(Land) Mittlere Kräfte
voyageur:

Zitat:Das Läuft nicht die Aus- und Weiterbildung eine Infanterie, Kavallerie, Artillerie oder Pioniersoldaten ist zu unterschiedlich. Die heutzutage notwendige Ausrüstung (Simulatoren usw) zu gross zu teuer, und reden wir gar nicht von qualifizierten Ausbildern.

Ich teile deinen Gedanken hier, und auch dies ist für mich ein Argument für Divisionen anstelle von Brigaden. Denn bei einer Brigade bleibt aufgrund der geringeren Größe gar nichts übrig als auch die Untereinheiten jeweils kleiner anzusetzen. Und wenn dann Kampfgruppen daraus bereits im Friedensbetrieb organisch zusammen stelle, entstünde exakt die von dir hier ausgeführte Problematik. Eine Division aber hat weil sie größer ist dieses Problem in einem viel geringeren Umfang.

Zitat:Allerdings müssen sie regelmäßig miteinander üben, nahe der Garnisonen liegende Manövergelände sind extrem wichtig

Das kann man gar nicht genug betonen. Es gibt viel zu viel Simulation, und viel zu wenig echte Manöver, insbesondere echte Manöver ganzer Großkampfverbände. Eine Division die nicht im Friedensbetrieb regelmässig geschlossen ins Manöver geht ist meiner Meinung nach für den Echtbetrieb deutlich ungeeigneter.

Das wäre übrigens ein Argument für Brigaden: diese können im Friedensbetrieb leichter, einfacher und öfter im Manöver üben.

Zu den Manövergeländen sei noch angemerkt, dass diese zumindest in Deutschland sowohl vom realen Kriegsraum Osteuropa deutlich abweichen, als auch von der Realität der Umgebung hier in Mitteleuropa. Wir bräuchten wieder deutlich mehr Manöver mitten in der Bevölkerung, in realer Umgebung so wie sie nun einmal vorhanden ist. Dazu müssten auch unbedingt Verlegeübungen nach Osteuropa gehören.

Bei einer solchen Verlegeübung nach Polen einer kompletten Division mit allem drum und dran würde sich sehr schnell feststellen lassen, woran und auf welche Weise genau es hakt, und würde gewaltig haken. Ohne echte Übungen in der Realität wird man im Ernstfall schon an der Verlegung scheitern, bzw. wird diese viel zu lange dauern.

Um das zu mittleren Kräften zurück zu führen: wenn man denn solche Kräfte will, deren primäre Stärke ihre strategische und operative Mobilität ist, und dies bei mehr Kampfkraft / mehr Panzerschutz als leichte Infanterie und dies auf eigenen Rädern - sind Verlegeübungen mittlerer Kräfte von alles entscheidender Bedeutung.

Bataillonskampfgruppen / Regimenter mittlerer Kräfte können aber solche Übungen öfter und viel leichter durchführen als ganze Brigaden mittlerer Kräfte. Und auch im Ernstfall wäre ihre Mobilität größer, um aber diesen, ihren wesenltichsten Vorteil wirklich ausspielen zu können, müssen sie schon im Friedensbetrieb so viel praktisch real üben wie möglich und als wesentliche Manöverübung auch oft und unregelmässig aus eigener Kraft möglichst weit verlegen.
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Broensen:

Zitat:
Zitat:Deshalb wäre meine Schlussfolgerung daraus, dass man auf kompakte Divisionen setzen sollte, mit kleineren und von allem nicht passenden befreiten Brigaden.

Ich gehe dabei noch einen Schritt weiter und trenne die Kräftekategorien entsprechend auf. Eine Konzentration aller schweren Teile der Division innerhalb ihrer Brigaden macht die Division nochmal mobiler, während es bei den Brigaden keinen echten Unterschied macht, ob noch ein paar schwere Fahrzeuge mehr zu transportieren sind. Baut man Divisionstruppen von vornherein konsequent als mittlere Kräfte auf, so hilft das enorm dabei, die Division an sich besser verlegbar zu gestalten, weil auf gewisse Transportkapazitäten gänzlich verzichtet werden kann und entsprechende Einschränkungen bei der Verlegung ganz außen vor bleiben können.

