Luftmobilität
@Quintus Fabius

Ganz grundsätzlich, isolierte Betrachtungen sind schwierig, da Bedürfnisse und Fähigkeiten anderer Teilstreitkräfte und Waffengattungen unmittelbar relevant sein können. Sprich, wenn wir bei einer Diskussion ‚Fallschirmjäger vs Panzer‘ die Luftwaffe außen vorlassen blenden wir völlig aus, wie die Luftwaffe das Kampfgeschehen beeinflusst. Der Gesamtheitliche Ansatz ist zielführender, die Frage kann IMO nicht sein, ob sich jetzt isoliert Jäger oder Panzer ‚schöner kämpfen‘, sondern welcher dieser beiden Ansätze auf dem auch und gerade von den anderen Teilstreitkräften und Waffengattungen geformten Gefechtsfeld der passendere Baustein ist.
Entsprechend auch mein Einstieg in die Diskussion – der Ansatz dem Fallschirmjäger mit Artillerieraketen zu Präzisionsangriffen zu befähigen ist unnötig, weil die Luftwaffe diese Fähigkeitennische zur Genüge abdeckt.

Warum nun aber Panzer im gesamtheitlichen Ansatz? Wie schon ausformuliert, es der auf dem mechanisierten Gefechtsfeld flexibelste und vielseitigsten Ansatz in offensiver wie defensiver Ausrichtungen, Angriff und Verteidigung, bei vergleichsweise geringen Personaleinsatz und Risiko. Der Kampf mit infanteristischem Schwerpunkt man gegenüber der mechanisierten Kriegsführung in taktischer Lage A sicher überlegen, in den taktischen Lagen B und C dagegen völlig unbrauchbar sein. Da es jedoch vermessen wäre davon auszugehen, dass der Gegner auch nur überwiegend dazu gezwungen werden kann, genau so zu kämpfen wie wir es möchten ist der Verband der in mannigfaltigen Lagen flexibel einsetzbar ist überlegen.
Einfach runtergebrochen: Das Panzerbataillon ist vollumfänglich zur Verteidigung und Angriff befähigt. Was am ersten Tag noch ein verzögern, aufhalten und stoppen der gegnerischen Angriffsbewegung war kann in den darauf folgenden Tagen lückenlos in eine eigene Angriffshandlung übergehen. Das schafft in der dem Panzerverband möglichen Dynamik halt kein Infanterist.

Deinen Ausführungen zum historischen Hintergrund des Ansatzes Panzer gegen Panzer zu setzen möchte ich mich weitgehend anschließen. Allerdings würde ich nicht beim zweiten Weltkrieg stehen bleiben sondern die praktischen Erfahrungen der Israelis sowie der Koalition im zweiten Golfkrieg einfließen lassen wollen. Sowohl Konzepte der Abnutzung als auch die des Bewegungskrieges sind keine reichlich theoretischen Konstrukte aus den Erfahrungen Pattons oder von der Ostfront sondern wurden auf dem deutlich moderneren Schlachtfeld weitgehend überaus erfolgreich umgesetzt.

Wo ich dann jedoch divergiere wäre die formulierten Befürchtung, ein russischer Patton könnte sich ja im ach so breiten Osteuropäischen Raum gekonnt an all unseren schönen eigenen Panzerbataillonen vorbeimanövrieren und damit siegen. Das hat schon bei Pattons Ausbruch aus der Normandie nur mit drückender Luftüberlegenheit, massiver Luftnahunterstützung und verglichen mit dem Feind krass überlegener taktischer Mobilität (Trucks vs Pferd, Diesel ohne Ende) funktioniert.

Heute? So schön das Auffangen im Jagdkampf auch aussehen würde - man zerschlägt heutzutage vorrückende Panzerkolonnen ganz schnöde aus der Luft, bevor irgendwo ein Falli mit dem Heli eingeflogen wurde, irgendwo verloren in der Pampa steht und hoffen muss das ein Panzer vorbeifährt... Das ist halt der springende Punkt. Ich kann mich da nur spielverderberisch wiederholen, all diese Überlegungen und Betrachtungen scheitern an der Dominanz unserer Luftwaffen und den ungeheuren Möglichkeiten des modernen Luftkrieges. Und wir kämpfen nun mal nicht ohne, nicht in Europa gegen Russland und international gegen irgendwelche zweit- oder drittklassigen Konkurrenten erst recht nicht.

