Überlebenstechniken (Survival)
#1
I SURVIVAL

Seit etlichen Monaten habe ich schon vor etwas über die Survival-Videos der Bundeswehr zu schreiben, nachdem ich von einigen jungen Kameraden vernommen habe, dass das gezeigte ja ach so toll und super ist - nun denn:

https://www.youtube.com/watch?v=9cz95nfFLdQ&t=43s

Mit diesen 5 Methoden überlebst du in der Wildnis

In der Vorstellung wird folgendes genannt:

1. Wie mache ich Feuer? 2. Wie baue ich mir ein Versteck? 3. Wie gewinne ich Wasser wenn die Vorräte zur Neige gehen? 4. Eigene Fische fangen und zubereiten.

Alsooo, dass sind schon mal keine 5 Methoden.

Im Text unter dem Video wird gelistet:

00:01 Das lernst du beim SERE-Training 00:43 Tipps fürs Feuer machen 02:01 So baust du geheime Verstecke 02:47 So gewinnst du sauberes Trinkwasser 03:39 Teilnehmer*innen schlagen sich durch 04:20 Totale Erschöpfung und kein Schlaf 04:57 Betäuben, Töten, Ausnehmen – so bereitest du Fische selber zu 06:43 Wichtige Signale, um gerettet zu werden

Und das sind auch keine 5 Methoden.

Wie soll man da also anfangen? Wir haben hier also ein Video über 5 Methoden, aber weder in der mündlichen noch in der schriftlichen Darstellung werden 5 Methoden genannt. Wie dem auch sei:

Zitat: „Letztendlich lerne ich hier, man kriegt die Skills beigebracht wenn ich bei einer Operation versprengt werde um mich dann letztendlich durchschlagen zu können und letztendlich auch zu überleben.“

Geht es nun um Überleben in der Wildnis wie der Titel impliziert oder geht es darum durchzukommen wenn man versprengt wurde wie es der Ausbildungsleiter wortwörtlich sagt? Den beides kann höchst verschieden sein.

Überleben und Durchkommen sind teilweise so verschieden, dass die dafür notwendigen Methoden zu unterschiedlich sind um sie für beide Bereiche einfach übertragen zu können. Nur mal als ein Beispiel: was wenn man in einem urbanen Ballungsraum versprengt wurde? Oder in einer Wüste anstelle des hier gezeigten mitteleuropäischen Hainsimsen-Buchenwaldes? Aber selbst in einem solchen sind Überleben und Durchschlagen in Richtung eigener Kräfte einfach nicht deckungsgleich.

Aber bevor man mir jetzt Haarspalterei vorwirft: gehen wir also mal davon aus, dass wir in einem mitteleuropäischen Hainsimsen-Buchen-Wald von erheblicher (ausreichender) Ausdehnung versprengt wurden, denn rein theoretisch wäre das in Ostpolen bei einem russischen Angriff tatsächlich denkbar. Denn ansonsten fängt das ganze ja schon genau genommen mit einem höchst unpräzisen Gewurschtel ohne jeden Sinn und Verstand an, weil einfach jeder Kontext fehlt !

Gehen wir einmal die Reihenfolge selbst an:

Feuer – Versteck – Trinkwasser – Durchschlagen – Erschöpfung / Schlafmangel – Fische zubereiten – Signale um gerettet zu werden

Unter der Annahme dass wir versprengt wurden ist Feuer in keinster Weise das wichtigste, und in den meisten Fällen kontraproduktiv. Eine korrekte Reihenfolge wäre:

Durchschlagen – trinkbare Flüssigkeiten – Erschöpfung / Schlafmangel – Verstecke (spezifischer Deckung vor Feind und Umwelt) – Signale (um Kontakt mit den eigenen Kräften aufzunehmen) – Feuer – Fische (als letztes weil vollkommen irrelevanter Schwachsinn)

Wenn man versprengt wurde muss man zuvorderst mal von da wo man ist zu einem Ziel. Item ist Orientierung und Bewegung im Gelände elementar, dazu gehört in einem Atemzug Tarnung. Dem folgend benötigt man trinkbare Flüssigkeiten, selbst wenn es sich nur um eine kurze Sache handeln sollte, dem folgend werden Erschöpfung, Schlafmangel und die Frage wie man sich vor feindlicher Aufklärung und den Umweltbedingungen schützt relevant. Signale sind dann schon nicht mehr so wichtig, allenfalls damit man nicht von eigenen Kräften über den Haufen geschossen wird, kommt man doch aus Richtung des Feindes, Feuer ist nur unter sehr spezifischen Umständen relevant und Fische bringen so wenig Energie, dass es sich nicht lohnt überhaupt die Zeit aufzuwenden sie zu fangen und zuzubereiten, nochmal abgesehen davon, dass dies vielen der relevanteren Bereiche völlig zuwieder läuft.

Aber bleiben wir bei der Reihenfolge des Filmchens, auch wenn diese falsch ist und daher beim Betrachter eine Fehleinschätzung bezüglich der Prioritäten erzeugt:

Feuer (ab 00:46) – und erneut muss man hier die Frage stellen – in der Natur oder in einem militärischen Szenario?! Dessen ungeachtet: Wieder ist die Reihenfolge verdächtig: Wärme zu erhalten, Nahrung zuzubereiten, Wasser abzukochen. Das relevanteste wäre hier in Wahrheit Wasser, dem erst folgt die Erhaltung der Körperwärme und Nahrung ist demgegenüber fast irrelevant.

Anbei: 00:51 während also der Soldat feine Ästchen auf die mit Vaseline vorbehandelte Watte legt, liegt sein Sturmgewehr einfach neben ihm im Dreck, mit der Mündung im Laub.....Aber was ein Glück dass er zumindest Vaselingetränkte Watte dabei hat …..

Mal abgesehen von der völlig ungeeigneten Anlage der Nicht-Feuerstelle fängt man also an Hilfsmittel für das Feuermachen aufzuzählen. Harze, Feuersteine oder Tampons. Inwiefern Feuersteine nun die Flammen befördern sei mal dahin gestellt, den sie sind kein Zunder, aber auch dessen ungeachtet: welch ein Glück Tampons dabei zu haben, wenn man schon in einem Krieg in der Waldwildnis Ostpolens versprengt wurde..... Absurdistan !

Feuerbesen (1:03): ist in Ordnung, aber wieder werden O.B. und Watte genannt. Haben die weiblichen Kameraden die da hoffentlich dabei sind doch mal einen Sinn !? Mal ernsthaft: wenn man Feuer machen will, dann findet man alles dazu unter jeden Bedingungen im Wald selbst. Und je aufwendiger etwas konstruiert wird und je mehr Vorbedingungen es hat, desto problematischer wird es. Selbst ein Feuerbesen ist im Prinzip unnötig, ist nur eine Spielerei die lediglich Zeit kostet und genau das hat man hier nicht: Zeit.

Jede Art von Überlegungen und Schlußfolgerungen unter solchen Bedingungen ist vor allem anderen eine Abwägung von Zeitverbrauch / Wasserverbrauch / Wärmeverbrauch / Kalorienverbrauch – in genau dieser Reihenfolge. Alles also was unnötig Zeit kostet ist daher falsch. Bevor der auch nur sein Feuerbündel fertig gebastelt hätte, würde ich mein Feuer schon brennen haben, unter jedweden Bedingungen. Trockene Blätter und Papier sind im übrigen auch nicht gerade optimal als Zunder, da gibt es im Wald durchaus sinnvolleres.

Im Hintergrund sah man beispielsweise einige Kiefern mit abgestorbenen Ästen, welche angesichts der offenkundig trockenen Verhältnisse sehr leicht als Anzündmaterial zurecht gemacht werden können. Abgestorbenes trockenes Gras und anderes vergleichbares Pflanzenmaterial ist nun ebenfalls deutlich besser als trockene Blätter, denn diese liegen in jedem Fall auf dem Boden und sind daher immer im Vergleich etwas feuchter und haben einen schlechteren Brennwert als Material welches vom Boden absteht und im Idealfall ringsherum Luft aufweist.

Auch amüsant wie der Feuerbesen mit einem Paracord zusammen gebunden ist. Wenn man wertvolles Paracord schon so verschwenden will, dann sollte man zumindest die dünneren Schnüre in der Hülle heraus ziehen und diese verwenden. So spart man deutlich Material. Und warum man es überhaupt binden muss entschließt sich auch nicht.

1:29 Materialien die glimmen:

Getrocknete Baumpilze, Feuerschwämme et al. Natürlich ideal, aber hier muss ich mal die Frage aufwerfen, wozu? Die haben erkennbar im Film Magnesium-Feuerstarter, Feuerstahl, Watte mit Vaseline, O.B., Tampoons, Papier aber sie benötigen Feuerschwamm um damit Glut zu transportieren? Wozu?

1:58 Das Stück um die 20 Minuten:

Nehmen wir also mal an es ginge nicht anders. Dann benötigen wir für eine Marschstrecke von 3 Stunden nicht weniger als 9 solche Stücke, also mindestens mal 3 mittelgroße Baumpilze. Und dann? Kann man dann überhaupt risikofrei ein Feuer machen? Oder verrrät man damit seine Stellung? Benötigt man dann im neuen Versteck nicht weitere Feuerschwämme um die Glut aufrecht zu erhalten? Wieviele also sollte man zur Sicherheit „ernten“? 10 ? 15 ? Wachsen die überhaupt da wo man ist? Sind sie ausreichend trocken oder muss man sie erst trocknen (den die im Film verwendeten Pilze sind NICHT frisch, sie wurden erkennbar getrocknet. Und verrät man nicht durch die Spuren seine Präsenz, den das Abnehmen von solchen Pilzen sieht man quer durch den Wald da die Rinde entsprechend beeinträchtigt wurde. Usw

2:05 Ruhepausen – Verstecke und Schlafplätze

Wohl wahr, man benötigt zwingend Ruhepausen und tatsächlich strengen sich die meisten bei Durchschlageübungen zu viel an. Ich war schon wiederholt bei so was damit erfolgreicher deutlich langsamer zu sein als die anderen. Und was wird uns da aber im Film präsentiert? Aufgespannte Tarps / Zeltplanen / Ponchos in Lean-To Form mit Feuer davor und oben trocken die Socken …..

Das zieht eher Feinde an den als Versteck zu dienen. Es dient auch nicht der Erholung, kostet es doch Energie überhaupt eine so elaborierte Unterkunft zu errichten.

2:17 Bewegung nur Dämmerung und Nachts – Tagsüber im Versteck

Das kann man heute geradewegs umdrehen. Den heute bieten Thermalsichtgeräte und der höhere Temperaturunterschied zwischen Körper und Umgebung des Nachts dem Feind eher einen Vorteil. Dazu kommt noch, dass man sich Nachts nicht so schnell bewegen kann, viel mehr Krach produziert und selbst in seiner Wahrnehmung erheblich eingeschränkt wird. Entsprechend sollte man sich eher Tagsüber bewegen und Nachts ruhen, was zugleich wesentlich erholsamer ist und die eigenen Ressourcen schont. Auch die Orientierung ist nächtens deutlich schwieriger etc

Der Ausbilder nennt im weiteren die Tarnung korrekt als wesentlichen Aspekt, die gezeigten Notunterkünfte sind aber entweder dahingehend sehr schlecht angelegt, oder sie wurden künstlich abgetarnt (Zeit- und Energieaufwand!) Und während man bei 2:39 ein Tarp mit Nadelbaumzweigen in einem Laubwaldabschnitt abgetarnt hat leuchtet daneben die silberfarbene Alu-Rettungsdecke. Und wenn man denkt absurder geht es nicht mehr:

Trinkwasser (ab 2:48):

Filtern von Wasser (was für Wasser ?!) mittels Dreieckstüchern um Grob zu filtern (FÜR WAS ??) ….. und das Auffangen von Birkensaft mit dem Essgeschirr. Was soll ich dazu überhaupt noch schreiben ?! Einen Nagel also in den Stamm (Gott Sei Dank haben wir immer Nägel dabei) und schon fließt der Birkensaft – oder auch nicht......

