Russische Einmischung in die deutsche Innenpolitik
#31
(04.02.2022, 20:12)Quintus Fabius schrieb: Exakt das war meine Eingangsausage: es sind eben nicht alle gleich.

Und die ist als Replik auf meine Aussage, dass es einen Gleichheitsgrundsatz braucht und die Behörden im Zuge dessen die Ausstrahlung untersagen mussten halt falsch. Natürlich sind in dem Punkt alle gleich, haben sie keine Lizenz, dürfen sie nicht senden, senden sie trotzdem, müssen sie mit Konsequenzen rechnen. Es wäre lächerlich gewesen, wenn man RT DE erlaubt hätte, gegen die Anforderungen zu verstoßen nur um der Mythenbildung keinen Vorschub zu leisten.

Und auf diesen Punkt wollte ich eigentlich hinaus, deshalb will ich hier mit der Mediendiskussion gar nicht groß weiter machen, weil das den Fokus auf einen völlig falschen Aspekt lenkt und der von Russland gesteuerten Propaganda nur Vorschub leistet. Auch deine Argumentation dient dem Feind, um es mal in deinem Sprech auszudrücken.

Das Verbot von RT DE war ein reiner Verwaltungsakt, der zeitlich mit dem aktuellen Weltgeschehen korreliert und dadurch eine Kausalität suggeriert, die nicht existiert, weil Russland genau das so wollte. Man hat bewusst die lineare Ausstrahlung von RT DE Ende letzten Jahres ohne Sendelizenz auf den Weg gebracht, wissend, dass die deutsche Seite das entweder so akzeptieren wird, oder über ein Verfahren für ein Verbot sorgt. Beides lässt sich perfekt propagandistisch nutzen, so wie das bisher auch geschehen ist.

Wenn wir hier jetzt nun darüber diskutieren, ob es sinnvoll oder richtig war die lineare Ausstrahlung von RT DE zu verbieten, unterstellen wir, dass dies ein politischer Akt war. Und wer profitiert nun davon, wenn sich eine politische Motivation festsetzt?

Aus dem Grund, und damit komme ich wieder zum Anfang, betonte ich die rein verwaltungstechnische und juristische Notwendigkeit des Verbots, völlig unabhängig davon, um wen es geht oder was dieser sendet.

Zitat:Letzlich sage ich damit nichts anderes, als dass diese Bundesrepublik darin versagt den Bürgern die notwendige Bildung und Medienkompetenz zu vermitteln und dass sie in der Frage der Gegeninformation wie auch der richtigen Information ihrer Bürger versagt. Dass die Menschen informiert werden statt sich zu informieren und dass ihnen die Befähigung für den kritischen Umgang mit Informationen fehlt ist die Schuld des Staates und resultiert aus dessen negativen Menschenbild.

Das passt für mich aber nicht zusammen, auf der einen Seite kritisierst du fortlaufend den Nanny-Staat aufgrund seiner Bevormundung, auf der anderen Seite forderst du den Staat auf, für eine entsprechende Bildung und Medienkompetenz zu sorgen. Die entsprechenden Möglichkeiten sind vorhanden und können genutzt werden, auch unabhängig von einem linearen RT DE. Und auch wenn ich sehr dafür bin, in der Schule viel mehr Grundlagen statt einfach nur "Wissen" zu vermitteln (was du ja erwähnt hast), so fällt es mir schwer, fehlende Freiheit und Eigenverantwortung mit einer ständigen Schuldübertragung auf den Staat zu erklären. Denn dadurch wird das Menschenbild willkürlich, alles Negative lässt sich dem Staat oder dem Versagen des Staates anlasten, während das Positive für die eigene Kraft steht. Aber ich trenne auch Staat und Gesellschaft nicht in einem Maße, wie du das machst. Insofern kommen wir hier einfach nicht zusammen.

Deine Erklärung, die du einen Beitrag später dazu noch gegeben hast, finde ich im gleichen Maße nicht überzeugend (ohne das hier jetzt weiter ausführen zu wollen): "Je stärker und fester von sich überzeugt die eigene nationale Identität ist, je fester und stärker der politische Mythos ist, desto weniger bedarf es des Staates überhaupt, da die vielen Unsicherheiten welche den Staat zur Befriedigung seines Sicherheitsbedürfnisses herbei rufen gar nicht erst existieren. (...) Und den Deutschen dies beizubringen wäre gerade eben kein Nanny-Staat, da dass was da eigentlich sein müsste eben nicht ist"

Zitat:Als ob die Menschen kein Englisch könnten.

