24.08.2022, 09:01
Ich denke, wir sollten hier etwas bescheidener sein. Auch wenn wir Deutschen die Neigung zu einer geozentrischen Sichtweise offenkundig immer noch nicht ganz verloren haben, so sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass wir zwar durch die hohen Energiepreise auch Kosten tragen werden müssen - das war aber schon bei Kriegsausbruch absehbar - und der einen oder anderen innenpolitischen Streitsituation entgegen sehen werden, aber dass die meisten "Kosten" dieses leidigen Krieges immer noch die Ukrainer tragen und tragen werden, die uns die Russen vom Hals halten. Insofern, so wie es sich liest - Die führen ja dort ihren Krieg und der arme deutsche Michel muss alles zahlen! -, ist es sicherlich nicht bzw. ist so nur unvollständig und missverständlich ausgedrückt. (Z. B. ist an der deutschen Gas-Diskussion auch etwas vorbeigegangen, dass man sich in Polen große Sorgen macht wegen des Winters, wonach die Kohle nicht reicht und Millionen Haushalte in die Röhre schauen könnten - die nationalkonservative PiS will das Thema angesichts ihres Hardliner-Kurses gen Osten aber auch gerne wegschweigen.)
Und auch der Rest der Welt, vor allem jener, der sich infolge der Getreideexportproblematik in einer Ernährungskrisenlage befindet, hat ganz andere Sorgen als wir zu bewältigen und sieht nicht nur Leute dem Hungertod entgegen gehen, sondern ist tatsächlich auch dem Risiko ausgesetzt, dass es zu blutigen Umsturzversuchen und Konflikten kommt. Die Folgekonflikte, die sich hieraus entwickeln könnten, können wesentlich destabilisierender sein als die gegenwärtige Lage es suggeriert. Ich denke sogar, dass die volle Wirkung des Krieges z. B. in Nahost und Ostafrika erst Anfang nächsten Jahres durchschlägt. Wir müssen hier insofern noch abwarten...
D. h.: Wir haben Kosten zu tragen durch diesen Krieg - gar keine Frage -, und sie werden erstmal auch nicht weniger werden, vermutlich sind es pro Tag und je nach Schätzung rund 400 bis 600 Mio. Euro, aber sie werden uns nicht wirklich gefährlich. Darin sind aber alle Ausgaben, Umlagen, Sozialpuffer, Boni, Bundeswehrsondervermögen, Entlastungen etc. enthalten. Grob also rund 180 Mrd. Euro pro Jahr. Eine stramme Summe, aber 60% davon sollen alleine der Truppe zugehen.
Weiterhin: Russland nahm zw. Februar und Juni d. J. rund 20 Mrd. Euro je Monat durch Gas und Öl ein. Das ist derzeit nicht mehr der Fall, allerdings mauert man in Moskau auch etwas, was die aktuellen Exportgewinne aus Rohstoffen angeht. Etwa 60% der Exporte gingen nach der EU, also rund 12 Mrd. Euro/Monat. Dieser Wert dürfte sinkend sein gegenwärtig. Man darf trotz dieser erklecklichen Summe nicht übersehen, dass der Krieg in der Ukraine den Kreml ca. 10-12 Mrd. Euro je Monat kostet (Schätzung von Juni), d. h. die Rechnung, dass man mit den Rohstoffexporten nach der EU alleine den Krieg finanziert, wird aktuell nicht mehr aufgehen. Kommen dazu noch anderweitige Kosten - etwa teure (Nach-)Einkäufe, um kritische Branchen mit Ersatzteilen zu versorgen -, so werden die Kosten die Einnahmen deutlich übersteigen. Und es wird auch nicht helfen, wenn man den Chinesen, Indern oder (wie aktuell) den Türken die Rohstoffe zu Spottpreisen nachwirft, grob hat man damit bislang 25% des europäischen Wegfalles kompensiert. Zwar wird man das Gas los, aber man verdient nicht wirklich etwas damit...
