(Land) Einsatz der Bundeswehr in Mali
#73
Allgemein (auch wenn ich einen Satz von Schlingel aus Aufhänger nehme):

Zitat:Man bräuchte fundiertes Hintergrundwissen, wie der Großteil einer Gesellschaft des betreffende Landes zu einem Einsatz (völlig egal, wie man diesen dann nennt) durch westliche Staatenbündnisse steht.

Das Problem hierbei ist, dass sich die Einstellung der jeweiligen Gesellschaften im Laufe der Einsätze meist drastisch verändert. Querschnittlich ist es so, dass man anfangs begeistert ist dass wir kommen, uns da haben will und darauf große Hoffnungen setzt. Diese werden durch die bizarren bis lächerlichen Äußerungen welche wir dann dort tätigen, insbesondere durch die abstrusen Zielsetzungen noch weiter gesteigert, hin ins Unerfüllbare.

Je länger der Einsatz dann geht, desto mehr hassen uns alle, und desto mehr wendet sich die Bevölkerung gegen uns. Das läuft in ganz vielen Einsätzen so und war auch in Afghanistan so. Es wäre also vor allem anderen wesentlich genaue Umstände vorher zu definieren, unter welchen man aussteigt. Die Ausstiegs-Strategie wäre neben sinnvollen und realistischen Zielen eigentlich das wesentlichste, aber beides ist nicht gegeben und dass mit der sich ändernden Einstellung der Bevölkerung zu uns verursacht dann immer erhebliche Probleme.

Zitat:Wenn die Mehrheit der Bevölkerung einer "Stabilisierungsmission" ablehnend gegenübersteht, kann diese nur scheitern.

Wie schon geschrieben ist schon die Idee, der Begriff, das Konzept: Stabilisierung meist völlig unsinnig. Entsprechend verfolgt Frankreich beispielsweise in Wahrheit auch eine abweichende Strategie und rückt diesen Aspekt der Stabilisierung nicht so in den Vordergrund, sondern konkretere Ziele, insbesondere was die aktive militärische Bekämpfung von Terroristen angeht. Dabei hat man rein militärisch auf der taktischen und operativen Ebene immens viel größere Ambitionen als wir, aber umgekehrt auf der strategischen Ebene viel realistischere, deutlich bessere - weil bescheidenere und deutlich begrenztere Ambitionen. Es ist diese Frage der Ambition der Ziele auf der jeweiligen Ebene die entscheidend ist.

Die Hybris der westlichen Politiker ist einfach nur noch bizarr. Man sehe sich einfach mal den Kosovo an und mit was für einem extremen Aufwand man in einem derart kleinen Land wie wenig erreicht hat. Aber nun will man unter deutlich ungünstigeren Umständen mit viel weniger in viel größeren Ländern sehr viel mehr erreichen. Das kann nicht funktionieren und würde nicht einmal dann funktionieren, wenn die Bevölkerung mehrheitlich durchgehend für uns wäre.

Selbst wenn die Bevölkerung als einer "Stabilisierungsmission" wohlwollen gegenüber stünde, nützt das nicht zwingend - und ist nur ein Faktor von mehreren. Natürlich ist die Ausgangslage dann eine viel bessere, aber trotzdem kann man seine Stabilisierung ganz leicht in den Treibsand setzen. Afghanistan ist ein Musterbeispiel dafür, da war die Bevölkerung in unserem Gebiet die ersten Jahre mehrheitlich absolut für die Stabilisierungsmission, und dann änderte sich dass immer mehr und mehr zum negativen.

Dazu sollte man halt auch berücksichtigen, dass ein Gros der Bevölkerung immer nur Zaungäste sind, die aus bloßem Opportunismus handeln, in Bezug auf ihre jeweiligen ganz kleinen beschränkten Zielsetzungen und dass sie Getriebene von Minderheiten sind. Die Minderheit also bestimmt ob die Mehrheit der Bevölkerung eine "Stabilisierungsmission" gut heißt oder nicht.

Bleiben wir mal in Mali: dort arbeiten viele den Terroristen zu, einfach weil diese ansonsten deren Vieh abknallen. Viele Familien entsenden zudem intentional einen ihrer Söhne zu den Terroristen als Kämpfer, nicht weil sie deren Ziele gutheißen, sondern nur damit ihr Vieh dadurch geschützt wird. Und wir faseln von der Implementierung von Frauenrechten und Gendergerechtigkeit in Mali, gekühlten Zelten für Hubschrauber und wie die Demokratie dort auf magische Weise alles lösen wird, wenn nur alle wählen, weil dann irgendwelche Einhörner vom Himmel kommen und die realen praktischen Probleme der Menschen dort lösen werden.

Trotzdem war anfangs eine Mehrheit der Bevölkerung für uns. Und ist auch dort das im Laufe der Zeit erodiert, einfach weil die einfachen Menschen dort weder dumm sind noch ignorant, sondern dann mehr und mehr mit eigenen Augen sehen, wie unfähig, bräsig, und ineffektiv wir sind und wie wenig wir ihnen irgend etwas substanzielles außer unseren potemkinschen Dörfern und Phantasievorstellungen bieten können.
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RE: Einsatz der Bundeswehr in Mali - von Ottone - 28.06.2021, 19:37
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