Allgemein: Du baust mir hier entschieden zu hohe Kartenhäuser um Rechtfertigungen für deine Ideen zu finden. Ein paar Schlagworte dazu

- ‚Russland findet zu ganz neuer Stärke und kämpft plötzlich ganz anders als wir es erwarten können‘
Wir hatten das schon an anderer Stelle, aber ich sehe wenig bis keine Anhaltspunkte in diese Richtung. Russland hatte sich unter Putin 20 Jahre Zeit genommen um nach dem Trubel der Neunziger eine Einsatzfähige Armee aufzubauen. Das Ergebnis ist ein einziges Desaster und zuletzt 9 Monate Kampf um nicht mal die fünfziggrößte Stadt in der Ukraine. In den nächsten zwanzig Jahren wird das nicht magisch besser werden. Die Finanziellen Mittel werden so nicht mehr vorhanden sein, Korruption und Nihilismus werden weiterhin die Rüstungs- und Reformbemühungen weiterhin sabotieren, Technologisches Knowhow und Technik werden nur unter Schwierigkeiten importiert werden können, das alte Sowjetische Wehrmaterial wurde in der Ukraine verbraucht bzw. ist in zwanzig Jahren endgültig verrottet etc.

- ‚wir haben viel weniger Panzerbataillone als der neue Russe, die Masse der Roten Horde drückt irgendwo durch‘
Wäre ich mir nicht so sicher. Russland wird diesen Krieg einen Großteil seiner halbwegs einsatzbereiten Panzerfahrzeuge verlieren. Wenn der Krieg viel länger als 2024 in der jetzigen Intensität geführt wird, kommen wir an den Punkt an dem dort a) abgesehen von einigen Paradeeinheiten nichts Modernes jenseits des T-72B3 mehr verfügbar ist und b) die Depotkapazitäten nicht mehr ausreichen werden, um die Panzerflotte wenigstens zahlenmäßig auch nur auf Vorkriegsniveau zu regenerieren. Wir sind sicherlich noch nicht soweit, aber in diese Richtung geht es.
Demgegenüber – mit Schweden und Finnland hat die Nato mal eben 700+ schwere Panzerfahrzeuge in Europa hinzugewonnen. Wenn wir in Europa querschnittlich einigermaßen mit der Nachrüstung hinkommen und vor allen Dingen Polen seine Pläne durchzieht haben wir Mittel- und Osteuropa eine verdammt moderne Panzerflotte stehen, die Zahlenmäßig mindestens nicht weit vom russischen Sowjetmaterial entfernt ist.
Wenn wir dann vielleicht doch noch mit der einen oder anderen US Brigade (um nicht zu sagen, mit 3 US Korps) rechnen könnten wir mehr Truppen ins Feld stellen als der neue Russe.

- ‚Wir stellen unsere Einheiten aufgrund einer einfach postulierten Informationsunterlegenheit dumm ins Gelände und der nächste Pattonsky umfährt die dann einfach‘
Die Idee, der Russe könnte halbe Armeen unbemerkt verschieben und unsere Verteidigung in weiten Räumen mit kühnen Vorstößen aushebeln ist für mich an den Haaren herbeigezogen.
Wir schreiben 2020, bzw. bis die Russen wieder was können sollen 2040. Müssen wir ernsthaft diskutieren, inwieweit die westlichen Aufklärungsfähigkeiten ausreichen um wenigstes jedes Panzerbataillon lückenlos bis zur Front zu tracken? Bei einem Gegner, dessen Logistik fast bis zur taktischen Ebene nahezu vollkommen an der Eisenbahnschiene hängt?!
Es mag ja sein, dass Netzwerkbasierte Operationsführung nicht der Weisheit letzter Schluss ist, aber die These, die Russen könnten mal eben wie auch immer wie auch immer eine Informationsdominanz herstellen benötigt in diesem Kartenhaus wenigstens ein Jota an Untermauerung.

- ‚Wenn es die Russen nicht bringen sind es irgendwelche nebulösen Panzerarmeen im internationalen Raum und zur Not die Polen.‘
Gegen welchen zwei- oder Drittligisten planen wir leichte Infanterie ohne Luftunterstützung gegen mechanisierte Kampfgruppen einzusetzen?
Ich sehe schlicht kein realistisches Szenario. Nebulöse Befürchtungen können doch nicht als Rechtfertigung für wilde Nischenrüstung zur Befähigung zur hyperspezifischen Gefechtsführung in Ausnahmeszenarien dienen! Dazu weiter unten noch ein paar Sätze mehr.