Und die eineinhalb Schlücke im Essgeschirr sollen also was genau bringen? Das reicht ja nicht mal für irgendwas.

Zweifelsohne: Oberflächenwasser kann einen krank machen (Parasiten, Krankheitserreger, Durchfall, Erbrechen etc.) Entsprechend muss man das Wasser desinfizieren oder man muss es in Kauf nehmen, den die genannten Krankheiten brechen nicht sofort aus, sondern erst nach einiger Zeit. Man kann also – je nach den Umständen – dass bewusst riskieren einfach so Oberflächenwasser zu trinken, um dadurch noch genau so lange durchzuhalten wie dies für die Rückkehr zu den eigenen Linien erforderlich ist. Für ein längeres Szenario wiederum benötigt man eine zuverlässige Wasserquelle in ausreichender Quantität ! Und seine Zeit sollte man nicht auf absurde und nichts bringende „Filteranlagen“ verschwenden, sondern darauf eine solche quantiativ ausreichende Quelle ausfindig zu machen.

3:21: Drei Liter für grob zwei Nächte

also 1,5 Liter pro Tag. Das ist bei körperlicher Anstrengung unzureichend. Entsprechend muss man die körperliche Anstrengung reduzieren – oder wie schon erwähnt eine quantiativ ausreichende Wasserquelle finden und dann überlegen ob und wie man diese nutzt – also mit Abkochen (oder Wassserentkeimungstabletten oder Life Straw oder oder - oder Ohne Alles um dann zeitnah die eigenen Linien zu erreichen. Hat man Zeit, dann geht am Abkochen kein Weg vorbei.

3:29 Wasser rationieren

Unfug. Jede Art der Rationierung von Wasser ist falsch. Stattdessen sollte man ausreichend trinken, und wenn dann die Gesamtmenge nicht auf die Gesamtzeit reicht muss man sich halt etwas anderes überlegen. Wasser im Körper ist immer besser als Wasser in der Trinkflasche, gerade bei Stress und körperlicher Anstrengung.

Kleiner Einschub:

Man beachte bei 3:31 wie das Gesicht des gezeigten Soldaten getarnt ist, ihre Hände und ihr Nacken aber nicht.

3:42 Gepäck:

30 kg Gepäck. Allein schon in dieser Gewichtsangabe zeigt sich alles was nur falsch sein kann. Eines der ersten Dinge die man tun sollte ist sich von allem Gewicht zu befreien. Beispielsweise habe ich schon mehrfach bei solchen Übungen einfach alle abgehängt und die Ausbilder / Gegner bereits in ihren Abfangstellungen „überrundet“ einfach indem ich alles zurück gelassen habe und befreit von dem ganzen Gerümpel die 30 km in 3 ½ Stunden zurücklegte. Dann machte ich erstmal ein Schläfchen während die „hinter mir“ darauf warteten dass wir da entlang kommen wo sie schon auf der Lauer lagen. Ist natürlich nur anekdotische Evidenz, aber ich will hier auf ein bestimmtes Prinzip hinaus.

Weg mit allem was nur möglich ist und dann nochmal die Hälfte davon weg und dann ist es immer noch zu viel!

4:05 Wahl der Route

„Nicht zu tief in den Wald hinein – entlang der Waldränder, weil wir müssen irgendwie noch den Überblick der Karte ….bla bla bla“

Was soll ich da noch schreiben?! Gerade entlang der Waldränder wird man am ehesten aufgeklärt werden, noch eher als auf einer Hauptstraße, weil die eigene Bewegung vor dem Waldrand stark auffällig ist und genau solche Linien vom Gegner abgestellt werden, weil sie perfekt für die Überwachung großer Geländeabschnitte geeignet sind.

Und wie kann man sich im Wald in Europa verirren? Richtung und Ziel sollten klar sein, item findet man dieses auch quer durch den Wald.

4:14 Marschstrecke

„Für die knapp 20 km Fußmarsch sind die Trupps bis in die Nacht unterwegs....“

LÄCHERLICH ! Ich kann selbst hier und heute noch die 20 km querfeldein in maximal vier Stunden machen, ungeachtet des Geländes. Und in dem gezeigten Gelände wäre ich in drei Stunden im Ziel. Und das durchaus auch mit Gepäck. Für die gezeigten Kameraden wäre es am sinnvollsten den lächerlich überladenen Rucksack siehe 4:17 wegzuwerfen und stattdessen Strecke zu machen.

4:22 ff Lager / Nacht

Und was sehen wir hier: einen Hackstock ! (allen ernstes), eine Hart Verhau um das Lager herum (zur Tarnung?), Gesicht getarnt und Hände weiter ungetarnt, eine ausgehobene Feuerstelle, aufgspannte Tarps obwohl es offenkundig nicht geregnet hat und dem irrwitzten Versuch mit dem Essgeschirr sich über dem Feuer etwas zu kochen.....

ALSooooooo

Zum Hackstock äußere ich mich mal überhaupt nicht. Statt einem solchen Verhau hätte man mit weniger abgehacktem Gemüse (Signatur!) sich eine Bodenunterlage bauen könnten um dann das Tarp wie eine Decke zu verwenden mit weiterem Gemüse direkt darauf (besser getarnt, wärmer, weniger arbeitsintensiv), Zudem ist es grundfalsch dass alle nebeneinander lagern. Stattdessen muss man die ganzen Einzel-Lager räumlich getrennt voneinander anlegen. Oder wenn man zusammen schlafen will, dann am besten so dass alle mit dem Kopf zusammen liegen und die Füße nach außen in einem Kreis, dann hat das ganze wenigstens einen taktischen Sinn.

Gegen Hunger und Durst kann man übrigens fortwährend während des Marsches die unzähligen Knospen an den Bäumen und bestimmte wildlebene Pflanzen essen, was zugleich den Speichefluss anregt und das Durstgefühl reduziert. Feuerstelle verrät nur die eigene Position und bringt nichts.

4:44 Elektrolyte

Endlich mal ein sinnvollerer Kommentar. Ständig Flüssigkeiten reinkippen kostet Salz (im weiteren Sinne) kann man dieses nicht ersetzen knickt man ein. Durch ständiges einsammeln, kauen und schlucken von essbaren Pflanzen während des Marsches kann man hier der beschriebenen Problematik deutlich entgegen wirken (oder man ist pervers veranlagt wie ein Kumpel von mir der am Ende des Tages Socken und T-Shirt mit Wasser tränkt, auswringt und die Brühe dann wieder säuft....). Aber auch das ständige Einsammeln und Kauen und Verdauen will geübt sein. Die meisten Stadtkinderlein welche ich da kennen lernen durfte bekamen davon ordentlich Bauchschmerzen und/oder Durchfall.

Auf jeden Fall ein sehr wichtiger Punkt ! Genau so wie man zu wenig trinken kann, kann das auch zu viel sein, so dass man Unmengen an Elektrolyten dadurch verliert. Das Feinzusteuern ist bei jedem Körper anders und muss durch praktische Übung herausgefunden und eingeübt werden.

Und um noch mal den wichtigsten Punkt aufzuwerfen: 30 kg Gepäck sind in diesem Kontext das wahre Problem. Weg mit dem Gewicht – schon wird das Wasser deutlich weniger ein Problem.

4:51 Schlafmangel

Ein bis zwei Stunden Schlaf sind viel zu wenig. Das Schlafen draußen im Wald unter unbequemen Bedingungen will auch geübt sein. Das ist etwas was man erlernen kann.

5:02 Nahrung in der Wildnis

Und wenig könnte weniger geeignet sein als Fische. Um durch Forellen seinen Energiebedarf zu decken benötigt man mehrere Kilogramm pro Tag. Dem steht der Aufwand an Zeit und Energie entgegen, welchen ich für den Fischfang und dessen Aufbereitung verwenden muss. Kurz und einfach: Fische fangen macht überhaupt gar keinen Sinn in dieser Situation.

06:13 Zubereitung der Fische

Und dann gleitet es wieder ins völlige Absurdistan ab: die Fische werden also in Klopapier eingewickelt – in Klopapier. Wir haben also keine sinnvolle Notnahrung in Form von Energieriegeln und einem Glas Erdnussbutter dabei, aber wir haben Klopapier für die Fische …..

Aber mal eine Spur ernsthafter: Da man ja Essgeschirr hat (sieh weiter oben), müssen die Fische gekocht werden. Sie in der Glut zuzubereiten oder gar zu braten ist Unsinn. Man muss sie in Wasser zur Fischsuppe kochen und zwar mit allem.

6:56 Boden-Boden und Boden-Luftsignale

Nett, aber in der Realität zieht das eher feindliche Kräfte an den die eigenen. Und gerade die gezeigten Signale sind hier besonders untauglich in diesem Kontext.

7:08 GTAS (Ground to Air Signal)

Ohne Worte – weil völlig ohne jeden Kontext. Aber allein schon das Denglisch ist mal wieder besonders sinnbefreites Buzzwordbingo.

7:44 Solche Ausrüstung also, aber sie haben es nötig Rauchsignale zu werfen um damit die Evakuierung dem Feind zu verraten. Die simple Wahrheit ist: wenn ich keinen Funkkontakt zu eigenen Herstellen kann, dann muss ich irgendwie auf die eigenen Linien zurück. Aber stattdessen Rauchsignale etc zu setzen oder Bodensignale zu bauen kostet erneut einfach nur Zeit ohne Nutzen und in den meisten Fällen auch einfach nur einem Schaden. Relevant sind stattdessen Prozedere wie man überhaupt wieder in die eigenen Reihen zurück findet (Feuer durch Eigene).

Fortsetzung folgt, da es ja eine ganze Serie ist.

Aber was ist nun hier überhaupt meine Zielsetzung? Ich bin halt einfach gelinde gesagt etwas enerviert darob der absurd schlechten Darstellung dieses Komplexes durch die Bundeswehr. Sollte dies tatsächlich das aktuelle Ausbildungs-Niveau sein (was es zu meiner Zeit nicht war!), dann wäre das Fatal. Zudem will ich anderen an dieser Thematik interessierten vielleicht ein paar Gedankenanstöße oder Diskussionspunkte dazu bieten.

Den ich halte diese ganze Thematik für äußerst bedeutsam, gerade in Bezug auf den modernen Krieg und die Soldaten wie sie heute so querschnittlich bei diesen Fähigkeiten aufgestellt sind für sehr benachteiligt.

Beschließend möchte ich noch betonen, dass meine Kritik an der Sache keine persönliche Kritik an den Kameraden ist, die diesen Schwachsinn so und nicht anders ausbilden müssen, den diese sind (wie ich aus eigener Anschauung weiß) auch nur Handpuppen der Füührung, welche ja alles besser weiß.

Fortsetzung folgt.
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#2
@Quintus

Hervorragende Zusammenfassung. Danke! Und ich stimme dir unumwunden bei allen Punkten zu. Zugleich ist es auch etwas erschütternd, welche grundlegenden Irrtümer sich teils bei der Ausbildung eingeschlichen haben. Weil die jungen Soldaten, die manchmal doch durch eine gesellschaftsbedingte Überversorgung "naturentwöhnt" sind, denken, dass sie nun die bestmögliche Ausbildung hier kriegen und würden das, sofern sie sich im Stress eines Kampfes oder eines chaotischen Rückzuges überhaupt daran erinnern, versuchen krampfhaft umzusetzen. Die Prognosen, sollte der Gegner hier besser trainiert sein, wären weniger gut...

