Wie sich Deutschland von Frankreich entfernt
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Ich schrieb nur über das SAMP/T System. Das der ganze Artikle eine politische und wirtschaftliche Zielsetzung hat, sollte jedem klar sein. Das gilt aber für alle Artikel die bei ESUT und Co erscheinen ganz ebenso. Und das gilt auch ganz genau so für die Rede von Scholz.

Das also der Text eine Zielsetzung hat, ändert aber meiner Ansicht nach rein gar nichts daran, dass bestimmte Einzelpunkte dessen ungeachtet vollkommen richtig sind. Und SAMP/T ist so ein Punkt. Wir hätten uns vor Jahren schon dafür entscheiden sollen, dass wäre meiner Meinung nach wesentlich besser gewesen. Wir könnten hier und jetzt bereits nennenswerte Fähigkeiten damit einsatzbereit bei der Truppe haben, statt irgendwas irgendwann.

Gerade wenn es um die Wertschätzung militärischer Schlagkraft vor allem anderen geht, wäre die Entscheidung für SAMP/T die richtige gewesen. Dass Frankreich natürlich vor allem seine Rüstungsindustrie, und damit seinen nationalen wirtschaftlichen Vorteile im Auge hat ist genau so ein Fehler, aber das ist in Wahrheit nirgends anders.

Der Kern des Artikels ist natürlich das folgende:

Zitat:Um die europäische Verteidigungsindustrie zu rationalisieren, fordert Olaf Scholz die EU-Mitgliedsländer insbesondere auf, "alle unsere nationalen Regelungen zu überprüfen, insbesondere diejenigen, die die Nutzung und den Export von Systemen betreffen, die in Partnerschaft hergestellt wurden".

Dieser Vorschlag ist eine Waffe gegen Länder, die nach bestem Wissen und Gewissen militärische Ausrüstung international exportieren, darunter auch Frankreich. Der Vorschlag zur Harmonisierung von Rüstungsexporten in Europa, ein Dauerbrenner in Deutschland, wurde im Koalitionsvertrag (SPD, Grüne und FPD), der im November 2021 vorgelegt wurde, noch einmal in Erinnerung gerufen.

Sie wird übrigens Gegenstand eines deutschen Gesetzes sein, das restriktiv sein und wahrscheinlich französische Interessen behindern wird, da es das De-minimis-Abkommen von 2019 in Frage stellen könnte (kein deutsches Vetorecht, wenn der Wert der deutschen Komponenten nicht mehr als 20% beträgt).

Dieses neue Gesetz könnte also langfristig bestimmte Märkte für französische Industrieunternehmen schließen, vor allem in den Ländern des Nahen Ostens, in die Frankreich exportiert. Und wenn man bedenkt, dass das Geschäftsmodell der französischen Rüstungsindustrie nur dann tragfähig ist, wenn sie exportiert...

Andererseits wird dieses Gesetz deutsche Exporte innerhalb der NATO-Länder begünstigen, wo Frankreich bislang wenig erfolgreich war. Und was Deutschland zu Hause umsetzen wird, möchte es auch auf EU-Ebene umsetzen. Das wäre eine tödliche Kriegsmaschine für die französische Industrie.

Diese Befürchtungen sind aber meiner Ansicht nach nicht unberechtigt. Und es im Interesse Europas und der militärischen Schlagkraft, dass die französische Rüstungsindustrie nicht nur erhalten bleibt, sondern dass sie stark bleibt. Davon können dann auch wir erheblich profitieren, und SAMP/T wäre so ein Beispiel dafür wie das praktisch hätte gehen können.

Deshalb ist der Gedanke Frankreichs eine eigene nationale starke Rüstungsindustrie erhalten zu wollen meiner Ansicht nach zwar durchaus "egoistisch", aber gerade wenn man es neutral betrachtet und vor allem wenn man es ganzheitlich in einem größeren Maßstab betrachtet ist diese Zielsetzung für das große Ganze keineswegs falsch und auch in unserem Sinne.

Stattdessen ist es auch mein Eindruck, dass man die französische Rüstungsindustrie schädigt, nicht zuletzt um damit auch die deutsche Rüstungsindustrie zu befördern. Ich halte diesen französischen Vorwurf nicht für völlig konstruiert bzw. durchaus für bedenkenswert.
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RE: Wie sich Deutschland von Frankreich entfernt - von Quintus Fabius - 02.09.2022, 10:03

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