13.07.2023, 10:01
Zitat:Die zwingende logische Schlußfolgerung daraus ist für mich, dass diese Regierung niemals vorhatte eine Zeitenwende durchzuführen, dass sie niemals vorhatte die Bundeswehr wirklich zu stärken, dass sie niemals vorhatte die NATO Vorgaben einzuhalten, sondern dass man nur so tun will als ob. Und entsprechend ist diese Regierung in jedweder militärischen- und sicherheitspolitischen Fragestellung damit absolut unglaubwürdig.Jein. Vorab: Es ist in der Tat so, dass an der schleppenden Umsetzung oder gar unterstellten Unwilligkeit der deutschen Regierung sich die Geister scheiden.
Und das werden auch unsere ausländischen Partner so sehen, mit den entsprechenden Folgen für unsere Glaubwürdigkeit im Bündnis.
Blickt man über den großen Teich, so sind die Meinungen der gängigen Organe eher reserviert bzw. hin- und hergerissen. Zieht man bspw. konservativere Quellen heran, etwa Politico oder Foreign Policy, so heißt es, dass man eindeutig größere Erwartungen in die Ankündigung von Scholz' Zeitenwende gesetzt hat, dass alles zu langsam gehen würde und dass das Lavieren derzeit nicht gut ankäme. Gleichzeitig wird aber auch immer betont, dass Deutschland sehr viel für die Ukraine leistet, mehr als jedes andere EU-Mitglied, nur dass es eben zu wenig für sich selbst und die eigene Verteidigung machen würde, was letztlich auch wiederum den Verbündeten zugute käme.
Auch im Atlantikrat wird die deutsche Bereitschaft zum Handeln betont und man hebt die Leistungen für die Ukraine hervor - mit der schleppenden Beschaffung für die Bundeswehr wird aber auch hier durchaus gehadert. Hinzu kommt, dass das derzeitige, anscheinende Schweigen - wir bekommen ja hier auch nicht alles mit - in Berlin zu den anstehenden wehrpolitischen Veränderungen (besser: eigentlich notwendigen Maßnahmen) eher Unklarheiten generiert und die Verbündeten mit einem Fragezeichen über dem Kopf zurückbleiben, welchen Weg Berlin denn nun gehen will. Hier liegt also wieder mal ein altes deutsches Problem vor: Eine eher schlechte Kommunikation - wie zu Beginn des Ukrainekrieges leider auch -, was eindeutig ein korrekter Kritikpunkt ist und hier muss die Bundesregierung nachbessern.
D. h. die Reaktionen sind international betrachtet zweischneidig. Unbenommen geht die Umsetzung der Zeitenwende vielen zu langsam voran und es zwickt an manchen Ecken, besonders auch die schwache Kommunikationskultur wird kritisiert.
Aber bevor nun die Rundumschlag-Schelte für die aktuelle Regierung folgt (die Kritik ist ja durchaus in Teilen nicht unberechtigt), sollte man sich bitte auch vor Augen führen, dass fast alle Publikationen auch sorgenvoll erwähnen, dass es in der deutschen Politik auch immer noch "starke Sympathien" für Russland geben würde - bei Politico werden "the Left" und "the AfD" genannt -, was zu größeren Sorgen hinsichtlich einer möglichen prorussischen, ja beinahe naiv-pazifistischeren Positionierung Deutschlands ggü. Moskau Anlass gibt. Positiv hinsichtlich einer Stärkung der Bundeswehr bzw. einer entschiedenen Abgrenzung zu Russland schneiden meistens die Unionsparteien ab - wobei ich persönlich derzeit lieber einen SPD-Verteidigungsminister Pistorius sehe als jemanden von der Union (da hatten sich die letzten Herr- und Frauschaften der Union nicht gerade mit Ruhm bekleckert) -, aber das mag dem Umstand geschuldet sein, dass ich mir eben konservativere Publikationen angeschaut hatte.
Schneemann