Beiträge: 2
Themen: 1
Registriert seit: Jun 2025
Ich wollte Fragen, ob jemand mal eine überzeugende Theorie gehört hat, warum Russland gerade 2022 mit ihrem Angriff begonnen haben. Mir ist klar, dass die Russen schon seit 2014 in der Ukraine waren, doch warum 2022 die große Eskalation des Konflikts.
Wenn ich mich zurückerinnere war es fast urplötzlich, dass Zeitungen anfingen davon zu berichten amerikanische Geheimdienste vermuten einen bevorstehenden Angriff, was ja von deutschen Behörden und Selensky selbst damals noch verneint wurde.
Mein Frage wäre gab es irgendwelche Verhandlingen im Hintergrund, die geplatzt sind? Hatte der Krieg innenpolitische Gründe für Russland (kann mich an keine Krise Putins erinnern aber vllt. vergesse ich etwas)?
Wirkte der Westen unter Biden schwächer/berechenbarer, als vorher unter Trump? Dankeschön, mich würde es sehr freuen, wenn mir jemand mit der Frage helfen könnte!
Beiträge: 16.305
Themen: 109
Registriert seit: May 2004
Das ist sehr schwierig zu beantworten. Höchstwahrscheinlich gab ein ganzes Faktorenbündel den Ausschlag zu dieser Fehlentscheidung. Da spielte viel mit rein: von der Erbeutung der Rohstoffe der Ukraine über die Nutzbarmachung der Menschen, von der Annahme dass der Westen nicht intervenieren sondern die Invasion hinnehmen wird bis hin zu der Befürchtung die fortwährend stärker werdende Armee könne die Seperatistengebiete militärisch überrennen und sich dann dort eingraben (womit man sie dann erst überhaupt wieder dort hätte hinaus werfen müssen), vom Innenpolitischen Druck durch Ultranationlisten und Fürsprechern der Seperatisten (dieser war schon Jahre vor der Invasion massiv und fortwährend vorhanden), bis hin zu falschen Informationen / Fehlern in der geheimdienstlichen Aufklärung.
Insbesondere den letzten Punkte halte ich im Verhältnis zu den anderen für wesentlicher und für am meisten unterschätzt. Meiner Meinung nach kamen Putin und die ihn umgebenden Personen deshalb zu dem Beschluss die Ukraine zu überrennen, weil sie fehlerhafte / verfälschte Informationen vorliegen hatten. Von falschen Informationen über die Stimmungslage in der Ukraine über falsche Informationen über die Kampfbereitschaft der ukrainischen Armee bis hin zu bloßem Wunschdenken was zu einer Fehlinterpretation korrekter Informationen führte.
Es gibt Hinweise darauf, dass Putin zum einen richtiggehend getäuscht wurde was die Zustände in der Ukraine angeht, zum anderen auch darauf, dass er anderslautende Informationen über die inneren Verhältnisse der Ukraine gar nicht mehr wahrnehmen bzw. hören wollte. Dabei spielte auch die Corona Zeit und die in dieser Zeit entstandene Selbstisolation eine gewisse Rolle.
Beispielsweise erhielten russische Agenten erhebliche Mengen an Geld für Informationskriegsführung in der Ukraine, den Aufbau von Agentennetzen dort und die Beeinflussung der Ukrainer etc. Dieses Geld wurde unterschlagen, die Agentennetze in Echt gar nicht aufgebaut und stattdessen der Führung irgendwelche ausgedachten Phantasiegeschichten vorgesetzt, welche diese Führung aber auch so hören wollte.
Meiner Meinung nach war nie ein richtiger Krieg geplant. Man wollte wirklich eine Sonderoperation und die Ukraine im Handstreich einnehmen, die Regierung durch eine pro-russische Regierung austauschen und die Ukraine dann als engen Verbündeten ins eigene Lager "heimholen". Das was da aktuell läuft, war von russischer Seite meine Überzeugung nach nie geplant.
Wenn man es also einen primären Faktor reduzieren müsste, so wäre es meiner Meinung nach eine fehlerhafte Informationslage auf Seiten Putins. Er handelte ausgehend von falschen Informationen. Diese erweckten den Anschein, dass der Zeitpunkt gut war und dass man mit sehr wenig Aufwand hier einen großen Erfolg erzielen könne. Dies gab den Ausschlag.
Die russische Führung handelte also aufgrund falscher / verfälschter / falsch wahrgenommener Informationen.
