04.01.2024, 12:59
(04.01.2024, 12:17)Quintus Fabius schrieb: Nun schreibst du hier, dass die Ziele und Aufgaben eines Staates sich aus dem Willen der Wähler ergeben und daher durch diesen legitimiert sind. Ich teile diese Auffassung nicht vollumfänglich, da wir in einer repräsentativen Demokratie sind, und damit zum einen der Wähler viel eingeschränkter das Handeln des Staates lenkt und zum anderen Wählerwille hin oder her, der Staat nun mal bestimmte Aufgaben erfüllen muss und damit für diese funktional sein muss.
Das mag zweifellos richtig sein, aber eine Reduzierung der Sozialleistungsquote auf das Niveau von 1970 ohne jegliche demokratische Legitimation lässt sich dadurch nicht rechtfertigen, und ist etwas völlig anderes als kurzfristig notwendige Anpassungen abseits des eigenen Wahlprogramms, oder Kompromisse zur Bildung von Koalitionen. Umgekehrt ist tatsächlich, ob uns das nun gefällt oder nicht, eine deutliche Erhöhung des Wehretats etwas, dass die Politik nicht unabhängig von der Gesellschaft beschließen sollte.
Zitat:Es kann doch niemand abstreiten, dass die Sozialleistungsquote 1970 (!) - und ich schrieb explizit und ganz bewusst deshalb 1970 und nicht 1975 - viel niedriger war als heute und dass der Wehretat proportional viel höher war. Das ist einfach ein Fakt.
Es ist Fakt, dass sie niedriger war, ob man sie als viel niedriger bezeichnen will, sei dahingestellt. 1970 hat aber keine besondere Relevanz. Sie war auch 1950 niedriger als 1970, und 1930 niedriger als 1950, und 1975 eben auf einem ähnlichen Niveau wie heute. Das hilft uns alles nicht weiter, und der zwingende Kausale Zusammenhang mit dem Wehretat ist auch nicht gegeben - denn der war auch 1975 noch signifikant höher als heute. Abseits vom größeren gesellschaftlichen Rahmen, in dem sich das alles nun mal bewegt, bist du und deine Ansicht das Bindeglied dieser beiden Aspekte. Zwingend ist nichts davon, und deshalb für die Diskussion in erster Linie auch völlig unerheblich.
Zitat:Und heute ist das Ausmaß der Sozialleistungen viel zu groß und ist der Wehretat viel zu gering. Auch das ist ein Fakt
Das ist kein Fakt, sondern ohne Relation nur eine Ansicht. Was soll der Maßstab für die Relation der Sozialleistungen sein? Beim Wehretat lässt sich das zumindest über NATO-Zusagen, oder bedingt über die Aufgabe der Bundeswehr noch definieren. Wobei letzteres wieder einiges an Interpretationsspielraum erlaubt. Im wesentlichen sind es politische Standpunkte, was wie gewichtet werden sollte.
Zitat:Es geht einfach um das Verhältnis von Sozialleistungen zu Ausgaben für die äußere Sicherheit.
Nur weil man etwas ins Verhältnis setzen kann, ergibt sich daraus noch keine Relevanz.
Zitat:Wie wäre es mit einer Volksbefragung, ob man nicht die Sozialleistungen kürzen könnte um damit Geld für die Verteidigung frei zu machen? Eventuell käme dann dabei etwas völlig anderes heraus als du es hier annimmst.
Wie kommst du darauf, dass ich hier irgendetwas hinsichtlich des Volkes Willen annehme? Ich habe auch keinen Standpunkt und keine Ansicht ausgedrückt, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es unter den bestehenden Umständen keine demokratische Legitimation für das gibt, was du als notwendig erachtest. Mit einer sauberen Volksbefragung wäre das etwas völlig anderes. Was bei einer solchen heraus käme, kann ich nicht abschätzen.
Zitat:Nun verbleibt als letztes Argument von dir, dass die Bundeswehr mit dem Geld nichts anfangen könnte. Weil sie schon mit dem Geld jetzt überfordert sei. Wohl wahr, aber die Unfähigkeit dieser als Armee getarnten perfekten Karikatur einer Bürokratie sollte doch wohl kein Sachargument dafür sein, kein Geld für die Aufrüstung auszugeben.
Doch, meiner Ansicht nach schon. Solange diese Unfähigkeit zur sinnvollen Verwendung des Geldes nicht beseitigt ist (und du weißt, dass ich da gnädiger bin als du), sehe ich keinen Sinn darin, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Welchen Sinn sollte das haben? Für mich hat es nichts positives, wenn weniger Geld für Sozialleistungen und dafür mehr Geld für Verteidigung zu verschwenden - solange es eben verschwendetes Geld ist.
Zitat:Wie man es aber hinkriegen könnte, dass eine Regierung (gleich welche) diese systeminhärenten Fehler (Sozialindustrie, Unfähigkeit in der Verteidigung) beseitigt, kann ich auch nicht sagen.
Schade, das wäre nämlich wesentlich wichtiger als die beständige Feststellung des Status Quo.