Also ich kenne aus dem persönlichen Umfeld mehr Menschen, die kein Englisch sprechen, als solche, die Englisch sprechen. Aber das ist vielleicht auch nur eine Frage des Milieus.
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#32
(05.02.2022, 10:59)Helios schrieb: Man hat bewusst die lineare Ausstrahlung von RT DE Ende letzten Jahres ohne Sendelizenz auf den Weg gebracht, wissend, dass die deutsche Seite das entweder so akzeptieren wird, oder über ein Verfahren für ein Verbot sorgt. Beides lässt sich perfekt propagandistisch nutzen, so wie das bisher auch geschehen ist.
Zugleich ist das auch ein willkommener Anlaß, das russiche Programm der Deutsche Welle abzuschalten und den Journalisten vor Ort ihre Arbeit zu untersagen. Solche Drohungen gab es bereits länger. So setzt sich der Niedergang der Pressefreiheit in Russland also zielgerichtet fort, auch wenn ohnehin nur noch kleine Reste verblieben sind. Umso schwerer wiegt das Ende für DW Russisch - wenn die Bundesregierung in den nächsten Tagen & Wochen nicht noch Einfluß nehmen kann, was durchaus im Bereich des Möglichen liegt.

Rußland benötigt RT Deutsch offensichtlich ganz besonders genau jetzt in der Hochphase der Anspannung, was ebenfalls eine Erklärung ist, warum RT Deutsch nun live ging und sich der Abschaltung widersetzt.
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#33
RT und DW sind am Ende beides Propagandasender. Nur die Systeme dahinter sind eben unterschiedlich.
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#34
Werter Schneemann:

Wir wäre es wenn wir uns auf Kosakensender einigen würden, da (Klugscheißmodus an) die Kalmücken überwiegend russen-feindliche Westmongolen sind, welche im Zweiten Weltkrieg reihenweise in den Reihen der Waffen SS kämpften (unter anderem) (Klugscheißmodus aus). Kosakensender passt auch sonst viel besser (wenn man sich ein wenig mit den Kosaken und deren Einstellung auskennt) Wink

Meiner Meinung nach ist so eine Vernetzung in Wahrheit unproblematisch, denn wer das sehen will, findet es ohne jedes Problem in weniger als 2 Sekunden auch so.

Helios:

In Medienrecht kenne ich mich viel zu wenig aus. Meiner rein privaten Ansicht nach ist aber der eingeschlagene Weg untauglich, weil er eben nicht dazu führt, dass RT Deutsch auch nur ernsthaft eingeschränkt wird.

RT hat schon die Klage angekündigt, die Entscheidung wird also durch Gerichtsääle geschleift. Und man benennt mit diesem spitzfindigen juristischen Weg die Dinge eben nicht beim Namen und kommt sich dabei auch noch sehr geschickt vor. Tatsächlich aber hat die russische Führung uns explizit hier ein Stöckchen hingehalten, und wir hüpfen.

Der Sender hätte schon vor der Ukraine Krise mit allen Mitteln so massiv wie möglich eingeschränkt werden müssen und ebenso das reguläre RT. Auf die aktuelle, nur vermeintlich geschickte Weise ist dies aber nicht einmal praktisch möglich.

Zitat:Man hat bewusst die lineare Ausstrahlung von RT DE Ende letzten Jahres ohne Sendelizenz auf den Weg gebracht, wissend, dass die deutsche Seite das entweder so akzeptieren wird, oder über ein Verfahren für ein Verbot sorgt. Beides lässt sich perfekt propagandistisch nutzen, so wie das bisher auch geschehen ist.