Beiträge: 793
Themen: 3
Registriert seit: Jul 2024
@klerA
Ein Link für Dich, zur Übersetzung mit Google Translate or DeepL: https://nvo.ng.ru/realty/2022-02-03/3_1175_donbass.html
Anfang Februar 2022 äußerte sich (als einer der wenigen öffentlichen Kritiker) der russische Oberst i.G. a.D. Michail Chodarenok in einem Fachmagazin über die Kriegspläne und die falschen Hoffnungen des Kremls auf einen raschen Sieg. Er kritisiert darin die Arbeit des FSB, der—wie sich später als wahr erweisen wird—den Kreml mit falschen Informationen über die Stimmung und politische Situation in der Ukraine gefüttert habe. Auch würden die Staats- und Armeeführung die eigene Armee maßlos über- und die ukrainische maßlos unterschätzen.
Kurz gesagt, skizziert er das Bild eines Regimes, das dem Glauben an seine eigenen Lügen erliegt.
Andere innenpolitische Gründe sehe ich nicht. Es gab zwar in den Jahren vor 2022 in Russland vereinzelt Proteste, vor allem von Rentnern, die freilich nicht die Stabilität des Regimes berührten. Insofern glaube ich nicht, dass Wladimir Putin einen Galtieri-Moment hatte.
Es gibt eine Theorie, die ich persönlich für plausibel halte, dass Putin sich in der COVID-19-Zeit radikalisiert hat. Zwischen 2020 und Ende 2022 befand er sich fast durchgehend in Isolation; noch heute muss jeder, der zu ihm vorgelassen werden soll, negative PCR-Tests für Corona und andere Krankheiten vorweisen ( Quelle). Manche sagen, Putin sei an Krebs erkrankt; sicher dürfte sein, dass er Angst vor dem Tod hat und um sein Vermächtnis fürchtet. In dieser Zeit der Isolation hatte nur Nikolai Patruschew uneingeschränkten Zugang zu Putin.
Patruschew war zumindest zu dieser Zeit der zweite Mann in Russland. Er war nach Putin Direktor des FSB, dann Sekretär des Sicherheitsrates, und gilt als absoluter Hardliner. Ein radikaler Nationalist, der ständig mit Alexander Dugins 'Grundlagen der Geopolitik' winkt. Dieses Buch dürfte ebenfalls einen Teil zur Beantwortung Deiner Frage beitragen. Dugin ist für den Putinismus, was Marx für den Sozialismus war. Er will ein Russland, das alle Slawen beherrscht und die "Angelsachsen" aus Europa vertreibt: ein Eurasien, das von Lissabon bis Wladiwostok unter russischer Vorherrschaft steht. Vieles von dem, was Putin tatsächlich getan hat, konnte man schon 1997 bei Dugin lesen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Aus Washington tönt es, wäre Donald Trump 2022 Präsident gewesen, hätte Putin niemals anzugreifen gewagt. Persönlich halte ich die Behauptung für dummes Zeug. Ich sehe nicht, dass Putin Trump jemals respektiert hätte; davon abgesehen konnten ihm die isolationistischen und anti-ukrainischen Äußerungen Trumps nur Mut machen. Der hatte schon 2016 abfällig über die Ukraine gesprochen und Hillary Clinton beschuldigt, sie wolle Amerika in den Dritten Weltkrieg hineinziehen, um Kyjiw zu retten.
Dass der Westen in Afghanistan keine gute Figur gemacht hat, und solche Bilder auf Männer wie Putin, die nur Stärke achten, elektrisierend gewirkt haben könnten, steht auf einem anderen Blatt.
Beiträge: 419
Themen: 6
Registriert seit: Sep 2020
Die olympischen Winterspiele, die der strategische Partner China gerade reibungslos ausgerichtet hat, könnten eine Rechengröße gewesen sein.
Beiträge: 1.801
Themen: 2
Registriert seit: May 2010
Ich schliesse mich mit einer Frage an: Warum begann der Krieg nicht schon im Frühjahr 2021 bei dem ersten Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze? War der FSB nach eigener Einschätzung noch nicht so weit, oder fehlte der weltpolitische Überbau, sprich das Ultimatum an die NATO vom Dezember 2021? Oder wurde der Versuch 2021 vorbereitet aber dann abgebrochen nachdem klar wurde, dass die Voraussetzungen für einen Erfolg noch fehlten?
Beiträge: 3.089
Themen: 23
Registriert seit: Mar 2023
Die Lage in den seperatisten Gebieten war 2021 noch nicht so schlecht, das entwickelte sich erst im laufe des Jahres .
Beiträge: 259
Themen: 6
Registriert seit: Oct 2024
Ich würde sagen, Anfang 2021 war die Covidpandemie noch aktuell und es gab daher andere Prioritäten. Lieferketten aus China waren verlangsamt, Deutschland verhandelte mit Moskau über Sputnik V, und Putins Tisch war noch sehr lang.