Das ist in Wahrheit der gleiche Schritt. mit nicht passenden Anteilen meinte ich gerade eben auch, die Brigaden "sortenreiner" zu bekommen, also explizit nicht schwere, mittlere und leichte Kräfte in den Brigaden zu mischen.

Spezifisch für Deutschland (für Frankreich kann und sollte das ganz anders aussehen) bin ich ganz genau so der Meinung, dass die Brigaden entsprechend "sortenrein" aus schweren Einheiten aufgebaut werden.

Das führt zu der Frage, was diese genau sein sollen und wo genau die Artillerie eingezogen wird. Das zu beantworten hängt von ganz vielen Faktoren ab, beispielsweise ob man weiterhin Kampfpanzer und Schützenpanzer bisheriger konventioneller Auslegung andenkt oder nicht usw. Das hatten wir ja alles schon mal ausführlichst.

Im Kontext einer Division sind wir da absolut einer Meinung, dass die Divisionstruppen als mittlere Kräfte auselegt werden sollten bzw. umgekehrt Mittlere Kräfte Teil der Divisionstruppen sein sollten. Auch und insbesondere um die Division damit mobiler und schneller zu machen.
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(06.02.2023, 16:00)Quintus Fabius schrieb:
Zitat:Das Läuft nicht die Aus- und Weiterbildung eine Infanterie, Kavallerie, Artillerie oder Pioniersoldaten ist zu unterschiedlich. Die heutzutage notwendige Ausrüstung (Simulatoren usw) zu gross zu teuer, und reden wir gar nicht von qualifizierten Ausbildern.
Ich teile deinen Gedanken hier, und auch dies ist für mich ein Argument für Divisionen anstelle von Brigaden. Denn bei einer Brigade bleibt aufgrund der geringeren Größe gar nichts übrig als auch die Untereinheiten jeweils kleiner anzusetzen. Und wenn dann Kampfgruppen daraus bereits im Friedensbetrieb organisch zusammen stelle, entstünde exakt die von dir hier ausgeführte Problematik. Eine Division aber hat weil sie größer ist dieses Problem in einem viel geringeren Umfang.

Das wiederum führt für mich zur Konsequenz, dass die Divisionstruppen als Regimenter auszulegen sind, auch wenn auf Divisionsebene eigentlich (mittlere) Bataillone vom Umfang her genügen würden. Diese müssen eben im Regelbetrieb die Kampunterstützungskompanien der Kampfbrigaden entsprechend aufnehmen können, so dass diese einer doppelten Unterstellung unterlägen: truppendienstlich bei ihrem Regiment, operativ bei der Brigade.
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Exakt so sehe ich das auch. Meiner Erinnerung nach hatten wir beide das so schon in etlichen Strukturen abgebildet, so unterschiedlich diese auch sonst waren.
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https://www.bundeswehr.de/de/organisatio...te-5594418

es geht voran...
das Heer hat seine Pläne für die mittleren Kräfte veröffentlicht...
inkl Umstrukturierungspläne für das gesamte Heer.
Zielgröße:
"Künftig soll das Heer über insgesamt
drei kaltstartfähige Divisionen verfügen.
Diese sollen in der Gänze aus
zwei Leichten,
drei Mittleren und
drei Schweren Kampftruppenbrigaden
bestehen. "

also will man in Zukunft 3 mittlere Brigaden aufstellen!
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Noch ein paar Auszüge:

Zitat:Künftig gehört die Jägertruppe zur Kräftekategorie der Mittleren Kräfte.

Jäger werden also keine leichte Infanterie mehr sein, sondern de facto Dragoner auf dem Weg zur reinen Kavallerie.

