04.06.2023, 14:51
Werter Nightwatch:
In der real existierenden Bundesrepublik wohl kaum. Mal ernsthaft: dazu fehlen einfach alle Grundlagen. Bis man aus rein zivilen Strukturen heraus hier eine ausreichende Logistik-Kette aufgestellt hätte, würde meiner Meinung nach deutlich mehr Zeit vergehen. Dazu kommt noch, dass es mit der bloßen Verfügbarkeit geeigneter Fahrzeuge ja nicht getan ist, die müssen auch koordiniert, geführt, gefahren werden und dass auf Straßen die von Flüchtlingen verstopft sind, auf denen ausländisches Militär der Verbündeten agiert und deren Logistik und die von der Anzahl und Ausrichtung her unzureichend sind.
Meiner Meinung nach müsste man daher die Infrastruktur in Osteuropa massiv ausbauen und die Requirierung entsprechender ziviler Mittel systematisch vorbereiten damit diese dann so schnell wie möglich eingesammelt und eingesetzt werden können.
Das Argument möchte ich mal anders verwenden: wenn dem so ist, und das im Krieg gleichermaßen abrufbar ist, dann benötigen wir gar keine mittleren Kräfte. Dann sollten wir stattdessen schwere Kräfte vorhalten, weil diese dann ebenso leicht strategisch verlegbar und versorgbar sind.
Wozu mittlere Kräfte angesichts solcher Transportleistungen ?!
Kopernikus:
m Kalten Krieg waren das komplett andere Maßstäbe. Da plante man beispielsweise mit 480 Schuß pro Panzerhaubitze und bei vier verfügbaren Artillerie-Bataillonen im Bereich einer einzigen Division dann mit ungefähr 35.000 Granaten pro Tag. Dass sind im Kaliber 155mm ungefähr 1.400 Tonnen Gewicht.
Wenn man dafür Lkw mit einer Kapazität von 8 Tonnen einsetzt, wären das 340 Lkw die man nur für den Transport des Tagesverbrauch an Artilleriemunition benötigt, pro Division. Und da standen viele Divisionen dicht gedrängt.
Man rechnete damals meiner Erinnerung nach mit 400 bis 500 Lkw-Ladungen pro Tag pro Division, und dass trotz der kurzen Strecken und obwohl man auch im Friedensbetrieb de facto unmittelbar an der Front plaziert war. Als Mindestbedarf.
Divisionen sollten damals ungefähr für drei Kampftage bei voller Auslastung an Verbrauchsmaterial und Wirkmitteln vorhalten. Das entsprach damals mindestens 1000 Versorgungs-Lkw pro Division, selbst wenn man davon ausgeht, dass vieles davon auf den Kampffahrzeugen und anderen solchen Fahrzeugen in der Division mitgeführt wird. Entsprechend waren die damaligen Bundeswehr-Divisionen immens Lkw-Lastig, und hinter der Division standen noch die gewaltigen Strukturen auf der Korps-Ebene usw.
Die Briten wichen davon etwas ab. Sie hatten stattdessen mehr Depots und eine spezielle Einheit pro Brigade zum Betrieb eines solchen Depots. Entsprechend hatten britische Divisionen weniger Lkw, dafür aber das Problem, dass diese Depots überrannt werden konnten oder anderweitig ausfallen konnten (zerstört, Verbindung gekappt usw).
Dessen ungeachtet hatten alle NATO Bataillone ungefähr 50 bis 60 Lkw und sonstige Transportfahrzeuge (davon 20 bis 30 dezidierte Transport-Lkw). Was sich da primär Unterschied war die Größe der Lkw und ihre Transportkapazität, die Anzahl pro Bataillon war innerhalb der NATO Einheiten in der Bundesrepublik relativ ähnlich.
Bei Übungen und Manövern erwies sich die Logistik immer wieder als unzureichend. Es war damals anscheinend sehr schwer, die richtige Menge an Material zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort zu bringen. Und dies trotz Friedensbedingungen, trotz sehr kurzer Distanzen und trotz der schier unüberblickbaren barocken Massen an Korps-Einheiten und sonstigen Verbänden die da auch mitwirken sollten.
