Luftmobilität
#20
Helios:

Zitat:Das Problem bei der Betrachtung ist für mich, dass mit jedem Argument eine Kette an Gegenargumenten entsteht, die sich immer weiter von der konkreten Betrachtung der Bundeswehr hier und heute entfernen.

Die Bundeswehr hier und heute ist aber eher ein Problemfall, welcher der Analyse wie man es nicht machen sollte dienen mag, aber doch bitte nicht die Grundlage für zukünftige Strukturen und Rüstungen darstellen sollte. Ich übertreibe das mal mit Absicht in dieser überspitzten Form, aber im Kern sehe ich das Problem nicht, eine Weg-Entwicklung von dem was hier und heute ist als primäres Ziel anzusehen.

Zitat:Natürlich kann man an der Stelle diese Art der Auslandseinsätze generell in Frage stellen, wie du es bereits erwähnt hast auch die Feldlagermentalität (die in der gelebten Form ja tatsächlich sinnfrei ist, da bin ich völlig bei dir) kritisieren - bloß entfernen wir uns damit von der konkreten Bundeswehr hin zu einer grundsätzlichen Doktrin-Frage.

Nein kein Problem, bleiben wir einfach bei dem was real ist. Ich behaupte (These), dass man die in diesem Einsatz so wie er ist anstehenden Aufträge und Problemstellungen allesamt auch ganz anders lösen könnte.

Zitat: Als einfaches Beispiel: in der Logistikkette fungieren die schweren Transporthubschrauber bei Auslandseinsätzen als Bindeglied zwischen strategischen Umschlagplätzen, die mit Transportflugzeugen bedient werden, und den Feldlagern. Gegenüber kleineren Transporthubschraubern bieten sie konkrete ökonomische Vorteile und eine vereinfachte Logistik, weil sie Paletten/Container direkt übernehmen und schwere Lasten montiert transportieren können, gegenüber der Versorgung über Land bieten sie ein deutlich geringeres Gefährdungspotenzial und eine sehr viel höhere Geschwindigkeit bei gleichzeitig niedrigerem Personaleinsatz. Genau dieses Szenario findet in Afghanistan statt.

Als einfaches Gegenbeispiel (und ohne die ganze Sache insgesamt in Frage zu stellen):

Warum nicht die Versorgung direkt vom Transportflugzeug aus mittels Abwurf mit GPS-gelenkten Lastfallschirmen erledigen?! Noch weniger Kosten, noch größere Vereinfachung der Logistik, kein Umladen, noch größere Geschwindigkeit, noch geringeres Gefährdungspotential, noch niedrigerer Personaleinsatz. Kann man aus sehr großer Höhe abwerfen, frei fallen lassen und auf den Quadratmeter genau landen, theoretisch sogar gleich direkt im Feldlager selbst.

Selbst eine höhere Gefährdung durch Landtransporte könnte man als Vorteil sehen und nutzen, weil man so den Gegner in seinem Verhalten lenken kann und diesen damit eventuell zu greifen kriegt, wenn man es richtig anstellt. Oder man setzt auf eine Art Rucksack-Prinzip und aus dem Land selbst heraus leben und verringert damit den logistischen Aufwand so wesentlich, dass er viel leichter bewerkstelligt werden kann usw usw usf

Ich will jetzt nicht behaupten dass beispielsweise gelenkte Lastfallschirme der beste / bessere Weg wäre. Aber ich will damit einfach aufzeigen, dass es für jede Problemstellung immer noch ganz andere Wege gibt und man die Sache immer noch mal ganz anders angehen kann. Es gibt im Krieg keine Axiome, also ist auch der vermeintliche Vorteil in der Logistik durch schwere Transporthelis kein solcher.

Zitat:Du hast auch die logistische Unterstützung eines vorgeschobenen Kampfhubschrauber-Stützpunktes erwähnt, für mich ist auch die Artillerieunterstützung eine Möglichkeit.

Natürlich hat dioser Aspekt nicht direkt etwas mit der Luftmechanisierung zu tun, aber es handelt sich um die gleiche technische Basis und spielt daher in der Gesamtbetrachtung in meinen Augen durchaus eine Rolle.

Die Unterstützung der Artillerie nannte ich ebenfalls und noch einiges darüber hinaus (Einsatz von Loitering Munition, Einsatz als Träger leichter Raketenartillerie selbst etc etc)

Um aber dein eigenes Argument von der Bundeswehr hier und heute aufzugreifen, also von den Umständen wie sie real sind - und nicht wie sie sein sollten: gerade deshalb stellt sich zwingend die Frage ob all diese genannten Fähigkeiten in einer Armee in der alle Hauptwaffensysteme bei 50% Einsatzbereitschaft oder weniger liegen wirklich der relevante springende Punkt sind. Mein Argument bezieht sich ja gerade eben auf diese Bundeswehr hier und heute und ihre Beschränkungen, ihre Begrenztheit und den engen Rahmen ihrer Mittel.