Was mir dazu noch einfällt (das ist unabhängig von dem Film von dir): Füße und Socken. Ich gehe selbst gerne bergwandern, von daher weiß ich, wie wichtig gutes Schuhwerk und Socken sind.

Es ist die nachfolgende Geschichte zwar jetzt auch anekdotisch meinerseits, aber hoffentlich nicht (mehr) symptomatisch:

Während meiner Rekrutenprüfung (sie ging damals über drei Tage mit Biwak usw.), was aber auch schon 20 Jahre her ist, habe ich beim Biwak die Bergstiefel (Gebirgsjäger hatten damals Lowa-Gebirgsstiefel, keine "normalen" Kampfstiefel) meine Socken ausgezogen und im Schlafsack durch meine eigene Körperwärme trocknen lassen. Zwar etwas eklig, aber praktisch. Und sie waren morgens trocken. Der Ausbilder war dann jedoch partout nicht zufrieden, weil er abends wollte, dass die Socken ausgezogen werden und separat (an extra gebastelten kleinen Gestellen von Ästchen oder Zweigen etc.) zum Trocknen aufgehängt werden. Manche haben das auch gemacht.

Das Ergebnis war, als wir frühmorgens aufgescheucht wurden, dass viele der so aufgehängten Socken von der Nachtfeuchte bzw. dem Tau total durchfeuchtet waren. (Die Rekrutenprüfung war seinerzeit im Oktober in Südbayern, wo es nachts durchaus frisch und regnerisch werden kann.) Die betroffenen Leute haben sie jedoch stillschweigend wieder angezogen und sind mit den "ästchengetrockneten" bzw. nassen Socken wieder in die Stiefel gestiegen und losmarschiert. Und sowas ist absoluter Bullshit. Das Ergebnis war, dass an diesem Tag nach weiteren 15 oder 20 Kilometern die Leute aufgescheuerte Füße und Blasen hatten und bald reihenweise als "fußkrank" ausfielen.

Zwar dürfte es so sein, dass ich bei einem raschen Rückzug nicht großartig Zeit zum Biwak habe (allerdings wohl auch nicht, um großartig Gestelle aus Ästchen zu bauen zwecks "Sockentrocknung"), aber was ich sagen will, ist, dass der Zustand des Schuhwerks, der Socken und der Füße in so einer Lage generell als enorm wichtig anzusehen ist. Sind meine Füße "kaputt", wird es auch nichts mehr mit dem schnellen Durchschlagen. Der Ausbilder damals hatte durch "seine Idee" dafür gesorgt, dass fast ein Drittel der Mannschaft nach einem halben Tag außer Gefecht gesetzt war...

Schneemann
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#3
Sehr gut dass du diesen absolut wesentlichen Aspekt ansprichst! Die Wichtigkeit die Füße in Ordnung zu halten wird heute meiner Meinung nach drastisch unterschätzt.

II FUßBEKLEIDUNG

Der Grund dafür ist meiner Meinung nach, dass man gar nicht mehr über längere Zeiträume in den Stiefeln marschiert bzw. lebt. Es macht einen erheblichen Unterschied ob man einmal beim Leistungsmarsch 30 km marschiert (was ja bei der Bundeswehr nicht einmal mehr praktiziert wird), oder ob man Wochenlang jeden Tag diese Strecke oder mehr zurück legt. Aber selbst wenn man nicht marschiert: Das müssen ja gar keine Märsche sein, einfach nur tägliches gefechtsmäßiges Vorgehen und 14 Stunden am Tag in den immer gleichen Stiefeln und mit wenigen Paar Socken über mehr als einen Monat hinweg reichen da schon aus und die ganze Welt sieht anders als bei dem Friedensbetrieb welchen wir hier so betreiben. Und im 2WK marschierten ganz gewöhnliche deutsche Soldaten jeden Tag über Distanzen die heute Angehörigen von Sondereinheiten schon als Leistungsgrenze erscheinen. Alles aber eine Frage der Gewöhnung und der Kenntnisse.

Heute befindet sich in den Stiefeln meiner Meinung nach vor allem anderen zu viel Kunststoff und die vorherrschende Gore-Tex Membran die eigentlich nur für sehr spezifische Umstände Sinn macht verstärkt die Problematik von Feuchtigkeit im Schuh nochmal erheblich. Dazu kommen die Schrottsocken die man heutzutage so hat. Entsprechend sind die Stiefel innen heute querschnittlich viel zu feucht. Bei nur einem Tag - oder wenigen Tagen mag das noch gehen, aber je länger es dauert, desto problematischer würde es. Und echte Kriege dauern nun einmal deutlich länger und weisen ganz andere Bedingungen auf als zwei, dreimal im Biwak zu übernachten.

Rein persönlich bevorzuge ich Lederstiefel, so schlicht wie möglich, mit einer zwiegenähten Sohle und das beste Material ist meiner Ansicht nach reines Juchtenleder. Heute herrschen in Bezug auf die Sohle und das Innenleben des Schuhes Konstruktionen mit PU vor. Das Problem hierbei lautet Hydrolyse und dass die Verarbeitung auch immer schlechter wird. Entsprechend lösen sich selbst bei sogenannten Bergstiefeln dann ausgerechnet da wo es drauf ankommt die Sohlen. Manche Hersteller wie Hanwag haben da meiner Meinung nach inzwischen erhebliche Qualitätsprobleme. Bei einer zwiegenähten Sohle kann das so nicht passieren.

Damit der Fuß atmen kann und trocken bleibt ist auch die richtige Lederpflege entscheidend. Früher schon hat man bei der Bundeswehr Stiefel einfach nur kaputt gepflegt, mit Schuhputzmitteln welche Silikon enthalten und entsprechend alle Poren verstopft. Da hätte man auch gleich Gummistiefel tragen können. Am katastrophalsten ist dann die Kombination aus Gore-Tex Membran und Silikonhaltigem Pflegemittel. Da könnte man dann gleich besser hochwertige Gummistiefel tragen (beispielsweise von Aigle) in welchen man auch sehr gut laufen kann und die durchaus auch Vorteile bieten. Und selbst heute noch stelle ich fest, dass Bundeswehrsoldaten in der Ausbildung so gut wie nichts über Stiefel, Socken, Fußpflege und Stiefelpflege usw beigebracht wird. Stattdessen gibt es weiter dienstlich gelieferten Unfug und heute herrschen anscheinend Haix Stiefel vor, welche für ein langfristiges ernsthaftes Geschehen nicht optimal sind, um mich mal vorsichtig auszudrücken.

Bezüglich Socken muss man selbst ein wenig experimentieren. Da gibt es nicht die eine Lösung für alle. Am besten sind Liner und darüber andere dünne Socken. Beispielsweise verwende ich oft dünne Linersocken von Woolpower und ziehe darüber dünne Baumwollsocken. Die Baumwolle saugt den Schweiß durch die Innensocken hindurch und nimmt ihn auf. Entsprechend wechsele ich nur die Außensocken wenn diese feucht geworden sind, und die frischen Baumwollsocken werden einfach wieder über den Liner Innen drüber gezogen. Im Winter bei kaltem Wetter ersetze ich das vom System her mit reinen Wollsocken als Außensocke.

Ein Hersteller der im Prinzip das gleiche Funktionsprinzip verwendet (Innensocke und Außensocke) ist Wrightsock, deren Produkte für mich sehr gut funktionieren, die aber natürlich recht teuer sind. Bei einem längeren aufreibenden Geschehen (wortwörtlich) gehen die zudem dann recht schnell kaputt. Von daher habe ich immer ein Paar davon einfach so als Reserve dabei, wenn es dann mal um Gewaltakte (Gewaltmärsche) aller Art gehen sollte. Für den Alltag aber eher die oben beschriebene günstigere Version des gleichen Funktionsprinzips. Die Löcher treten nämlich wie bei den Wrightsocks auch bei den Außensocken auf, während die Innensocken halten. Und statt den ganzen (teuren Writhgsock) wegzuwerfen ersetzt man einfach den Baumwoll-Außensocken der recht günstig ist.

Bezüglich Fußpflege hat sich bei im Laufe der Jahre Hidrofugal Deo (Schweißreduzierung) und Hirschtalg (Pflege der Haut) durchgesetzt. Aber auch da muss man experimentieren. Da gibt es auch nicht die eine perfekte Lösung für alle.

Beispielsweise verwendet ein Freund von mir Fußlappen wie sie die Russen teilweise heute noch verwenden. Ich komme damit gar nicht klar, aber für ihn ist es anscheinend perfekt. Ein wesentlicher Vorteil von Fußlappen ist es, dass sie schneller trocknen als Socken. Stichwort Trocknen: die wesentlichste Wärmequelle dafür ist wie Schneemann es schon richtig anmerkt die eigene Körperwärme. Wenn man über den Tag hinweg bereits Socken wechselt (womit man auch Feuchtigkeit aus dem Stiefel heraus hält), dann kann man diese auch schon tagsüber in der eigenen Kleidung trocknen, während man marschiert oder sich anderweitig körperlich anstrengt. Dann hat man Abends deutlich trockenere Stiefel und eventuell sogar bereits für den Schlafsack wieder trockene Socken was auch wertvoll sein kann bzw. die Socken trocknen dann deutlich schneller über Nacht da sie ja nicht so feucht sind.

Extra Gestelle aus Ästchen fürs Sockentrocknen zu bauen passt aber genau ins Bild dessen was in diesen Filmchen gezeigt wird. Pseudo-Lösungen die einfach nur aufzeigen, wie sehr man sich hin dieser Gesellschaft vom Leben draußen entfremdet hat.
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#4
Die nächste Sendung der Bundeswehr dazu:

III AUSRÜSTUNG

Und vorab noch mal das Wesentlichste: meine Ausführungen sind keine Kritik an den Kameraden. Die müssen das teilweise so vorführen, selbst da wo sie es privat besser wissen:

Survival-Tipps #1: Ausrüstung - Bundeswehr

Szenario: ein Soldat wird von seiner Gruppe abgeschnitten und verfolgt. Denkbar, nehmen wir es also mal an. Ostpolen. Waldwildnis. Russischer Angriff etc. Realistischer und notwendiger wäre eigentlich die Frage wie man als Gruppe überlebt (den als einzelner sieht es da sehr mau aus - oder wie man einem völlig zerstörten Ballungsraum ohne Strom und Trinkwasser durchkommt (Mariupol et al), aber nun gut: erneut im Buchenwald in Ostpolen unterwegs, warum auch nicht......

Aufgabenstellung: "Wie kann er 2 Tage bei jeder Witterung im Wald überleben?!" (nur 2 Tage, ernsthaft?)

"Wie ernährt er sich? Und wie kommt er durch die Nacht?"

Auf zwei Tage gerechnet und bei den gezeigten Witterungsbedingungen ist Ernährung das geringste Problem (oder sogar völlig irrelevant) und sind 1. Nicht vom Feind gestellt zu werden, 2. Unterkühlung und dem folgend 3. Wassermangel viel wesentlicher.

Folge 1 - AUSRÜSTUNG

"Je nach Auftrag hat er seine Gliederung der Ausrüstung dabei."

Das ist schon mal eine Grundannahme die man eigentlich zurück weisen muss. Es ist wahrscheinlicher, dass er aufgrund der Umstände (getrennt von der Gruppe, Verfolgt von Feinden) eben nicht eine spezifische Ausrüstung vorweisen kann. Wenn man davon ausgeht, spezifische Ausrüstung dabei zu haben, was macht man dann wenn man diese nicht dabei hat oder nicht in dieser Anordnung und Zusammenstellung dabei hat?

