Luftmobilität
#19
(07.12.2020, 22:43)Quintus Fabius schrieb: Das müsste man noch genauer umreißen, und damit relativieren und einschränken.

Natürlich könnte man das immer weiter ausführen, wie du bereits angerissen hast die verschiedenen Ausprägungen von Krieg heranziehen und die Auswirkungen genau analysieren, inklusive der Frage, wie relevant die Bereichenbarkeit in welchen Situationen genau ist - so weit will ich es hier aber nicht treiben, dafür fehlt mir Zeit, Erfahrung und Wissen. Mir geht es primär erstmal nur darum, dass die Berechenbarkeit umso höher ausfällt je geringer die Zahl der Möglichkeiten ist, und dass dies für jegliche Betrachtungsebene gilt (in dem Fall also auch zu schwäche Primärkräfte die Möglichkeiten und damit die Berechenbarkeit reduziert). Soll heißen, mir ist klar, dass du nicht gegen Spezialisten bist und dir ist hoffentlich klar, dass ich nichts gegen Generalisten habe. Und uns beiden ist wohl auch klar, dass die Grenzen zwischen beidem eh nicht nur fließend sind, sondern auch situationsabhängig.

Zitat:Mir geht es also konkret nur um den Fall der Bundeswehr hier und heute. (...) Diese Versorgungskette lässt sich aber auch ganz anders aufbauen als mit schweren Transporthubschraubern. Natürlich könnten auch schwere Transporthubschrauber Generalisten sein, ich selbst hatte ja mehrere andere alternative Verwendungen für diese Einheiten hier ausgeführt und detailliert. Aber man muss dieses mehr an Kampfkraft in Relation zu den Kosten und in Relation zu den real verfügbaren Mitteln stellen und sich dann fragen, ob diese Mittel nicht an anderer Stelle verwendet insgesamt deutlich mehr Kampfkraft erzeugen könnten ?!

Das Problem bei der Betrachtung ist für mich, dass mit jedem Argument eine Kette an Gegenargumenten entsteht, die sich immer weiter von der konkreten Betrachtung der Bundeswehr hier und heute entfernen. Als einfaches Beispiel: in der Logistikkette fungieren die schweren Transporthubschrauber bei Auslandseinsätzen als Bindeglied zwischen strategischen Umschlagplätzen, die mit Transportflugzeugen bedient werden, und den Feldlagern. Gegenüber kleineren Transporthubschraubern bieten sie konkrete ökonomische Vorteile und eine vereinfachte Logistik, weil sie Paletten/Container direkt übernehmen und schwere Lasten montiert transportieren können, gegenüber der Versorgung über Land bieten sie ein deutlich geringeres Gefährdungspotenzial und eine sehr viel höhere Geschwindigkeit bei gleichzeitig niedrigerem Personaleinsatz. Genau dieses Szenario findet in Afghanistan statt.
Natürlich kann man an der Stelle diese Art der Auslandseinsätze generell in Frage stellen, wie du es bereits erwähnt hast auch die Feldlagermentalität (die in der gelebten Form ja tatsächlich sinnfrei ist, da bin ich völlig bei dir) kritisieren - bloß entfernen wir uns damit von der konkreten Bundeswehr hin zu einer grundsätzlichen Doktrin-Frage. Auf dem Niveau kann ich schlicht hier nicht mitdiskutieren.

Für mich orientiert sich daher die Sinnhaftigkeit immer auch an den konkreten (auch politischen) Vorgaben. Und unter dem Aspekt räume ich dieser Form der Versorgung einen höheren Stellenwert ein als du das machst, zumal sich dieses Prinzip ja nicht nur auf Auslandseinsätze anwenden lässt. Du hast auch die logistische Unterstützung eines vorgeschobenen Kampfhubschrauber-Stützpunktes erwähnt, für mich ist auch die Artillerieunterstützung eine Möglichkeit.

Natürlich hat dioser Aspekt nicht direkt etwas mit der Luftmechanisierung zu tun, aber es handelt sich um die gleiche technische Basis und spielt daher in der Gesamtbetrachtung in meinen Augen durchaus eine Rolle.

Zitat:Aber gerade darum geht es hier im Strang: Nicht um Versorgung, und die Frage ob schwere Transporthelis hier trotz ihrer Kosten wertvolle Generalisten sind oder nicht, sondern um Luftmechanisierung und ob diese sinnvoll ist.

Bloß kann ich dazu mangels Wissen und Erfahrung nichts sagen, ich folge deiner Argumentation, eine Gegenperspektive gibt es bisher nicht. Dadurch eigentlich EOD, allerdings ohne Fazit. Wink

Zitat:habe ich dir mal bis ins kleinste Detail eine solche Leichte Infanterie-Einheit skizziert. Zunächst mal nur eine Jäger-Einheit vorab, da ich noch nicht dazu gekommen bin eine entsprechende Luftsturm-Infanterie in der gleichen Detailtiefe aufzuschreiben. Folgt aber in Kürze.