Ganz allgemein und wegführend von der Bundeswehr so wie sie ist halte ich schwere Transporthubschrauber in den genannten Bereichen durchaus für eine interessante, für die Kampfkraft wertvolle Option. Nur ist das eine Option für Wohlhabende. Eine Armee der Habenichtse hat andere Problemstellungen und eine Armee der Habenichtse ohne Kampftruppen und ohne reale Kampfkraft noch mal ganz andere.

Zitat:Aber folgt aus dieser Dreiteilung keine notwendigerweise höhere Mechanisierung dieser Kräfte, für die wiederum ein größeres Transportaufkommen benötigt wird? Einen Bv206 (nur als Beispiel für entsprechend spezialisierte, leichte Fahrzeuge abseits der "leichten Panzer") kannst du mit einem mittelschweren bzw. schweren Transporthubschrauber intern ohne größeren Aufwand verladen, mit mittleren Transporthubschrauber nur demontiert und extern.

Um es noch mal zu präzisieren und genauer auszudrücken: Luftsturm-Infanterie verwendet keine Fahrzeuge, außer vielleicht ein paar All Terrain Vehicle und ein paar leichten kompakten UGCV. Weder Späher (als Einheit zwischen Jägern und Fernspähern stehend) noch Luftsturm-Pioniere, noch die angedachten Panzerjäger benötigen Fahrzeuge. Die Hubschrauber sind ihre Fahrzeuge, ansonsten agieren die alle zu Fuß. Wie man sich das von der Gliederung und Ausrüstung her praktisch vorstellen kann werde ich morgen mal detailliert darstellen.

Also keine Mechanisierung, sondern im Gegenteil. Also auch keine Bv206, sondern allenfalls ein paar leichte UGCV. Späher sind ohnehin ohne Fahrzeug hier besser dran, ihre Rolle musst du dir eher in Richtung der Fernspäher vorstellen. Da geht es nicht um Aufklärung mit Fahrzeugen. Das primäre Wirkmittel der angedachten Sturmpioniere wäre Sprengstoff, und wieder sind hier keine Fahrzeuge außer den Helis selbst notwendig. Und die (leichten) Panzerjäger verwenden Systeme welche auch zur Fuß querfeldein bewegt werden können. All dies dient vor allem auch der Verringerung der Signatur dieser Verbände.

Zitat:Gemeint war natürlich nicht die infrastrukturlose Versorgung der gesamten kämpfenden Truppe, sondern jene von einzelnen kämpfenden Einheiten. Die Relevanz darf natürlich in Frage gestellt werden.

Wenn ich sagen wir 80 - 90% der Zeit / der Feldlager normal versorgen kann, und nur 10 - 20% der Zeit / der Feldlager dann mit Helis, dann wären einfach per gelenktem Lastenfallschirm abgeworfene Versorgungsgüter direkt aus dem Transportflugzeug wesentlich effizienter als ein Transport mit schweren Transporthubschraubern, in jedem Aspekt. Verbleibt der Punkt CSAR etc.

Zitat:umgekehrt erhöht eine gestärkte Moral eben auch die Wirkung der vorhandenen Technik. CSAR ist dahingehend für mich eine elementare Komponente, weil die Bereitstellung unmittelbar eine Wertschätzung des individuellen Soldatens abseits einer rein ökonomischen Betrachtung ist.

Das stimmt zweifelsohne, dass die Motivation der Soldaten in diesen größtenteils völlig sinnlosen abstrusen Einsätzen vor allem davon abhängt, dass diese sehr umfassend medizinisch versorgt werden und das Risiko zu sterben oder dauerhaft verstümmelt zu werden deutlich verringert wird. Den ansonsten wäre man nicht derart bereit sein Leben und seine Gesundheit für etwas einzusetzen, was größtenteils Schwachsinn ist, im günstigsten Fall eine bloße politische Show des so tun als ob.

Die mangelnde Motivation welche man hier auf diese Weise aufrichtet resultiert aber aus dem Einsatz und seiner wahren Natur selbst. Daher die große Bedeutung von San / CSAR usw Diese heutige Bedeutung ist erst aus der Sinnlosigkeit der Einsätze selbst so gewachsen.
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Luftmobilität - von Quintus Fabius - 29.11.2020, 22:13
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