Exak. Ich habe im Übrigen schon gegen RT (den Hauptsender) geschrieben und gewettert, als es RT DE noch nicht einmal gab. Man hätte in Bezug auf RT DE umgehend handeln müssen, also sofort handeln müssen, stattdessen handelt man erst jetzt. Zu langsam, zu spät, und in nicht geeigneter Weise in Bezug auf die Zielsetzung. Wir sind für die aktuelle Form der Informationskriegsführung nicht nur schlecht aufgestellt und kulturell benachteiligt, sondern auch viel zu langsam.

Zitat:Das passt für mich aber nicht zusammen, auf der einen Seite kritisierst du fortlaufend den Nanny-Staat aufgrund seiner Bevormundung, auf der anderen Seite forderst du den Staat auf, für eine entsprechende Bildung und Medienkompetenz zu sorgen.

Bildung ist kein Einschränkung der Freiheit, Medienkompetenz ist keine Verordung, wobei ich mir natürlich sicher bin, dass es diese Bundesrepublik fertig bringen würde dann eine entsprechende Medienkompetenz-Verordnung zu erlassen nebst einer diese überwachenden Behörde .....

Es wäre doch bei dem was mir vorschwebt eben nicht das Ziel den Deutschen etwas aufzuoktroyieren, sondern ihnen Fähigkeiten zu vermitteln die sie auch gegenüber dem Staat selbst stärken. Jeder Deutsche sollte so weit wie möglich in Eigenverantwortung, Selbstverantwortlichkeit, Autarkie (im weitesten Sinne) und Eigenständigkeit gefördert werden. Dazu müsste man vor allem bei den Kindern ansetzen. Aber das führt hier jetzt ganz allgemein zu weit weg vom Thema des Stranges.

Dass das alles was ich da schreibe für dich nicht so zusammen passt liegt auch meiner Einschätzung nach daran, dass wir sehr unterschiedliche Vorstellungen von Staat und Gesellschaft haben, und wie diese zueinander im Verhältnis stehen, wie du es ja treffend beschrieben hast.

fällt es mir schwer, fehlende Freiheit und Eigenverantwortung mit einer ständigen Schuldübertragung auf den Staat zu erklären. Denn dadurch wird das Menschenbild willkürlich, alles Negative lässt sich dem Staat oder dem Versagen des Staates anlasten, während das Positive für die eigene Kraft steht. Aber ich trenne auch Staat und Gesellschaft nicht in einem Maße, wie du das machst.

Mein Menschenbild ist keineswegs willkürlich, es dürfte sogar ausgesucht starr sein. Im übrigen laste ich keineswegs alles Negative dem Staat an, alle eigenen Bereiche interagieren ja miteinander. Das auffällige Versagen der Bundesrepublik als Staat in der letzten Zeit ist für mich daher auch mehr ein Symptom als eine Ursache. Es resultiert aus Veränderungen in der Sozialkultur und Veränderungen in der Gesellschaft, welche wiederum aus einem ganzen Faktorenbündel heraus resultieren. Nun kann, vielmehr könnte der Staat natürlich auch Einfluss auf die Kultur nehmen, und da entsteht in Bezug auf meine ideologische Auffassung dann das eigentliche Paradoxon, weil ich einen solchen Einfluss ebenso nicht gut heißen würde. Von daher kann ich gegen die sozialkulturelle Grundströmung auch keine wirkliche vollständige Lösung anbieten.

Beschließend sollte ich noch anmerken, dass es für mich ja nicht nur Staat und Gesellschaft, sondern auch die Nation und ich diese drei Teile eben nicht als Seiten eines ganzen, sondern scharf voneinander getrennte Entinitäten betrachte.

Zitat:weil das den Fokus auf einen völlig falschen Aspekt lenkt und der von Russland gesteuerten Propaganda nur Vorschub leistet. Auch deine Argumentation dient dem Feind, um es mal in deinem Sprech auszudrücken.

Der letzte Satz ist ein sehr interessanter Gedanke den ich so noch nicht hatte. Aber der Feind ist bereits der Feind, was für eine Rolle, was für eine Wirkung sollte also meine Argumentation dahin gehend haben?

Der Feind wird seine Bevölkerung gegen uns manipulieren, völlig gleich ob ich ihn öffentlich als Feind bezeichne oder nicht. Das ist auch eine Frage der aktuellen Technologie und ihrer Möglichkeiten und ganz allgemein unterschätzt man meiner Meinung nach wie sehr die bloße Technik hier an sich die Ursache ist (und wie weitgehend die Kultur die einzige nachhaltige Lösung auf diese Problemstellung wäre).