Das wesentlichste in Bezug auf Ausrüstung also Vorab: FÄHIGKEITEN sind entscheidender. Nur Fähigkeiten ohne Ausrüstung tragen wesentlich weiter als eine noch so gute Ausrüstung ohne Fähigkeiten. Auf der anderen Seite darf man die Bedeutung der Ausrüstung natürlich auch nicht gering schätzen. Man kann nicht alles durch Fähigkeiten kompensieren und je widriger die Umstände, desto wesentlicher wird die RICHTIGE Ausrüstung.

Die Ausrüstung perfekt zusammen zu stellen und richtig anzuwenden ist aber auch eine FÄHIGKEIT. Und genau darum geht es im vorliegenden Film eigentlich und auch in meiner Kritik daran!

Im weiteren wird hier die Ausrüstung in 3 Bereiche eingeteilt:

0:17: First Line - Second Line - Third Line

Mal abgesehen von den Denglischen Worthülsen ist die Idee dahinter eine Abstufung bezüglich der Wichtigkeit vorzunehmen. Man hat also verschiedene und zugleich verschieden schwere und in ihrer Sperrigkeit unterschiedliche Ausrüstungen dabei. Je nach den Umständen hat man also nur die First Line, oder First und Second Line oder alle drei dabei.

Von dieser Unterteilung halte ich rein gar nichts.

Bezüglich der First Line wird hier ausgeführt, dabei handele es sich um Sachen die man unbedingt fürs Überleben braucht, um 24 Stunden zu überleben. Zum einen ist es nicht gesagt, dass dieser Plan aufgehen wird, jede Ausrüstung muss daher im Prinzip eigentlich dazu dienen so lange wie nur irgendwie möglich zu überleben, zum anderen sind 24 Stunden mal rein gar nichts, zum Dritten ist die gezeigte Ausrüstung vollkommen unvollständig. Was hier gezeigt wird geht in Richtung dieser unsäglichen Survival Kit Mentalität. Man hat also eine Art Survival Kit dabei, dass ist die First Line......

Stattdessen benötigt man EINE Ausrüstung aus einem Guss, welche für beliebig lange Zeiträume reicht.

Wenn man aber nun die Darstellung verwenden will, also eine Einteilung der Ausrüstung in 3 Bereiche, dann ist in Wahrheit die Bekleidung der erste und wesentlichste Bereich. Für das Überleben von 24 Stunden benötigt man eigentlich nur die richtige Bekleidung, der ganze Rest ist demgegenüber viel weniger relevant. Im gezeigten Film wird aber die Bekleidung gar nicht, oder in völlig falscher Reihenfolge, bzw. einem falschen Kontext genannt bzw. thematisiert. Die Bekleidung erfüllt zugleich die Funktion der Tarnung und dient der Bewegung (siehe die Ausführungen über Schuhwerk und Füße oben) und dient daher sowohl dazu dem Feind zu entkommen als auch gegen die Umweltbedingungen zu bestehen.

Völlig konträr dazu nennt der Ausbilder hier dann beispielsweise den Nässeschutz als Teil der Third Line (bei 1:20). Die Bekleidung als erster und wesentlichster Bereich wird hier auf drei Bereiche aufgeteilt und elementarste Teile der Kleidung als am wenigsten wichtig genannt.

Dies ist meiner Überzeugung nach grundfalsch.

Stattdessen benötigt man ein den Umständen angepasstes, trotzdem möglichst flexibles und möglichst vielseitiges und ganzheitliches Bekleidungskonzept.

Im weiteren werden als Teil der First Line Gegenstände genannt die man angeblich für 24 Stunden benötigt. Jeder Bereich hat hier also konzeptionell einen Zeitraum zugeordnet. First Line 24 Stunden / Second Line 48 Stunden / Third Line mehr als 48 Stunden. Nun wird hier folgendes genannt – ab 0:28:

Papier / Stift, Set zum Feuermachen in wasserdichter Box, Notverpflegung, Multi-Tool, Kompass, Tarnschminke, Löffel, Esbitkocher, Knicklichter, Feldflasche (nicht genannt, liegt aber hinten rechts)

Alssoooo:

Nehmen wir mal an, es geht um Ausrüstung über die Bekleidung als wichtigstem ersten Bereich hinaus und lassen wir uns mal auf diese Zeitzuordnung von 24 Stunden ein. Dann benötigt man keine Notnahrung, Esbitkocher, Feuermach-Set usw, dass ist im Kontext einfach nur Unfug, verschwendetes Gewicht, einfach völlig sinnlos und nutzlos.

Um es nochmal in Erinnerung zu rufen: Man ist allein und versprengt, und wird verfolgt.

Auf die Bekleidung (zu der ich auch Stiefel, Mütze, Handschuhe, Halstuch usw rechne) folgend sind daher folgende 4 Bedürfnisse relevant: 1. (weitere) Tarnung (könne man aber auch unter Bekleidung subsumieren und mit dieser zusammen fassen, 2. Mittel zur Orientierung (Kompass, aber auch Knicklichter etc), 3. Bewaffnung (den wir sprechen hier ja von einem militärischen Kontext) und 4. Wasser.

Wenn wir also die Tarnung als zum ersten Bereich, der Kleidung gehörend definieren, verbleiben Orientierung, Bewaffnung und Wasser. Die beiden letztgenannten werden hier im Film aber erst als Teil einer Second Line genannt. Geradezu Irrsinnig weil mit dieser ja ein 48 Stunden Zeitraum verknüpft wird – benötigt man also bei bis zu 24 Stunden etwa keine Waffe und kein Wasser ?!

Ein sinnvollerer Ausrüstungsgegenstand sind die Knicklichter, dazu sollte noch eine möglichst kompakte und von der Leuchtstärke her dimmbare Taschenlampe mit Rotlicht kommen. Im Dunklen tatsächlich relevant, auch wenn ich im ersten Eintrag ja schon ausgeführt hatte, dass man Bewegung bei Dunkelheit wenn möglich meiden sollte. Aber natürlich muss man die Option haben, sollte man das nicht vermeiden können.

Die Second Line – ab 0:44:

Hier sieht man nun Sturmgewehr, Plattenträger/Tragevorrichtung, Wasser, Helm, Essgeschirr, Wechselwäsche, ein zweites Paar Handschuhe (warum ??), ein größeres Messer und einen kompakten Rucksack (Sturmgepäck), Schutzbrille

Gerade die Bewaffnung wie auch Wasser gehören ohne jeden Zweifel höher gewichtet als Esbitkocher, Feuermachset und Essgeschirr. Und wenn wir nun in diesem Bereich angekommen sind, dann stellt sich die Frage, was für Ausrüstung exakt wie viel wiegt und was man in diesem Kontext weg lassen sollte und weglassen muss.

Bewaffnung und Schutzbewaffnung: Statt einem schweren Plattenträger in welchem man die Magazine führt sollte man diese einfach in den Jackentaschen verstauen. Man benötigt auch nicht so viele davon. Ebenso weg mit dem Helm. Und auch die Schießbrille ist überflüssig. Schon spart man mindestens drei Gegenstände und sogar erheblich Gewicht.

Wasserflaschen / Essgeschirr et al: Wenn man eine Metallflasche mit einer größeren Öffnung hat, kann man darin auch Wasser abkochen, Kochen bzw. Essen zubereiten (auch wenn das in Wahrheit wenig relevant ist). Statt also der gezeigten Feldflasche mit einer kleinen Öffnung, und zusätzlichen Kunststoff-Wasserflaschen sollte man eine größere Metallflasche mit möglichst großer Öffnung haben, und um diese herum einen stabilen Draht damit man die Flasche daran aufhängen kann.

Stichwort Wasser: ein einfacher kompakter Filter ist überlegenswert (beispielsweise ermöglicht ein Life Straw fast alles Oberflächenwasser in Mittel- und Osteuropa direkt zu trinken !

Feuermacht-Set und Esbitkocher: Ein einfacher Feuerstahl genügt vollauf. Weder ist hier ein ganzes Set notwendig, noch ein Kocher, und schon spart man wieder mehrere Gegenstände.

Multitool und Messer: Ein Multi-Tool genügt vollauf. Es gibt inzwischen auch spezialisierte Multitools die man sehr weitgehend für die Reinigung seiner Waffe und Arbeiten an dieser hernehmen kann. Relevant sind vor allem eine Säge und ich persönlich bevorzuge es zwei Klingen zu haben (1 mit Wellenschliff und 1 mit glatter Klinge). Schraubenzieher etc sind weniger wichtig, ein Dosenöffner kann sehr wichtig sein. Entsprechend braucht man kein Messer zusätzlich, also weg damit. Als Zusatzmittel könnte man noch eine Drahtsäge ins Auge fassen. Sägen ist übrigens wesentlich leiser als Hacken und darauf kommt es an (Stichwort Holz Batonieren, dazu zeige ich später noch einiges an BW Unfug)

Wie man also sieht kann man überall Ausrüstung weglassen! Und das ist immens relevant, den je mehr Gewicht ich weglassen kann, desto mobiler werde ich, desto weniger erschöpfe ich und desto mehr Strecke kann ich machen.

Wenn man noch Handgranaten übrig hat, macht es glatt Sinn mit zurückgelassenen Gegenständen Sprengfallen zu bauen. Wenn diese auslösen weil sich doch ein Idiot findet der den Helm oder das Magazin aufhebt umso besser, zugleich wird man durch den Knall gewarnt, wenn nicht, weiß man dass der Gegner der einem folgt gut ausgebildet ist, was auch einen Wert für sich darstellt.

Third Line ab 1:11:

„Im Rucksack, im Rucksack ist alles drin....“

Allein schon wenn es so anfängt. Mehr als ein Sturmgepäck sollte man gar nicht dabei haben alles andere ist zu schwer, zu erschöpfend, zu langsam. Genannt werden im weiteren:

Weitere Wechselwäsche, ne Isomatte, nen Schlafsack, Klappspaten, Waschzeug, weiteres Wasser, Nässeschutz, Tarp und was weiß ich nicht noch alles.

Gehen wir es mal der Reihe nach durch:

Wechselwäsche: sollte bereits im Bereich Kleidung inkludiert sein. Und da man nie weiß wie lange und was, muss das ganze Bekleidungskonzept so ausgelegt sein, dass man mit möglichst wenig Kleidung möglichst weit kommt. Die Bekleidung muss entsprechend konzipiert werden.

Isomatte: Die BW Faltisomatte ist vergleichsweise vielfältig einsetzbar, passt ins Sturmgepäck und bringt einiges. Lasse ich mir eingehen, aber dass gehört eher in den zweiten Bereich und nicht erst in einen dritten. Sie ist relevanter als etliches was hier in der Second Line gezeigt wird, beispielsweise relevanter als ein Helm und ein Plattenträger zusammen.

Schlafsack: In vielen Fällen fragwürdig, und wenn das Bekleidungskonzept stimmt, dann reicht ein sehr leichter und kompakter Schlafsack der dann primär den Zweck hat die Bekleidung bei Ruhephasen in der Wärmeerhaltung zu unterstützen. Es gäbe hier auch noch andere Optionen wie einen Poncho-Liner, einen Thermalumhang oder eine Swagman-Rolle etc

Nässeschutz: in Bezug auf die Kleidung habe ich mich ja schon dazu ausgelassen, nun weiter zu Tarp, Poncho etc.