Was zeichnet die Mittleren Kräfte auf Rad aus? Sie sind hochmobil auf eigener Achse und dennoch durchsetzungsstark, auch im hochintensiven Gefecht.

Das hochintensive Gefecht gegen was für feindliche Kräfte genau .... ?! Denn solche mittleren Kräfte können sich gegen schwere feindliche Kräfte in einem hochintensiven Gefecht nicht behaupten. Sie können aber auch nicht die Aufgaben der Infanterie übernehmen, was das halten von Gelände angeht.

Genau genommen können sie eigentlich einen Mehrwert nur als Panzerkavallerie erzielen, genau das aber sollen sie ja nicht sein, sondern berittene Infanterie (ursprüngliche Dragoner), und sie sollen ja auch weiter explizit als von den Fähigkeiten her hybrider Verband infanteristische Aufgaben übernehmen, wozu sie aber nicht die notwendige Absitzstärke haben. Meiner Einschätzung nach würde es ihnen genau so gehen wie den BTG der Russen in der Ukraine, aus den gleichen Gründen.

Für einen Einsatz als Panzerkavallerie aber sind die für den tatsächlichen Kampf vorgesehenen Verbände als Brigaden wiederum zu groß und zu wenig beweglich und zu sehr auf den Einsatz als Panzergrenadier-Brigaden auf Rad hin ausgelegt:

Zitat:So sollen die Mittleren Kräfte etwa die dringend erforderliche Feuerkraft auf Rädern erhalten, indem die Radfahrzeuge mit schweren Waffentürmen und Haubitzen ausgestattet und neu beschafft werden. In den Brigaden der Mittleren Kräfte werden zukünftig Radschützenpanzer, Radhaubitzen, radbasierte Mörsersysteme, Transportpanzer, radbewegliche Pionierfähigkeiten sowie weitere radbasierte Systeme in allen Truppengattungen vorhanden sein müssen. Denn nur wenn alle Fähigkeiten einer einsatzbereiten Brigade radbasiert vorhanden sind, können die Mittleren Kräfte schnell am richtigen Ort wirksam werden.

Übersetzung: mittlere Kräfte sind im Sinne der Definition der Bundeswehr Panzergrenadiere auf Rad. Wir haben hier also einfach Panzergrenadier-Brigaden auf Rad, die jeder Brigade leichter Infanterie in deren Spezialgebiet ebenso unterlegen sind wie jeder echten schweren Brigade. Damit verschenkt man die Vorteile, die mittlere Kräfte haben könnten.

Zitat:Mittlere Kräfte sind eine neue Kräftekategorie, die ausschließlich auf radbewegliche Gefechtsfahrzeuge baut. Radbewegliche Kräfte zeichnet besonders aus, dass sie entlang von Straßen und Wegen aus eigener Kraft schnell in ein Einsatzgebiet verlegen können.

Bei einer solchen strategischen und/oder operativen Verlegung aus eigener Kraft entstehen jedoch auch jede Menge Probleme, von der Versorgung auf dem Marsch wie im Einsatzraum über die Friktionen bei der Verlegung selbst, über die Frage der Koordination und Führung bis hin zur Frage wohin genau man eigentlich mit was für einem Auftrag exakt verlegt usw. Man überhöht hier meiner Meinung nach diesen Aspekt als Wert für sich selbst.

Meiner rein privaten Meinung nach sind das alles zudem vorgeschobene Worthülsen, um damit den eigentlichen wahren Grund zu verschleiern: man kann sich normale schwere Panzergrenadier-Brigaden auf Kette nicht in der notwendigen Anzahl leisten, also substituiert man sie durch Radpanzergrenadiere. Und damit haben wir hier meinem Verständnis nach eben keine neue Kräftekategorie, sondern nur eine schlechtere Ausführung einer bereits bestehenden. Stichwort Worthülsen:

Zitat: Im Konfliktfall können sie als schnell verlegbarer und zugleich stärker durchsetzungs- und durchhaltefähiger „operativer Türkeil“ die notwendige Zeit zum Einsatz weiterer, vor allem schwerer Kräfte, verschaffen.