Wenn wir den Feind nicht öffentlich / offen angehen, wird es trotzdem ganz genau gleich laufen. Oder verstehe ich deine Aussage falsch? Wie meinst du dies, dass meine Argumentation dem Feind dienlich sei ?

PS: hab mal nachgeschaut und das erste mal habe ich schon 2004 rum Russland als Feind der Zukunft bezeichnet, da haben alle noch davon geredet, dass Russland sich in den nächsten zwei Dekaden vollständig in den Westen integrieren wird. Aber da redeten auch noch die meisten davon, dass Afghanistan die Schweiz von Zentralasien wird ......
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#35
@Quintus
Zitat:Werter Schneemann:

Wir wäre es wenn wir uns auf Kosakensender einigen würden, da (Klugscheißmodus an) die Kalmücken überwiegend russen-feindliche Westmongolen sind, welche im Zweiten Weltkrieg reihenweise in den Reihen der Waffen SS kämpften (unter anderem) (Klugscheißmodus aus). Kosakensender passt auch sonst viel besser (wenn man sich ein wenig mit den Kosaken und deren Einstellung auskennt)
Jaha...du hast natürlich rein formal-geographisch betrachtet recht. Rolleyes

Ich dachte bei der Wahl der Formulierung auch eher Alfred Tetzlaff (falls den noch wer kennt...).

Abgesehen davon: Dennoch denke ich, dass wir nicht auch noch extra dieses Medium demonstrativ verlinken sollten (auch wenn das nur als Beispiel deinerseits zu deuten war); dass die Erreichbarkeit eh noch über eineinhalb Ecken gewährleistet ist, macht es ja nicht besser.

@lime
Zitat:RT und DW sind am Ende beides Propagandasender. Nur die Systeme dahinter sind eben unterschiedlich.
Sorry, nein. Wenn ich alles nur alleine und überspitzt auf diese Logik herunterbrechen würde, kann ich gleich n-tv mit al-Manar vergleichen und das würde keinerlei Sinn ergeben. Ich kann auch Äpfel nicht mit Orangen vergleichen, obwohl beides unter Obst läuft...

Ich sagte auch hier schon einmal, dass jede Medienanstalt quasi eine Art Agenda hat, aber es ist immer noch ein sehr deutlicher Unterschied, ob es eine Medienanstalt eines demokratischen Staates ist, die bestimmten Kontrollregularien unterliegt und die sich auch mit ihr gegenüber kritisch eingestellten Medienhäusern auseinanderzusetzen hat (die sie also somit auch kontrollieren), oder eben ob es ein Medium einer Autokratie ist, das faktisch eine unkontrollierte freie Bahn hat, solange es sich nicht kritisch gegen ihr jeweiliges staatliches Regime wendet.

@Ottone
Zitat:Rußland benötigt RT Deutsch offensichtlich ganz besonders genau jetzt in der Hochphase der Anspannung, was ebenfalls eine Erklärung ist, warum RT Deutsch nun live ging und sich der Abschaltung widersetzt.
Das habe ich mir auch schon überlegt. Allerdings waren die Desinformationen seitens RT und seiner Vorläufer auch schon früher, teils sogar vor der Ukraine-Krise, berüchtigt. Wirklich neu ist das Drama also nicht.

Anbei (von DW):
Zitat:MEDIENFREIHEIT

Deutsche Welle und RT DE - Auslandsrundfunk im Medienkrieg

Das deutschsprachige Programm von RT darf in Deutschland nicht senden, Russland schließt die DW. Warum nicht vergleichbar ist, was ähnlich aussieht. [...] Es gibt bedeutende Unterschiede sowohl in den jeweiligen Vorgängen wie auch bezüglich der beiden Auslandsmedien selbst. [...]

Nach den historischen Erfahrungen der Nazi-Diktatur ist die deutsche Medienlandschaft darauf ausgelegt, den Durchgriff und die Kontrolle der Mächtigen auf Zeitungen, Rundfunk, Onlinemedien zu verhindern.