Das Hauptproblem war die Unzahl von Fahrzeugen und der Bedarf der Artillerie. Die Fahrzeuge selbst erzeugten einen immer gewaltigeren logistischen Fußabdruck. Man benötigte immer weitere Fahrzeuge nur um die stetig wachsende Zahl von Fahrzeugen im Einsatz halten zu können. Die Divisionen wurden dadurch auch immer größer (bei der Bundeswehr waren sie aufgrund rein politischer Vorgaben von Anfang an viel größer).
Die einzige Ausnahme davon waren die Franzosen. Diese kehrten noch in Kalter Krieg Zeiten zu kompakteren Divisionen zurück, mit ungefähr 10.000 bis 11.000 Mann, ungefähr 200 Panzern und ungefähr 2800 sonstigen Fahrzeugen. Entsprechend waren diese Einheiten viel agiler und hatten einen viel geringeren Versorgungsaufwand.
Demgegenüber hatten britische und deutsche Divisionen um die 5000 bis 5500 Fahrzeuge im Bestand, und US-Amerikanische sogar noch mehr. Gerade die Bundeswehr-Divsionen hatten im Vergleich aber mehr Versorgungs- und sonstige Unterstützungseinheiten.
Dann muss man noch die Dimensionen insgesamt bedenken: da standen ja von München bis Hamburg nicht weniger als 8 komplette Korps. Die Truppen stappelten sich da regelrecht im Vergleich zu heute. Dazu wäre zu bedenken, dass ein solcher Krieg natürlich immer auch unter der Prämisse eines Einsatzes von Nuklearwaffen gedacht war, wodurch die Logistik dann natürlich sehr hart getroffen worden wäre.
In der real existierenden Bundesrepublik wohl kaum. Mal ernsthaft: dazu fehlen einfach alle Grundlagen. Bis man aus rein zivilen Strukturen heraus hier eine ausreichende Logistik-Kette aufgestellt hätte, würde meiner Meinung nach deutlich mehr Zeit vergehen. Dazu kommt noch, dass es mit der bloßen Verfügbarkeit geeigneter Fahrzeuge ja nicht getan ist, die müssen auch koordiniert, geführt, gefahren werden und dass auf Straßen die von Flüchtlingen verstopft sind, auf denen ausländisches Militär der Verbündeten agiert und deren Logistik und die von der Anzahl und Ausrichtung her unzureichend sind.
Meiner Meinung nach müsste man daher die Infrastruktur in Osteuropa massiv ausbauen und die Requirierung entsprechender ziviler Mittel systematisch vorbereiten damit diese dann so schnell wie möglich eingesammelt und eingesetzt werden können.
Zitat:In der Europäischen Union exisiteren über 6 Millionen Nutzfahrzeuge über 3.5 Tonnen. Wenn wir hier eines können, dann tagtäglich Warenströme im gigantischen Ausmaß in alle Himmelsrichtungen zu verschieben.
Das Argument möchte ich mal anders verwenden: wenn dem so ist, und das im Krieg gleichermaßen abrufbar ist, dann benötigen wir gar keine mittleren Kräfte. Dann sollten wir stattdessen schwere Kräfte vorhalten, weil diese dann ebenso leicht strategisch verlegbar und versorgbar sind.
Wozu mittlere Kräfte angesichts solcher Transportleistungen ?!
Kopernikus:
Zitat:Wie hat man das denn "früher" zu Zeiten des kalten Krieges mit der Logistik gemacht?
m Kalten Krieg waren das komplett andere Maßstäbe. Da plante man beispielsweise mit 480 Schuß pro Panzerhaubitze und bei vier verfügbaren Artillerie-Bataillonen im Bereich einer einzigen Division dann mit ungefähr 35.000 Granaten pro Tag. Dass sind im Kaliber 155mm ungefähr 1.400 Tonnen Gewicht.