Wo und wie genau? Beispielsweise antworteten mir Bundeswehroffiziere (!) darauf in der Art, dass eine solche Brigade dann ins Baltikum verlegt, da schwere Kräfte bei einem russischen Angriff nicht schnell genug da sein könnten. Ernsthaft ?! Die einzige Folge wäre schlussendlich, dass die mittlere Brigade im Baltikum mit eingekesselt werden würde, in der Defensivschlacht dort aber nur einen geringen Wert hätte. Wenn sie überhaupt je dorthin kommen würde.

Mal ernsthaft: wenn wir allen Ernstes die Zeit benötigen welche mittlere Kräfte mit Verzögerung gegen schwere feindliche Verbände heraus holen können, um schwere Kräfte nach "vorne" zu bringen, dann ist die Gesamtlage ohnehin schon ziemlich fragwürdig. Das ist meiner Ansicht nach also eine Idee mit nur sehr geringem praktischen Nutzwert, analog zu Fallschirmjägern und ihren ganzen hochspezialisierten Luftlandeplattformen.

Zitat:Hohe Beweglichkeit ermöglicht schnelle Kräftezusammenfassung und das zügige Verlagern des Schwerpunktes.

Was sie in Brigadestärke eher als Korps-Reserve interessant macht, denn als Vorauskommando ! Und auf der taktischen Ebene im eigentlichen Gefecht wird das zügige Verlagern des Schwerpunktes durch die geringere Querfeldeinbeweglichkeit vermindert. Aber gerade dort wäre es wichtig.

Zitat:Sie können in kürzester Zeit in alle Ecken des Bündnisgebietes autark verlegt werden.

Wozu sie aber eigene ebenfalls Radgestützte Logistik-Elemente in größerer Stärke benötigen. Womit die Verbände durch diesen Troß noch mehr aufgebläht würden, bis dahin, dass sie allein durch ihre Quantität bereits einen Nachteil in der Geschwindigkeit und Beweglichkeit haben würden.

Denn das ist ein entscheidender Punkt: die Geschwindigkeit eines Großkampfverbandes hängt nicht primär an den Plattformen / Fahrzeugen welche er hat, sondern an ganz vielen anderen Punkten von denen einer der wesentlichsten die Größe des Verbandes, die Zahl seiner Untereinheiten und die Frage der Führung ist, also kurz und einfach die Struktur.

Nehmen wir einen Verband mit Fahrzeugen die nur 50 km/h Maximalgeschwindigkeit haben und einen anderen, dessen Fahrzeuge 100 km/h Maximalgeschwindigkeit haben. Trotzdem kann der Verband mit den doppelt so schnellen Fahrzeugen langsamer sein, wenn die Struktur entsprechend ist.

Entsprechend ist es eine der größten Illusionen, dass Verbände deshalb weil sie nur Radfahrzeuge haben per se schneller und beweglicher sind als schwere Verbände die sich auf Kettenfahrzeuge abstützen. Selbst bei bloßen strategischen Verlegungsmärschen macht die Struktur viel aus und kann ein Verband fast nie die theoretisch mögliche Geschwindigkeit in der Verlegung umsetzen, ganz im Gegenteil sind die Verbände immer viel langsamer als sie es sein könnten. Und einen solchen Verband dann einfach unkoordiniert überhastet nach vorne zu jagen ist hier auch keine Lösung, sondern verschlimmert das Problem noch, wird dann doch weitere Zeit benötigt den Verband vor Ort einsatzfähig aufgestellt zu kriegen. Schlimmstenfalls greift der Gegner dann gerade zeitgleich in den Bereitstellungsraum hinein an.

Zitat:Deutschland hätte mit seiner bisherigen Struktur eine solch schnelle und in der Größenordnung vergleichbare erforderliche Verstärkung nicht leisten können. Denn für eine schnelle, lageangepasste wirksame Reaktion über größere Entfernungen stehen dem Heer bislang keine geeigneten Großverbände zur Verfügung.

