sie in Frankreich stattgefunden haben, sähe hier die politische Lage auch anders aus. Zudem sind die Franzosen aus sozialkulturellen Gründen im Prinzip ein kriegerisches Volk. Frankreich hat durch seine ganze Geschichte hindurch sehr viel mehr Kriege geführt als Deutschland, insbesondere auch sehr viel mehr Angriffskriege. Was den Franzosen zur Zeit halt zunehmend ausgeht sind ethnische Franzosen. Das sollten wir aber im Frankreich lässt sich nicht unterkriegen Strang weiter diskutieren.

Dort zeigt voyageur beispielsweise auf, was für Maßnahmen aktuell in Frankreich tatsächlich durchgeführt werden, die in dieser Bundesrepublik selbst bei massiven Anschlägen immer noch undenkbar sind / wären. Deshalb schreibe ich ja immer, dass das Glas in Frankreich nur zu zwei Dritteln leer ist.

Zitat:Die Medien kolportieren ja ständig, dass nichts fährt, fliegt oder schwimmt. Ich selbst hätte durchaus Vertrauen in die Soldaten bis zum Bataillonskommandeur. Ich habe kein wirkliches Vertrauen mehr in das Gerät und in die Generalität.

Ich hätte eher Vertrauen in das vorhandene Gerät. Damit lässt sich, wenn man es denn wollte und könnte immens viel Schaden beim Feind anrichten. Man muss halt mit dem arbeiten was vorhanden ist und weggehen von Traumtänzereien von irgendwelchen Phantasialand-Goldrandlösungen und vor allem weggehen von dieser ritualisierten "Kriegs"führung und dem Primat des bürokratischen Legalismus über die Gewalt. Weniger Vertrauen hätte ich die Befähigung vieler Soldaten ins Kriegshandwerk, auch wenn es in der Bundeswehr immer noch herausragend gute Soldaten gibt. Aber auch die würden nie so dürfen wie sie wollten und wie sie könnten. Was nützen gute Soldaten die mit dem was da ist den Feind vernichtend schlagen, töten und vor sich hertreiben könnten, wenn sie nie auch nur im Ansatz dies tun dürfen ?!

Zitat:Würde man mir die Frage stellen, ob ich kämpfen würde, wäre meine Antwort, so lange in vielen Bereichen weder die nötige Breite noch Tiefe für einen intensiven Krieg vorhanden ist, hätte ich auch das Gefühl mich nur sinnlos zu opfern. [7quote]

Exakt diese Mentalität ist einer der wesentlichen Faktoren für die geringe Wehrbereitschaft. Die Gesellschaft ist verzagt und von Negativismus befallen. Sie sieht nur was nicht geht. Das zeigt sich in allen Bereichen der Gesellschaft dieser Bundesrepublik. Ich will mal den Bereich des Rechtes bemühen. Im Recht gibt es eine Rechtsnegativistische Auffassung von Gesetzen und eine Rechtspositivistische. Die erstgenannte sieht Recht dergestalt: was ist verboten, was darf ich nicht, was kann ich nicht, was muss ich wie tun. Die zweitgenannte sieht Recht so: was darf ich, was kann ich, was ist mir erlaubt, wie kann ich das Recht zu meinem Vorteil einsetzen. In Deutschland herrscht aus dem gleichen sozialkulturellen Mechanismus meiner Anschauung nach in extremster Weise der Rechtsnegativismus vor. Es wird alles immer nur unter dem Aspekt: Geht nicht betrachtet.

[quote]Zur Automatisierung des Krieges: Ja, auf den ersten Blick eine bestechende Lösung.