Man kann diese Frage nicht von Rucksack und Schlafsack getrennt betrachten. Im Prinzip sind das die großen Drei: Schlafsack, Rucksack, Zeltplane / Zelt. Je mehr Gewicht man hier spart, desto besser. Also allenfalls einen UL Schlafsack, keinen Rucksack (nicht notwendig weil man viel weniger insgesamt dabeit hat) – also nur ein leichtes Sturmgepäck – und dann genügt ein beschichteter Thermalponcho, der aber wieder unter Bekleidung fällt und vor allem auch zur Tarnung erforderlich ist. Schon kann man hier etliche Kilogram insgesamt einsparen.

Klappspaten: Mit einem Wort: Nein. Nicht wenn man allein ist und versprengt.

Beschließend: was hingegen in der ganzen Aufzählung nicht so auftaucht ist Schnur / Seil. Beides ist immens wertvoll für viele Aufgaben und sollte unbedingt dabei sein. Ebenso notwendig ist klassisches möglichst robustes Gewebeklebeband, es muss keine ganze Rolle sein (Gewichtsfrage), aber schon eine halbe Rolle reicht völlig und wiegt jetzt nicht so übermäßig viel.

Und was man beschließend noch überlegen könnte, für einen Dritten Bereich von Zusatzausrüstung wäre ein kompaktes ultraleichtes Fernglas, welches erhebliche Vorteile in vielen Situationen bietet. Alternativ wäre natürlich eine leistungsfähigere variable Optik auf dem Gewehr genau das gleiche, aber nicht jedes Gewehr hat eine solche und ein kompaktes Fernglas hat eventuell deutlich mehr Leistung gerade in der Dämmerung oder Nachts.

Und in die gleiche Richtung gehend wäre ganz zum Schluss ein leistungsfähiges Thermalsichtgerät immens wertvoll.

Bei einer Einteilung in Drei Bereiche (welche ich konzeptionell ablehne) kämen also folgende Bereiche heraus:

1. Bereich:

Bekleidung (inkludiert Nässeschutz und Tarnung)

2. Bereich:


2.1 Orientierung (Kompass, Taschenlampe, Karten etc), 2.2 Bewaffnung (Gewehr, Magazine in den Jackentaschen, Granaten!), 2.3. Wasser (Mehrzweck-Metall-Trinkflasche)

3. Bereich:

Unterstützung der bereits genannten Bereiche, durch:

Bereich Bekleidung > 3.1. Übernachtungsausrüstung (UL Schlafsack, Isomatte),

Bereich Orientierung / Bewaffnung > 3.2. Fernglas, Thermalsichtgerät

Bereich Wasser > 3.3. Filter, Wasserreinigungstabletten, Feuerstahl

Sonstiges > 3.4. Schnur, Gewebeklebeband, möglichst kompakte und leichte Notnahrung


Stattdessen wird im gezeigten Film etliches auf mehrere Bereiche aufgeteilt, was organisch zusammen gehört.

Die Ausführungen dazu habe ich jetzt mal absichtlich nicht zu detailliert und exakt ausgeführt, obwohl ich durchaus absolut exakte Listen von spezifischen Produkten mit exakten Gewichts- und Volumenangaben nennen könnte. Mir geht es hier eher um das Prinzip, also um grundlegende Konzeptionelle Überlegungen, und nicht um Produkt XY ist besser als Produkt YZ. Viel relevanter sind meiner Meinung nach die ganz grundsätzlichen Überlegungen und Auffassungen in diesem Kontext.

Fortsetzung folgt: auf das folgende:

https://www.youtube.com/watch?v=yeUrdBHCDx4
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#5
Wir Dorfjungs hätten damals als 12jährige locker 14 Tage im Wald alleine überlebt. Da hätte im Prinzip passende Kleidung und ein ordentliches Taschenmesser gereicht. Natürlich wäre es komfortabler gewesen wenn man noch Lampe, Metallbecher, Zündhölzer etc. dabei gehabt hätte, aber heute muss man scheinbar ein halbes Wohnmobil mitschleppen.
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#6
Auch wenn es eine ironisch überspitzte Aussage ist bringst du die Sache damit trotzdem recht gut auf den Punkt.

In einem militärischen Kontext reicht aber natürlich ein Taschenmesser nicht. Aber andererseits sollte man trotzdem seine Ausrüstung so weit wie möglich reduzieren und vor allem anderen überall Gewicht und Gegenstände einsparen. Je vielseitiger man das was übrig bleibt verwenden kann, je multifunktionaler alles ist und je mehr Fähigkeiten man im Umgang damit hat, desto leichter ist man unterwegs, und damit desto schneller.

Ich beschäftige mich seit Jahren beispielsweise mit dem sogenannten Ultraleicht-Trekking. Dessen Erkenntnisse am Militär bisher anscheinend vorbei gegangen sind. Je besser ich darin im Laufe der Jahre wurde, desto krasser wurden meine Leistungen. Nicht weil ich irgendwie körperlich besonders leistungsfähig wäre, sondern weil das ganze Grundkonzept diese Leistung generiert.

Ultraleicht-Trekking dreht sich nicht um ultrateure Ausrüstung, oder ultraleichte Ausrüstung (teuer), auch wenn der Name das scheinbar impliziert. Es dreht sich darum Ausrüstung anders zu nutzen und es dreht sich um Fähigkeiten. Kleidung und nur ein Taschenmesser sind daher eine mögliche Definition dieses Konzepts (in einer überspitzten Form).

Nehmen wir mal als ein Beispiel die Kombi aus Schlafsack und Isomatte. Die Armeeschlafsäcke (bspw. heutzutage der Carinthia Defence 4) sind im Vergleich zur Wärmeleistung unnötig groß und unnötig schwer. Dies geht noch nicht einmal einher mit einer größeren Robustheit. Der Grund ist die Konstruktion selbst, da das größere Innenvolumen (wie bei einem Panzer) ein größeres Gewicht durch mehr Außenfläche erzeugt. Dazu fehlt noch eine Unterteilung im Kopfbereich um die Kälte nicht in den Kernbereich des Schlafsackes einsickern zu lassen. Und eine Isomatte muss nicht zwingend die ganze Länge der Person abdecken, da der Fuß / Wadenbereich auch durch den auf den Boden gelegten Rucksack abgedeckt werden kann. Hat man dazu noch ein intelligentes Kleidungssystem, kann man einen wesentlich leichteren und wesentlich kompakteren Schlafsack verwenden und eine deutlich kompaktere Isomatte. Und man spart Gewicht.

Überträgt man dieses Prinzip auf alle Ausrüstung, ergibt sich dann insgesamt eine so erhebliche Gewichtsersparnis, dass man dadurch deutlich mobiler wird, und trotzdem komfortabler unterwegs ist und weniger erschöpft, also mehr Ausdauerleistung generieren kann. Eine intelligente ineinander greifende Anordnung der Ausrüstung kann so viel Gewicht einsparen, dass man entweder signifikant mehr Waffen und Munition pro Person mitführen kann, oder dass man immens viel mobiler und durchhaltefähiger wird.
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#7
IV LAGER (1)

DAS Nachtlager

„Was passiert wenn der Soldat von seiner Gruppe abgeschnitten ist und verfolgt wird?“

https://www.youtube.com/watch?v=yeUrdBHCDx4

Survival-Tipps #2: Unterkunft - Bundeswehr

0:22 Bau eines Lean-To (Schrägdach) mit einem Tarp (oder Poncho)

Wenn man das Bild nun genau betrachtet, stellt man fest, dass schräg hinter dem Schrägdach ein künstliches Geflecht aus Ästen ist, welches anscheinend der Tarnung dienen soll. Ein solches Gestell zu errichten ist zeitaufwendig und sinnlos. Zudem tarnt es nur in eine Richtung.

Die ganze Wahl der Lagerstelle mitten in einer Laubholz-JD mit einem Schrägdach ist bereits fragwürdig. Den damit erzeugt man eine künstliche Erhöhung innerhalb dieser Waldstruktur welche extrem auffällig ist. Ein Schrägdach ist entgegen der Aussage des Kameraden auch nicht die schnellste Form eines Unterschlupfes und in Bezug auf die Wärmeerhaltung auch nicht die günstigste. Sie macht vor allem Sinn in Kombination mit einem Feuer. Macht aber ein Feuer in dem genannten Kontext überhaupt Sinn?

Wenn man also schon an einer derart ungeeigneten Stelle lagern will, ist es wesentlich einfacher das Tarp ganz flach über den Boden zu spannen, Laub aus der Umgebung auf das Tarp zu werfen und dieses damit zu überdecken und dann darunter zu kriechen. Der kleinere Raum hält die Körperwärme besser, Wind und Nässe werden eher weggehalten und die Tarnung ist wesentlich besser.

Hinter ein Schrägdach ein elaboriertes Tarngestell zu bauen ist demgegenüber schon fast komisch.

Genau genommen wiederspricht das ganze Lager aber sogar der Kernaussage des Ausbilders selbst: Zitat bei 0:36 fort folgend: „Am besten dort wo auch die Wildsau hingeht, schön im Unterschlupf, gut getarnt, von der Außensicht abgegrenzt.“

Um diesen Gedanken nochmal aufzugreifen: Entweder suche ich mir also eine entsprechende JP, also einen absolut dichten Jungwald, oder ich baue das Lager halt so dass es nicht derart heraus steht wie ein Schrägdach oder man kombiniert beides (Idealfall). Für das genannte Szenario ist ein Schrägdach (Lean-To) also in keinem Fall die optimale Wahl.

Stichwort Knoten und schnelles Ausweichen:

0:32 „Dazu benötigt man verschieden Knotenarten.“

Nein, benötigt man nicht. Und insbesondere nicht die hier gezeigten. Es gibt genau zwei Varianten des sogenannten Evenken-Knotens, womit man de facto absolut alles abdecken kann. Man erzeugt damit zwei Arten von Schlingen, welche man auf einen einzigen Griff und Zug komplett lösen kann. Eine die sich zuzieht und eine die fest bleibt. Damit kann man de facto fast alles abdecken. Mehr Knoten benötigt man praktisch gesehen nicht.

Fest:

https://www.youtube.com/watch?v=mP4A5x4U3o8

Zuziehend:

https://www.youtube.com/watch?v=X0G1I1EUkhg

0:47 Maximale Zeit für ein Schrägdach 15 Minuten.

Solche Zeitvorgaben sind sinnfrei. Im Prinzip kann man mit einem Tarp de facto überall in 5 Minuten oder weniger einen Schutz errichten, wenn man es kann. Entscheidender ist eigentlich die exakte Wahl des Lagerplatzes. Das Aufbauen des Tarps selbst ist demgegenüber völlig irrelevant. Den richtigen Lagerplatz zu finden ist das A und O, alles andere nachrangig. Auf die Wahl des richtigen Lagerplatzes geht der Film aber überhaupt nicht ein, lediglich kann man feststellen, dass der gezeigte Lagerplatz völlig unzureichend und falsch ist!

Und bei 1:05 ist schon wieder alles zu Ende und das wars.
Ein Schrägdach mit einer elaborierten Abtarnung durch ein aufwendiges Tarngestell an völlig ungeigneter Stelle.....

Und weiter geht es mit dem Batonieren von Feuerholz mit einem Schrade-Messer (1:06) – den mit das wichtigste ist ja die eigene Geräuschsignatur ….

Fortsetzung folgt:

https://www.youtube.com/watch?v=SEdP6WoLKSE
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#8
Das was lime angesprochen hat, ist natürlich auch ein Punkt. Die heranwachsende Generation wird in gewisser Weise naturentwöhnt aufgezogen. Alles muss möglichst behütet sein und abgesichert, und der Kleine könnte sich ja draußen wehtun.