- Luftwaffe existiert bei diesen Betrachtungen nicht
Ich bin schon ausführlich darauf rumgeritten; auch wenn es keinen Spaß macht, die Luftwaffen auszublenden ist ziemlicher Unsinn. Auch und gerade im internationalen Kontext. Wir werden niemals irgendwo Fallschirmjäger abwerfen ohne das etwa ein Trägerverband die LHDs begleitet.
Und nochmal spezifisch: Krieg aus der Luft heute (und erst recht irgendwann in Richtung 2040) heißt nicht mehr auf Baumgipfelhöhe einbrechen und möglichst bevor man abgeschossen wir die richtige Straße mit Freifallclusterbomben belegen. Sondern eine F-35 mit dank eigener und netzwerkgestützter Sensoren aktuellen und klaren Lagebild greift mit bis zu 24 Präszisionsgleitbomben aus deutlich über 50km Entfernung zielgenau einzelne Panzer in Bewegung an. Einzelne Jets können hier mi jedem Angriff ganze Panzerkompanien auslöschen. Wir hätten davon mehrere Hundert und allein die Produktionszahlen alleine für SDB II stehen bis Mitte des Jahrzehnt bei über 5.000.
Das ist die Realität, nicht irgendwelche Jägerkompanien mit Spike NLOS.

- APS existiert bei diesen Betrachtungen nicht
Was machen diese Heliborne Panzerjäger eigentlich, wenn die neuen russischen Gefechtsfahrzeuge halbwegs brauchbare APS haben? Dein Konzept scheint mir in diesen Punkt überhaupt nicht zukunftsfähig.

- USA finden ganz grundsätzlich nicht statt
Nach wie vor, ich halte es für hanebüchen, dass die USA 100 Jahre Sicherheitspolitik in den Wind schieben und Däumchen drehen während russische Panzerarmeen nach Warschau vorstoßen. Völlig unabhängig wer da Präsident ist.

Um es herunterzubrechen, kaum bis gar nicht untermauerte Behauptungen und Befürchtungen sind für mich alles keine fundierte Grundlage um eine Abkehr vom Primat des Panzers in unserer westlichen Bodenkriegsführung zu formulieren oder zu rechtfertigen. Diese Differenz zwischen uns ist tatsächlich nicht auflösbar.

Plakativ gesagt, dein sicherheitspolitischer Ansatz ist, notfalls die Seelower Höhen gegen polnische Husarenregimenter verteidigen zu müssen – ja schön und gut, wo ziehst du da denn Schlussstrich?!
Kann Spuren von Sarkasmus enthalten – Chinesischer nuklearer Erstschlag, Blockade Europas durch die US Navy, Reinkarnation von Gustav Adolph landet in Mecklenburg, Krieg nach einer CME, Interstellare Invasion von Sirius Beta ?
Ich will nicht despektierlich klingen aber wir müssen schon irgendwo im Rahmen des Erwartbaren bleiben, können nicht gegen absolut jede Eventualität rüsten und sollten zur Rechtfertigung der persönlichen Lieblingskampfweise nicht irgendeinen Unfug bemühen.
Bleiben wir stattdessen auf dem Boden der Tatsachen und gehen zuallererst mal davon aus, dass die Sicherheitsarchitektur, die in Europa die letzten 75 Jahre ganz gut bis phänomenal funktioniert hat und aktuell auch nicht gerade vor dem sofortigen Zusammenbruch steht (ganz im Gegenteil!) so oder so ähnlich auch in zehn bis zwanzig Jahren existiert.

Und Militärischer: Der Panzer hat sich bewährt, in noch jedem Konflikt seit der Somme. Er erlaubt uns unsere technologische Überlegenheit zu Geltung zu bringen, ist auch 100 Jahre nach seinem Debut noch lange nicht ausgereizt, verspricht weiterhin die größte Flexibilität überhaupt und entspricht voll unserem Ansatz Menschenmaterial mit Technik zu substituieren. Sprich, rein garnichts spricht dafür hier not Baustellen aufzureißen wenn wir auch so schon noch genügend Arbeit vor uns haben.