Wenn man dafür Lkw mit einer Kapazität von 8 Tonnen einsetzt, wären das 340 Lkw die man nur für den Transport des Tagesverbrauch an Artilleriemunition benötigt, pro Division. Und da standen viele Divisionen dicht gedrängt.
Man rechnete damals meiner Erinnerung nach mit 400 bis 500 Lkw-Ladungen pro Tag pro Division, und dass trotz der kurzen Strecken und obwohl man auch im Friedensbetrieb de facto unmittelbar an der Front plaziert war. Als Mindestbedarf.
Divisionen sollten damals ungefähr für drei Kampftage bei voller Auslastung an Verbrauchsmaterial und Wirkmitteln vorhalten. Das entsprach damals mindestens 1000 Versorgungs-Lkw pro Division, selbst wenn man davon ausgeht, dass vieles davon auf den Kampffahrzeugen und anderen solchen Fahrzeugen in der Division mitgeführt wird. Entsprechend waren die damaligen Bundeswehr-Divisionen immens Lkw-Lastig, und hinter der Division standen noch die gewaltigen Strukturen auf der Korps-Ebene usw.
Die Briten wichen davon etwas ab. Sie hatten stattdessen mehr Depots und eine spezielle Einheit pro Brigade zum Betrieb eines solchen Depots. Entsprechend hatten britische Divisionen weniger Lkw, dafür aber das Problem, dass diese Depots überrannt werden konnten oder anderweitig ausfallen konnten (zerstört, Verbindung gekappt usw).
Dessen ungeachtet hatten alle NATO Bataillone ungefähr 50 bis 60 Lkw und sonstige Transportfahrzeuge (davon 20 bis 30 dezidierte Transport-Lkw). Was sich da primär Unterschied war die Größe der Lkw und ihre Transportkapazität, die Anzahl pro Bataillon war innerhalb der NATO Einheiten in der Bundesrepublik relativ ähnlich.
Bei Übungen und Manövern erwies sich die Logistik immer wieder als unzureichend. Es war damals anscheinend sehr schwer, die richtige Menge an Material zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort zu bringen. Und dies trotz Friedensbedingungen, trotz sehr kurzer Distanzen und trotz der schier unüberblickbaren barocken Massen an Korps-Einheiten und sonstigen Verbänden die da auch mitwirken sollten.
Das Hauptproblem war die Unzahl von Fahrzeugen und der Bedarf der Artillerie. Die Fahrzeuge selbst erzeugten einen immer gewaltigeren logistischen Fußabdruck. Man benötigte immer weitere Fahrzeuge nur um die stetig wachsende Zahl von Fahrzeugen im Einsatz halten zu können. Die Divisionen wurden dadurch auch immer größer (bei der Bundeswehr waren sie aufgrund rein politischer Vorgaben von Anfang an viel größer).
Die einzige Ausnahme davon waren die Franzosen. Diese kehrten noch in Kalter Krieg Zeiten zu kompakteren Divisionen zurück, mit ungefähr 10.000 bis 11.000 Mann, ungefähr 200 Panzern und ungefähr 2800 sonstigen Fahrzeugen. Entsprechend waren diese Einheiten viel agiler und hatten einen viel geringeren Versorgungsaufwand.
Demgegenüber hatten britische und deutsche Divisionen um die 5000 bis 5500 Fahrzeuge im Bestand, und US-Amerikanische sogar noch mehr. Gerade die Bundeswehr-Divsionen hatten im Vergleich aber mehr Versorgungs- und sonstige Unterstützungseinheiten.
Dann muss man noch die Dimensionen insgesamt bedenken: da standen ja von München bis Hamburg nicht weniger als 8 komplette Korps. Die Truppen stappelten sich da regelrecht im Vergleich zu heute. Dazu wäre zu bedenken, dass ein solcher Krieg natürlich immer auch unter der Prämisse eines Einsatzes von Nuklearwaffen gedacht war, wodurch die Logistik dann natürlich sehr hart getroffen worden wäre.