Sowohl die Deutsche Welle als auch RT, vormals Russia Today, sind staatlich finanzierte Auslandssender. Damit die Deutsche Welle staatsfern arbeitet und journalistischen Standards folgt, ist sie keine Unterabteilung des Bundespresseamtes. Sie ist öffentlich-rechtlich organisiert. Das bedeutet: Das Geld kommt zwar aus dem Bundeshaushalt. Aber rechenschaftspflichtig ist der Intendant ausschließlich dem DW-Rundfunkrat gegenüber, der ihn auch wählt. Für sechs Jahre. Und auch wenn in Deutschland die Regierung wechselt, wie kürzlich, bleibt der Intendant im Amt.

17 - ehrenamtliche - Mitglieder umfasst der Rundfunkrat: Vertreter der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften, der Kirchen und auch der politischen Parteien. Sie wachen darüber, dass Deutschlands Auslandsrundfunk dem Auftrag des DW-Gesetzes folgt, nämlich "deutschen und anderen Sichtweisen zu wesentlichen Themen vor allem der Politik, Kultur und Wirtschaft sowohl in Europa wie in anderen Kontinenten ein Forum geben mit dem Ziel, das Verständnis und den Austausch der Kulturen und Völker zu fördern". [...]

Zwar heißt es auch auf der englischen Webseite von RT: "RT ist eine autonome, gemeinnützige Organisation, die öffentlich aus dem Haushalt der Russischen Föderation finanziert wird." Viel mehr gibt die Webseite über RT nicht preis: nicht über das Budget, nicht über die Struktur, nicht über irgendwelche Aufsichtsgremien. [...] Schon 2013 erklärte der russische Präsident, dass RT "nicht umhin kann, die offizielle Position der russischen Regierung zu den Ereignissen in unserem Land und dem Rest der Welt wiederzugeben". [...] In Russland müssen sich ausländische Korrespondenten akkreditieren - ein oft intransparenter Genehmigungsprozess. In Deutschland kann RT DE ohne Akkreditierung Journalisten und Reporter einstellen.

Die Schließung des DW-Büros in Moskau und das Ende der DW-Ausstrahlung in Russland wurde umgekehrt vom russischen Außenministerium verkündet. Als eindeutig politische Aktion. Russland reagiere damit auf die "unfreundlichen Handlungen der Bundesrepublik Deutschland" gegenüber RT DE, hieß die Begründung.
https://www.dw.com/de/deutsche-welle-und...a-60662385

Schneemann
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#36
Schneemann:

Zitat:dass die Erreichbarkeit eh noch über eineinhalb Ecken gewährleistet ist, macht es ja nicht besser.

Der ist eben nicht über eineinhalb Ecken verfügbar, sondern weiterhin das erste Suchergebnis bei Google wenn du entsprechend Russia Today Deutsch eingibst.

Das ist doch gerade eben der Punkt: das Verbot ist untauglich. Es führt zu rein gar nichts, der Sender sendet einfach weiter und was will man nun dagegen konkret tun? Das Verbot wird jetzt erstmal monatelang durch die Gerichtssääle geschleift was weitere Vorteile für Russland bietet.

Das ist doch der wichtigste Punkt den ich hier kritisiere auf den irgendwie niemand eingeht: dass die Art und Weise des Verbotes nicht nur zu langsam und zu spät war, sondern auch das sie praktisch untauglich ist.
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#37
(06.02.2022, 13:03)Quintus Fabius schrieb: Das ist doch der wichtigste Punkt den ich hier kritisiere auf den irgendwie niemand eingeht: dass die Art und Weise des Verbotes nicht nur zu langsam und zu spät war, sondern auch das sie praktisch untauglich ist.

So weit ich das verstanden habe, hatte ja auch niemand vor, ein wirksames Verbot durchzusetzen, sondern es wurde lediglich ein formales Verfahren vollzogen ohne eine explizite Absicht über die Einhaltung geltenden Rechts hinaus.
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#38
(05.02.2022, 20:08)Quintus Fabius schrieb: In Medienrecht kenne ich mich viel zu wenig aus. Meiner rein privaten Ansicht nach ist aber der eingeschlagene Weg untauglich, weil er eben nicht dazu führt, dass RT Deutsch auch nur ernsthaft eingeschränkt wird.