Beiträge: 16.305
Themen: 109
Registriert seit: May 2004
Zum einen könnte der Aufmarsch 2021 auch eine Art Generalprobe für den eigentlichen Angriff 2022 gewesen sein, um zu sehen wie man die Truppen dort zusammen ziehen und positionieren kann - in diesem Fall wäre der Angriff schon 2021 beschlossen gewesen, aber man dachte, dass man diesen noch gründlicher vorbereiten muss - oder es handelte sich damals tatsächlich nur um Manöver um politischen Druck auszuüben (oder beides zusammen).
2021wurden sehr viel weniger Unterstützungseinheiten und praktisch kaum eine frontnahe Logistik aufgebaut. Es fehlte an Treibstoff, ausreichenden Vorräten an Wirkmitteln, Versorgungs- und Transporteinheiten usw. das waren 2021 fast nur Kampftruppen mit einer sehr begrenzten Durchhaltefähigkeit.
2022 war der ganze Aufmarsch von den Einheiten welche da zusammen gezogen wurden völlig anders strukturiert. Allein die Zahl der Versorgungs- und Unterstützungseinheiten zeigte auf, dass dies keine normalen Manöver mehr waren.
Daraus lässt sich schlußfolgern, dass der Aufmarsch 2021 in keiner Weise einem Angriff diente und auch gar keinen solchen hätte durchführen können. Also diente der Aufmarsch 2021 einem anderen Zweck. Meiner rein persönlichen Meinung nach war das eine Art Generalprobe, um für die bereits beschlossene Invasion zu üben - und zusätzlich der Versuch einer strategischen Täuschung, damit das nächste Mal, wenn erneut Truppen aufmarschieren der Gegner davon ausgeht, dass es sich wieder nur um ein Manöver handelt.
Man macht ein Manöver - zieht die Truppen dann wieder ab. Nächstes Jahr im gleichen Zeitraum erneut Truppen. Der Feind geht davon aus, dass es erneut nur ein Manöver wird - aber man greift an. Meiner Meinung nach hat man sehr viel dafür investiert eine strategische Überraschung zu erreichen. Vom ungünstigen Zeitpunkt, den ungünstigen Gelände- und Wettereigenschaften bis dahin, dass man mit unzureichenden Kräften angriff, alles diente dazu eine Überraschung zu erzielen, was dann auch gelang.
Selbst die russischen Truppen wurden bis die Kämpfe losgingen nicht informiert, dass es jetzt zum Krieg gekommen war. Selbst die Offiziere wussten vor lauter Geheimhaltung nicht, dass jetzt ein Krieg kommt. Selbst die Luftlandetruppen auf dem Weg nach Hostomel erfuhren erst nachdem sie bereits abgeflogen waren und die ukrainische Grenze überquerten, dass dies jetzt keine Übung war, sondern ein echter Luftsturmangriff.
Deshalb sehe ich die Manöver 2021 als einen Teil dieser Kriegsvorbereitung. Zum einen der Test um größere Truppenmengen zu bewegen, zum anderen als einen Teil der Täuschung um die strategische Überraschung zu erzielen.
Beiträge: 2
Themen: 1
Registriert seit: Jun 2025
Danke für die Antworten, sehr interessant! Da mir der ganze Kriegsbeginn irgendwie irrational vorkommt, glaube ich auch, dass es etwas mit Putins Corona-Isolation und falscherän Infos zu tun hatte. Man stelle sich vor was Russland für brutale Deals unter Trump hätte machen können wenn sie 2022 nicht angegriffen hätten (Annerkennung der Krim und Teile der Ostukraine, Einfluss auf Militärstäkre)
Beiträge: 73
Themen: 1
Registriert seit: Apr 2024
(05.06.2025, 08:46)klerA schrieb: Danke für die Antworten, sehr interessant! Da mir der ganze Kriegsbeginn irgendwie irrational vorkommt, glaube ich auch, dass es etwas mit Putins Corona-Isolation und falscherän Infos zu tun hatte.
Der Kriegsbeginn 2022 ist weder irrational noch hat er viel mit der Coronapandemie zu tun. 2022 war der erst beste Zeitpunkt für eine vollständige Invasion der Ukraine nach 2014. Die russische Armee hat bis Ende 2020 ihre Modernisierung weitstgehend abgeschlossen. 2021 wurde, wie Quintus schon erläutert, zur Generalprobe für einen Einmarsch genutzt. In 2021 wurden auch die restlichen Vorbereitungen getroffen, wie zum Beispiel die Leerung der deutschen Gasspeicher oder der Freundschaftsvertrag zwischen Russland und China und natürlich die Vorbereitungen durch die russischen Geheimdienste.