Ich beobachte es durchaus: Zu meiner Jugend- bzw. Schulzeit bis zur 7. Klasse, grob sagen wir mal die 1. Hälfte der 1990er, haben wir nach dem Ende der Schule quasi den Ranzen in die Ecke geworfen und sind nach draußen, egal ob mit Fahrrad (natürlich ohne Helm) oder Cowboyhut. Radrennen, "Lägerle" im Wald, Herumklettern im Steillage-Weinberg. Und naja, wir kamen eben mal mit Beule, dreckig, mit kaputter Hose oder offenen Knien heim - aber ich habe das Abitur dann trotzdem geschafft.

Und heutzutage sieht man kaum mehr Kinder, die so draußen herumtoben, wie ich es von damals kenne (und mit damals meine ich eben nicht die Adenauer-Zeit, sondern das sind gerade mal 25 Jahre). Allenfalls kickt noch jemand einen Ball gegen ein Garagentor - und dann beschwert sich auch noch jemand.

Insofern: Ich mache das der heutigen Generation gar nicht zum Vorwurf. Sie wird so herangezogen und sie tut mir einfach nur noch leid. Weil ich denke, dass ihnen so vieles verloren geht und dass sie vieles gar nicht kennen. Wir wussten damals, was die Wetterseite eines Baumes ist, ich bin mir nicht sicher, wie viele Kinder es heute noch wissen...

Ich muss aber nun feststellen, dass ich den Thread entführt habe. Confused

Schneemann
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#9
Schneemann:

Das ist mir dezidiert vor allem jetzt in der Pandemie-Zeit so extrem aufgefallen. Man sieht überhaupt gar keine Kinder mehr draußen und vor der Pandemie waren da immerhin noch ein paar unterwegs. Die hocken alle drinnen und gehen kaum noch vor die Türe und hängen den ganzen Tag vor dem Rechner.

Das hat nicht einmal etwas mit Naturentwöhnung zu tun, die gehen auch in der Großstadt nicht mehr raus. Entsprechend degenieren ihre körperlichen Fähigkeiten und ihre Befähigung die Umweltbedingungen einfach hinzunehmen. Ständig ist Kindern heute zu kalt, zu heiß, sie haben Durst, sie können keine 50 m mehr gehen ohne etwas zu trinken, zu jammern und sich über die unerträglichen Zustände zu beklagen - aber in Wahrheit sind einfach ihre Sinne durch diese ganze Internet - Computerspielewelt derart überreizt, dass einfach alles andere langweilig und uninteressant ist, dass sind meiner Meinung nach alles eher Entzugserscheinungen der ständigen Nervenüberrreizung.

Und das über Jahre hinweg fortgeführt führt dazu, dass die Jugendlichen / jungen Erwachsenen dann körperlich und geistig verweichlicht sind. Diese Schneeflöckchengeneration die da jetzt heran wächst ist teilweise derart narzistisch und schwächlich, dass es absurd ist. Sie könnten aber schon, wenn sie es nur wollten, die Körper würden das ja schon hergeben. Es fehlt also vor allem an der Einstellung, am Willen, an jedweder Opferbereitschaft oder Fähigkeit etwas auszuhalten und zu erdulden. Das ständige Relativieren, Hinterfragen und Herumjammern erzeugt eine Mentalität, eine ganz grundsätzliche Einstellung die dem Überleben in Notsituationen sehr abträglich ist.


Allgemein:

Das Filmchen ist so kurz und unzureichend, dass ich noch etwas dazu nachschieben muss. Genau genommen kann man aus dem gesagten so gut wie nichts ziehen, und allenfalls von den gezeigten Bildern etwas ableiten:

IV LAGER (2)

Gelände: anscheinend weiträumig flach, junger Laubwald, keine Überdeckung, nasses Laub am Boden, überwiegend Buchenwald

Witterungsbedingungen: anscheinend kalt-nass, das Laub am Boden ist erkennbar nass, es muss vor kurzem geregnet haben, anscheinend aufklarendes Wetter

VOR ALLEM ANDEREN ist die exakte Wahl des Lagerplatzes alles entscheidend!

Die Aussage des Ausbilders dahin zu gehen wohin die Wildschweine gehen ist durchaus richtig. Man muss das weitergefasst so betrachten, dass (größere) Wildtiere von selbst immer automatisch Lager auswählen, die möglichst viel Deckung vor Wind bieten, einen möglichst guten Sichtschutz und gedeckte An- und Abmarschwege (Mehrzahl). Zudem werden gerade von Wildschweinen Lager gewählt die bereits so liegen, dass natürliche Ressourcen möglichst nahe sind oder das Lager wird unmittelbar in diesen angelegt.

Das lässt sich alles perfekt übertragen. Je dichter der Bewuchs, desto besser schützt er schon vor Wind und zugleich vor Aufklärung und behindert den Gegner beim Eindringen in das Dickicht, zudem kann kein Feind dies schnell genug und zugleich lautlos tun. Wichtig ist vor allem auch eine Überdeckung nach oben.

Dann ist ebenes Gelände nachteilig. Das Lager selbst kann schon halbwegs eben sein, aber das Gelände sollte durch seine Ausformung es hergeben, dass man sich durch das Gelände selbst gedeckt weg bewegen kann (das dient auch dem Schutz vor etwaigen Beschuss und deckt auch gegen Aufklärung mittels Thermalsicht etc) Im Idealfall liegt das Lager so, dass Kaltluft abfliessen kann, beispielsweise ist es in Tälern unten kälter als am Hang weiter oben und dort wiederum wärmer als ganz oben. Zudem ist der Abfluss von Regenwasser zu bedenken, nichts wäre schlechter als eine Mulde im Flachen in welcher man dann bei Regen in einer wachsenden Lache liegt.

An Ressourcen wären Wasser und Feuerholz relevant. Wenn man ein Feuer benötigt (und im Idealfall benötigt man keines !), dann muss man bedenken dass ein Feuer erhebliche Mengen an Feuerholz verbraucht, dieses auch ausreichend trocken sein muss (Rauch!) und bereits bevor es Dunkel wird aufbereitet und in Griffweite zur Verfügung gestellt sein muss. In einer nicht-militärischen Survivalsituation wäre das Lager in jedem Fall so zu wählen, dass möglichst viel ideales Feuerholz unmittelbar neben dem Lagerplatz ist (dazu noch mehr unter Feuer).

Tote Bäume sind zu bedenken, da diese durch starken Wind bereits umstürzen können und dann eine erhebliche Gefahr darstellen und ebenso Totäste, gerade in einem Laubwald bei größeren und älteren Laubbäumen (Witwenmacher).

Man sollte zudem nicht an oder in der Nähe von Ufern von Flüssen, Seen, größeren Teichen, größeren Bächen etc lagern. Zum einen versperrt das einem Rückzugswege und man kann leicht gegen das Ufer gedrängt werden, zum anderen ist es dort dann feuchter und kälter, zum dritten ist eventuell eine Aufklärung über das Wasser möglich weil diese effektiver und effizienter ist. Also Abstand von jedem Wasser das man nicht mit einem Sprung einfach überqueren kann.

Nun kann man in einer militärischen Situation natürlich davon ausgehen, dass der Feind auch um diese Umstände weiß und daher genau solche Positionen abklappert. Je nachdem wie stark der Verfolgungsdruck ist, könnte man daher auch zu abweichenden Lösungen kommen. Das will aber wohlüberlegt sein. Ist ein Waldgebiet nur ausreichend groß (Osteuropa), und ausreichend unerschlossen (Waldwege, Rückegassen, keine Leute im Wald etc) dann gibt es derart viele mögliche Positionen, dass der Gegner diese nicht ausreichend schnell und ausreichend gründlich überprüfen kann.

In die exakte Wahl des Lagerplatzes sollte man einiges an Überlegungen investieren ! Man kann sich da gar nicht genug Mühe mit geben !

Die genaue Position ist wesentlicher als die Ausrüstung die man dabei hat und wesentlicher als die Art und Weise wie man dann darin lagert. Man sollte auch nicht unbedingt die erste Position nehmen die einem geeignet erscheint, eventuell gibt es ja noch eine deutlich bessere.

Hat man dann eine geeignete Stelle, ist zu hinterfragen ob man überhaupt ein Tarp aufspannt. Den das kostet nur Zeit und bringt meist wenig, am wenigsten als Schrägdach. Ein solches funktioniert eigentlich nur wenn der Regen / Wind gesichert aus einer spezifischen Richtung kommt und Wärme erzeugt es nur dadurch indem es Wind und Nässe weghält (was man auch anders bewerkstelligen kann) und die Wärme eines größeren Feuers reflektiert.

Wenn man sich schon flach hinlegen will (was zu hinterfragen ist), dann ist ein „Flachdach“ besser. Richtig angelegt kann man damit zugleich auch mögliches Regenwasser auffangen, es tarnt viel besser im Gelände, auch gegen Aufklärung von oben und verringert den Raum welchen man mit der eigenen Körperwärme wärmt. Eine Problemstellung die man konträr erwähnen müsste ist eventuell Kondenswasser.

Natürlich bietet nun ein solches Flachdach nicht die gleichen Möglichkeiten was Feuer angeht, aber es ist einfach nicht praktikabel die ganze Nacht ein Feuer zu unterhalten, gerade in dem gezeigten militärischen Szenario nicht. Gerade bei den Bundeswehr-Biwaks bzw. entsprechenden Lehrgängen haben die Feuer wenn man es mal genauer ansieht und hinterfragt oft keinen realen praktischen Zweck. Wenn es natürlich unumgänglich ist (aufgrund Unterkühlung etc) muss man eines machen. Dann bietet es sich an ein einfaches Gruben- oder noch besser ein Lakotafeuer zu machen.

Wenn man ein solches kleines Feuer hat, oder ein Kerze oder ein paar Esbitwürfel etc, kann man sich dann auch über das Feuer setzen, entsprechend das Tarp um einen herum wickeln und so im Sitzen die Wärme von unten auffangen. Ganz allgemein sollte man die Fähigkeit einüben im Sitzen zu schlafen, was immens vorteilhaft ist. Wenn man im Sitzen sich einen Poncho mit Poncholiner umhängt und an einen Baum gelehnt im Sitzen schlafen kann, dann kann man Nächte von der Kälte eher durchstehen die man ansonsten im Liegen unter einem Schrägdach so nicht durchgestanden hätte. In einem militärischen Szenario ist das Schlafen im Sitzen auch sonst immens vorteilhaft um schnell reagieren zu können, schnell ausweichen zu können etc. Aber es will gelernt / gekonnt sein, dass können die meisten nicht einfach so.

Will man im Sitzen schlafen und Wärme von unten, kann man vorher auch ein etwas „größeres“ Grubenfeuer machen und dieses dann mit Erde / Kies / Sand (was halt da ist) zuschieben und dadurch löschen. Die Glut und der erhitzte Boden und das trocken und heiß gewordene Material das man drüber schiebt positioniert man dann unter sich und schläft so im Sitzen darauf (Tarp oder Poncho etc umgehängt). Theoretisch geht das mit einem größeren längeren Feuer auch im Liegen (Signatur !) - falsch ist es dann wie es oft gezeigt wird die Kohlen / Glut zur Seite zu schieben. Stattdessen muss man trockenen (getrockneten) Boden darüber schieben.

Stichwort Schlafen: ein Problem das viele unterschätzen ist das Schnarchen. Die meisten Menschen schnarchen nur in bestimmten Schlafpositionen, und in anderen nicht. Meiner rein persönlichen Anschauung nach schnarchen die meisten nicht wenn sie auf dem Bauch liegend schlafen. Wenn man also ein solches Problem hat (Geräuschsignatur), dann sollte man auf dem Bauch schlafen. Das hilft übrigens auch etwas gegen die Bodenkälte dahin gehend dass man sie besser aushalten kann (der Wärmeverlust ist natürlich ähnlich hoch.

