30.08.2022, 09:11
Ich bin ebenfalls der Überzeugung, dass wir uns keineswegs abschaffen und vieles langsam aber sicher sich wieder in die richtige Richtung bewegt. Und gerade die Umstände der Gegenwart bieten vor allem anderen Chancen, dass tatsächlich wirklich etwas voran geht. Von daher mache ich mir diesen Defätismus - denn leider viele inzwischen vor sich hertragen - ausdrücklich nicht zu eigen.
Nun zur ökonomischen Theorie der Bürokratie und warum diese auch auf die Bundeswehr als ganzes zutrifft, und keineswegs nur auf bestimmte Anteile von ihr:
Die Bundeswehr als Gesamtorganisation besteht aus vielen Unterbereichen, welche alle jeweils für sich selbst nach mehr Mitteln, mehr Personal, mehr Einfluss, mehr Offiziersstellen usw streben. Der Grund dafür ist nun höchst einfach, dass Offiziere in diesen Bereichen Karriere machen wollen, um persönliche Vorteile zu erlangen (höherer Dienstgrad, mehr Macht, mehr Geld), im Idealfall auch aus idealistischen Gründen weil sie mit ihrem Aufstieg mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen und damit etwas in ihrem Sinne erreichen können / wollen.
Damit sie diese Karriere machen können, und auch weil sie in einem spezifischen Bereich sozialisiert werden, nimmt dieser in ihren Auffassungen und Denken einen übergroßen Anteil ein und dies selbst dann, wenn der Offizier idealistisch sein sollte und zumindest versucht gedanklich objektiv zu sein. Man sieht das beispielsweise bei dem Einfluss welchen der Afghanistan-Einsatz insgesamt auf die Bundeswehr genommen hat.
Aber keineswegs sind die meisten Offiziere Idealisten. Es geht um direkte, persönliche, handfeste Vorteile und Pfründe. Wer will schon seinen eigenen Bereich zusammen streichen um dann nicht als Berufsoffizier übernommen zu werden und keinerlei Karriere mehr zu machen?! Der Karrierismus ist daher eines der größeren Übel in dieser Armee und einer der primären Gründe für den ständigen Versuch aller Stellen das "Budget" der eigenen Einheit, des eigenen Bereich im weitesten Sinne auszudehnen.
Und genau das ist die primäre Triebfeder für das Bürokratiewachstum, wie es in der ökonomischen Theorie der Bürokratie von Nikansen dargestellt wurde. Gerade daraus ist beispielsweise die von mir immer als Generalskaste bezeichnete Führungssstruktur entstanden. Da diese Bürokratie (den die meisten Soldaten sind heute Beamte die nur noch wie nebenbei Uniform tragen) mit der sie führenden Generalskaste zudem ohne jede Konkurrenz ist, die zivile Politik gar nicht beurteilen kann was hier als Leistung angeboten wird (nämlich primär eine Nicht-Leistung), und diese Nicht-Leistung auch weder Konsequenzen hat noch abgelehnt werden kann, wuchern solche Strukturen bei der Bundeswehr noch stärker als anderswo, zumal es auch kein wirkliches Korrektiv von Außen dafür gibt.
Da das Gesamtbudget begrenzt ist, sowohl von Personal wie Geld her, wuchern daher die bürokratischen Strukturen innerhalb dieser Begrenzung auf Kosten anderer Bereiche, welche die eigentlich wesentlichen sind. Entsprechend wird immer mehr Raum von der Bürokratie eingenommen und immer mehr Raum von der "Führung", auf Kosten der Kampfkraft, welche ja aber der eigentliche Sinn und Zweck der Armee ist.
Ganz allgemein ist dies auch ein Grund warum lange Friedenszeiten ganz grundsätzlich Armeen degenerieren. Dazu kommt noch (dieser Teil gehört nicht mehr zur Theorie von Nikansen), dass in Friedenszeiten vom grundsätzlichen Charakter her ganz anderer Menschen mit anderen Persönlichkeiten nach oben kommen als dies im Krieg der Fall ist. Und nein, die Auslandseinsätze welche bisher waren, hatten nicht das militärische Niveau daran etwas grundlegend zu ändern. Wenn diese Personen mit ihren jeweiligen Charaktereigenschaften dann über Jahre hinweg nach oben gekommen sind, entstehen dadurch sich selbst verstärkende Prozesse, entsprechend werden Nachfolger und Gefolgsleute heran gezüchtet die ebenfalls diese im Krieg weniger tauglichen Eigenheiten haben.