Wenn du da schreibst, dass ‚unsere Streitkräfte zum einen so kampfstark wie möglich im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln sein müssen, und dass sie andererseits so flexibel und vielfältig einsetzbar sind wie möglich, weil die Zukunft in Bezug auf den Krieg höchst unklar ist‘, dann ist das ein einziges Plädoyer für den Panzer im mechanisierten Gefechtsverband! Keine Jägereinheit der Welt, völlig gleich welcher Zinnober da dann im Falle des Falles eingeflogen wird die Vielseitigkeit des Panzerverbandes im Ansatz erreichen können.

Deswegen – der doktrinelle und rüstungspolitische Schwerpunkt muss genau hier liegen. Die Herzkammern des Deutschen Heeres (und darüber hinaus der westlichen Armeen insgesamt) sind im symmetrischen Kampf das Panzer- und Panzergrenadierbataillon. Alles andere ist erstmal Beiwerk und solange hier noch gehörig Verbesserungspotential besteht ist es unklug jetzt Zeit und Ressourcen über der Frage zu verschwenden, welche Jägerverbände in welcher hyperspezifischen Gefechtssituation idealerweise doch ganz dringend zusätzlich noch Raketenartillerie benötigen könnte.

Mit deinem Ansatz doch möglichst querschnittlich die Flexibilität aller möglichen Verbände durch möglichst viele optionale Zusatzspielzeuge (hier halt: fliege dem Falli Raketenartillerie hinterher) zu pushen scheiterst du in der Praxis an dem Punkt mit dem die Bundeswehr auch bislang den Karren an die Wand gefahren hat: Breite vor Tiefe und größtmöglicher Nischenabdeckung lässt dich am Ende mit leeren Händen dastehen. Du brauchst stattdessen Durchhaltefähigkeit und die gewinnst du, indem du die organisch flexibelste Einheit maximal förderst und Nischen Nischen sein lässt.

Oder anders / platt gesagt: Wenn der präferierte Jäger jetzt im symmetrischen Krieg nicht die tragende Rolle spielt und nicht der ist, der die Situation im heroischen infanteristischen Gefecht noch rettet, sondern stattdessen schlicht wenig bis garnix zu tun hat, dann ist das kein Problem das gelöst werden muss, sondern schlicht voll ok.


Das nur zur grundsätzlichen Herangehensweise.

Spezifisch, es ist für mich noch immer völlig nebulös um welche Raketenartillerie es jetzt genau gehen und wie diese von den (Fallschirm)Jägern dann nach dem Einflug eingesetzt werden soll. Spike NLOS?
70kg - schleppt dir kein Infanterist, du benötigst zwingend Fahrzeuge. Die von dir erwähnten Spike ER sind nicht viel besser (und die Wiesel haben doch eh schon MELLS?) Da es aber dezidiert keine schweren Transporthubschrauber sein sollen befindet sich der Fuhrpark bereits im Einsatzraum (dorthin verbracht wie auch immer?!) und du lieferst Raketen nach?
Eingesetzt dann gegen Panzerfahrzeuge (die warum genau kein APS haben?) oder für Artillerieschläge auf rückwärtige Ziele (die im Jagdkampf wie aufgeklärt werden?)? Aktuell sind wir eher bei Notnagel-Panzerjägern, eingestiegen sind wir in die Diskussion eher bei der artilleristischen Komponente zur Wirkung über die unmittelbare Kontaktlinie hinaus…

Auch nach x Seiten des Hohen Liedes der Infanterie sehr undurchsichtig das alles … Keiner wird widersprechen das die (zwei verbleibenden) schwere Fallschirmjägerkompanien Panzerabwehrfähigkeiten benötigen und es sinnvoll ist, TOW mal zu ersetzen, aber darüber hinaus?
Das Wunderraketensystem mit mehr als 25km Reichweite und weniger als 25kg Gewicht existiert so nicht - wer holt also das Spielzeug ab, das der Helikopter einfliegt? Ja wohl nicht die regulären Jägerkompanien, was soll der Schütze vorne mit dieser Reichweite im Gelände. Willst du dafür neue Luftlandeartilleriebatterien aufstellen? Wer liefert Ziele, eine Luflandeaufklärungskompanie mit Drohnenzügen? Wer sichert eigentlich die Landezone des Helikopters und diesen ganzen Fuhrpark, benötigt es da nicht Luftlandeflugabwehrkompanien? Da sind wir haben schon sehr weit vom klassischen Jagdkampf weg und um schwere Transporthubschrauber wird man nicht herumkommen.