Stichwort Boden: die nassen Blätter müssen weg. Im vorliegenden Fall legt der Kamerad einfach seine dünne Isomatte direkt auf die nassen Blätter und darauf den Schlafsack. Solche Blätter sind allgemein nur nachteilig, und entsprechend saugt der Boden mehr an Körperwärme nach unten ab als er es ohnehin schon tun würde. Die dünne BW Isomatte ist ohnehin unzureichend, aber man kann überlegen sich eine entsprechende Unterlage aus Ästen usw zu bauen, damit man vom Boden und dessen Nässe weg ist.

Anbei anekdotische Evidenz: Ich schlief einmal Nächtens im Sitzen auf der gefalteten BW Isomatte, während meine Kameraden sich auf dieser ausgefaltet flach legten. Trotz Schlafsack (den früheren schweren ultraschlechten) war ihnen in der Früh kälter als mir, und das obwohl ich den Schlafsack einfach weggelassen hatte und stattdessen nur einen Poncholiner dabei hatte. Hätten sie eine vernünftige Unterlage gebaut und die Isomatte auf diese gelegt, hätte es andersherum ausgesehen.

Eine weitere Möglichkeit die Isolierung nach unten zu verbessern ist der Rucksack bzw. das Sturmgepäck. Es macht Sinn die Isomatte auf dieses zu legen bzw. beides auch auf andere Weise zu kombinieren.

Kann man davon ausgehen, dass der Gegner Thermalsichtgeräte hat, kann man heute auch von Drohnen ausgehen. Entsprechend ist ein Flachdach dann in Bezug auf die Tarnung die beste Option. Wesentlich ist es dann, die Kanten an der Seite so bündig auf den Boden zu bringen, dass von der Seite her keine kalte Bodenluft in den Unterschlupf einsickern kann. Im gezeigten Szenario kann es dann auch sinnvoll sein das Nasse Lauf auf das Flachdach aufzubringen, weil dies die Thermalsignatur völlig verwischt. Relevanter ist für die Isolation nach oben vor allem die Frage der Größe des Innenraumes einer solchen Unterkunft und wie Luftundurchlässig das Dach ist. Je Luftdurchlässiger ein Dach ist, desto untauglicher ist es für unsere Zwecke. Daher kann ein komplett regendichter Poncho besser sein als ein Polycottontarp. Man kann auch beides kombinieren. Allgemein halte ich aber sehr viel von Innen beschichteten dickeren Ponchos im Verhältnis zu den Tarps welche die BW verwendet. Die Beschichtung reflektiert mehr Wärme und deckt erneut die Thermalsignatur ab. Man kann sich so etwas auch aus einem normalen Poncho und einer Alurettungsdecke selbst bauen.

Stichwort Signatur: es macht keinen Sinn größere Veränderungen in der Landschaft vorzunehmen, weil dies nur dem Feind hilft. Dazu werde ich noch in anderen Filmchen der BW einige geradezu groteske Fehlgriffe zeigen. Wenn man das Lager abbricht sollte es ohne großen Aufwand so zurück gelassen werden können, dass seine Präsenz schon aus kurzer Distanz nicht aufklärbar ist.

Eine mögliche Optimallösung (allerdings stark Wetter und Geländeabhängig!) sind dabei Hängematten. Man kann mit einer Hängematte gleich mehrere Problemstellungen auf einmal lösen und diese können auch extrem kompakt und sehr leicht ausfallen. Man ist dann vom Boden weg, von Bodenkälte und Bodennässe geschützt und kann sehr schnell ad hoc und ohne größere Spuren zu hinterlassen räumen. Hängematten haben allerdings auch etliche Begrenzungen, und da müssen wie schon gesagt Terrain und Wetter stimmen.

Wenn man das Lager räumt, sollte man kreisförmig um dieses herum in einigem Abstand nach Spuren suchen, um festzustellen, ob der Gegner sich in der Nähe aufgehalten hat bzw. am Lager vorbei passierte. Das wird man nämlich in vielen Fällen gar nicht mitkriegen. An mir ist während ich schlief schon mal in nur ca 5 Meter Distanz eine ganze Gruppe vorbei marschiert. Die Stiefelabdrücke fand ich dann am nächsten Morgen.

Ebenso macht es Sinn dann von einem geeigneten Punkt in der Nähe aus erst mal noch eine Zeitlang auf Lauer zu liegen und die Umgebung zu beobachten um sicher zu gehen, dass keine Feinde in der Nähe lagern bzw. sich in der Umgebung bewegen.



Beim kurzen drüber lesen noch etliches vergessen, aber für einen ersten groben Überblick über ein mögliches Nachtlager mag es zumindest als Gedankenanregung dienlich sein.
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#10
Ich will mich da ja gar nicht groß einmischen, aber dieses undifferenzierte Generationendenken ist wenig hilfreich, insbesondere nicht, wenn es dann mit Kampfbegriffen gespickt wird. Zum einen, weil es schon in meiner Jugend Kinder gab, die das Tageslicht nur gesehen haben wenn sie vom Auto in die Schule getrottet sind, und ich finde es immer lustig, wenn meine Eltern darüber berichten, dass es ebenso zu ihrer Zeit der Fall gewesen ist (nur dass das Auto der Bus oder die Straßenbahn war). Sicherlich ist der Anteil inzwischen deutlich höher, der Wohlstand hat da sehr viel mehr Möglichkeiten geschaffen, aber diese Verallgemeinerung auf Generationen ist wenig hilfreich.
Zum anderen, und das finde ich viel wesentlicher, haben solche Beobachtungen meiner Ansicht nach gar keine Relevanz. Was ist denn geblieben bei denjenigen, die früher viel draußen gespielt haben? Der Naturbezug ist größer, aber in Richtung Strangtitel gehend, echte Überlebensfähigkeiten wurden doch damals gar nicht herausgebildet. Die Zahl derjenigen Kinder, die wirklich "14 Tage im Wald überleben konnte", wie Lime meinte, wie hoch soll denn die gewesen sein? Das waren auch vor fünfzig Jahren nur Promille der Gesellschaft, der Rest war viel draußen, wurde aber trotzdem zu Hause bekocht, hat allenfalls mal im Sommer eine Nacht im Zelt verbracht, und die Fähigkeiten im Wald zu defäkieren würde ich nun wirklich nicht überbewerten (auch wenn ich da schon die dollsten Geschichten gehört habe). Von denjenigen, die mit mir Bäume bekletterten und Felder durchstreiften, mit denen ich im Wald kampiert habe, oder auch Räuber und Gendarm oder Cowboy und Indianer gespielt habe, würde ich jetzt keinen herausheben, der genau deshalb irgendwelche großartigen Fähigkeiten mitbringt, die in Richtung Überlebenstechniken weiterhelfen. Es sei denn, er hat sich eben auch als junger Erwachsener dafür interessiert oder weitergebildet. Kurioserweise hat sich in unserer Gruppe gerade der kindliche Stubenhocker inzwischen zu einem echten Experte auf diesem Gebiet entwickelt (der übrigens sehr erfolgreich in Schulen Kinder an dieses Thema heranführt und auf großes Interesse stößt).

Wie gesagt, ohne mich jetzt groß einmischen zu wollen. Wink
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#11
@Helios
Zitat:Die Zahl derjenigen Kinder, die wirklich "14 Tage im Wald überleben konnte", wie Lime meinte, wie hoch soll denn die gewesen sein? [...]

Zum anderen, und das finde ich viel wesentlicher, haben solche Beobachtungen meiner Ansicht nach gar keine Relevanz.
Natürlich ist manches überspitzt oder zu sehr der eigenen Erfahrung entnommen. Und ich versuche auch, nicht zu sehr über die "Generationenschiene" zu argumentieren, weil dies von Generation zu Generation immer schon ein Thema, wenn auch mit unterschiedlicher Schattierung, war. Aber generell ist die "Naturentwöhnung" dennoch ein nicht von der Hand zu weisender Umstand, der sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt hat.

Ein großer Faktor dürfte dabei sicherlich die Digitalisierung sein, die bis in das Kinderzimmer hinein immer mehr vordringt und die vieles erleichtert, aber eben auch mehr Risiken birgt. (Ich selbst habe mir meinen ersten eigenen PC mit 20 gekauft.) Und dies wiederum bringt durchaus mehrere, ineinander greifende Probleme mit sich, die sich auf den Naturbezug und damit (weiter gesponnen) auch die Überlebensfähigkeiten auswirken können.

Natürlich wäre ich als Teenie nicht in der Lage gewesen, 14 Tage im Wald zu überleben, und ich war dann doch froh, wenn die Eltern abends die Klamotten in die Waschmaschine steckten, keine Frage, aber insgesamt gesehen waren wir quasi fast jeden Tag stundenlang draußen unterwegs und haben uns ausgetobt. Den Eltern war es sicher nicht ganz unrecht, und der körperlichen Entwicklung stand es auch nicht entgegen. Coole Zeiten. Zu vielen meiner damaligen Freunde habe ich noch Kontakt. Mancher hat Familie, mancher nicht - aber übergewichtig ist quasi keiner...

Insofern: Generell, so glaube ich, sind wir aktuell mit diesem Naturentzug also auf einem falschen Weg, der weiter gezeichnet mit Überlebensfähigkeiten zusammenhängen kann bzw. sich auf diese indirekt zwangsläufig auswirkt. Es sind ja bspw. nicht nur Soldaten bei uns oder der US-Armee teils übergewichtig, was die Werberkolonne häufig schon besorgt, sondern es sind bereits immer mehr Kinder in verstärktem Maße, auch in Deutschland, davon betroffen. Und dieses Phänomen nimmt leider von Jahr zu Jahr zu.

Dabei ist es noch nicht mal nur der Energy Drink vor dem 24-Zöller, sondern es ist einfach der Bewegungsmangel an sich, der durch den Naturentzug begünstigt wird. Und da kommt bekanntlich nicht nur ein "Rattenschwanz" an möglichen Folgeerkrankungen (Rückenleiden, Herz-Kreislauf-Themen, Diabetes etc.) hinterher, sondern es schmälert schlicht auch meine Chancen, eine kritische Situation, und damit wären wir wieder beim Survival-Thema, durchzustehen.

Schneemann
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#12
(15.04.2022, 11:28)Schneemann schrieb: Aber generell ist die "Naturentwöhnung" dennoch ein nicht von der Hand zu weisender Umstand, der sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt hat.

Sicherlich lässt sich das, bezogen auf die Kinder, nicht bestreiten - es ist ja sehr gut und ausführlich dokumentiert. Ebenso wie ein langanhaltender Trend einer Wiederentdeckung der Natur, der jetzt durch Corona noch einen Schub bekommen hat, auch wenn da viele Entwicklung zumindest als zweifelhaft zu bezeichnen sind.

Aber für mich fehlt der sachliche Nachweis einer Abhängigkeit von Überlebensfähigkeiten im Erwachsenenalter und typischen Naturerfahrungen in der Kindheit (also nicht die genannten Extremfälle), und nur weil beides irgendwie zusammenhängt, halte ich es nicht für richtig, da von dem einen auf das andere zu schließen.