Doch, leichte Verbände und damit leichte Infanterie. Welche für die Verzögerung des Feindes bei einer geeigneten Doktrin sogar besser geeignet wären als die sogenannten neuen mittleren Kräfte.

Zitat:zwei Leichten, drei Mittleren und drei Schweren Kampftruppenbrigaden

Signifikant besser wären drei Leichte und Fünf Schwere Kampftruppenbrigaden, aber wie schon geschrieben: in Wahrheit steht hinter all dem meiner Meinung nach eher die Kostenfrage als irgendein realer militärischer Vorteil.
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(08.03.2023, 17:02)Quintus Fabius schrieb: Meiner rein privaten Meinung nach sind das alles zudem vorgeschobene Worthülsen, um damit den eigentlichen wahren Grund zu verschleiern: man kann sich normale schwere Panzergrenadier-Brigaden auf Kette nicht in der notwendigen Anzahl leisten, also substituiert man sie durch Radpanzergrenadiere.

Bekanntermaßen teile ich deine Ausführungen voll und ganz, das hier sehe jedoch etwas differenzierter. Ich glaube nämlich nicht, dass die Kosten hier einen echten Vorteil ergeben und heute noch das ausschlaggebende Argument sind. Viel mehr habe ich den Eindruck, dass man an einer alten Planung festhält, die sich an den Bedürfnissen des friedlichen Alltags orientiert. Alles wird einfacher für die Führung, wenn sie möglichst viele Kräfte in Radfahrzeugen sitzen haben. Jede Übung, insbesondere Verlegeübung wird vereinfacht, die Instandhaltung ist einfacher und allem voran: Man kann "Kaltstartfähigkeit" verkünden, weil man schnell verlegbare Kräfte hat, und dann sogar eine ganz Brigade! Dodgy Das ist das gleiche wie die neue Gliederung, die sich ausschließlich auf die NATO-Meldungen zurückführen lässt: "Wie bekomme ich am einfachsten das gemeldet, was man von mir hören will?"
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Der Gedanke hat wirklich was für sich. Und dein letzter Satz ist einfach perfekt! Er umschreibt besser als alles andere worum es in zu weiten Anteilen der Bundeswehr als einziges geht - und dass ist nicht der Krieg.
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Passt zwar nicht 1oo% zum Thema aber zumindest Überschneidung:

Bundeswehr setzt bei mittleren Kräften auf Rad anstatt Kette:

https://augengeradeaus.net/2023/03/mittl...att-kette/
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Im Prinzip gibt es zwei zentrale Punkte bei den Mittleren Kräften.

Wir müssen davon ausgehen, dass eine Invasion feindlicher Kräfte grundsätzlich mit den kampfstärksten Einheiten geschieht. Mittlere Kräfte mit ihren Gewichtbegrenzungen, schlechtere Geländetauglichkeit und logistische Grundvoraussetzungen sind per Definition nicht die kampfstärksten Einheiten, daher herrscht eine grundsätzliche Asymmetrie zwischen Angreifer und Verteidiger - zugunsten des Angreifers.
Jedoch jetzt kommt der wichtige zweite Punkt: eine Feuerwehr im Form der Mittleren Kräfte zu haben ist immer noch unendlich besser als die kampfstärksten Einheiten zu Hause noch in der Mobilisierung zu haben.

Was mir aber grundsätzlich fehlt, dass die Kräfte für einen solchen Verteidigungsfall nicht organisiert sind. (Raketen-)Artillerie müssten viel wichtiger sein, wo ist die Flugabwehr, wo sind die Raketenpanzerjäger? Also was ist mit den guten Minenwerfer passiert?
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Was ich nicht so wirklich begreifen kann:
Ab 1 April sollen die neuen Strukturen aufgebaut werden.
Bis jetzt sind noch keine konkreten Aussagen zur Ausstattung getroffen worden.
Bestellt wurde ohnehin noch nichts.