Bei dem was du schreibst habe ich eher immer das Bild vom kleinen Helikopter vor Augen, der dem heroischen Jägertrupp in der Nacht ein paar panzerbrechende Wirkmitteln einfliegt… schön und gut, aber echte, auch ‚leichte‘ Raketenartillerie sinnvoll einzusetzen wäre da eine ganz andere Hausnummer, die in meinen Augen immer noch relativ leicht aufgeklärt und bekämpft werden kann. An dem Punk wäre es dann auch schlicht effizienter, die Raketen an den Helikopter zu hängen anstatt diesen Popanz zu veranstalten.
Um das nochmal herauszukristallisieren: Wie verlegen diese Notnagel-Jäger, mit Fahrzeugen oder ohne? Wenn der Fuhrpark mit muss braucht es schwere Transporthubschrauber. Wenn der Fuhrpark nicht mit soll wird es mit dem mobilen Einsatz schwierig. Die Truppe hockt immobil im Gelände und bekommt die ‚leichte‘ Raketenartillerie kaum vom Fleck.

Ist dann ja schön wenn dann genau da die durchbrechenden feindlichen Panzer auf die Notnagel-Jäger stolpern und die dann maximale Wirkung entfalten – nur um mich wiederrum zu wiederholen:
Das Ganze ist ein einziges Kartenhaus.

Der gesamte Ansatz beruht auf den Annahmen, dass a) russische Panzer überraschend irgendwo durchstoßen b) keine schweren Reserven als Jäger verfügbar sind c) die Luftwaffe nicht mehr abriegeln kann weil gerade Freitag Nachmittag oder warum auch immer d) dafür 20+ Helikopter im Einsatzraum verfügbar sind e) im fraglichen Raum keine gegnerische Flugabwehr oder gar Kampfjets aktiv sind f) Stoßrichtung und Ziel des Pattonsky zwar operativ überraschend aber trotzdem vorhersagbar sind sodass man ihnen Infanterie in den Weg stellen kann g) die durchbrechender Panzer kein taugliches APS haben und h) eine so große Bedrohung darstellen, dass sie koste es was es wolle aufgefangen werden müssen, j) die Notnagel-Jäger dafür jetzt unbedingt auch leichte Raketenartillerie benötigen anstatt halt schlicht massig Javelins.

Ich sehe einfach nicht, wieso wir dieser hyperspezifischen Gefechtssituation groß Beachtung schenken müssen. Anstatt dieses Zinnobers mit irgendwelchen Helikoptern und Infanteristen wäre es wesentlich effizienter, schlicht einige Kampfjets vorzuhalten, die im Falle eines überraschenden Durchbruchs die Situation mit einigen Luftangriffen im Wesentlichen bereinigen. Wenn wir das mit Jägerkompanien und halben Transporthubschrauberregimentern können sollen, dann schaffen wir das auch mit einer Halbstaffel F-35 und 100 SDB-II.


Soweit so gut, noch einmal den Blick auf die größeren Zusammenhänge. Ich verwahre mich ganz grundsätzlich gegen die Idee, dass wir gegen den neuen Russen irgendwie groß in einen Abnutzungskrieg verfallen würden. Unsere militärtechnische Überlegenheit wie die dann fehlenden materiellen Reserven der Russen lassen dies sehr unwahrscheinlich erscheinen. Vielmehr hat Russland den Krieg verloren sobald wir (buchstäblich) unsere PS auf die Straße bekommen. Platt gesagt, Panzerbataillon für Panzerbataillon fegen wir die Russen vom Spielfeld. Heute schon und erst recht gegen die Armee die nach der Ukraine übriggeblieben ist und mit dem was wir in weniger Jahren in Europa aufbieten können werden. Daran kann es doch keinen ernsthaften Zweifel geben. Nehmen wir unsere drückende Überlegenheit aus der Luft hinzu geht es nicht um Halten mit aller Kraft und grausiges Abnutzen Panzer auf Panzer, sondern Dominanz und Zerschlagung innerhalb kürzester Zeiträume.

Von der in diesem Zusammenhang unmöglichen strategischen Überraschung habe ich bereits geschrieben. Wir werden immer genügend Zeit haben wenigstens mittlere Kräfte in bedrohte Räume zu verschieben während uns die Entsendung von leichter Jägertruppen keinen operativ relevanten Zeitvorteil verschafft. Schon garnicht – und da sind wir wieder beim springenden Punkt dieser Betrachtung – gegenüber den Handlungsoptionen der Luftwaffe.