Genau das scheint aber doch kaum jemand zu verstehen, darum geht es nicht. Es geht darum, dass RT DE ohne Lizenz gesendet hat, und dass dies nun unterbunden wird. Diese ganze Diskussion um "Einschränkung der Pressefreiheit", "Längst überfälliger Schritt zur Eindämmung der Propaganda" und "Nicht ausreichend, um das Problem wirklich zu bekämpfen" geht von der falschen Annahme aus, dass dies ein politisch motivierter Prozess war. Gerade die Art und Weise und die sich daraus ergebenen Konsequenzen, machen aber klar, dass dies nicht der Fall ist.

Zitat:Der Sender hätte schon vor der Ukraine Krise mit allen Mitteln so massiv wie möglich eingeschränkt werden müssen und ebenso das reguläre RT. Auf die aktuelle, nur vermeintlich geschickte Weise ist dies aber nicht einmal praktisch möglich.

Vielleicht habe ich mich da etwas falsch ausgedrückt, natürlich ist es nicht geschickt mittels so einem Verfahren die Propaganda zu unterbinden, aber genau um solch ein politisches Verfahren geht es in diesem Fall gar nicht. Und wenn man dies dementsprechend außen vor lässt, ist es durchaus geschickt, es gar nicht erst zu einem zu machen, weil dadurch nämlich die Argumentation Russlands völlig ins Leere läuft. In der Gesamtheit mag das keine Relevanz haben, aber nicht einmal um diese Gesamtheit geht es ja in dem Verfahren.

Was du beschreibst muss man davon losgelöst sehen, weil es um den politischen Umgang mit RT bzw. RT DE geht. Vielleicht hat man da viel zu lange zugeschaut, vielleicht hätte man da früher etwas unternehmen müssen, vielleicht muss das jetzt geschehen - alles legitime Diskussionspunkte. Und sie in das jetzige Verbot hinein zu interpretieren mag aus einer gewissen Verzweiflung mit den Handlungen des Staates verständlich sein, ist aber falsch, eben weil es (wie dargelegt) nicht darum geht.

Zitat:Der letzte Satz ist ein sehr interessanter Gedanke den ich so noch nicht hatte. Aber der Feind ist bereits der Feind, was für eine Rolle, was für eine Wirkung sollte also meine Argumentation dahin gehend haben?

Sie dient der Propaganda. Jeder, der in diesen Verwaltungsakt ein politisches Motiv hineininterpretiert, unterstützt die russische Sichtweise, dass es sich um einen politischen Akt handelt, und verstärkt damit die Möglichkeit Russlands, diesen zur Rechtfertigung eigener politischer Akte zu verwenden. Das ist natürlich in Bezug auf dich persönlich vollkommen überdramatisiert, klar.

Zitat:PS: hab mal nachgeschaut und das erste mal habe ich schon 2004 rum Russland als Feind der Zukunft bezeichnet, da haben alle noch davon geredet, dass Russland sich in den nächsten zwei Dekaden vollständig in den Westen integrieren wird.

Tja, soll ich jetzt schreiben, dass ich dir ein Jahr zuvor kam? Wink Ernsthaft, jede Zukunftsprognose ist doch immer auch eine Frage von Hoffnung und Wunschdenken, und ein solches war doch zumindest eine Zeitlang ja auch durchaus berechtigt. Ich halte auch immer noch engere Beziehungen zu Russland für einen wichtigen und notwendigen Schritt in der europäischen Sicherheitspolitik, allein wird es mit diesem Russland und dieser politischen Riege (und damit meine ich nicht nur den Dunstkreis von Putin selbst) nicht gelingen.
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#39
Ich muss mich ja glattwegs entschuldigen - ich hatte es schlicht und einfach tatsächlich nicht verstanden. Das Narrativ soll also sein, dass das Verbot jetzt völlig unabhängig von allem anderen rein formalbürokratische Gründe hat und einfach nur den formaljuristischen Umständen geschuldet ist. Darauf muss man erst mal kommen und ich bezweifle, dass irgendjemand dieses Narrativ glauben wird, weder unsere Verbündeten noch unsere Gegner, noch neutral Zaungäuste noch wir selbst.