Die Ukraine zu zerstören ist schon seit langen das fundametale Ziel von Putin. Ich glaube nicht das Trump ein großer Faktor in den Überlegungen von Russland war, oder gewesen wäre. Trump 2020 wäre warscheinlich besser für die Ukraine gewesen, da es sich dann um "Trumps Krieg" und nicht "Bidens Krieg" gehandelt hätte und es einen länger anhaltenden Konses zwischen den Demokraten und Republikanern gäbe. Es hätte meiner Meinung nur wenig Einfluss auf das reale Handeln der USA gehabt.
Beiträge: 793
Themen: 3
Registriert seit: Jul 2024
(05.06.2025, 10:09)Aegrotare schrieb: Der Kriegsbeginn 2022 ist weder irrational Da bin ich komplett anderer Ansicht. Die Entscheidung zur Invasion und die konkrete Herangehensweise waren hochgradig irrational und gekennzeichnet durch ideologische, nicht sachliche Motive.
Russland hatte mit dem Status quo ante seine strategischen Ziele zu viel geringeren Kosten bereits erreicht.
Die Ukraine war gespalten, gelähmt sowie drauf und dran, sich mangels Alternativen mit ihren Gebietsverlusten abzufinden;
entgegen der russischen Propaganda stand ihr NATO-Beitritt nie ernsthaft zur Debatte (Veto der USA, Deutschlands, Frankreichs, Ungarns);
und mangels äußeren Drucks stockte die Bekämpfung der Korruption, das Land anfällig für eine "feindliche Übernahme" machend.
Der Kreml hätte einfach nur abwarten müssen, früher oder später wäre ihm das Land wie eine reife Frucht in den Schoß gefallen.
Beiträge: 73
Themen: 1
Registriert seit: Apr 2024
(05.06.2025, 11:18)muck schrieb: Da bin ich komplett anderer Ansicht. Die Entscheidung zur Invasion und die konkrete Herangehensweise waren hochgradig irrational und gekennzeichnet durch ideologische, nicht sachliche Motive.
Ich habe mich vielleicht nicht deutlich genug ausgedrückt. Natürlich ist das Motiv für diesen Krieg irrational, aber wenn man das Motiv akzeptiert, dann ist der Agriff 2022 komplett rational.
Beiträge: 259
Themen: 6
Registriert seit: Oct 2024
Ohne ausreichend Mensch und Material an die Front zu verschieben, wurde 2022 ein minimalistischer Angriff gestartet um mit möglichst kleinen Mitteln einen maximalen Erfolg zu erzielen. Es sollte unbedingt eine "Kinderüberraschung" werden. Hätte ja auch fast geklappt. Nur waren eben einige Grundannahmen falsch bzw. gab es einige Löcher im Käse. Wären eine halbe Mio Soldaten an die Grenze verlegt worden, hätte die "Spezialoperation" nicht so lange geheim gehalten werden können, es wäre von vornherein richtig blutig geworden und hätte wohl auch innenpolitische Kontroversen gegeben.
Beiträge: 16.305
Themen: 109
Registriert seit: May 2004
Zur Frage von rational vs irrational möchte ich noch anmerken, dass eine in sich selbst vollständi rationale und logische Kausalkette natürlich auch genau so auf einer falschen Grundannahme aufbauen kann. Das heißt die Grundannahme, die Basisinformation aufgrund derer gehandelt wird ist falsch, das Handeln aber dennoch rational. Man geht halt rational aufgrund einer falschen Ausgangsinformation vor. Meiner Meinung nach war dies hier der Fall.
Man ging davon aus, mit einem schlagartigen und spektakulären Sieg mit sehr geringen Kosten enorme Zugewinne erzielen zu können. Davon ausgehend dass dies möglich ist, weil die Umstände es ermöglichen, war das weitere Handeln dem folgend rational.
Meiner Meinung nach spielten hier ideologische Motive allenfalls in der innenpolitischen Legitimation gegenüber den Russen eine Rolle bzw. für die kämpfende Truppe der Russen etc. in der Führung dieser Mafia-Kamarilla aber nicht. Der Kreml ähnelt am ehesten einer Mafia-Gruppe, und handelt daher immer reflexartig raubtierhaft wie jede andere Gruppe der Organisierten Kriminalität - sobald sich die Gelegenheit dazu anbietet. Man ging halt fälschlicherweise davon aus, dass diese Gelegenheit da war, und dies stimmte eben nicht.