Also haben wir gerade die Gefahr eines sich weiter ausdehnenden Krieges vor uns, und die Bundeswehr strukturiert ihre Verbände um, macht aus Jägern Dragoner und aus einem Teil der Grenadiere irgendwas anderes. Sie müssen zukünftig anders kämpfen, können diese neue Kampfweise aber nicht trainieren, weil die Fahrzeuge erst bestellt werden müssen.

In einer Phase, wo die Truppe ohnehin überall Mangel erlebt, führt man zusätzlich gewaltige Strukturmaßnahmen durch. Wie wird sich das wohl in den kommenden Jahren auf die Schlagkraft auswirken?
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Weiterer Gute Beitrag zu dem Thema
https://soldat-und-technik.de/2023/03/mo...-kraeften/

Der Vorteil der eigen Beweglichkeit ist sogar noch grösser als angenommen!!
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aramiso:

Zitat:Wie wird sich das wohl in den kommenden Jahren auf die Schlagkraft auswirken?

Es gibt ganz allgemein immer einen drastischen Gegensatz / Widerspruch zwischen Einsatzbereitschaft und Modernisierung. Beides zugleich geht nur extrem schwer und nur unter einem immens erhöhten Aufwand, was auch einen immens erhöhten finanziellen Aufwand bedeutet. Entsprechend wird sich das in den kommenden Jahren zwingend sehr negativ auf die Einsatzbereitschaft auswirken. Man opfert hier sozusagen die Einsatzbereitschaft zugunsten der Modernisierung, die dann (so die Hoffnung) in der Zukunft eine höhere Kampfkraft zur Folge haben wird. Aber ob diese Rechnung aufgehen wird? Und was wenn diese spezielle Modernisierung sich als Fehler erweist, insbesondere wenn die geplanten Mittleren Kräfte nicht das erfüllen (können), was man sich von ihnen erhofft? Man geht also ein Risiko einer schon durch eine falsche Konzeption verminderten Kampfkraft ein, und reduziert dafür die Einsatzbereitschaft. Schlimmstensfalls also schädigt man die Schlagkraft dadurch gleich zweifach.

Pmichael:

Zitat:Jedoch jetzt kommt der wichtige zweite Punkt: eine Feuerwehr im Form der Mittleren Kräfte zu haben ist immer noch unendlich besser als die kampfstärksten Einheiten zu Hause noch in der Mobilisierung zu haben.

Feuerwehr mit welcher Zielsetzung exakt? Den Feind zu verzögern bis die Mobilisierung zuhause abgeschlossen ist und die in der Verzögerung zurückweichenden mittleren Kräfte abgelöst werden können? Meiner Meinung nach ein äußerst fragwürdiges Konzept. Sehr hohe Verluste der mittleren Kräfte in der Auftaktschlacht können sich rasch insgesamt sehr negativ auswirken und eine Abwärtsspirale einleiten. Hohe Verluste gleich zu Beginn aufgrund falscher Konzeption und die dadurch zugleich auftretenden Geländeverluste mit etwaigem Verlust von Großstädten etc. können den Ausgang der Eröffnungsschlacht negativ beeinflussen. Auf diese Eröffnungsschlacht kommt aber alles oder zumindest sehr viel an. Der moderne große konventionelle Krieg kann nicht mehr als industriell genährter Zermürbungskrieg in der Materialschlacht geführt werden, auch wenn die Ukraine zur Zeit das Gegenteil davon suggeriert. Die Ukraine ist eben nicht West- / Mitteleuropa. Noch darüber hinaus war auch in der Ukraine ganz genau so die Eröffnungsschlacht von entscheidender Bedeutung. Mit der Niederlage vor Kiew entstand überhaupt erst diese ganze Abwärtsspirale für die Russen, aus welcher sie schlußendlich bis heute nicht mehr ausbrechen konnten.