Ein weiterer Faktor: Russland exportiert das Gas nicht nur. 2021 wurden vermutlich an die 700 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert - und davon 300 Milliarden Kubikmeter exportiert. D. h. der Großteil des Gases (60%) wurde in Russland selbst verbraucht. Wenn man nun bedenkt, dass der Großteil der Fördertechnik, v. a. in den polaren Regionen, von westlichen Konzernen stammte, und hier dürften Wartung und Ersatzteilversorgung immer schwieriger zu kriegen sein, so ist damit zu rechnen, dass die Fördermenge ab kommenden Winter abnehmen wird. Erdgas-Hochdruckleitungen müssen in Kaltgebieten quasi täglich gecheckt werden. Ob das derzeit noch gewährleistet werden kann, weiß ich nicht, vermutlich läuft es noch mehr recht als schlecht, aber die Förderintensität/-kapazität wird allmählich zurückgehen. Bedeutet: Wenn die Fördermengen sinken, wird Russland einen immer größeren Teil der Fördermenge selbst brauchen (prozentual gesehen) und kann auch weniger Gas zum Spottpreis den Chinesen oder Türken anbieten.
Schneemann
Und auch der Rest der Welt, vor allem jener, der sich infolge der Getreideexportproblematik in einer Ernährungskrisenlage befindet, hat ganz andere Sorgen als wir zu bewältigen und sieht nicht nur Leute dem Hungertod entgegen gehen, sondern ist tatsächlich auch dem Risiko ausgesetzt, dass es zu blutigen Umsturzversuchen und Konflikten kommt. Die Folgekonflikte, die sich hieraus entwickeln könnten, können wesentlich destabilisierender sein als die gegenwärtige Lage es suggeriert. Ich denke sogar, dass die volle Wirkung des Krieges z. B. in Nahost und Ostafrika erst Anfang nächsten Jahres durchschlägt. Wir müssen hier insofern noch abwarten...
D. h.: Wir haben Kosten zu tragen durch diesen Krieg - gar keine Frage -, und sie werden erstmal auch nicht weniger werden, vermutlich sind es pro Tag und je nach Schätzung rund 400 bis 600 Mio. Euro, aber sie werden uns nicht wirklich gefährlich. Darin sind aber alle Ausgaben, Umlagen, Sozialpuffer, Boni, Bundeswehrsondervermögen, Entlastungen etc. enthalten. Grob also rund 180 Mrd. Euro pro Jahr. Eine stramme Summe, aber 60% davon sollen alleine der Truppe zugehen.
Weiterhin: Russland nahm zw. Februar und Juni d. J. rund 20 Mrd. Euro je Monat durch Gas und Öl ein. Das ist derzeit nicht mehr der Fall, allerdings mauert man in Moskau auch etwas, was die aktuellen Exportgewinne aus Rohstoffen angeht. Etwa 60% der Exporte gingen nach der EU, also rund 12 Mrd. Euro/Monat. Dieser Wert dürfte sinkend sein gegenwärtig. Man darf trotz dieser erklecklichen Summe nicht übersehen, dass der Krieg in der Ukraine den Kreml ca. 10-12 Mrd. Euro je Monat kostet (Schätzung von Juni), d. h. die Rechnung, dass man mit den Rohstoffexporten nach der EU alleine den Krieg finanziert, wird aktuell nicht mehr aufgehen. Kommen dazu noch anderweitige Kosten - etwa teure (Nach-)Einkäufe, um kritische Branchen mit Ersatzteilen zu versorgen -, so werden die Kosten die Einnahmen deutlich übersteigen. Und es wird auch nicht helfen, wenn man den Chinesen, Indern oder (wie aktuell) den Türken die Rohstoffe zu Spottpreisen nachwirft, grob hat man damit bislang 25% des europäischen Wegfalles kompensiert. Zwar wird man das Gas los, aber man verdient nicht wirklich etwas damit...
Ein weiterer Faktor: Russland exportiert das Gas nicht nur. 2021 wurden vermutlich an die 700 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert - und davon 300 Milliarden Kubikmeter exportiert. D. h. der Großteil des Gases (60%) wurde in Russland selbst verbraucht. Wenn man nun bedenkt, dass der Großteil der Fördertechnik, v. a. in den polaren Regionen, von westlichen Konzernen stammte, und hier dürften Wartung und Ersatzteilversorgung immer schwieriger zu kriegen sein, so ist damit zu rechnen, dass die Fördermenge ab kommenden Winter abnehmen wird. Erdgas-Hochdruckleitungen müssen in Kaltgebieten quasi täglich gecheckt werden. Ob das derzeit noch gewährleistet werden kann, weiß ich nicht, vermutlich läuft es noch mehr recht als schlecht, aber die Förderintensität/-kapazität wird allmählich zurückgehen. Bedeutet: Wenn die Fördermengen sinken, wird Russland einen immer größeren Teil der Fördermenge selbst brauchen (prozentual gesehen) und kann auch weniger Gas zum Spottpreis den Chinesen oder Türken anbieten.
Schneemann