Danke für die Aufstellung!

Zitat:Es entstünde eine Dreiteilung von Spähern, Luftsturm-Pionieren (Sprengmittel aller Art) und leichten Panzerjägern (AGTM). Dabei dient der höhere Pionier-Anteil auch der Bereitstellung entsprechender Feldflugplätze und Notfall/Ausweich-Strukturen am Boden, welche ja überhaupt erstmal aufgebaut werden müssen.

Da die Aufgaben von Luftsturm-Infanterie daher viel spezialisierte wären, die entsprechenden Einheiten daher auch kleiner, benötigt man deshalb auch diese hohe Transportkapazität für diese Art von Infanterie eben nicht.

Aber folgt aus dieser Dreiteilung keine notwendigerweise höhere Mechanisierung dieser Kräfte, für die wiederum ein größeres Transportaufkommen benötigt wird? Einen Bv206 (nur als Beispiel für entsprechend spezialisierte, leichte Fahrzeuge abseits der "leichten Panzer") kannst du mit einem mittelschweren bzw. schweren Transporthubschrauber intern ohne größeren Aufwand verladen, mit mittleren Transporthubschrauber nur demontiert und extern.
Ich merke aber, dass ich auf dem Gebiet viel zu wenig Wissen besitze und daher jede Aussage dazu bitte als Frage verstanden werden sollte.

Zitat:Ist die Reichweite selbst eines CH-53K nicht geringer als die eines NH-90 ? Und erzielen die neuesten Prototpyen in den USA nicht noch mal deutlich größere Reichweiten und dies als mittlere Hubschrauber und bei viel höherer Geschwindigkeit? Das Thema hatten wir ja schon mal: meiner rein persönlichen Meinung nach sind die Schwerpunkte des neuen Programms: Geschwindigkeit und Reichweite vor anderen Faktoren richtig und eher zukunftsweisend als eine optimierte Transportkapazität. Deshalb bin ich ja gerade eben von dem US Programm zur Zeit so überzeugt.

Die Reichweite ist immer von der Zuladung und den Umgebungsbedingungen abhängig (darüber hinaus vom Flugprofil, was bei CH-53K und NH-90 prinzipiell identisch ist, sich aber bei den FLRAA-Mustern unterscheidet bzw. unterschieden kann). Rein beim Infanterietransport (voll besetzt) hat der CH-53K eine höhere Reichweite, zudem ist er standardmäßig luftbetankungsfähig. Die Anforderungen der FLRAA-Muster sind da auch nicht signifikant höher, abwarten wie dies bei den tatsächlich zu beschaffenden Mustern dann aussehen wird. Die Geschwindigkeit wird natürlich höher ausfallen.

Zitat:Die Transportkapazität der Helis ist viel zu gering um tatsächlich eine infrastrukturlose Versorgung der Truppe sicherzustellen (...)

Gemeint war natürlich nicht die infrastrukturlose Versorgung der gesamten kämpfenden Truppe, sondern jene von einzelnen kämpfenden Einheiten. Die Relevanz darf natürlich in Frage gestellt werden.

Zitat:Wollen wir weiter eine Armee schauspielern ? Oder wollen wir ernsthaft Krieg führen können ?

In dem Punkt bin ich durchaus bei dir, das war auch der Haupttenor all jener, mit denen ich über ihre Afghanistaneinsätze gesprochen habe. Allerdings setzt sich die "reale Kampfkraft" doch zwingend aus den vier Faktoren Technik, Organisation, (politischer) Wille und Moral zusammen, zudem sind das kommunizierende Röhren, so dass sich jede Änderung einer Komponente in der Qualität der anderen widerspiegelt. Eine technisch und organisatorisch fähigere Bundeswehr erhöht die Moral, umgekehrt erhöht eine gestärkte Moral eben auch die Wirkung der vorhandenen Technik. CSAR ist dahingehend für mich eine elementare Komponente, weil die Bereitstellung unmittelbar eine Wertschätzung des individuellen Soldatens abseits einer rein ökonomischen Betrachtung ist. Das wiederum ist ein Aspekt, der mir bei Gesprächen mit Soldaten anderer Nationen auffällt.
Vor einigen Jahren hat das Imperial War Museum eine Ausstellung zu dem Thema organisiert, die aufgrund der öffentlichen Rezeption und den sich anschließend erhebenen Stimmen von aktiven und ehemaligen Mitgliedern der British Army und der Royal Marines deutliche politische Wellen geschlagen hat bis hin zu dem Punkt, dass im Parlament darüber diskutiert wurde, ob der größte Feind der britischen Soldaten nicht die britischen Streitkräfte sind. Gerade auch das Thema CSAR hat in der Folge eine deutliche Aufwertung erfahren. Wie gesagt, von den ganzen Spezialfähigkeiten halte ich diese für elementar wichtig.
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