Wir haben das so noch nicht gesehen, weil sich die Militärtechnik erst in den letzten zehn, fünfzehn Jahren dahin entwickelt hat und werden es mangels Gegner so wahrscheinlich auch nie sehen - aber in einem Raum wie Europa mit Flugplätzen alle paar Dutzend Kilometer dominiert eine moderne Luftwaffe das Gefechtsfeld in einem Maße, das ans Absurde grenzen mag.

Du schreibst von ‚Lücken‘ die gestopft, von ‚Linien‘ die gehalten werden müssen, vom Feind der technologische und materielle Überlegenheit mit ‚Bewegung‘ kompensiert, von ‚Abnutzung‘ bei Leopard 2 A8 vs T-72B, von ‚Dislozierung‘ die auch im Schwerpunkt feindliches Artilleriefeuer negiert und und – ich sitze nur da und denke mir, nichts davon würde real werden, diese ganzen Konstrukte zerschlagen sich im tagtäglichen Bombenhagel hunderter taktischer Kampfflugzeuge.

Nur um die Dimensionen zu verdeutlichen: in den 2030gern haben wir in der Europäischen Nato exklusive den Kontrahenten im Südosten deutlich über 1.000 moderne Kampfjets der 4.5 und 5. Generation. Mit unseren Verbündeten in Übersee käme nochmals mehr als das doppelte hinzu. Die übergroße Mehrheit dieser Jets sind in der Lage eine weite Bandbreite leichter Abstandsmunition einzusetzen, die bereits in hohen Stückzahlen bevorratet bzw. gefertigt wird. Und zwar mit jedem Sortie, wenn es sein muss mehrmals täglich mit einem Dutzend Einzelzielen pro Angriff und Flugzeug. Wie lange sollen sich da feindlichen Bodentruppen kampffähig im Feld halten, wenn vielleicht an vielleicht 1000km Front jeden Tag 10.000 Punktziele zielgenau getroffen werden können?! Wie lange steht die Logistik, wenn dahinter mehrere tausend Tomahawk, JASSM , Storm Shadow und Taurus jede Brücke und Eisenbahnstation vernichtet haben? Klar gingen uns da mittelfristig schnell die Wirkmittel aus, aber ab Tag 2 lebt da an der ganzen Front kein Panzer mehr der sich irgendwo aus dem Gebüsch wagt.

Das ist kein Hirngespinst oder Traumtänzerei sondern das was bereits jetzt möglich wäre wenn es darauf ankommt. Dagegen kann Russland perspektivisch in den nächsten 20 Jahren genau was ausrichten? Wir sind nicht völlig unverwundbar, aber unsere Schlagkraft übersteigt die russischen Möglichkeiten etwas dagegen zu unternehmen um ein vielfaches.

Und Teil dieser Realität ist auch, das wir hinter der Luftwaffe nicht die allergrößten Panzerarmeen benötigen um die gegnerische Überreste beiseitezuschieben. Aus dieser Erkenntnis folgt aber kein ‚hurra wir benötigen keine Panzer mehr, leichte Infanterie ftw‘, sondern es gilt weiterhin die konservative Maxime, möglichst viel Vielseitigkeit mit möglichst großen Schutz dank technologischer Überlegenheit und Substitution durch Technik ins Feld zu bringen. Und das ist im symmetrischen Krieg dann nicht der Jäger sondern der Grenadier. Ob es jetzt immer die schwersten IFVs sein müssen oder ob nicht auch mittlere Kräfte ausreichen bzw. effizienter sein können ist nochmal eine Diskussion für sich, der Schwerpunkt azf dem Notnagel-Jäger mit dem Light Tactical wäre jedoch eine Fehlentwicklung.
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Luftmobilität - von Quintus Fabius - 29.11.2020, 22:13
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 29.11.2020, 22:23
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RE: Luftmechanisierung / Luftlandetruppen - von Nightwatch - 24.05.2023, 11:36
RE: Luftmobilität - von Quintus Fabius - 20.02.2024, 23:04
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 08.04.2021, 21:42
RE: Raketenartillerie - von Nelson - 09.04.2021, 17:32
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 10.04.2021, 19:28
RE: Raketenartillerie - von lime - 10.04.2021, 21:29
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 10.04.2021, 23:14
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 10.04.2021, 23:56
RE: Raketenartillerie - von OG Bär - 11.04.2021, 00:27
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RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 11.04.2021, 11:56
RE: Raketenartillerie - von Helios - 11.04.2021, 14:29

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