Wenn aber niemand dieses Narrativ glaubt, wird die russische Sichtweise nun in jedem Fall unterstützt, und dies selbst dann, wenn das Narrativ tatsächlich war ist. Selbst wenn es also so ist, so ist das Ergebnis dennoch, dass die russische Sichtweise unterstützt wird.

Zitat:Ernsthaft, jede Zukunftsprognose ist doch immer auch eine Frage von Hoffnung und Wunschdenken, und ein solches war doch zumindest eine Zeitlang ja auch durchaus berechtigt.

Wohl wahr. Die Frage ist dann halb aber auch immer, was für ein Wunschdenken man hat. Meines weicht ganz sicher sehr weitgehend von dem ab was allgemein vorherrschend ist.

Zitat:Tja, soll ich jetzt schreiben, dass ich dir ein Jahr zuvor kam?

Wir kommen erstaunlich oft zu gleichen oder ähnlichen Ansichten, und das teilweise von vollständig unterschiedlichen Richtungen aus.
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#40
(07.02.2022, 00:12)Quintus Fabius schrieb: Darauf muss man erst mal kommen und ich bezweifle, dass irgendjemand dieses Narrativ glauben wird, weder unsere Verbündeten noch unsere Gegner, noch neutral Zaungäuste noch wir selbst.

Aus meiner Perspektive gibt es keinen Grund daran zu zweifeln. Das lineare Programm ging im Dezember 2021 auf Sendung, unmittelbar danach begann der übliche Prüfprozess, der auch in der Vergangenheit bei anderen Fällen eingeleitet wurde, durch die Landesmedienanstalt Berlin/Brandenburg. Nach den vorgeschriebenen Anhörungen sagte man ein Ergebnis bis Ende Januar/Anfang Februar zu, was ja nun auch entsprechend eingetreten ist.

Zitat:Wenn aber niemand dieses Narrativ glaubt, wird die russische Sichtweise nun in jedem Fall unterstützt, und dies selbst dann, wenn das Narrativ tatsächlich war ist. Selbst wenn es also so ist, so ist das Ergebnis dennoch, dass die russische Sichtweise unterstützt wird.

Dann sollten wir an das Narrativ glauben, und dafür sorgen, dass die anderen es auch tun. Wink

Zitat:Wir kommen erstaunlich oft zu gleichen oder ähnlichen Ansichten, und das teilweise von vollständig unterschiedlichen Richtungen aus.

Eine bessere Bestätigung, nicht sich selbst zum Opfer zu fallen, gibt es kaum.
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#41
Na ja, wir sind nur zwei, gleich und gleich gesellt sich gern und auch dieses Forum ist eigentlich zu homogen. Früher war das ja noch deutlich anders - aber diese Entmischung seit Jahren ist ja auch sonst überall in allen Foren zu beobachten.

Nun ist also RT DE aufgrund formalbürokratischer Prälimenarien verboten. Es sendet aber weiter, Journalisten dieses Senders gehen rotzdreist auf die Bundespressekonferenz, die entsprechende GmbH in Berlin ist weiter geöffnet.

Umgekehrt sendet die DW in Russland nicht mehr, sind Mitarbeiter der DW dort keine Journalisten mehr und dürfen keine Staatsgebäude mehr betreten etc.

Also mal weg von der allgemeinen Debatte um das Narrativ hin zur praktischen Frage, was nun in Bezug auf das Verbot unternommen werden soll ?! Wenn der Sender jetzt verboten ist, warum geschieht nun nichts und was könnte man sofort ad hoc unternehmen ?

Nach Telekommunikationsgesetz könnte man meinem Verständnis nach sofort eine Strafe von 500.000 Euro verhängen und weil eine Ordnungswidrigkeit vorliegt mittels entsprechender Übertragung von Befugnissen der Strafprozessordnung dann die Räume der GmbH durchsuchen, die Privatwohnungen deren Mitarbeiter, entsprechende ausländische Staatsangehörige zu unerwünschten Personen erklären, ihnen die Visa sofort nehmen, entsprechende Deutsche in Erzwingungshaft, Untersuchungshaft und/oder Gewahrsam nehmen usw, solche Maßnahmen meine ich.