Abgesehen von dieser grundsätzlichen Mafia-Mentalität welche die russische Führung aufweist - dies zu erkennen ist absolut wesentlich wenn man mit Russland umgehen will - gab es meiner Meinung nach auch noch ein innenpolitisches Motiv. Das primäre Ziel des Systems Putin vor allem anderen ist der Machterhalt im Inneren. Damit dies funktioniert, durfte die Ukraine nie ein erfolgreiches Gegenbeispiel werden, mit Demokratie, sinkender Korruption, Freiheit usw. Denn die Ukrainer werden in Russland als Russen wahrgenommen und dies wäre der Beleg für das russische Volk, dass ein anderer Weg möglich wäre.
Aus dem gleichen Grund hat man auch sonst rundherum immer wieder mal interveniert. Beispielsweise ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, dass es kurz vor dem Krieg 2022 einen Einsatz der russischen Armee in Kasachstan gab, als es dort beinahe zu einem Umsturz und dem Sturz des kasachischen Regime gekommen wäre. Die VDV wurden geschickt und schlugen die Unruhen nieder.
Alles was in der Ukraine stattfindet seit 2014 (Maidan) dient im Prinzip dazu, den "Verrat an Russland" abzustrafen - weil die Ukraine Russland gehört und daher nicht frei zu sein hat - und noch davor und vor allem anderen, nur ja nicht zuzulassen, dass die Ukraine als Staat erfolgreich wird, weil dies innenpolitisch in Russland eine Gefahr für das System Putin darstellt.
Deshalb gehe ich davon aus, dass die Eroberung der Ukraine als Option sogar schon vor der Corona Zeit angedacht wurde, und dass man dies ständig als mögliche Endlösung mit bedacht hatte - und dann fiel während der Corona Zeit die Entscheidung die Ukraine im Handstreich zu besetzen. Dem folgend plante man diesen Angriffskrieg meiner Meinung nach schon ab 2020. Nur dass alle Pläne halt auf falschen Grundannahmen beruhten.
Zum Mafia-Denken der russischen Eliten im allgemeinen: die sehen die Welt wie Mafia-Banden eine Staat sehen, die von verschiedenen Mafia-Gruppen beherrscht wird. Alle Straßen gehören zu einer oder der anderen Seite, und die Ukraine gehört Russland, weshalb es ein aggressiver Akt der feindlichen Bande (Westen TM) von nebenan ist, sich im Revier der Russen breit zu machen. Aus der gleichen Logik aus welcher Gruppen der Mafia sich Kämpfe untereinander liefern, kam man zu der Schlußfolgerung, dass man das eigene Revier wieder unter Kontrolle bringen muss. Da die Russen glauben, dass alle anderen in Wahrheit ganz genau so sind wie sie, sehen sie in allem was wir reden und tun nur Heuchelei und Lüge und meinen dass jeder ständig nur lügen muss, weil die Welt nunmal so sei.
Und dann glaube man halt die abtrünnige Straße deren Ladenbesitzer kein Schutzgeld mehr bezahlen, sei schwach verteidigt und die Ladenbesitzer würden eigentlich die Russen zurück haben wollen, die Gelegenheit sei sehr günstig, also schlug man deshalb zu. Gelegenheit macht Diebe und Angriffskriege (weil Mafiadenken).
Das hat mit Ideologie wenig zu tun, die braucht man nur um das russische Volk selbst bei der Stange zu halten, weil die Russen ihre eigene Identität, ihr Selbstwertgefühl und ihrer Persönlichkeit sehr weitgehend aus dieser geliehenen Größe aufbauen. Deshalb stellt das Scheitern in diesem Krieg für die Russen auch so ein Problem dar, weil es die eigene Identität angreift, die eigene Persönlichkeit in Frage stellt. Gerade eben deshalb sind die Russen bereit derart viele Verlust zu erleiden und derart verbissen weiter zu kämpfen. Sie haben außer dieser geliehenen Größe / geliehenen Identität nichts anders was einen Wert hätte / positiv wäre.
Die Führung selbst aber benutzt diese Ideologie nur, und ist in Wahrheit eine nihilistische Mafiabande, welche die russische Bevölkerung über diesen Mechanismus für ihre Zwecke missbraucht.
Beiträge: 1.801
Themen: 2
Registriert seit: May 2010
Wie immer sind Deine Erklärungen, Quintus, in Sachen Russland sehr gut nachvollziehbar. Danke! Eine Generalprobe 2021 ist eine einfache und daher plausible Erklärung. Hätten "wir" sie damals als solche erkennen und klassifzieren können?
|