Hier geht es ja (im weitesten Sinne) um ersteres, und ich denke halt nur, dass dieser Exkurs hin zu "geistig und körperlich verweichlichten Kindern" einer "Schneeflöckchengeneration" eher eine Offenbarung eigener gesellschaftlicher Ansichten darstellt, also eine Art von Manifest, der wenig zu einer sachlichen Diskussion, dafür aber viel zu einer Stigmatisierung der Thematik beiträgt. Und auch wenn ich das sicherlich niemandem verwehren würde, aber ich halte es nicht für zielführend, weder für die Diskussion, noch für den eigentlich richtigen Standpunkt, dass es nämlich deutliche Fehlentwicklungen bei Ausbildung und Ausrüstung gibt.
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#13
Helios:

Natürlich ist das AUCH ein (politisches) Manifest von mir, schlußendlich formuliere ich ja auch deshalb so scharfe Kritik an diesen Bundeswehr-Filmchen. Und sekundär hoffe ich auf Widerspruch zu meinen Ausführungen um davon etwas zu lernen. Tertiär kann der eine oder andere vielleicht eine Anregung mitnehmen.

Bezüglich des Generationendenkens und seinen Bezug zum Thema des Stranges möchte ich anmerken, dass es mir dabei nicht um Fähigkeiten / Kenntnisse geht. Den wie du es richtig anmerkst erlangt man solche nicht durch Kinderspiele im Wald. Das Problem das die Kinder heute nicht mehr draußen in Gruppen spielen sondern alleine vor dem PC übers Internet ist also nicht, dass sie deswegen keine Fähigkeiten erlangen, sondern dass sich ihre ganze Mentalität anders entwickelt. Das reicht weit über bloße Härte hinaus, und der wesentlichste Aspekt dürften dabei sogar die sozialen Fähigkeiten sein.

Konkreter zum eigentlichen Thema des Stranges:

Das Überleben hat mehrere Ebenen: das ist zum einen und obersten der 1. Wille. Dem folgend die körperliche 2. Grund-Konstitution, die man genetisch hat und/oder die man über viele Jahre hindurch in der Kindheit entwickelt hat. Dem folgend 3. unter Stress logisch rational zu denken (gesunder Menschenverstand). Dem folgend die 4. Fähigkeiten. Dem folgend die 5. Ausrüstung.

Die heutige moderne technische Lebensweise, zuvorderst aber Computer, Internet und zuvorderst das Smartphone und die sogenannten sozialen Medien, erzeugen meiner Überzeugung nach erhebliche Veränderungen sowohl in Bezug auf den Willen als auch in Bezug auf die Grundkonstitution. Es geht also NICHT um Fähigkeiten, sondern um eine komplett andere Einstellung, eine andere Sozialkultur, eine andere sozialkulturelle Grundströmung und schlußendlich darum, dass die wesentlichen Grundlagen auf denen das Überleben in fordernden Situationen basiert, und dazu gehört auch und insbesondere der Krieg dadurch erodiert werden.

Ich würde dabei noch nicht einmal den Begriff Naturerfahrung anwenden wollen. Einer der geistig und körperlich härtesten Burschen die ich überhaupt kenne wuchs inmitten der Großstadt mehr oder weniger auf der Straße auf. Der hatte in seinem Leben noch keinen Wald mit eigenen Augen gesehen bevor er mit mir bei der Bundeswehr anfing. Es geht nicht um die Naturerfahrung, sondern dass die ganze Wahrnehmung der Welt an sich und wie man in ihr lebt durch die verfluchten Smartphones und die sozialen Medien völlig verändert werden. Die junge Smartphone-Social Media-Generation die da heran wächst wird meiner Ansicht nach in weiten Teilen dadurch kriegsunfähig und überlebensunfähig. Das kann man nun als Gipfel der Zivilisation auch noch als positiv bezeichen, das ist es aber nicht. Den die reale Welt einschließlich großer Teile der Menschheit sind eben völlig anders und werden sich nicht ändern. Entsprechend verlernen wir das Überleben in einer durchgehend feindlichen Zukunft, so wie wir es auch schon in der Gegenwart verlernt haben.

Solche Fähigkeiten wieder zu erlangen - und zwar breitflächig - wäre einer von vielen notwendigen Einflüssen um diese ganze Fehlentwicklung zumindest abzumildern. Dazu gehören zum einen die Kenntnisse selbst, zum anderen aber auch die Verbreitung einer entsprechenden Einstellung. Diese kann man sowohl erlernen als auch anderen vermitteln. Dazu gehört aber vor allem auch die Erkenntnis dass hier überhaupt ein substanzielles Problem besteht.
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#14
@Quintus:

Ich kann deiner Argumentation ja durchaus folgen, und stimme dir auch hinsichtlich deiner Grundvoraussetzungen zum Überleben zu, auch wenn ich mir bei der Reihenfolge (insbesondere Punkt 2 und 3, aber auch Punkt 4) unsicher bin. Allerdings glaube ich, dass du diese "digitale Welt" grundlegend falsch einschätzt, vielleicht auch, weil du zu wenig direkte Berührungspunkte damit hast. Dabei geht es mir weniger um eine Abwertung deiner Kritik an den schlechten gesellschaftlichen und individuellen Einflüssen asozialen Medien (wir alle haben unsere Kampfbegriffe Wink ), sondern vielmehr um die auch medial wenig Beachtung findende Spannbreite heutiger Möglichkeiten, und was gerade auch Kinder und Jugendliche daraus machen.
Der Eindruck von für sich irgendwo anonym am Rechner oder der Konsole spielende Kinder mit niedriger Frustrationstoleranz, die parallel als SM-Zombies (Social Media, Zweideutigkeit erwünscht) geistig verkümmern, deckt sich nicht mit diesen tatsächlichen Möglichkeiten und meinen Erfahrungen mit diesen Medien. Und auch nicht mit entsprechenden Studienergebnissen, die gerade in den von dir angesprochenen Punkten, etwa dem Willen oder dem "gesunden Menschenverstand", insbesondere auch der Resilienz, eine tatsächliche Verbesserung der Fähigkeiten nachweisen können. Im Kontext dieser Inhalte, die sehr stark auf Kooperation, Frustrationsbewältigung und Durchhaltevermögen ausgelegt sind, ergibt das auch logisch Sinn.

Insofern bin ich eher dafür, das ganze viel differenzierter zu betrachten. Es gibt definitiv ein Defizit bei der Grundkonstitution, das allerdings ist weniger eine Generationenfrage als vielmehr Gesamtgesellschaftlich zu beobachten und daher ein Merkmal unserer Zeit und sicherlich eine Folge der zunehmenden Digitalisierung, daneben und dadurch haben sich typische Handlungs- und Entwicklungsmuster sichtbar verlagert. Aber einen Nachweis dafür, dass sie sich grundlegend verändert haben, den sehe ich tatsächlich nicht.

Die Vielfalt, die es früher gab, gibt es auch heute noch, und genauso wie früher in der "realen Welt" die Zeit totgeschlagen wurde, mit einer Mischung aus entwicklungsprägenden und tatsächlich völlig sinnfreien Tätigkeiten, so passiert das heute vermehrt in der "digitalen Welt", in der sich abgesehen von der körperlichen Degeneration nur wenig bis gar nichts ändert.

Um das plakativ zu sagen, ein junger Mensch, der heute kompetitiv komplexe Videospiele spielt ist hinsichtlich der für das Überleben notwendigen geistigen Fähigkeiten deutlich besser aufgestellt als ein junger Mensch, der früher untalentierter Mitläufer in einem Fußballverein war. Damit will ich nicht behaupten, dass es da eine grundsätzlich positive Entwicklung gab, sondern einfach nur, dass ich diese angenommene negative Entwicklung nicht nachvollziehen kann.
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#15
Helios:

Zitat:auch wenn ich mir bei der Reihenfolge (insbesondere Punkt 2 und 3, aber auch Punkt 4) unsicher bin.

Was konkret macht dich dabei unsicher? Welche Reihenfolge wäre für dich logischer und warum?

Zitat:Um das plakativ zu sagen, ein junger Mensch, der heute kompetitiv komplexe Videospiele spielt ist hinsichtlich der für das Überleben notwendigen geistigen Fähigkeiten deutlich besser aufgestellt als ein junger Mensch, der früher untalentierter Mitläufer in einem Fußballverein war.

Exakt das bezweifle ich. Sich in eine soziale Struktur einzufinden, einzuordnen, unterzordnen und zu funktionieren ist ein erheblicher Wert im Kontext des Themas. Entsprechend Umstände hinzunehmen, Erschöpfung, Entbehrung und andere Widrigkeiten psychologisch einfach wegzustecken wird durch komplexe Videospiele eben nicht trainiert, sondern ganz im Gegenteil.

Dazu passt auch, dass die Videospiele querschnittlich immer leichter werden um billigere und schnellere Erfolgserlebnisse zu verkaufen (wortwörtlich) und die Übersättigung der Nerven mit Sinneseindrücken die Entwicklung des Gehirns nachhaltig stört. Keineswegs erzeugen die heute ach so fordernden Videospiele die geistigen Fähigkeiten welche für Überlebenssituationen notwendig sind. Zudem hängen Geist und Körper auch unmittelbar zusammen.

Daher haben wir hier einen grundsätzlichen Dissens, weil jedwede geistige Vorbereitung die jemand aus einem Videospiel ziehen könnte nutzlos und sinnlos ist, weil sie nicht mit direkter körperlicher Handlung bzw. physischen Umständen verbunden ist. In der Kälte im Regen am Rand des Fußballplatzes stupide herumstehen befördert geistig eher die Eigenschaften welche notwendig sind als noch so komplexe intellektuell forderende Videospiele es je könnten. Von der sozialen Seite des ganzen fange ich erst mal gar nicht an.

Es sind Welten zwischen einem Sportverein in dem man sich einfügt und dem Spielen im eigenen wohltemperierten Zimmer an einem Computer. In Bezug auf alles.

Du hast in deinem Text auch den Begriff Geistig verkümmern genannt. Das muss man natürlich differenzierter sehen, aber so meinte ich das auch nicht. Tatsächlich sind heutige Kinder und Jugendlich geistig teilweise außerordentlich findig, flexibel, geistig geschickt, aber es ist die geistige Beweglichkeit einer überzivilisierten Gesellschaft, die geistige Beweglichkeit eines Bzyantiners aus Konstantinopel oder eines Römers der mittleren Kaiserzeit aus Rom selbst. Es ist eine überzivilisierte geistige Beweglichkeit, welche untauglich ist für die eben anders gelagerten geistigen Anforderungen des Überlebenskampfes, wozu auch der Krieg gehört.

Die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind also querschnittlich durchaus nicht geistig degeneriert wenn man es insgesamt betachtet, sie sind aber in Bezug auf jenen begrenzten Bereich degeneriert, der für das Überleben relevant ist.

Und natürlich gibt es immer Ausnahmen und in bestimmten kulturellen Gruppen oder Provinenzen deutlich mehr davon. Allein schon dieser Fakt zeigt den Zusammenhang zwischen Kultur, Lebensweise und notwendigen geistigen Fähigkeiten klar auf. Das galt auch schon früher, beispielsweise war früher ein deutlicher Unterschied zwiscchen jungen Erwachsenen vom Land und solchen aus Großstädten.

Die Landbevölkerung war wesentlich tauglicher was die notwendigen geistigen Grundvoraussetzungen für das Überleben angeht, dass hat nur ganz am Rande etwas mit Naturerfahrungen zu tun gehabt, da geht es um viel mehr, von echter Religiösität und Brauchtum bis hin zu konservativen Familienstrukturen und der eigenen Stellung als Mitläufer im Dorf-Fußballverein usw. usw.

Heute verwischt dieser Unterschied immer mehr, weil auch die Kinder auf dem Land entsprechend der gleichen Smartphone / Social Media Unkultur verfallen. Aber allein das dieser Unterschied existierte und teilweise immer noch existiert, und dass es hier Verschiebungen gab und gibt zeigt bereits auf, dass hier insgesamt gesellschaftlich eine Degneration der geistigen Fähigkeiten stattgefunden hat.
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