Gerade für diese Bundesrepublik noch im besonderen, da wir im Gegensatz zu anderen noch eine vergleichsweise starke industrille Basis zur Herstellung von Massenwafffen haben und diese auch keine Hochtechnologie erfordern. Eine solche Kriegsführung ist im Prinzip wie gemacht für uns und die extreme Dehumanisierung und Abstraktion dieser Art von Kriegsführung hält die gesellschaftlichen Vorbehalte zumindest besser nieder als andere Varianten.
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#13
Zitat:Kurz und einfach (ich merke gerade dass ich wieder viel zu lange schwafle)

Als Mitleser freue ich mich über diese Erwiderung:

Zitat:Hervorragender Beitrag Quintus, objektiv, sachlich und rational.
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#14
(20.11.2020, 14:03)Helios schrieb: Immer wenn etwas nicht konkret greifbar ist wird von Werten, Kultur, Tradition im Allgemeinen gesprochen, das hätte ich gern etwas näher erläutert. QF sprach sachlich von der Konsequenz als ein besonderes Merkmal der deutschen Kultur, GMP hingegen emotional von einer Verweichlichung (was ich auch als wertend verstehe) sowie einer Abkehr von Tugenden, Werten und Prinzipien. Was ist damit konkret gemeint, eurer Ansicht nach?

Ich will und darf nicht zu sehr den geschichtlichen Aspekt hier einfließen lassen, aber Fakt ist, dass wir in unserer Geschichte immer Leitbilder hatten, die den Weg in gewisser Art und Weise vorgegeben haben. Paradebeispiele sind hier Friedrich II. oder Bismarck. Derartige Gallionsfiguren fehlen seit den letzten 50 Jahren innerhalb unserer Geschichte. Der mediale Einfluss und ein zunehmend verändertes Weltbild haben unsere Gesellschaft zu dem Konstrukt erzogen, das es heute darstellt.

Es interessiert den Großteil unserer Gesellschaft heute mehr, wieviel Sexualpartner man jährlich hat oder ob das neue iPhone 14 auch in Blau erhältlich sein wird, als dass es sich über die Sicherheit unserer Nation und dessen Handelsrouten sorgt. Unsere Politiker sind rhetorisch nicht mehr in der Lage die desinteressierte Bevölkerung zu erreichen und auf neue Wege und Ziele zu fokussieren. Dementsprechend ist sich jeder zumeist selbst der Nächste und lebt sein Leben im Kontext des kapitalistischen Grundgedankens.

Und genau diese Schlafmentalität, diese Tranfunzelei, ist seit dem Abhandensein von vorgelebten Werten auf dem Vormarsch. Auch die Bundeswehr ist von diesem Effekt befallen, innen und außen. Es muss ein viel stärkerer Fokus auf die Gemeinschaft und dessen Wohlergehen im Gesamtkonstrukt gelegt werden. Es müssen Werte in der Schule gelehrt werden anstatt unnützer Themen, die keinem Schüler etwas bringen. Wenn dieser Gedanke von Anfang an gepflanzt wird und das Tun im Einklang damit steht, kann unsere Gemeinschaft viel mehr erreichen. Und als Teil dessen, kann und wird die Bundeswehr in ihrer Form, ihrem Tun, ihrer Akzeptanz wachsen.

Stattdessen ist Deutschland nicht in der Lage, seine Soldaten mittels bewaffneter Drohnen zu schützen, weil deren Einsatz ja „unmenschlich“ sei.
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#15
Zitat:Eine viel pragmatischere Frage geht in die Richtung, ob man mit DIESER Bundeswehr in einen Krieg ziehen will.

Diese Bundeswehr mit dieser Verteidigungsministerin ...
Für Österreich gilt das ganz genau so.

Zitat:Ich halte es eher für vernünftig, wenn junge Männer sagen, es macht keinen Sinn in einem aussichtslosen Kampf zu fallen.

Vor allem für wen auch! Es gibt kein Grundstück, das so wertvoll ist, daß ich dafür sterben würde. Es gibt kein Wirtschaftsinteresse meinerseits, das ich über mein Leben stellen würde. Aber es gibt Menschen für die ich mein Leben hingeben würde. Aber nicht wahllos für irgendwen, oder um deutlicher zu sprechen: Ich würde zum Vorteil einer Clique nie und nimmer mein Leben riskieren. Die bittere Wahrheit ist: Wir gehören nicht alle zusammen!

Zitat:Ich selbst hätte durchaus Vertrauen in die Soldaten bis zum Bataillonskommandeur. Ich habe kein wirkliches Vertrauen mehr in das Gerät und in die Generalität.

Punktgenau! Wehrbeamte und Karrieristen sind keine Anführer.

Zitat:..., hätte ich auch das Gefühl mich nur sinnlos zu opfern.

Das wäre die Zusammenfassung.
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