Mittlere Kräfte sind meiner Meinung nach als Feuerwehr durchaus interessant, aber nicht vorne, sondern eher "hinten", beispielsweise als Korpsreserve. Als eine Art erste Bremse bis schwere Kräfte nachrücken sind sie hingegen meiner Ansicht nach weniger geeignet als leichte Kräfte ! Denn um den Gegner auszubremsen benötigt man eben keine erhöhte Durchsetzungsfähigkeit, was die mittleren Kräfte ja vor den leichten Kräften auszeichnen soll, dass ist einfach ein Missverständnis in Bezug auf die Frage wie beispielsweise leichte Infanterie auf feindliche Verbände wirkt. Es geht hier mehr um die bloße Präsenz, die nicht ignoriert werden und daher niedergekämpft werden muss und den dadurch entstehenden Zeitverzug. Und dieser Zeitverzug kann auf alle möglichen Arten und Weisen erzielt werden, aber die Durchsetzungsfähigkeit spielt hierfür gar keine so große Rolle bzw. ist nicht der primäre Faktor.

Zitat:was ist mit den guten Minenwerfer passiert?

Das ist eine gute Frage, bzw. ein guter Einwand: Massive Minenkriegsführung wäre beispielsweise eine Fähigkeit für mittlere Kräfte, mit welcher sie einiges erreichen könnten. Das reicht von entsprechenden hochmobilen Pioniereinheiten über spezielle Verlegesysteme für Minen bis hin zum Überschütten feindlicher Panzer / Kamfpanzer mit über größere Distanzen verschossenen Minen.

Soldat und Technik (Auszugsweise):

Zitat:Als robuste Kräfte der ersten Stunde mit einem starken Aufklärungs- und Wirkverbund überdehnte Räume zeitlich begrenzt auch gegen überlegende Feindkräfte halten zu können.

Zitat:Als Brigade Operationen verbundener Kräfte selbstständig führen zu können.

Dann müsste man die mittleren Kräfte auch so / dafür aufstellen, aber dass geschieht ja nicht. Stattdessen hat man einfach nur minderwertigere Radpanzergrenadier-Brigaden. Aktuell ist aber ja gar keine Brigade der Bundeswehr zum selbstständigen Gefecht der verbundenen Waffen befähigt. Statt also mitten in der Krise umzustrukturieren, zu modernisieren und zu verändern, sollte man vielleicht eher mal daran gehe, die schon vorhandenen schweren Brigaden überhaupt dazu zu befähigen.

Zitat:Dem Beispiel zufolge sind selbstverlegefähige Kräfte auf Rad – wenn auch mittels Inkaufnahme von einer gewissen Belastung für das Material – in der Lage, ein rund 600 Kilometer entferntes Ziel im Straßenmarsch in 10,5 Stunden zu erreichen.

Was aber nur EIN Leistungsmerkam von vielen ist. Und eines, welches gerade in Bezug auf die geplanten Radpanzergrenadiere heillos überhöht wird. Die können also auf eigenen Rädern so und so viele Kilometer so und so schnell verlegen. Gut und schön, aber der reale praktische Nutzen dieser Fähigkeit ist meiner Ansicht nach viel geringer als dies hier impliziert wird. Darüber hinaus haben Übungen der US Army mit Radpanzergestützten Mittleren Kräften in Osteuropa aufgezeigt, dass diese als Großkampfverband geschlossen und insgesamt keineswegs so schnell sind, wie dies die theoretischen Werte der Fahrzeuge her geben. Nur weil eine Plattform in der Theorie viel schneller ist, ist sie dies keineswegs in der praktischen Realität.

Damit so ein Verband wesentlich schneller wird, was ja durchaus ein erstrebenswertes Ziel ist, genügt es also keineswegs nur die Frage der Plattform anzugehen. Radpanzer für sich allein machen keinen schnellen Verband. Da gehört sehr viel mehr dazu, insbesondere schnellere Informationsgewinnungs-, -auswertungs-, und Entscheidungsprozesse, viel kleinere und schneller arbeitende Stäbe, eine komplett andere militärische innere Kultur und Verfasstheit solcher Verbände, eine geeignete Struktur, praktische reale Übungen und Manöver und vieles mehr.