Beschließend wirkt hier noch ganz allgemein die sozialkulturelle Grundströmung dieser Bundesrepublik hinein. Da diese insgesamt von Bürokratie gelähmt wird, und eine entsprechende Einstellung und Mentalität große Teile der Bevölkerung durchziehen, gerade dadurch wird diese Beamtenmentalität auch in die Armee hinein gespült und breitet sich von der Zivilbevölkerung aus in die Streitkräfte hinein aus.
Um das krebsartige Wuchern der Bürokratie und der nicht für den Krieg geeigneten Strukturen in der Bundeswehr anzugehen, müsste man die Informationsassymetrie zwischen der zivilen Politik und der Generalskaste beseitigen. Wie schwierig bis unmöglich dies ist hat Helios ja schon mal in einem früheren Beitrag dargelegt, und entsprechend meine Idee eines "Pro-Konsuls" als "Heilsbringer / Erlöserfigur" verworfen. Gerade die extreme Informationsassymetrie führt ja dazu, dass ein solcher nicht identifizierbar wäre, zudem würde er ja trotzdem eine größere Gruppe entsprechender "Gefolgsleute" benötigen etc dazu kommen noch die Fragen welche das in Bezug auf Demokratie und Recht aufwirft.
Eine Antwort die ich darauf habe wäre, statt einen solchen Reformer von oben her zu bestimmen, ihn durch eine Art "Konklave" aus den Streitkräften selbst wählen zu lassen. Verbleibt das Problem, wie man einem solchen gewählten obersten Kriegsherrn überhaupt die reale praktische Macht verleihen kann, da die zivilen Politiker und die zivilen Strukturen im Ministerium ja ebenso der ökonomischen Theorie der Bürokratie unterliegen und hier die Armee nur noch ein Alibi für den Selbstzweck darstellt.
Früher kolportierte man, dass sich Preußen einen Staat zum Unterhalt seiner Armee hält, heute könnte man sagen, dass sich das Verteidigungsministerium eine Bundeswehr zum Unterhalt seiner Strukturen hält.
Dies zu durchbrechen dürfte daher in den aktuellen Strukturen und Formen tatsächlich praktisch real nicht möglich sein. Und gerade deshalb halte ich die von dir hier angeführten Reformbestrebungen, Reden des Bundeskanzlers, neue Gesetze etc für unzureichend oder sogar für nicht nachhaltig wirksam.
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Nun zur ökonomischen Theorie der Bürokratie und warum diese auch auf die Bundeswehr als ganzes zutrifft, und keineswegs nur auf bestimmte Anteile von ihr:
Die Bundeswehr als Gesamtorganisation besteht aus vielen Unterbereichen, welche alle jeweils für sich selbst nach mehr Mitteln, mehr Personal, mehr Einfluss, mehr Offiziersstellen usw streben. Der Grund dafür ist nun höchst einfach, dass Offiziere in diesen Bereichen Karriere machen wollen, um persönliche Vorteile zu erlangen (höherer Dienstgrad, mehr Macht, mehr Geld), im Idealfall auch aus idealistischen Gründen weil sie mit ihrem Aufstieg mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen und damit etwas in ihrem Sinne erreichen können / wollen.
Damit sie diese Karriere machen können, und auch weil sie in einem spezifischen Bereich sozialisiert werden, nimmt dieser in ihren Auffassungen und Denken einen übergroßen Anteil ein und dies selbst dann, wenn der Offizier idealistisch sein sollte und zumindest versucht gedanklich objektiv zu sein. Man sieht das beispielsweise bei dem Einfluss welchen der Afghanistan-Einsatz insgesamt auf die Bundeswehr genommen hat.
Aber keineswegs sind die meisten Offiziere Idealisten. Es geht um direkte, persönliche, handfeste Vorteile und Pfründe. Wer will schon seinen eigenen Bereich zusammen streichen um dann nicht als Berufsoffizier übernommen zu werden und keinerlei Karriere mehr zu machen?! Der Karrierismus ist daher eines der größeren Übel in dieser Armee und einer der primären Gründe für den ständigen Versuch aller Stellen das "Budget" der eigenen Einheit, des eigenen Bereich im weitesten Sinne auszudehnen.