Also aktives Handeln um gegen RT vorzugehen, statt einfach ein Verbot auszusprechen und dann ansonsten rein gar nichts zu tun.

Warum handeln wir also jetzt nicht und / oder warum sind wir so langsam ?!
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#42
Klar fehlen hier einige Perspektiven, insbesondere auch solche aus dem Ausland (oder mit ausländischem Hintergrund), trotzdem haben wir hier doch eine erstaunliche heterogenität, wenn man das mal mit anderen "Blasen" im Internet so vergleich. Und wir beide haben wohl abseits vom gleichen Grundinteresse und gegenseitigem Respekt in vieler Hinsicht so ganz andere Ansichten hinsichtlich Staat, Gesellschaft, selbst von so Begriffen wie "Freiheit".

(07.02.2022, 08:38)Quintus Fabius schrieb: Warum handeln wir also jetzt nicht und / oder warum sind wir so langsam ?!

Ich weiß nicht, welche rechtlichen Möglichkeiten RT DE hat und was davon einen aufschiebenden Charakter besitzt, insbesondere, weil der Standpunkt der Produktionsfirma ja ist, dass sie nicht der Anbieter sind und daher keine Verantwortung tragen. Auch wenn das leicht durchschaubar ist, man wird da juristisch vermutlich recht vorsichtig vorgehen.
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#43
Zur Erinnerung und Verdeutlichung: RT Deutsch und seine GmbH mach(t)en mehr als Live TV, und nur darum geht es hier beim Thema Zulassung/Lizenz. Es geht also nicht darum, "RT Deutsch zu verbieten", sondern nur darum RT Deutsch keine Lizenz fürs Fernsehen in Deutschland zu erteilen. Textbeiträge, abrufbare Videos, Webseite, journalistische Tätigkeiten, Mitarbeiter, Büro, GmbH sind nicht in Frage gestellt.

RT selbst hat in Deutschland gar keine Zulassung für Fernsehen beantragt. Zuerst hat man es stattdessen erfolglos Hintertür 1 über Luxemburg (ein EU Land) versucht, dann jetzt über Serbien als Hintertür 2. Beides unzulässig und schnell einleuchtend. Der Medienstaatsvertrag untersagt übrigens das umgekehrte Vorgehen gleichermassen, d.h. in Deutschland eine Zulassung zu beantragen um ein anderes Land abzudecken ist ebenso nicht drin.

Im Gegensatz dazu hat Russland der DW Russisch den Stecker komplett gezogen, und eine Einstufung als ausländischer Agent soll alsbald folgen. Aber warten wir die Ergebnisse der Diplomatie ab, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Das anzurufende Gericht in Moskau hingegen findet sicher eine gute Begründung, weshalb eine erteilte und gültige Rundfunklizenz von hier auf jetzt entzogen werden kann. Da ist entsprechend kein Grund für Hoffnung zu suchen. Unterm Strich ist das russische Vorgehen geplant und angedroht und dient offensichtlich dazu, die (qualitativ gute) Deutsche Welle endlich loszuwerden.

"Medienkrieg" trifft es präzise, und dieser wird von klar einer Seite geführt und forciert.
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#44
Ergänzend könnte man noch anmerken, dass RT es auch in Österreich versucht hat.

Zitat:Es geht also nicht darum, "RT Deutsch zu verbieten", sondern nur darum RT Deutsch keine Lizenz fürs Fernsehen in Deutschland zu erteilen.

Das ist schon klar, aber Fakt ist, dass RT DE ohne Lizenz einfach weiter Fernsehen sendet. Und jetzt ?!

Die haben uns ein Stöckchen hingehalten, wir sind gehupft, sie haben ihren Nutzen daraus gezogen und machen einfach weiter. Aber halt: das Narrativ ist ja, dass es bloß eine formalbürokratische Formalität ist.

Deiner Einschätzung dass es sich in Wahrheit um einen "Medienkrieg" handelt, also einen Anteil der Informationskriegsführung, teile ich vollauf. Nur dass wir auf der anderen Seite das Kämpfen de facto verweigern.
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#45
RT Deutsch wurde aus dem Satelliten Bouquet entfernt.
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