Die Wahnidee ist hier ja, dass ein Verband nur auf Radpanzern allein dadurch schon schnell wird. Dem ist nicht so und wird nicht so sein.

Und dieser überhöhte Wert der Eigenbeweglichkeit in ein Gebiet mit deutlich schlechterer Infrastruktur (Osteuropa) wird nun erkauft durch:

Zitat:Abseits von Wegen kommen aber selbst 8×8-Fahrzeuge mit modernsten Antriebssystemen nicht an die Geländegängigkeit von Kettenfahrzeugen heran.

Exakt so ist es und dass beißt sich eben mit der Anforderung an die mittleren Kräfte:

Zitat:überdehnte Räume zeitlich begrenzt auch gegen überlegende Feindkräfte halten zu können.

Wie soll ein Verband mit Radpanzern in Osteuropa (Infrastruktur) einen überdehnten Raum gegen überlegene feindliche Kräfte (schwere Einheiten auf Kette) auch nur zeitlich begrenzt halten können ?!

Man tauscht also einen von seinem Wert her deutlich überhöhten Einzelfaktor gegen die Befähigung vor Ort dann auch wirklich etwas bewirken zu können. Was für einen Wert soll dann dieser Einzelfaktor der strategischen Mobilität aber dann haben? Wenn er vor Ort keinen Effekt erzielt ?!
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Ich halte die gezeigt Rechnung von 600km für schlicht bedeutungslos, damit kommt man einerseits von Soltau nicht einmal nach Warschau, andererseits hoffe ich doch man wird Kräfte nicht erst dann schicken wenn die feindliche Armee schon angreift - diese Dinge kündigen sich an.

Davon abgesehen würde es mich nicht wundern wenn eine abgeschlossene strategische Verlegung, was natürlich auch den entsprechenden Rattenschwanz Versorgung und Instandhaltung beinhaltet, von Kettenfahrzeugen per Eisenbahn im Prinzip genauso lange dauert wie die fixe Idee der eigenständige Verlegung.
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Sehe ich ebenso.

Ein Haupt(gegen)argument ist dann immer, dass der Schienenverkehr im Fall eines Krieges durch Sabotage, Beschuss usw. ausfallen könnte. Wie der Ukrainekrieg aber auch erneut einmal wieder beweist, ist der Schienenverkehr gar nicht so leicht ausschaltbar, wie man sich das viele vorstellen. Dann kommt das Argument, dass der Zug welcher die Fahrzeuge transportiert ja angegriffen werden könnte. Zweifelsohne, aber ein mittlerer Verband auf Radpanzern in Brigadegröße wird ebenfalls vom Feind ab einer gewissen Annäherung recht sicher aufgeklärt werden und dann erleidet er höhere Verluste im Einsatzraum, dass gibt sich von den möglichen Verlusten her wenig, nur dass das Risiko beim Schienentransport für die Kettenpanzer höher ist und dass es für die Radpanzer beim Einsatz höher ist. Was aber von beidem besser ist, sollte sofort offensichtlich sein.

Was nützt es beispielsweise einen Verband aus eigener Kraft an den Suwalki Korridor heranzuführen, wenn er sich dann dort aus eigener Kraft nicht halten kann? Oder ihn ins Baltikum zu werfen, damit er dann dort mit eingekesselt wird ?

Ein primärer Grund warum die Polen übrigens zur Zeit so hektisch aufrüsten ist nicht allein der Ukrainekrieg, sondern die Erkenntnis aus einigen großen Manövern, wie dem folgenden:

https://wiadomosci.onet.pl/kraj/porazka-...s?srcc=ucs

dass man vorne von Beginn an starke schwere Kräfte benötigt, da auf Radpanzern gestützte Verbände in Ostpolen schlicht und einfach vom Feind ausmanövriert und überrannt werden, und dies obwohl die Radpanzer rein theoretisch ja schneller sind.
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