Und genau das ist die primäre Triebfeder für das Bürokratiewachstum, wie es in der ökonomischen Theorie der Bürokratie von Nikansen dargestellt wurde. Gerade daraus ist beispielsweise die von mir immer als Generalskaste bezeichnete Führungssstruktur entstanden. Da diese Bürokratie (den die meisten Soldaten sind heute Beamte die nur noch wie nebenbei Uniform tragen) mit der sie führenden Generalskaste zudem ohne jede Konkurrenz ist, die zivile Politik gar nicht beurteilen kann was hier als Leistung angeboten wird (nämlich primär eine Nicht-Leistung), und diese Nicht-Leistung auch weder Konsequenzen hat noch abgelehnt werden kann, wuchern solche Strukturen bei der Bundeswehr noch stärker als anderswo, zumal es auch kein wirkliches Korrektiv von Außen dafür gibt.
Da das Gesamtbudget begrenzt ist, sowohl von Personal wie Geld her, wuchern daher die bürokratischen Strukturen innerhalb dieser Begrenzung auf Kosten anderer Bereiche, welche die eigentlich wesentlichen sind. Entsprechend wird immer mehr Raum von der Bürokratie eingenommen und immer mehr Raum von der "Führung", auf Kosten der Kampfkraft, welche ja aber der eigentliche Sinn und Zweck der Armee ist.
Ganz allgemein ist dies auch ein Grund warum lange Friedenszeiten ganz grundsätzlich Armeen degenerieren. Dazu kommt noch (dieser Teil gehört nicht mehr zur Theorie von Nikansen), dass in Friedenszeiten vom grundsätzlichen Charakter her ganz anderer Menschen mit anderen Persönlichkeiten nach oben kommen als dies im Krieg der Fall ist. Und nein, die Auslandseinsätze welche bisher waren, hatten nicht das militärische Niveau daran etwas grundlegend zu ändern. Wenn diese Personen mit ihren jeweiligen Charaktereigenschaften dann über Jahre hinweg nach oben gekommen sind, entstehen dadurch sich selbst verstärkende Prozesse, entsprechend werden Nachfolger und Gefolgsleute heran gezüchtet die ebenfalls diese im Krieg weniger tauglichen Eigenheiten haben.
Beschließend wirkt hier noch ganz allgemein die sozialkulturelle Grundströmung dieser Bundesrepublik hinein. Da diese insgesamt von Bürokratie gelähmt wird, und eine entsprechende Einstellung und Mentalität große Teile der Bevölkerung durchziehen, gerade dadurch wird diese Beamtenmentalität auch in die Armee hinein gespült und breitet sich von der Zivilbevölkerung aus in die Streitkräfte hinein aus.
Um das krebsartige Wuchern der Bürokratie und der nicht für den Krieg geeigneten Strukturen in der Bundeswehr anzugehen, müsste man die Informationsassymetrie zwischen der zivilen Politik und der Generalskaste beseitigen. Wie schwierig bis unmöglich dies ist hat Helios ja schon mal in einem früheren Beitrag dargelegt, und entsprechend meine Idee eines "Pro-Konsuls" als "Heilsbringer / Erlöserfigur" verworfen. Gerade die extreme Informationsassymetrie führt ja dazu, dass ein solcher nicht identifizierbar wäre, zudem würde er ja trotzdem eine größere Gruppe entsprechender "Gefolgsleute" benötigen etc dazu kommen noch die Fragen welche das in Bezug auf Demokratie und Recht aufwirft.
Eine Antwort die ich darauf habe wäre, statt einen solchen Reformer von oben her zu bestimmen, ihn durch eine Art "Konklave" aus den Streitkräften selbst wählen zu lassen. Verbleibt das Problem, wie man einem solchen gewählten obersten Kriegsherrn überhaupt die reale praktische Macht verleihen kann, da die zivilen Politiker und die zivilen Strukturen im Ministerium ja ebenso der ökonomischen Theorie der Bürokratie unterliegen und hier die Armee nur noch ein Alibi für den Selbstzweck darstellt.
Früher kolportierte man, dass sich Preußen einen Staat zum Unterhalt seiner Armee hält, heute könnte man sagen, dass sich das Verteidigungsministerium eine Bundeswehr zum Unterhalt seiner Strukturen hält.
Dies zu durchbrechen dürfte daher in den aktuellen Strukturen und Formen tatsächlich praktisch real nicht möglich sein. Und gerade deshalb halte ich die von dir hier angeführten Reformbestrebungen, Reden des Bundeskanzlers, neue Gesetze etc für unzureichend oder sogar für nicht nachhaltig wirksam.
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